Eine Transitorische Ischämische Attacke (TIA), oft als "Mini-Schlaganfall" bezeichnet, ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn. Obwohl die Symptome meist innerhalb von 24 Stunden abklingen, ist eine TIA ein ernstzunehmendes Warnsignal, da sie das Risiko für einen nachfolgenden Schlaganfall deutlich erhöht. Neben den körperlichen Folgen kann eine TIA auch erhebliche psychische Belastungen verursachen, insbesondere Angst vor einem Schlaganfall.
Was ist eine TIA?
Bei einer TIA wird ein Teil des Gehirns kurzzeitig nicht ausreichend mit Blut versorgt. Durch den resultierenden Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen können neurologische Funktionen wie Bewegungsfähigkeit, Sehen oder Sprache vorübergehend beeinträchtigt oder fallen ganz aus. Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls, bilden sich jedoch innerhalb kurzer Zeit (meist Minuten, maximal 24 Stunden) wieder vollständig zurück.
Die Ursache einer TIA ist meist ein vorübergehender Verschluss einer Hirnarterie durch ein Blutgerinnsel. Dieses Gerinnsel kann sich beispielsweise im Halsbereich oder im Herzen bilden, sich lösen und über die Blutbahn ins Gehirn gelangen.
Risikofaktoren für eine TIA entsprechen denen für einen Schlaganfall und umfassen unter anderem:
- Übergewicht und Adipositas
- Gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes mellitus)
- Vorhofflimmern
- Bluthochdruck
- Hormonelle Verhütungsmittel (z.B. Anti-Baby-Pille)
Typische Symptome einer TIA sind:
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- Gefühlsstörungen (Kribbeln, Taubheitsgefühl) in Arm, Bein oder einer Körperhälfte
- Lähmungserscheinungen in Arm, Bein oder einer Körperhälfte
- Sprach- und Sprechstörungen
- Schwindel (mit unsicherem Gang, Schwanken, Drehgefühl)
- Vorübergehendes Doppeltsehen
- Einseitige Erblindung (Amaurosis fugax)
- Kopfschmerzen (in manchen Fällen)
Die psychische Belastung nach einer TIA
Viele Betroffene unterschätzen die TIA aufgrund der kurzen Dauer und des Fehlens von Schmerzen. Die Angst vor einem "richtigen" Schlaganfall und dessen potenziellen Folgen kann jedoch eine erhebliche psychische Belastung darstellen. Diese Angst kann sich in verschiedenen Formen äußern:
- Allgemeine Angst und Besorgnis: Betroffene sorgen sich ständig um ihre Gesundheit und haben Angst vor einem erneuten Ereignis.
- Panikattacken: Plötzliche Anfälle von intensiver Angst, begleitet von körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Atemnot oder Schwindel.
- Vigilanz und Körperfokussierung: Übermäßige Aufmerksamkeit auf körperliche Empfindungen und Symptome, die als Anzeichen eines Schlaganfalls interpretiert werden.
- Vermeidungsverhalten: Vermeidung von Aktivitäten oder Situationen, die an die TIA erinnern oder Angst auslösen könnten.
- Depressionen: Anhaltende Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verlust von Interesse an Aktivitäten.
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): In einigen Fällen kann die TIA als traumatisches Ereignis erlebt werden, das zu einer PTBS führt. Typische Symptome sind Wiedererleben des Ereignisses (z.B. durch Flashbacks oder Albträume), Vermeidung von Erinnerungen und eine erhöhte Reizbarkeit.
Eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg hat gezeigt, dass TIA-Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PTBS haben. Laut dieser Studie berichteten 29,2 Prozent der Patienten drei Monate nach der TIA Symptome, die auf eine PTBS hindeuten. Dies entspricht einer zehnfachen Häufigkeit gegenüber der deutschen Allgemeinbevölkerung.
Umgang mit der Angst: Strategien und Therapieansätze
Es gibt verschiedene Strategien und Therapieansätze, die Betroffenen helfen können, mit der Angst nach einer TIA umzugehen:
- Ärztliche Behandlung und Nachsorge:
- Ernstnehmen der Symptome: Auch wenn die Symptome abgeklungen sind, sollte man den Notruf wählen und sich umgehend in einem Krankenhaus untersuchen lassen.
- Ursachenforschung: Um das Risiko für einen Schlaganfall zu minimieren, ist es wichtig, die Ursache der TIA zu finden und zu behandeln. Dies kann beispielsweise die Einstellung von Medikamenten zur Blutdrucksenkung oder die Behandlung von Vorhofflimmern umfassen.
- Risikofaktoren minimieren: Betroffene können selbst viel tun, um ihr Schlaganfallrisiko zu senken. Dazu gehören:
- Reduktion von Übergewicht
- Rauchstopp
- Einschränkung des Alkoholkonsums
- Vermeidung von Dauerstress
- Ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst
- Regelmäßige Bewegung und Sport (mindestens 150 Minuten mäßige oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche)
- Psychologische Unterstützung:
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie, insbesondere eine kognitive Verhaltenstherapie, kann helfen,Angstmuster zu erkennen und zu verändern. Auch Techniken zur Stressbewältigung und Entspannung können erlernt werden.
- Neuropsychologische Beratung: Bei Persönlichkeitsveränderungen oder kognitiven Beeinträchtigungen kann eine neuropsychologische Beratung sinnvoll sein.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe kann sehr hilfreich sein, um sich verstanden zu fühlen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.
- Selbsthilfestrategien:
- Achtsamkeit: Achtsamkeitsübungen können helfen, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu lenken und Grübeleien zu reduzieren.
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Meditation können helfen,Stress abzubauen und dieEntspannung zu fördern.
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung kann nicht nur das Schlaganfallrisiko senken, sondern auch die Stimmung verbessern und Angst reduzieren.
- Soziale Kontakte pflegen: Der Austausch mit Familie und Freunden kann helfen, sich unterstützt zu fühlen und die Angst zu bewältigen.
- Realistische Risikoeinschätzung: Eine realistische Einschätzung des eigenen Schlaganfallrisikos kann helfen, die Angst zu reduzieren.
Persönlichkeitsveränderungen nach Schlaganfall
Emotionale Veränderungen können sich auf das Verhalten einer Person auswirken und zu Persönlichkeitsveränderungen führen. Angehörige nehmen diese Veränderungen oft schneller und intensiver wahr als die Betroffenen selbst. Die Veränderungen können vielfältig sein und sich in zwei Richtungen entwickeln:
- Minus-Syndrom: Antriebsarmut, Apathie, Desinteresse, wenige Emotionen, emotionslose Sprechweise oder Mimik.
- Plus-Syndrom: Impulsivität, Aufbrausen, Aggressivität, paranoide Verdächtigungen.
Wesensveränderungen treten häufig auf, wenn die Schädigung im Bereich des Frontal- und Temporallappens des Gehirns liegt. Schädigungen der Temporallappen können eher zu einem Minus-Syndrom führen, während Schädigungen des rechten und linken Frontallappens ein Plus-Syndrom begünstigen können.
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Es ist wichtig, die Situation zu thematisieren und Fachleute hinzuzuziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die den Betroffenen und den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.
Fallbeispiele und Erfahrungsberichte
Viele Menschen erleben nach einer TIA ähnliche Ängste und Unsicherheiten. Einige Betroffene berichten von Schwindelgefühlen, Kribbeln und der ständigen Angst vor einem erneuten Ereignis. Es ist wichtig zu wissen, dass man mit diesen Gefühlen nicht allein ist und dass es Wege gibt, damit umzugehen.
Ein Betroffener berichtet, dass er nach seiner TIA ständig auf seinen Körper achtete und jedes "Zipperlein" als Anzeichen eines Schlaganfalls interpretierte. Durch die Einnahme von Medikamenten, regelmäßige Bewegung und eine bewusstere Ernährung konnte er seine Angst jedoch reduzieren.
Ein anderer Betroffener fand Halt in einer Selbsthilfegruppe, wo er sich mit anderen austauschen und von ihren Erfahrungen profitieren konnte.
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