Autonome Neuropathie: Diagnose, Ursachen und Therapie

Die autonome Neuropathie ist eine Nervenerkrankung, die verschiedene Körperfunktionen beeinträchtigen kann. Herz-Kreislauf-System, Schweißproduktion und Verdauungstrakt sind besonders betroffen. Die autonome Neuropathie ist in der Regel keine eigenständige Krankheit, sondern das Ergebnis anderer Erkrankungen, deren Ursachen erforscht werden müssen, um eine erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen.

Definition und Erklärung des Konzepts

Die autonome Neuropathie ist eine Erkrankung des autonomen Nervensystems. In diesem Fall ist die Verbindung zwischen Gehirn und dem autonomen Nervensystem gestört. Dies führt hauptsächlich zu Funktionsstörungen der Blutgefäße, des Herzens und der Schweißdrüsen.

Das autonome Nervensystem versorgt jedes Organ im Körper. Es besteht im Wesentlichen aus drei Teilen:

  • Viszeroafferenzen: Sie leiten Signale von den inneren Organen zum zentralen Nervensystem, z. B. bei Bauchschmerzen.
  • Sympathische Bahnen: Sie versorgen die Organe mit den Botenstoffen Adrenalin und Noradrenalin. Sie bereiten den Körper auf körperliche Arbeit, Flucht oder Kampf vor.
  • Parasympathische Bahnen: Sie versorgen die Organe mit dem Botenstoff Acetylcholin. Sie kommen beim Ausruhen, Essen, Verdauen und Entspannen zum Einsatz.

Störungen des autonomen Nervensystems beruhen in der Regel auf einem Ungleichgewicht dieser drei Bestandteile. Viele Medikamente beeinflussen das autonome Nervensystem als gewünschte oder unerwünschte Arzneimittelwirkung (z. B. den Blutdruck, Herzschlag, das Schwitzen und die Verdauung).

Ursachen der autonomen Neuropathie

Die autonome Neuropathie ist sehr selten eine eigenständige Krankheit. Sie ist eher als sekundäre Folgeerkrankung zu betrachten. Die häufigste Ursache ist Diabetes. Weitere Auslöser sind Autoimmunerkrankungen, Parkinson, Viren und Bakterien sowie bestimmte Medikamente. In manchen Fällen ist die autonome Neuropathie angeboren.

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Symptome der autonomen Neuropathie

Da fast alle Organe betroffen sein können, sind die Symptome entsprechend vielfältig:

  • Herzrasen, Schwindel, Blutdruckabfall (orthostatische Hypotonie)
  • Beschwerden im Magen-Darm-Trakt
  • Lähmungserscheinungen vornehmlich an Händen und Füßen
  • Schwellung der Unterschenkel mit Auftreten von Ödemen
  • Blasenstörungen
  • Erektile Dysfunktion (Potenzstörungen)

Bei hereditären sensorischen Neuropathien (HSAN) können autonome Störungen mit eingeschränkter Herzfrequenzvariabilität, Blutdruckregulationsstörungen oder gastrointestinale Beschwerden den Sensibilitätsverlust begleiten.

Diagnose der autonomen Neuropathie

Die Diagnose der autonomen Neuropathie ist recht aufwendig, da verschiedene Auslöser infrage kommen. Neben einer Beurteilung der Krankengeschichte sind eine Reihe von Tests angezeigt. Hierzu gehört in erster Linie die Bestimmung des Blutzuckerspiegels, um Diabetes als primäre Ursache auszuschließen. Zur weiteren Diagnostik werden Herz, Blutdruck und Lungenfunktion überprüft unter Einbeziehung bildgebender Verfahren (Ultraschall, Magenspiegelung). Bei vermuteter Störung des Immunsystems erfolgt ein Test auf den Antikörper A3, der in diesen Fällen bei 50 % aller Patienten nachgewiesen werden kann.

Wichtige diagnostische Verfahren

Zur Funktionsprüfung des kardiovaskulären autonomen Nervensystems erfolgt eine indirekte Messung der autonomen Einflüsse auf die Funktion des Zielorgans mit Hilfe von Reflextests. Da die klinische Symptomatik der KADN vieldeutig ist und subklinische Formen sich einer klinischen Untersuchung entziehen, sind zuverlässige diagnostische Testverfahren erforderlich. Sie sollten einfach durchführbar sein, eine hohe Sensitivität und Spezifität zeigen und nicht invasiv und gut reproduzierbar sein. Die Diagnose der KADN sollte nicht auf der Grundlage eines einzelnen Tests gestellt werden, da ein abnormer Einzelbefund nicht notwendigerweise eine autonome Dysfunktion beweist.

Die Untersuchung der HRV kann mit der Standardanalyse im Zeitbereich sowie mit Hilfe der Spektralanalyse im Frequenzbereich erfolgen. Mit der Spektralanalyse können die einzelnen Periodizitäten, aus denen sich biologische Rhythmen zusammensetzen, charakterisiert werden. Diese Methode erlaubt eine Auftrennung der HRV in ihre verschiedenen Komponenten, das heißt in sinusoidale Funktionen von unterschiedlicher Frequenz. Hierdurch kann der jeweilige sympathische und parasympathische Einfluß auf das Herz weitgehend getrennt quantifiziert werden.

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Bei der Beurteilung der HRV sind physiologische Einflußgrößen wie Alter, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck, Gewicht, Körperposition, Tageszeit und Nahrungsaufnahme zu berücksichtigen. Als pathophysiologische diabetesunabhängige Einflußfaktoren sind Streßzustände, Dehydratation, Genußmittel (Kaffee, Nikotin), Herz-Kreislaufwirksame Pharmaka (zum Beispiel Antihypertensiva, a-, b-Blocker, Antidepressiva), kardiale Erkrankungen (KHK, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) sowie primäre und sekundäre Formen der autonomen Dysfunktion (Alkoholismus, Urämie, Vitamin B12-Mangel, Malignome, AIDS) zu beachten. Um akute Einflüsse auszuschalten, sollten vor Durchführung der autonomen Funktionsdiagnostik innerhalb von acht Stunden keine Hypoglykämie und innerhalb der letzten fünf Tage keine ketotische Stoffwechselentgleisung vorgelegen haben.

Zur Prüfung der HRV stehen heute Computersysteme zur Verfügung, die alle Anforderungen an eine zuverlässige Messung der R-R-Intervalle einschließlich der Spektral- und Vektoranalyse zur Diagnostik der KADN hinreichend erfüllen.

Neuerdings kann als nuklearmedizinisches Verfahren die Metajodobenzylguanidin (MIBG)-Szintigraphie zur direkten Quantifizierung der kardialen sympathischen Innervation bei der KADN eingesetzt werden. Die MIBG-Szintigraphie ist im Vergleich zu den herkömmlichen indirekten autonomen Funktionstests offensichtlich eine sensitivere Methode zur frühen Erfassung der KADN. Dieses Verfahren ist derzeit aber noch wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten.

Weitere diagnostische Tests

  • Kipptischuntersuchung: Hierbei werden die Kreislaufwerte in liegender Position und beim Aufrichten auf einem Kipptisch gemessen, um Kreislaufstörungen zu erkennen.
  • Plasma-Noradrenalin-Spiegel: Die Messung des Noradrenalin-Spiegels im Liegen und Stehen kann bei der Ursachen-Diagnostik und Behandlung von Kreislaufstörungen helfen.
  • Sudoscan/EzScan: Diese Tests geben eine Kurzinformation über die Schweißdrüsenfunktion und ermöglichen ein Screening der Funktion von Small Fibres in der Haut.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Mit diesem Test wird die Funktion der langsam leitendenden, nicht-myelinisierten Nervenfasern (Small Fibres) untersucht, welche Vibrations-, Schmerz- und Temperatur-Reize vermitteln und die Funktionen vegetativer Organe steuern.
  • Quantitativer Sudomotorischer Axonreflex-Test (QSART): Dieser Test untersucht die Funktion der Small Fibres, welche die Schweißdrüsen-Funktion steuern.
  • Sympathische/Galvanische Hautreaktion: Hierbei werden elektrische Hautwiderstandsänderungen in verschiedenen Körperregionen nach Applikation eines elektrischen Hautreizes gemessen.
  • Hautbiopsie: Durch eine kleine Gewebeprobe der Haut kann die Nervenfaserdichte unter dem Mikroskop bestimmt werden. Ein Verlust dieser Fasern weist auf eine Small Fiber Neuropathie (SFN) hin und kann eine autonome Neuropathie erklären.
  • QSWEAT (Quantitative Sudomotor Axon Reflex Testung): Ein spezialisiertes Verfahren zur Untersuchung der Schweißdrüsenfunktion.

Vorbereitung auf die Untersuchung

Vor der Untersuchung sollten keine Medikamente eingenommen werden, die sich auf das Herzkreislaufsystem auswirken können. Bitte besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche Medikamente dies sind. Außerdem sollten Sie mindestens 6 Stunden vor der Untersuchung nichts mehr essen. Verzichten Sie bitte am Morgen der Untersuchung auf koffeinhaltige Getränke wie Tee, Kaffee und Cola sowie auf Alkohol und Rauchen. Tragen Sie zur Untersuchung bequeme Kleidung und feste Schuhe. Ziehen Sie morgens bitte keine Stützstrümpfe oder Korsagen an, falls Sie diese im Alltag tragen. Sagen Sie die Untersuchung ab, wenn bei Ihnen am Tag eine schwere Infektion, Fieber oder Unterzuckerungen vorliegen.

Therapie der autonomen Neuropathie

Das Therapieziel ist stets auf die ursächliche, die autonome Neuropathie auslösende, Krankheit gerichtet. Diese bestimmt dann die Art und Weise der Behandlung.

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Kausale Therapie

Der primäre Ansatz zu einer kausalen Therapie basiert auf der Ausschaltung des ätiologischen Faktors Hyperglykämie durch möglichst normnahe Stoffwechseleinstellung.

Pathogenetisch begründbare Therapie

Es handelt sich bei der pathogenetisch begründeten Therapie um medikamentöse Therapieformen, die aus den aktuellen Konzepten zur Pathogenese der diabetischen Neuropathie heraus entwickelt wurden. Sie bestehen in der:

  1. Inhibition des Polyolstoffwechselweges durch Aldose-Reduktase-Inhibitoren
  2. Korrektur des gestörten Metabolismus der essentiellen Fettsäuren und Prostanoide durch Substitution von Gamma-Linolensäure
  3. Gabe von Antioxidantien (a-Liponsäure) zur Reduktion des oxidativen Stresses
  4. Verbesserung des reduzierten endoneuralen Blutflusses und der konsekutiven Hypoxie durch Vasodilatatoren
  5. Hemmung der nicht-enzymatischen Glykosylierung durch Gabe von Aminoguanidin
  6. Unterstützung des Neurotrophismus durch Nervenwachstumsfaktoren (NGF)

Symptomatische Therapie

Eine ausgeprägte Sinustachykardie kann mit kardioselektiven b-Rezeptorenblockern behandelt werden.

Weitere Therapieansätze

  • Bei Diabetes muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen.
  • Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate.
  • Zur Schmerzbekämpfung haben sich Antidepressiva und Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie), sogenannte Antikonvulsiva, bewährt.
  • Capsaicin-Pflaster können gegen Polyneuropathie helfen.
  • Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren.
  • Gegen die fortschreitende Gangunsicherheit wirkt Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie.

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