Benigne idiopathische Krämpfe: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Muskelkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft, insbesondere ältere Erwachsene und Sportler. Medizinisch werden Muskelkrämpfe als "Crampi" bezeichnet. Sie können äußerst schmerzhaft sein und plötzlich auftreten. In den meisten Fällen sind die Ursachen harmlos, aber bei regelmäßigem Auftreten ist eine ärztliche Untersuchung ratsam, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlung von benignen idiopathischen Krämpfen, insbesondere im Hinblick auf Muskelkrämpfe in Füßen und Beinen.

Was sind benigne idiopathische Krämpfe?

Muskelkrämpfe sind plötzliche, schmerzhafte und unwillkürliche Kontraktionen eines Teils oder der Gesamtheit eines Muskels oder einer Muskelgruppe, die mit einer tastbaren Verhärtung einhergehen. Muskelkrämpfe kennen die meisten in Form von Wadenkrämpfen oder Krämpfen in Füßen und Zehen. Insbesondere nächtliche Muskelkrämpfe sind häufig. Muskelkrämpfe in Wade, Fuß und Zehen, die ohne erkennbare Ursache in der Nacht auftreten, nennen Mediziner benigne idiopathische Krämpfe.

Wer ist häufig betroffen?

Vielfach sind bereits junge Menschen von Krämpfen betroffen, aber die überwiegende Mehrzahl ist im fortgeschrittenen Alter. Etwa 33 bis 50 Prozent der älteren Bevölkerung über 65 Lebensjahre leidet mindestens einmal pro Woche an Muskelkrämpfen. Auch Sportler sind oft betroffen, besonders nach sehr intensiven Belastungen. Aber auch nach körperlicher Anstrengung im Allgemeinen kann es zu Muskelkrämpfen kommen, wenn eine Disposition zur Verkrampfung besteht.

Mögliche Ursachen von Muskelkrämpfen

Muskelkrämpfe, medizinisch Crampi genannt, sind meist harmlos und in der Regel kein Hinweis auf eine Erkrankung. Eher selten deuten Fußkrämpfe auf Erkrankungen hin. In nicht wenigen Fällen werden die Muskeln durch Fehlstellungen des Fußes, etwa den Platt- und Senkfuß, überlastet. Auch zu enges Schuhwerk kann Fußkrämpfe begünstigen.

Da aber auch ernsthafte Beschwerden wie Diabetes oder Durchblutungsstörungen hinter den Muskelkrämpfen stecken können, ist bei regelmäßigem Auftreten der Beschwerden eine ärztliche Untersuchung und Klärung der Ursache ratsam.

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Weitere mögliche Muskelkrampfursachen sind:

  • Verspannungen der Muskulatur (durch zu viel oder zu wenig Bewegung)
  • Gelenkprobleme
  • Fehlbelastungen
  • Störungen im Mineralstoffhaushalt (Elektrolythaushalt)
  • Dehydration (Austrocknung) in Folge von Durchfällen, Erbrechen oder starkem Schwitzen
  • Bestimmte Medikamente, beispielsweise Blutdrucksenker, Diuretika (Entwässerungsmittel), manche Cholesterinsenker und einige Antidepressiva
  • Nervenstörungen, sogenannte Polyneuropathien
  • Schwangerschaften
  • Nierenerkrankungen
  • Lebererkrankungen
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Durchblutungsstörungen
  • Eisenmangel
  • Nervenschädigungen, etwa durch Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) verursacht
  • Zunehmendes Alter (unter anderem begünstigt durch verkürzte Muskeln, Bewegungsmangel, Gelenkbeschwerden, Fehlbelastungen, Nährstoff- und Flüssigkeitsmangel)

Mit dem Alter nimmt die Häufigkeit der Muskelkrämpfe oft zu. Die Gründe sind vielfältig. So nehmen viele ältere Menschen regelmäßig verschiedene Medikamente ein - die möglicherweise Krämpfe begünstigen. Zudem fällt es vielen Menschen mit zunehmendem Alter schwerer, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen. Mit dem Alter lässt das Durstgefühl nach. Auch der Hunger nimmt oftmals ab - was eine ausgewogene Ernährung erschwert. So kann es passieren, dass dem Körper wichtige Nährstoffe fehlen, die er für eine funktionierende Muskulatur braucht. Mineralstoffe wie Magnesium und Kalium gehören ebenso dazu wie Proteine.

Auch kommt es bei älteren Menschen öfter zu Fehlbelastungen und Gelenkproblemen, welche Muskelkrämpfe begünstigen können. Zudem neigen im Alter die Muskeln dazu, sich zu verkürzen. Ebenso ist regelmäßige Bewegung oftmals nicht mehr möglich - die Muskelmasse nimmt ab. Unbewegte Muskeln sind unterfordert - was Krämpfe genauso begünstigt wie Überforderung.

Diagnose von Muskelkrämpfen

Einen ersten Hinweis auf die Ursache eines Krampfes kann nach Angaben von Reichel die Krampfdauer und -intensität geben. Harmlose idiopathische Wadenkrämpfe betreffen danach nur ein bis zwei Muskeln und treten sporadisch auf. Sind Krampi dagegen Symptom metabolischer Störungen, dann sind sie umfassender, intensiver und halten länger an. Typische Erkrankungen, die solche symptomatischen Krämpfe begünstigen, sind etwa Leber- oder Nierenschäden (inklusive Dialyse), Diabetes, Nebenniereninsuffizienz und eine Hypothyreose. Zusätzliche Parästhesien wiederum sind wegweisend für Krampi als Symptom neurologischer Erkrankungen. So sind für das benigne Faszikulations-Krampus- Myalgie-Syndrom als eigenständige neurologische Störung länger anhaltende, intensive Krampi (etwa Wadenkrämpfe), Parästhesien, Schmerzen und Zeichen einer Autoimmunstörung typisch.

"Krampi müssen vor allem von Muskelkontraktionen anderer Ursache, die mit Schmerzen einhergehen, abgegrenzt werden", rät Reichel. Dazu gehören etwa das Restless-Legs-Syndrom, Myotonien, Krampi bei Varizen oder Claudicatio intermittens und spinalis. Diese seien aber meist aufgrund ihres typischen klinischen Bildes gut zu diagnostizieren. So könnten fokale Dystonien, die vor allem postoperativ oder posttraumatisch auftreten, mit Krampi verwechselt werden.

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Was tun bei einem akuten Krampf?

Häufig reißt ein Fußkrampf Betroffene völlig unerwartet aus dem Schlaf. Doch auch eine ungünstige Bewegung beim Sport kann die Verkrampfung verursachen. Um den stechenden Schmerz rasch zu lindern, ist es ratsam, den betroffenen Muskel zu dehnen: Ziehen Sie beispielsweise im Sitzen die verkrampften Zehen mit einer Hand hin zum Körper, und/oder fördern Sie durch Ausstrichmassagen an den Zehen und Füßen den lymphatischen und venösen Abfluss. Oftmals kann auch vorsichtiges Gehen den akuten Krampf in Fuß und Zehen lindern.

Kann Magnesium Krämpfe lindern?

In den aktuellen Leitlinien wird die Einnahme von Magnesium empfohlen. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Ein Therapieversuch mit Magnesium soll aber aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofiles laut Leitlinie in jedem Falle unternommen werden, da Magnesium an der Muskelmembran zu einer Stabilisierung führt und Aktionspotenziale reduziert, die Kontraktionen im Muskel auslösen. In der Schwangerschaft wiederum sei wiederum oft eine orale Therapie mit Magnesium (3 x 5 mmol am Tag) hilfreich, sowie eine orale Kalziumsupplementation.

Vorbeugung von Muskelkrämpfen

  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist im Alter unverzichtbar und sollte an die jeweilige körperliche Konstitution angepasst sein. Gut geeignet sind meist Gymnastik, Wandern, Spaziergänge, Schwimmen und Radfahren. Dadurch werde nicht nur die Muskelkraft gestärkt, sondern auch die Muskelausdauer, die Koordination und der Gleichgewichtssinn.
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, besonders bei älteren Menschen, deren Durstgefühl nachlässt.
  • Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, um sicherzustellen, dass der Körper alle wichtigen Nährstoffe erhält, die er für eine funktionierende Muskulatur braucht. Mineralstoffe wie Magnesium und Kalium gehören ebenso dazu wie Proteine.
  • Medikamente überprüfen: Bei wiederkehrenden Muskelkrämpfen ist ein Gespräch mit dem Arzt und ein Blick auf die Medikamente ratsam. Bestimmte Medikamente können Krämpfe begünstigen.
  • Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der Muskeln kann helfen, Krämpfen vorzubeugen.

Dystonien als mögliche Ursache

Dystonien stellen ein breites Spektrum von zentralnervös bedingten Bewegungsstörungen dar. Sie sind durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die häufig abnorme Haltungen oder repetitive Bewegungen verursachen. Bei etwa 80 % der Patienten findet man keine Ursache für die Bewegungsstörung. Die Dystonie in ihren unterschiedlichen Formen stellt eine häufige neurologische Erkrankung dar, die einer effizienten Therapie zugänglich ist. Für die Mehrzahl der Patienten mit fokalen Dystonien stellt Botulinumtoxin A die Therapie der Wahl dar.

Die Definition der Dystonie hat sich im Laufe seiner Geschichte gewandelt. 2013 wurde nach einer Konsensus-Konferenz folgende Definition veröffentlicht:Dystonie ist eine Bewegungsstörung, die gekennzeichnet ist durch anhaltende oder intermittierende Muskelkontraktionen, die abnormale, häufig sich wiederholende Bewegungen und Haltungen oder beides verursachen. Dystone Bewegungen sind typischerweise verdrehend (engl. „twisting“), und können dem Zittern ähnlich (engl. „tremulous“) sein. Dystonie wird häufig durch Willkürbewegungen getriggert oder verschlechtert und ist vergesellschaftet mit überschießender Aktivierung benachbarter Muskeln. (Albanese et al.

Der Begriff Dystonie wird darüber hinaus zum einen gebraucht, um ein Symptom zu beschreiben, zum anderen, um eine eigenständige Krankheitsentität zu bezeichnen (s. Dystonie ist durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die häufig zu abnormen Haltungen und repetitiven Bewegungen führen.1. Eigenständige Krankheitsentität:Idiopathische Torsionsdystonie und Varianten2. Sekundäres Dystoniesyndrom:Bei identifizierbarer Ursache als sekundäre (symptomatische) Dystonie z. B. nach perinatalem Hirnschaden, Morbus Wilson3. Krankheitszeichen:z. B.

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Die seit Beginn der 1980er-Jahre gängige Klassifikation unterteilt die Dystonien nach der Ätiologie (idiopathisch oder primär, symptomatisch oder sekundär), nach dem Alter beim erstmaligen Auftreten (infantile, juvenile und adulte Form) und nach ihrer topischen Verteilung (fokale, segmentale, multifokale, generalisierte Dystonie, Hemidystonie). Eine generalisierte Dystonie kann sich aus verschiedenen fokalen Dystonien zusammensetzen. Hemidystonien betreffen nur eine Körperseite an unterer und oberer Extremität und weisen meist strukturelle Anomalien in den kontralateralen Basalganglien auf. Die Klassifikation wurde 2013 erweitert um die Rubriken zeitlicher Verlauf und assoziierte Symptome (Tab. 1 und 2, Albanese et al. 2013).

Epilepsie als mögliche Ursache von Krämpfen

Wenn jemand einen Schrei ausstößt, bewusstlos zu Boden geht und sich dann der ganze Körper verkrampft und zuckt, denken die meisten Menschen sofort an eine Epilepsie. Jedoch entspricht dieses weit verbreitete Bild nur einer ganz bestimmten Anfallsform, nämlich dem Grand-mal-Anfall. Und diese Form ist vergleichsweise selten. Die typische Absence-Epilepsie etwa äußert sich mitunter dadurch, dass Betroffene für wenige Sekunden ihre aktuelle Tätigkeit unterbrechen, starr in die Luft gucken und dann wieder ganz normal mit ihrer vorherigen Aktivität fortfahren. Meistens können Betroffene selbst sich gar nicht an die kurze Absence erinnern. Diese Form der Epilepsie ist übrigens typisch für Kinder, weshalb sie oft als Träumerei oder Unkonzentriertheit fehlinterpretiert wird („Hans-guck-in-die-Luft“). Auch Schweißausbrüche, Halluzinationen, ein aufsteigendes Unwohlsein in der Magengegend und Herzrasen können Symptome epileptischer Anfälle sein.

Bei einer Epilepsie kommt es durch unterschiedlichste Ursachen und Auslöser zu einer übermäßigen elektrischen Entladung von Nervenzellen im Gehirn. So können zum Beispiel Stoffwechselstörungen, genetische Faktoren, Kopfverletzungen, gutartige und bösartige Tumore, Hirnhautentzündungen oder Schlaganfälle entsprechende Veränderungen im Gehirn verursachen, welche solche übermäßigen Entladungen der Neuronen begünstigen. Dann kommt es zu Symptome wie Muskelkrämpfen, Stürzen und Bewusstlosigkeit, aber auch zu durchaus subtileren Anfallsformen. Oft ist die genaue Ursache jedoch unbekannt.

Das „Gewitter im Gehirn“ betrifft entweder Teilbereiche des Gehirns (fokale Epilepsie) oder das gesamte Gehirn (generalisierte Epilepsie). Bestimmte Abläufe, Häufigkeiten und Symptome werden zu sogenannten Epilepsie-Syndromen zusammengefasst, etwa der Juvenilen Absence-Epilepsie, dem Dravet-Syndrom oder der Rolando-Epilepsie. Zudem ist nicht jeder einmalige Krampfanfall gleichbedeutend mit einer Epilepsie. Im Kindesalter ist die Prognose außerdem sehr gut, sodass nicht jeder einmalige Anfall sofort zu einer dauerhaften Therapie führen muss. Die Prognose bezüglich Anfallsfreiheit variiert jedoch stark. Wenn zwei nicht provozierte Anfälle (Anfälle ohne erkennbare Auslöser bzw. Wenn, unter Berücksichtigung der ärztlichen Befunde, des EEG, der Symptomatik des Krampfanfalls und weiterer Aspekte durch die Ärztinnen und Ärzte, ein spezifisches Epilepsie-Syndrom diagnostiziert wird. Der Begriff „Epilepsie“ beschreibt demnach das Auftreten oder das Risiko für das Auftreten mehrerer epileptischer Anfälle in bestimmten zeitlichen Abständen, während ein einmaliger epileptischer Anfall nicht zwangsläufig bedeutet, dass auch eine Epilepsie vorliegt, die mit Anfallssuppressiva behandelt werden muss.

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