Ambulante Reha nach Schlaganfall: Ein umfassender Überblick

Ein Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von Grund auf verändern. Um die Folgen dieses Ereignisses bestmöglich zu bewältigen und die Lebensqualität wiederherzustellen, spielt die Rehabilitation eine entscheidende Rolle. Neben der stationären Rehabilitation in einer Klinik gewinnt die ambulante Reha zunehmend an Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet den Ablauf der ambulanten Reha nach einem Schlaganfall, ihre Vor- und Nachteile sowie die verschiedenen Phasen und Therapieansätze.

Nach dem Akutereignis: Der Weg zur Rehabilitation

Nach einem Schlaganfall wird der behandelnde Arzt in der Akutklinik mit Ihnen und Ihren Angehörigen die weitere Behandlung besprechen. Ein großer Teil der Schlaganfall-Patienten absolviert nach der Akutklinik eine Rehabilitation. Die Rehabilitation findet meistens stationär, also in einer Rehabilitationsklinik, statt und wird in der Regel vom zuständigen Kostenträger für drei Wochen bewilligt. Sollten Ihre behandelnden Ärzte zum Ende dieser Zeit weiteren Bedarf sehen, kann die Maßnahme auf Antrag verlängert werden. Für ältere Schlaganfall-Patienten kommen grundsätzlich zwei medizinische Fachrichtungen in Frage, die neurologische und die geriatrische Rehabilitation. Neurologen werden in aller Regel die Rehabilitation in einer neurologischen Fachklinik empfehlen. Hier erhalten Patienten deutlich mehr Therapie-Einheiten als in der geriatrischen Rehabilitation. Wissenschaftliche Studien konnten nachweisen, dass hiervon auch ältere Patienten profitieren.

Ambulante Rehabilitation: Eine Alternative zur stationären Behandlung

Neben der stationären Rehabilitation gibt es ambulante Rehabilitationszentren. Diese haben den Vorteil, dass Patienten abends und am Wochenende Zuhause sind und im heimischen Umfeld erproben können, ob das Training mit den Therapeuten sie gut auf die Aktivitäten ihres täglichen Lebens vorbereitet. Ambulante Zentren sind seltener als Kliniken, häufig befinden sie sich in größeren Städten oder Ballungszentren. Für die ambulante Rehabilitation müssen Patienten in der Lage sein, sich selbst zu versorgen oder die Versorgung im heimischen Umfeld muss durch Angehörige und/oder einen Pflegedienst gesichert sein.

Vorteile der ambulanten Reha

  • Vertraute Umgebung: Patienten können die Abende und Wochenenden zu Hause verbringen und so den Kontakt zu Familie und Freunden aufrechterhalten.
  • Alltagsnahes Training: Die in der Therapie erlernten Fähigkeiten können direkt im heimischen Umfeld erprobt und angewendet werden.
  • Flexibilität: Die Therapiezeiten können in Absprache mit dem Reha-Zentrum an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.

Nachteile der ambulanten Reha

  • Selbstständigkeit erforderlich: Patienten müssen in der Lage sein, sich selbst zu versorgen oder auf die Unterstützung von Angehörigen oder einem Pflegedienst zurückgreifen können.
  • Anfahrtswege: Ambulante Reha-Zentren sind nicht flächendeckend vorhanden, so dass längere Anfahrtswege entstehen können.
  • Weniger intensive Betreuung: Im Vergleich zur stationären Reha ist die Betreuung durch das medizinische Personal weniger intensiv.

Ablauf einer ambulanten Reha

Die meisten Schlaganfall-Patienten durchlaufen eine stationäre neurologische Rehabilitation. Der Ablauf einer solchen Rehabilitation ist in allen Kliniken vergleichbar. Nach einer Eingangsuntersuchung und einem Aufnahmegespräch werden Therapieziele formuliert und ein Therapieplan erstellt. Das Ziel der Rehabilitation ist, verlorengegangene Funktionen so weit wie möglich wiederherzustellen oder - wo das nicht möglich erscheint - mit dem Patienten Kompensationsstrategien einzuüben, z.B. die linke Hand als „Ersatzhand“ zu trainieren. Die Ziele sollten sich jedoch immer am Lebensalltag des Patienten orientieren, d.h. Ein weiteres Ziel der Reha ist es, Patienten bei einer notwendigen Umstellung des Lebensstils zu unterstützen, um einen wiederholten Schlaganfall zu vermeiden. Zum Ende der Rehabilitation wird das Behandlungsteam mit Ihnen bzw. Ihrem Angehörigen die weitere, ambulante Versorgung besprechen und ggfs. erste Schritte in die Wege leiten.

Individuelle Therapieplanung

Die ambulante neurologische Reha bietet Patientinnen und Patienten eine alltagsorientierte und wohnortnahe Therapie, wobei der Therapieplan individuell auf die Diagnostik aus dem stationären Aufenthalt abgestimmt wird. In der ambulanten Reha der Neurologie werden Patientinnen und Patienten mit allen neurologischen Erkrankungen behandelt.

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Therapiebausteine

Die ambulante neurologische Reha umfasst ein breites Spektrum an Therapieangeboten, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden. Dazu gehören:

  • Physiotherapie: Verbesserung der motorischen Fähigkeiten, des Gleichgewichts und der Koordination. Die Therapie umfasst sowohl Massagen, Lymphdrainagen und Elektrotherapie als auch Behandlungsverfahren nach Bobath oder PNF. Wer im Rollstuhl sitzt oder bettlägerig ist, kann beispielsweise üben, von einem Stuhl oder aus dem Bett aufzustehen und einige Schritte zu gehen. Durch Training von Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer kann man lernen, wieder sicherer zu gehen. Auch Einschränkungen von Arm und Hand lassen sich mit Übungen mindern - zum Beispiel, indem der gelähmte Arm verstärkt benutzt wird. Dies kann auch Schulterschmerzen vorbeugen.
  • Logopädie: Wiederherstellung und Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten, Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen. Menschen, die einen Schlaganfall hatten, haben häufig Schwierigkeiten, Sätze zu bilden oder Worte zu finden. Bei anderen ist die Aussprache undeutlich oder verwaschen. Auch Schluckstörungen können auftreten. Diese Beeinträchtigungen lassen sich mit gezielten Übungen behandeln.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsfertigkeiten, Verbesserung der Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit. Sie soll die Fähigkeiten verbessern, die für ein möglichst selbstständiges Leben nötig sind. Dazu gehören das Training von Alltagsfertigkeiten wie anziehen oder selbstständig essen, aber auch Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen. Bei Bedarf wird geübt, Hilfsmittel wie Rollatoren zu benutzen.
  • Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Beeinträchtigungen wie Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen. Dieses psychotherapeutische Verfahren wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Damit lassen sich unter anderem Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung trainieren. Es geht aber auch darum zu lernen, mit den Einschränkungen im Alltag umzugehen und sie emotional zu bewältigen.
  • Sozialdienst: Beratung und Unterstützung bei sozialen und finanziellen Fragen, Organisation der häuslichen Versorgung.
  • Psychologische Betreuung: Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung, Stressbewältigung und Entspannungstherapien. Neurologische Erkrankungen haben nicht nur körperliche Einschränkungen zur Folge, sondern gehen auch mit Auswirkungen auf die Psyche der Patientinnen und Patienten einher. Die ambulante neurologische Rehabilitation umfasst daher auch eine psychologische Betreuung durch Neuropsychologinnen und Neuropsychologen, einen Sozialdienst sowie eine weitergehende psychologische Unterstützung. Teil der Therapie sind z. B. Stressbewältigung, Entspannungstherapien oder Gespräche zur Krankheitsbewältigung.
  • Pflege: Eine aktivierende Pflege unterstützt beim Essen, Waschen, An- und Auskleiden. Außerdem zeigen die Pflegekräfte, wie man sich dabei trotz Einschränkungen selbst helfen kann.

Dauer und Frequenz der Therapie

Die Dauer einer ambulanten neurologischen Rehabilitation beträgt in der Regel 15 bis 20 Behandlungstage je nach Kostenträger. Abhängig vom Behandlungsfortschritt und den Zielen der Patientinnen und Patienten kann die Therapie auf Antrag auch verlängert werden. Die Patientinnen und Patienten werden in der ambulanten neurologischen Reha in der Regel an fünf Tagen pro Woche für jeweils vier bis sechs Stunden behandelt. Eine Anpassung der Therapiefrequenz ist dabei jedoch nach Absprache möglich.

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Die Neurorehabilitation wird in verschiedene Phasen unterteilt:

  • Phase A: Akutversorgung
  • Phase B: Frührehabilitation
  • Phase C: weiterführende Rehabilitation
  • Phase D: Anschlussrehabilitation
  • Phase E: Nachsorge und berufliche Rehabilitation

Die ambulante neurologische Reha findet in der Regel in Phase D statt, der Anschlussrehabilitation. Die Behandlung in einer ambulanten Reha mit dem Fachbereich Neurologie schließt sich entweder an einen stationären Aufenthalt oder an eine stationäre Reha an. Darüber hinaus finden auch Patientinnen und Patienten mit neurologischen Erkrankungen eine umfassende Versorgung, bei denen ambulante Maßnahmen im Heilmittelbereich nicht ausreichend sind. In der ambulanten neurologischen Reha werden alle neurologischen Erkrankungen in der Phase D sowie die daraus entstandenen Beeinträchtigungen therapiert.

Ziele der ambulanten Reha

Ziel der ambulanten neurologischen Reha ist es, Funktionsstörungen als Folge neurologischer Erkrankungen zu mindern, damit Patientinnen und Patienten eine bestmögliche Teilhabe am Leben und ihrem Alltag wiedererlangen können. Das Ziel dabei ist unter anderem die Wiedereingliederung in das alltägliche Umfeld. Durch eine zielgerichtete Therapie sollen Patientinnen und Patienten Aufgaben und Aktivitäten im Alltag wieder aufnehmen können und ihre Selbstständigkeit zurückgewinnen. Ziel der Reha ist es, die Folgen von neurologischen Erkrankungen (z.B. Schlaganfall) zu mindern und dadurch die Teilhabe am Leben für unsere Patienten zu verbessern oder wiederherzustellen. Dazu bieten wir eine alltagsorientierte, wohnortnahe Therapie außerhalb großer Kliniken an.

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Spezielle Therapieansätze in der ambulanten Reha

Einige ambulante Reha-Zentren bieten spezielle Therapieansätze an, die auf die individuellen Bedürfnisse von Schlaganfall-Patienten zugeschnitten sind. Dazu gehören beispielsweise:

  • Forced-Use Therapy: Intensives Training der betroffenen Hand oder des betroffenen Beins bei gleichzeitigem "Verbot", die gesunde Hand für alltägliche Tätigkeiten einzusetzen.
  • Spiegeltherapie: Der Patient bewegt seine gesunde Hand, beobachtet dies aber in einem Spiegel, so dass es so aussieht, als ob er eine kranke, in Wirklichkeit vollständig gelähmte Hand bewegte.

Voraussetzungen für eine ambulante Reha

Um eine ambulante neurologische Reha in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Diagnose einer neurologischen Erkrankung: Die Erkrankung muss eindeutig diagnostiziert sein und die Notwendigkeit einer Reha durch eine ärztliche Verordnung bestätigt werden.
  • Rehabilitationsfähigkeit: Der Patient muss in der Lage sein, aktiv an einem Rehabilitationsprogramm teilzunehmen.
  • Positive Rehabilitationsprognose: Die Erfolgsaussichten der Rehabilitation sollten positiv sein und die Ziele in einem realistischen Zeitrahmen erreichbar sein.
  • Abgeschlossene Akutbehandlungsphase: Vor Beginn der Rehabilitation sollte die akute Phase der Erkrankung abgeschlossen sein.
  • Häusliche Versorgung: Die Patienten müssen in der Lage sein, sich selbst zu versorgen oder die Versorgung im häuslichen Umfeld muss durch Angehörige oder einen Pflegedienst gesichert sein.

Wie beantrage ich eine ambulante Reha?

Wenn Sie eine ambulante neurologische Reha nach einer Akutbehandlung benötigen, hilft Ihnen der Sozialdienst des Krankenhauses beim Reha-Antrag. Das medizinische Team vor Ort kann auch entscheiden, welche Reha-Phase für Sie geeignet ist. Der Ablauf zur Beantragung einer neurologischen Reha ohne vorherigen Krankenhausaufenthalt ist ähnlich wie bei anderen Reha-Formen. Nach Empfehlung durch den/die behandelnden Ärztin oder das Krankenhauspersonal erfolgt die Antragstellung meist direkt beim Kostenträger wie der Krankenkasse oder der Deutschen Rentenversicherung.

Nach der Reha: Langfristige Unterstützung

Nach dem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik werden die Maßnahmen meist ambulant fortgeführt. Dies organisiert der Sozialdienst der Rehabilitationsklinik vor der Entlassung. Bei der Planung prüfen die Fachkräfte auch, ob zu Hause spezielle Hilfsmittel nötig sind oder die Wohnung anders gestaltet werden muss.

Wiedereingliederung in den Beruf

Andere Menschen sind noch berufstätig und möchten nach der Rehabilitation wieder arbeiten. Für sie gibt es verschiedene Wiedereingliederungshilfen. Eine Möglichkeit für die Rückkehr in den Berufsalltag ist das „Hamburger Modell“. Es beinhaltet, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine schrittweise Rückkehr an den Arbeitsplatz zu planen. Dabei ist es besonders wichtig, zu schauen, welche Tätigkeiten nach der Erkrankung möglich sind und ob besondere Unterstützung nötig ist. Auch eine Anpassung des Arbeitsplatzes und die Anschaffung von Hilfsmitteln sind möglich. Vor allem zu Anfang ist es wichtig, sich nicht zu überfordern und das Arbeitspensum der eigenen Belastungsfähigkeit anzupassen.

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Selbsthilfegruppen und weitere Angebote

Sowohl für Schlaganfall-Patienten selbst als auch für deren Angehörige können Schlaganfall-Selbsthilfegruppen eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen. Sportvereine bieten Rehasport an, an dem auch Menschen nach einem Schlaganfall teilnehmen können. Dabei wird in Gruppen Ausdauer, Kraft und Koordination trainiert - beispielsweise mit Gymnastik, Bewegungsspielen oder Schwimmen.

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