Die Behandlung von psychotischen Symptomen bei Patienten mit Parkinson-Krankheit stellt eine besondere Herausforderung dar. Einerseits können neuropsychiatrische Symptome wie Psychosen und Demenz die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen, andererseits ist der Einsatz von Antipsychotika mit erheblichen Risiken verbunden. Dieser Artikel beleuchtet die spezifischen Aspekte der Antipsychotika-Anwendung bei Parkinson-Patienten, einschliesslich der potenziellen Risiken, alternativen Behandlungsstrategien und der Bedeutung einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung.
Neuropsychiatrische Symptome bei Parkinson
Neben den bekannten motorischen Symptomen wie Tremor, Rigor und Bradykinese treten bei Parkinson-Patienten häufig auch nicht-motorische Symptome auf, darunter neuropsychiatrische Beschwerden wie Depressionen, Angstzustände, kognitive Einschränkungen und Demenz. Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Psychosen können ebenfalls auftreten und die Lebensqualität der Patienten weiter beeinträchtigen.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome nicht nur im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auftreten können, sondern auch bereits in frühen Phasen. Die Ursachen für neuropsychiatrische Symptome sind vielfältig. Einerseits können sie direkt mit der Parkinson-Krankheit selbst zusammenhängen, die durch den Verlust von Dopamin-produzierenden Zellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Andererseits können auch die zur Behandlung der motorischen Symptome eingesetzten Medikamente, insbesondere L-Dopa und Dopaminagonisten, psychotische Symptome auslösen oder verstärken. Dementielle Symptome können ebenfalls zu diesen psychischen Auffälligkeiten führen.
Risiken der Antipsychotika-Behandlung bei Parkinson
Der Einsatz von Antipsychotika bei Parkinson-Patienten ist mit besonderen Risiken verbunden. Parkinson-Patienten reagieren oft empfindlicher auf diese Medikamente, was zu unerwünschten Wirkungen wie extrapyramidal-motorischen Störungen (EPMS) führen kann. EPMS umfassen Symptome wie Muskelsteifheit, Zittern, langsame Bewegungen und unwillkürliche Bewegungen. Zudem ist paradoxerweise eine Zunahme der Halluzinationen oder eine verlängerte Sedierung möglich und die motorische Parkinson-Symptomatik kann massiv verstärkt werden.
Eine Studie hat gezeigt, dass bei Parkinson-Patienten, die mit Antipsychotika behandelt wurden, die Sterberate um das Doppelte anstieg. Besonders ungünstig schien in diesem Zusammenhang der Einsatz der typischen Antipsychotika. Verglichen mit Patienten, die atypische Antipsychotika erhielten, zeigte sich eine rund 54 Prozent höhere Sterberate.
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Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Antipsychotika gleichermassen mit Risiken behaftet sind. Traditionelle oder typische Antipsychotika, die stark in den Dopaminhaushalt des Gehirns eingreifen, sind in der Regel ungünstiger als atypische Antipsychotika, die selektiver wirken und weniger stark in den Dopaminhaushalt eingreifen.
Empfehlungen für den Einsatz von Antipsychotika
Aufgrund der potenziellen Risiken sollte der Einsatz von Antipsychotika bei Parkinson-Patienten sehr sorgfältig abgewogen werden. Gerade zu Beginn der Erkrankung ist eine Behandlung mit Antipsychotika daher nicht zu empfehlen. Die Forscher um Daniel Weintraub an der University of Michigan Medical School plädieren dafür, dass der Einsatz von Neuroleptika bei Parkinson-Patienten, die unter psychotischen Symptomen leiden, mit sehr großer Vorsicht erfolgen sollte.
Bevor Antipsychotika eingesetzt werden, sollten andere mögliche Ursachen für die psychotischen Symptome ausgeschlossen werden, wie z. B. Infektionen, Stoffwechselstörungen oder Nebenwirkungen anderer Medikamente. Auch sollte versucht werden, die Parkinson-Medikation zu optimieren und gegebenenfalls die Dosis von L-Dopa oder Dopaminagonisten zu reduzieren, um medikamenteninduzierte Psychosen zu vermeiden.
Wenn Antipsychotika dennoch erforderlich sind, sollten ausschliesslich atypische Antipsychotika in Betracht gezogen werden. Wie bei der Parkinson-Krankheit kommen ausschliesslich die Substanzen Quetiapin und Clozapin infrage (off Label). Von diesen Substanzen scheinen Clozapin und Quetiapin das günstigste Nutzen-Risiko-Verhältnis zu haben. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auch diese Medikamente Nebenwirkungen verursachen können und eine sorgfältige Überwachung erforderlich ist.
Clozapin darf nur nach rechtswirksamer Aufklärung mit besonderen Vorsichtsmassnahmen eingesetzt werden. So muss 18 Wochen lang einmal wöchentlich das Differenzialblutbild kontrolliert werden, danach im vierwöchentlichen Rhythmus (wegen Agranulozytose-Gefahr). Meist reichen geringe Tagesdosen aus, zum Beispiel Clozapin 6,25 bis 25 mg oder Quetiapin 25 mg. In höherer Dosierung können deren anticholinerge Effekte problematisch werden. Auf Somnolenz, orthostatische Hypotonie, Mundtrockenheit, Obstipation bis zum paralytischen Ileus, Harnverhalt, Tachykardie und potenzielle Blutbildstörungen ist zu achten.
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Es ist wichtig zu beachten, dass alle Substanzen keine offizielle Zulassung für die Behandlung von Patienten mit Lewy-Körperchen-Demenz haben. Über den Off-Label-Use ist immer aufzuklären.
Alternative Behandlungsstrategien
Neben der medikamentösen Behandlung mit Antipsychotika gibt es auch alternative Behandlungsstrategien, die bei Parkinson-Patienten mit psychotischen Symptomen in Betracht gezogen werden können.
- Cholinesterase-Hemmer: Bei Patienten mit Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB), einer Form der Demenz, die häufig bei Parkinson-Patienten vorkommt, können Cholinesterase-Hemmer wie Rivastigmin oder Donepezil die kognitiven Funktionen verbessern und psychotische Symptome reduzieren. Cholinesterase-Hemmer sind die entscheidende Medikation für Patienten mit Lewy-Körperchen-Demenz! Sie sollten in jedem Krankheitsstadium eingesetzt werden. Die Kontraindikationen Bradykardie, floride gastrointestinale Ulzera, Epilepsie und schweres Asthma sind dabei unbedingt zu beachten. Beim Einsatz von Donepezil ist zu beachten: Entgegen den Empfehlungen der Fachinformation sollte die Gabe morgens erfolgen. Hierüber herrscht Einigkeit bei klinisch erfahrenen Behandelnden.
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder duale Substanzen (SSNRI): Eine Depression kann mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) oder dualen Substanzen (SSNRI) wie (Des-)Venlafaxin, Duloxetin oder Milnacipran behandelt werden. Gegebenenfalls ist die sedierende Wirkung von Mirtazapin oder Trazodon und die schlafregulierende Wirkung von Agomelatin nutzbar.
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie, insbesondere eine kognitive Verhaltenstherapie, kann Patienten helfen, mit ihren psychotischen Symptomen umzugehen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
- Nicht-medikamentöse Interventionen: Nicht-medikamentöse Interventionen wie реабилитация, Ergotherapie und логопедия können die Lebensqualität von Parkinson-Patienten verbessern und ihre Fähigkeit zur Selbstversorgung fördern.
Delir bei Parkinson
Das Delir stellt im klinischen Alltag eine besondere Herausforderung dar. Als akut auftretendes Syndrom organischen Ursprungs birgt es ein hohes Risiko für motorische und psychopathologische Langzeitkomplikationen mit hohen Folgekosten für das Gesundheitssystem. Trotz der Häufigkeit und klinischen Relevanz des Delirs ist die Pathophysiologie nicht ausreichend verstanden und die Evidenzlage der therapeutischen Optionen limitiert. Dies gilt insbesondere für das Delir beim idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS), da dopaminantagonistisch wirkende Neuroleptika kontraindiziert sind.
Die Prävention eines Delirs bei Patienten mit erhöhtem Delirrisiko durch nichtmedikamentöse Verfahren ist gut untersucht. Die Prävention umfasst Reorientierungsmassnahmen, die Einhaltung des Tag-Nacht-Rhythmus, die Benutzung von Hilfsmitteln, die frühzeitige Mobilisierung, die ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, eine ruhige Umgebung sowie, soweit möglich, die Vermeidung von Kathetern und Zugängen.
Medikamentöse Therapieoptionen umfassen die Behandlung potenziell ein Delir verursachender Faktoren, wie akute Infektionen, Schmerzen oder metabolische Störungen. Die bestehende medikamentöse Therapie sollte kritisch evaluiert werden, um prodelirogene Medikamente zu identifizieren und nach Möglichkeit abzusetzen.
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