Blutspenden bei Multipler Sklerose: Was ist erlaubt und was nicht?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem die Nervenfasern angreift. Viele Betroffene fragen sich, ob sie Blut, Organe oder Stammzellen spenden dürfen. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten und Einschränkungen der Spende bei MS.

Blutspende bei MS: Ein dauerhafter Ausschluss

Personen mit einer MS-Erkrankung dürfen beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Blutspendedienst dauerhaft kein Blut spenden. Diese Entscheidung basiert auf der "Richtlinie Hämotherapie", die von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut aufgestellt wurde. Diese Richtlinie definiert alle Prozesse zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen sowie zur Anwendung von Blutprodukten.

Gründe für den Ausschluss

  • Schwere Erkrankung des zentralen Nervensystems: MS ist eine schwere Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Laut Richtlinie für Hämotherapie zählen sowohl schwere Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) als auch chronische Erkrankungen des immunologischen Systems als Ausschlusskriterien für Blutspender und Stammzellspender. Beides trifft auf die Multiple Sklerose zu. MS ist eine schwere Erkrankung des ZNS und eine chronische Erkrankung des immunologischen Systems (eine Autoimmunerkrankung).
  • Ungeklärte Auswirkungen auf Empfänger: Trotz großer Fortschritte in der Erforschung der Multiplen Sklerose als Autoimmunerkrankung ist unklar, ob Faktoren aus MS-Spenderblut eine Wirkung bei den Empfängern hervorrufen könnten.
  • Medikamente: Ein weiterer Grund für den Ausschluss von Personen mit MS von der Blutspende besteht in der notwendigen Einnahme von Medikamenten. Es gilt auszuschließen, dass eventuelle Substanzen im Blut bei einer Transfusion einen negativen Effekt beim Empfänger haben. Denn das Blut, das man spendet, kann auch Kindern und Schwangeren verabreicht werden, daher muss ausgeschlossen werden, dass Substanzen, welche die Schwangerschaft oder das ungeborene Kind negativ beeinflussen können, im Blut zu finden sind.
  • Schutz des Spenders: Natürlich ist der Ausschluss von Personen mit MS von der Blutspende auch aus Spenderschutzgründen notwendig. Die Sorge ist daher, eine bereits erkrankte Person gesundheitlich zu überfordern oder vielleicht sogar einen Krankheitsschub auszulösen.

Engagement trotz Ausschluss

Menschen mit MS können den DRK-Blutspendedienst und seine Blutspendetermine in der Region ehrenamtlich unterstützen. Es werden Helfer gesucht, die im Vorfeld auf die Aktionen aufmerksam machen oder die Spendenden vor Ort betreuen.

Stammzellspende: Ebenfalls ausgeschlossen

Das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland gibt an, dass Personen, die eine Erkrankung der Psyche und/oder des zentralen Nervensystems aufweisen, als Spender für Stammzellen nicht zugelassen sind. Als Grund für den Ausschluss wird genannt, dass das Ziel einer Blutstammzelltransplantation, der Austausch von kranken Zellen, nur dann sichergestellt werden kann, wenn die Zellen des Spenders gesund sind und keine Krankheiten, die in den Zellen angelegt sein könnten, mit übertragen werden. Auf der anderen Seite ist eine Blutstammzellspende ein Eingriff bei einem gesunden Menschen, den dieser eigentlich nicht benötigt.

Organspende: Unter bestimmten Bedingungen möglich

Entgegen anderslautender Stellungnahmen können MS-Betroffene sich grundsätzlich als Organspender registrieren lassen, unabhängig davon, ob und welche Medikamente sie erhalten haben. Dies liegt daran, dass jedes Organ vor der Weitergabe genau geprüft wird. Sollte das Organ durch den Gebrauch von Medikamenten geschädigt sein, wird es aussortiert.

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Voraussetzungen für die Organspende

  • Einverständnis des Empfängers: Nach gegenwärtigen Vorgaben der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer können Menschen mit MS als Organspender in Frage kommen, wenn der Empfänger nach Aufklärung über die Erkrankung des Spenders einverstanden ist. Das mögliche Risiko muss immer mit den Konsequenzen einer nicht durchgeführten Organspende abgewogen werden.
  • Individuelle Abwägung: Wie immer gilt es jedoch, individuell Nutzen und Risiken aus medizinischer Sicht für beide abzuwägen.
  • Ausschlusskriterien: MS-Erkrankte sind als Organspender ausgeschlossen, wenn sie Mitoxantron, Alemtuzumab oder eine (bisher nur in Studien verfügbare) CAR T-Zell-Therapie hatten, ihre MS instabil ist oder sie unter einer weiteren chronischen Erkrankung leiden. Ansonsten gelten die üblichen Voraussetzungen, um als Organspender infrage zu kommen, etwa körperliche Fitness.

Lebendspende

Bei Lebendspenden sollten mögliche Komplikationen berücksichtigt werden, die auch MS-Symptome verschlechtern können. Eine Operation kann zu Schmerzen und Infektionen führen, und die anschließende Einschränkung der Leistungsfähigkeit könnte eine vorbestehende MS-Fatigue verstärken.

Beispiel aus der Praxis

Ein bis auf seine stabile MS gesunder Vater, knapp 60 Jahre alt, würde seiner dialysepflichtigen Tochter gern eine Niere spenden, eine Lebendspende also. Grundsätzlich dürfte der Vater eine Niere spenden.

Mögliche Risiken für den Vater
  • OP-Risiko (zum Beispiel Infektionen)
  • Risiko, dass sich durch die Entnahme einer Niere seine MS-Symptome dauerhaft verschlechtern, zum Beispiel die Fatigue.
  • Risiko, welches die OP und die fehlende Niere eventuell für künftige MS-Therapien für ihn darstellen könnten.
Möglicher Nutzen für die Tochter
  • Die von einem Blutsverwandten gespendete Niere würde weniger wahrscheinlich abgestoßen als die Niere eines Nicht-Blutsverwandten.
Ethische Aspekte

Ganz wichtig ist im Fall des MS-Patienten und seiner Tochter auch der ethische Aspekt: Die Entscheidung für eine Lebend-Nierenspende darf nicht unter Druck geschehen.

Allgemeine Kriterien für die Blutspende (unabhängig von MS)

Unabhängig von der Frage, ob eine MS-Erkrankung vorliegt, gibt es allgemeine Kriterien, die für eine Blutspende erfüllt sein müssen:

  • Alter und Gewicht: Eine Blutspende ist ab dem 18. Lebensjahr möglich. Um Blut spenden zu dürfen, musst du mindestens 50 Kilogramm Körpergewicht haben.
  • Gesundheit: Du solltest dich fit und gesund fühlen.
  • Infektionen: Spendewillige, die unter einer ansteckenden Krankheit leiden, sind nicht zur Blutspende zugelassen. Ansteckende Infektionskrankheiten wie HIV oder Syphilis führen dazu, dass du dauerhaft kein Blut spenden kannst. Nach einem leichten Infekt mit leichten Symptomen ohne Fieber (einer einfachen Erkältung) wartest du bitte mindestens sieben Tage nach Abklingen der letzten Symptome und bis du dich erholt hast, bevor du Blut spenden gehst.
  • Medikamente: Eine Medikamenteneinnahme schließt dich nicht grundsätzlich von der Blutspende aus. Allerdings kommt es darauf an, welche Medikamente du einnimmst.
  • Auslandsaufenthalte: Auslandsaufenthalte sind häufig mit Sperrfristen bis zur nächsten Blutspende verbunden. Ob und wie lange du nach dem Auslandsaufenthalt bis zur nächsten Blutspende warten musst, ist abhängig von Reiseziel, Aufenthaltsdauer und Reisezeit.
  • Operationen und Eingriffe: Wie nach allen größeren Operationen, besteht auch nach einer Magen-Bypass Operation eine Wartezeit von vier Monaten. Nach einer Magen- oder Darmspiegelung müssen standardmäßig 4 Monate bis zur nächsten Blutspende vergehen. Nach einer Zahnbehandlung sowie professionellen Zahnreinigung (Prophylaxe) darfst du 24 Stunden nicht Blut spenden.

Vorbereitung auf die Blutspende

  • Terminvereinbarung: Um an der Blutspende teilzunehmen, reservierst du dir vorab einen Termin an deinem gewünschten Spendeort.
  • Ausweis: Bringe unbedingt deinen Personalausweis und wenn bereits vorhanden deinen Blutspendeausweis mit.
  • Ernährung und Flüssigkeit: Vor jedem Blutspendetermin solltest du bis zu zwei Stunden vorher ausreichend getrunken (alkoholfreie Getränke) und gegessen haben.
  • Gesundheit: Zudem solltest du dich am Tag der Blutspende gesund und fit fühlen.

Ablauf der Blutspende

  1. Anmeldung: Hier meldest du dich mit deinem gültigen Personalausweis an, erhältst den Anamnesebogen und wirst über die nächsten Schritte informiert.
  2. Voruntersuchung: Hier wird dein Blutdruck und deine Körpertemperatur gemessen.
  3. Arztgespräch: Innerhalb eines vertraulichen Einzelgesprächs mit einem Arzt wird der ausgefüllte Anamnesebogen gemeinsam besprochen.
  4. Blutentnahme: Spricht vonseiten des Arztes nichts gegen eine Blutspende, geleitet dich unser medizinisches Fachpersonal zu deiner Liege und betreut dich während der gesamten Blutentnahme. Dir werden ca. 500 ml Blut entnommen.
  5. Ruhepause: Um eventuellen Kreislaufproblemen vorzubeugen, empfehlen wir jedem Blutspender, unabhängig von der bereits geleisteten Spendenanzahl, nach der Blutentnahme (500ml) noch eine Ruhepause auf der Liege einzulegen.

Nach der Blutspende

  • Trinken und Essen: Achte nach der Blutspende darauf, viel zu trinken, damit der Flüssigkeitsverlust wieder ausgeglichen wird. Ebenfalls solltest du zur Stärkung etwas essen sowie eine angemessene Ruhepause unter Aufsicht einhalten, um den Körper zu entlasten.
  • Körperliche Anstrengung: Außerdem empfehlen wir nach der Spende auf größere körperliche Anstrengungen, wie z.B. den Besuch eines Fitness-Studios oder einer Sauna, zu verzichten.
  • Teilnahme am Straßenverkehr: Spender, die mit dem eigenen Pkw oder Motorrad zum Spendetermin anreisen, sollten 30 Minuten warten, bevor sie wieder am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.

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