Angststörung und Multiple Sklerose: Ein komplexer Zusammenhang

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die oft mit einer Vielzahl von körperlichen Symptomen einhergeht. Was viele jedoch nicht wissen: Psychische Erkrankungen, insbesondere Angststörungen und Depressionen, sind bei MS-Patienten weit verbreitet und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Diese psychischen Begleiterkrankungen werden oft als "verborgene Symptome" bezeichnet, da sie nicht immer leicht zu erkennen sind, aber dennoch eine erhebliche Belastung darstellen.

Die unsichtbaren Folgen der Multiplen Sklerose

Psychische Erkrankungen sind bei Multipler Sklerose oft unsichtbar. In einer Fachklinik für Multiple Sklerose weisen etwa 35 % der Patienten neben der MS-Erkrankung auch eine psychiatrische Diagnose auf. Angststörungen und Depressionen können sogenannte verborgene Symptome einer Multiplen Sklerose (MS) sein. Dieser Begriff beschreibt Beschwerden, die den Betroffenen körperlich nicht anzusehen sind, sie mitunter aber stark belasten.

Die Häufigkeit von Ängsten bei MS

Eine Querschnittsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass Ängste bei MS ein häufiges Symptom sind, welches im Rahmen der Behandlung mehr Beachtung finden sollte. 42 % der MS-Patienten in einer Studie zeigten klinisch signifikante Ängste. Diese Ängste korrelierten besonders mit depressiven Symptomen, Fatigue, kognitiven Beschwerden und der jeweiligen psychiatrischen Krankengeschichte.

Der Zusammenhang zwischen Ängsten und anderen Faktoren

Forscher haben genauer untersucht, welche Faktoren zu Ängsten bei MS-Patienten beitragen. Neben Symptomen wie Ängsten und Depressionen wurden Fatigue, kognitive Beschwerden und die Denkleistung abgefragt und ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass Ängste im Zusammenhang mit psychischen und psychologischen Faktoren zu sehen sind. Stärkere Ängste betrafen mehr die Patienten, die noch nicht durch Behinderungen eingeschränkt waren und auch beruflich aktiv waren.

Depressionen und ihre Auswirkungen

Depressionen sind eine häufige Problematik, die unabhängig von Ängsten einen negativen Einfluss auf das Leben Betroffener mit MS ausüben. Patienten mit stärkeren Depressionen waren häufiger auch in stärkerem Maße durch die MS beeinträchtigt und erreichten so einen höheren EDSS-Wert. Ebenso war die Depression auch stärker mit Fatigue assoziiert, dafür aber negativ mit beruflicher Aktivität und der Denkleistung.

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Fallbeispiel: Angst als Ursache oder Begleiterscheinung?

Ein Fallbeispiel einer 26-jährigen Patientin namens Noah zeigt, wie schwierig es sein kann, die Ursache von Missempfindungen und Schmerzen zu finden. Noah klagte über Kribbeln, Brennen und Kältegefühl in den Beinen und Armen. Obwohl im MRT und den sonstigen Untersuchungen keinerlei Anzeichen auf eine Zentrale Nervenerkrankung zu erkennen waren, war sie stark verunsichert. Ein Neurologe vermutete eine somatoforme Störung und riet zu einer psychotherapeutischen Behandlung. Noahs Psychiater bestätigte, dass an ihren Ängsten gearbeitet werden muss.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass nicht alle Symptome bei MS-Patienten direkt auf die Erkrankung zurückzuführen sind. Angststörungen können ähnliche Symptome verursachen und die Diagnose erschweren.

Psychotische Symptome als Erstsymptom der MS

Ein weiterer Fallbericht beschreibt eine 36-jährige Patientin, die mit einer akuten psychotischen Störung in die Klinik kam. Die Patientin zeigte einen akuten Beginn und eine rasche Progredienz der polymorph psychotischen Symptomatik bis hin zum Vollbild einer akuten psychotischen Störung mit schwerer formaler Denkstörung, Wahn und starken affektiven Schwankungen. Allerdings fanden sich keine sonstigen neurologischen Defizite. In Zusammenschau der Befunde diagnostizierten die Ärzte eine MS. Die akute psychotische Störung werteten sie als ersten klinisch-manifesten Schub.

Dieser Fall zeigt, wie wichtig die diagnostische Abklärung jeder erstmalig aufgetretenen psychotischen Symptomatik ist, um eine hirnorganische Genese adäquat zu behandeln. Patienten mit MS entwickeln im Krankheitsverlauf in über 50 % neuropsychiatrische Auffälligkeiten. Depressive Symptome sind in der Mehrzahl, Psychosen treten in populationsbasierten Studien mit 2-3 % selten auf. In 90 % der Fälle geht die MS-Diagnose der Psychose voraus.

Die Rolle der Magnetresonanztomographie (MRT)

In der Diagnostik von MS spielt die Magnetresonanztomographie (MRT) eine entscheidende Rolle. Im Falle der Patientin mit der psychotischen Störung zeigten sich im MRT multiple periventrikuläre und juxtakortikale Läsionen. Die KM-aufnehmende, frische Läsion war periventrikulär lokalisiert.

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Die MRT-Befunde können helfen, die Diagnose MS zu bestätigen und andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Therapieansätze bei MS und psychischen Begleiterkrankungen

Die Therapie von MS-Patienten mit Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Neben der Behandlung der MS selbst ist es wichtig, die psychischen Symptome gezielt zu behandeln.

  • Psychotherapie: Eine Psychotherapie kann helfen, Ängste und Depressionen zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Medikamente: Antidepressiva und angstlösende Medikamente können bei Bedarf eingesetzt werden. Antipsychotika der zweiten Generation werden aufgrund des besseren Nebenwirkungsprofils empfohlen.
  • Kortisontherapie: Bei akuten Schüben kann eine Hochdosis-Kortisontherapie eingesetzt werden.
  • Basistherapie: Eine Basistherapie mit Glatirameracetat, Teriflunomid oder Dimethylfumarat kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

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