Kreatin-Monohydrat: Wirkung auf das Gehirn – Mehr als nur ein Muskel-Booster

Kreatin, insbesondere Kreatin-Monohydrat, ist in der Fitnesswelt als Nahrungsergänzungsmittel zur Steigerung der Muskelleistung weit verbreitet. Doch die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Kreatin auch eine bedeutende Rolle für die Gehirnfunktion spielen kann. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Wirkungen von Kreatin auf das Gehirn, von der Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel bis hin zur potenziellen Unterstützung bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer.

Was ist Kreatin und wie wirkt es?

Kreatin ist eine natürliche Säureverbindung, die vom Körper aus verschiedenen Aminosäuren, hauptsächlich in der Leber, gebildet wird. Es kommt auch in Lebensmitteln wie Fleisch und Fisch vor. Kreatin spielt eine Schlüsselrolle bei der Energieversorgung der Zellen, insbesondere in Muskeln und Gehirn.

Im Muskel wird Kreatin in Kreatinphosphat umgewandelt, das bei Bedarf schnell Energie für körperliche Anstrengungen bereitstellt. Normalerweise nutzt der Muskel Adenosintriphosphat (ATP) als Energiequelle. Ist das ATP verbraucht, kann Kreatinphosphat quasi noch einen kleinen Extra-Schub geben. Die Effekte sind nicht riesig, aber gut belegt.

Im Gehirn wird Kreatin verwendet, um Adenosintriphosphat (ATP) wieder aufzuladen, welches von den Mitochondrien in den Gehirnzellen produziert wird. Wenn ATP als Energiequelle in unseren Neuronen verwendet wird, verliert es ein Phosphatmolekül. Dabei wird es in Adenosindiphosphat (ADP) umgewandelt. Kreatin springt ein und bietet ADP ein Phosphatmolekül an. Dadurch wird es wieder in ATP umgewandelt, das wiederum als Brennstoff für die Gehirnzellen dient.

Kreatin und kognitive Funktionen

Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler forschen seit einigen Jahrzehnten mit Kreatin, um herauszufinden, ob die Substanz auch im Gehirn eine ähnliche Wirkung wie in den Muskeln erzielen kann. Die Theorie: Was unseren Muskelzellen eine Art "Boost" gibt, kann das vielleicht auch im Gehirn leisten. "Wir haben dort die Nervenzellen, die genauso wie die Muskelzellen Kreatinphosphat nutzen können. Eine Studie nach der anderen zeigt, dass eine Kreatin-Supplementierung einen erheblichen Einfluss auf das Gehirn hat. Die Ergänzung mit Kreatin spielt eine wichtige Rolle bei der Energiekapazität des Gehirns und beeinflusst unsere Denkleistung.

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Studien haben gezeigt, dass Kreatin die kognitiven Funktionen verbessern kann, insbesondere in Situationen, in denen das Gehirn unter Stress steht oder einen erhöhten Energiebedarf hat. Dazu gehören:

  • Verbesserung der Gedächtnisleistung: Kreatin kann das Kurzzeitgedächtnis und das Arbeitsgedächtnis verbessern. Der Kreatinspiegel steht in Verbindung mit optimaler Gedächtnisleistung. In einer Studie an der Universität von New Mexico wurde die Fähigkeit des Arbeitsgedächtnisses untersucht. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit des Gehirns, Informationen für eine spätere Verwendung zu speichern. Die Forschungsgruppe untersuchte die Gehirne von Kindern im Alter von 7 bis 12 Jahren. Die Studie ergab, dass Kinder mit dem höchsten Kreatingehalt in ihrem Gehirn ein besseres Arbeitsgedächtnis hatten und schlussfolgerten: "… Kreatin wirkt sich direkt auf die Reduzierung von geistiger Ermüdung aus.
  • Erhöhung der Aufmerksamkeit und Konzentration: Kreatin kann die Aufmerksamkeitsspanne erhöhen und die geistige Ermüdung reduzieren. An dieser doppelblind- und placebokontrollierten Studie nahmen 24 gesunde Erwachsene teil. In der Arbeit zeigten die Teilnehmer eine deutlich geringere geistige Ermüdung bei mathematischen Aufgaben als diejenigen, die kein Kreatin einnahmen.
  • Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel: Eine Studie aus dem Jahr 2024 untersuchte die Wirkung von Kreatin auf die kognitive Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel. Die Teilnehmer blieben über Nacht wach und absolvierten kognitive Tests. Bereits drei Stunden nach der Einnahme einer hohen Kreatindosis (0,35 g pro Kilogramm Körpergewicht) war eine Verbesserung des Gehirnstoffwechsels und der kognitiven Leistung zu beobachten. Der Effekt erreichte nach etwa vier Stunden seinen Höhepunkt und hielt bis zu neun Stunden an. Kreatin erhöhte die Aufmerksamkeitsspanne, den IQ und verbesserte das Arbeitsgedächtnis.

Kreatin und neurodegenerative Erkrankungen

Ein gestörter Energiestoffwechsel im Gehirn sowie eine Dysfunktion des Kreatinsystems können zur Entstehung der Alzheimer-Krankheit beitragen. All diese Veränderungen im Energiestoffwechsel des Gehirns können zur Entwicklung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, ALS, Epilepsie und Demenz beitragen. Jüngste Studien zeigen, dass eine gestörte Energieproduktion im Gehirn zum Absterben von Nervenzellen führt und ein optimaler ATP-Spiegel entscheidend für die Erhaltung gesunder Gehirnzellen ist. Kreatin wirkt (vor allem im steigenden Alter) neuroprotektiv - es schützt unsere Nerven.

Präklinische Studien deuten darauf hin, dass Kreatin-Monohydrat die Energieversorgung im Gehirn unterstützen und die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern kann. Eine Studie untersuchte die Wirkung von Kreatin bei Alzheimer-Patienten. Über einen Zeitraum von acht Wochen erhielten zehn Alzheimer-Patienten im Alter von 60 bis 90 Jahren täglich 20 Gramm Kreatin-Monohydrat (aufgeteilt in zwei Dosen). Die Ergebnisse zeigen, dass die Kreatinkonzentration im Gehirn nach acht Wochen im Durchschnitt um 11 % gestiegen war (p<0,001). Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Gesamtpunktzahl für die kognitive Leistung (75,3 vs. 78,6, p=0,02) sowie des Problemlösungsvermögens (fluide Intelligenz, 59,1 vs. Kreatin möglicherweise hilfreich bei Alzheimer Die Supplementierung mit Kreatin ist bei Alzheimer-Patienten gut durchführbar und führt nachweislich zu einer erhöhten Kreatinkonzentration im Gehirn sowie zu einer Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Kreatin könnte somit eine ergänzende Unterstützung bei der Alzheimer-Krankheit darstellen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten jetzt an Therapien, die sich auf den Ersatz von verletzten und abgestorbenen Gehirnzellen konzentrieren. Zu diesen neuen Therapien gehört auch die Verwendung von Kreatin zur Immunisierung gegen diese lebensbedrohlichen Krankheiten.

Kreatin und Depressionen

Es gibt Hinweise darauf, dass bei Menschen mit einer Depression eine Veränderung der Kreatinkonzentration im Gehirn und/oder Störungen des Kreatinstoffwechsels vorliegen können. Darüber hinaus zeigte eine US-amerikanische Bevölkerungsstudie einen Zusammenhang zwischen einer niedrigen Kreatinzufuhr und einem erhöhten Risiko für Depressionen. Einige klinische Studien über die Verwendung von Kreatin zur Behandlung von Depressionen, wenn auch mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern, zeigten überwiegend positive Ergebnisse. In den meisten Fällen wurde die Wirkung von Kreatin als Ergänzung zu regulären Antidepressiva untersucht.

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Kreatin und traumatische Hirnverletzungen

Traumatische Hirnverletzungen einschließlich leichter traumatischer Hirnverletzungen (LTH), die oft als Synonym für Gehirnerschütterungen verwendet werden, stellen nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine sozioökonomische Herausforderung dar. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine LTH zu einer Störung des Hirnstoffwechsels führen kann, wozu auch Veränderungen der Kreatinkonzentration im Hirngewebe gehören. Tierstudien haben gezeigt, dass eine Kreatinergänzung die Schwere der Symptome einer Gehirnerschütterung verringern kann. Außerdem deuten Tierversuche darauf hin, dass zuvor verabreichtes Kreatin bei traumatischen Hirnverletzungen eine schützende Wirkung auf das Gehirn hat. In klinischen Studien am Menschen ist die Wirksamkeit einer Kreatin-Supplementierung jedoch noch weitgehend unerforscht.

Kreatin und chronisches Fatigue-Syndrom (CFS)

Es gibt Hinweise darauf, dass Störungen des Kreatinstoffwechsels eine Rolle beim chronischen Fatigue-Syndrom (CFS), auch bekannt als myalgische Enzephalomyelitis (ME) oder postvirales Erschöpfungssyndrom, spielen können. Personen mit CFS weisen deutlich niedrigere Serumspiegel der Kreatinkinase* auf als gesunde Menschen. In schweren Fällen von CFS sind die Kreatinkinasewerte sogar noch erheblich niedriger als in leichten bis mittelschweren Fällen. Niedrigere Werte dieses Enzyms können auf eine Störung des Energiestoffwechsels hinweisen. Das Aufkommen von Post-Covid hat das Interesse an CFS wiederbelebt. Es wurde festgestellt, dass Personen mit Post-Covid im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung niedrigere Kreatin-Konzentrationen im Gehirn und in den Muskeln aufweisen.

Kreatin und Herzgesundheit

Herzmuskelzellen haben einen sehr hohen Energiebedarf. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Herzmuskel eine hohe Konzentration an Kreatin aufweist. Bei Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz wurde festgestellt, dass die Kreatinmenge im Herzmuskel durchweg niedrig ist. Dies gilt auch für die Konzentrationen von Kreatinphosphat und Kreatinkinase. Tierversuche haben gezeigt, dass eine niedrige Kreatinkonzentration in den Herzmuskelzellen die Pumpfunktion des Herzens negativ beeinflusst, da die Kraft, mit der sich der Herzmuskel zusammenziehen kann, abnimmt. Dies geschieht nur bei Anstrengung, also wenn der Energiebedarf erhöht ist, und nicht in Ruhe.

Kreatin für Vegetarier und Veganer

Vegetarier und Veganer haben in der Regel niedrigere Kreatinvorräte, da Kreatin hauptsächlich in Fleisch und Fisch vorkommt. Studien haben gezeigt, dass Vegetarier niedrigere Kreatinkonzentrationen in den Skelettmuskeln haben als Menschen, die alles essen. Für diese Personengruppen kann eine Kreatin-Supplementierung besonders vorteilhaft sein, um die Kreatinspeicher aufzufüllen und die kognitiven Funktionen zu verbessern.

Dosierung und Sicherheit

Empfohlen sind rund drei Gramm Kreatin am Tag für einen gesunden Erwachsenen. Der exakte Bedarf hängt von der Muskelmasse ab. Bei dieser Dosierung seien die Kreatinspeicher in der Muskulatur nach rund einem Monat aufgefüllt. Eine tägliche Einnahme von drei bis fünf Gramm gilt als unbedenklich. Zu hohe Dosierungen oder schlecht gelöstes Kreatinpulver können nach Angaben der Verbraucherzentrale Nebenwirkungen wie Durchfall oder Erbrechen hervorrufen. Zusätzlich kann es zu einer erhöhten Flüssigkeitsspeicherung in den Muskeln kommen, was Gewichtszunahme und potenziell mehr Krämpfe zur Folge haben kann. Menschen mit Nierenproblemen oder Risikofaktoren wie Diabetes sollten Kreatin nur nach Absprache mit einem Arzt einnehmen.

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