Demenz Bauernhof Bayern: Innovative Konzepte für ein erfülltes Alter

Viele Menschen wünschen sich, im Alter selbstbestimmt und nicht allein zu leben. Gleichzeitig kämpfen viele kleine Bauernhöfe ums Überleben. Pflegebauernhöfe bieten hier eine innovative Lösung, die sowohl älteren Menschen als auch der Landwirtschaft zugutekommt. Ein Pflegebauernhof ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der mit seiner sozialen Dienstleistung - der Unterbringung und Betreuung älterer Menschen - mehr Einkommen erwirtschaftet als mit der Produktion von Lebensmitteln.

Das Konzept Pflegebauernhof

Auf einem Pflegebauernhof leben Senioren aktiv im Alltag mit Tieren und Natur. Wer Hilfe benötigt, wird von Pflegefachleuten unterstützt. So können auch pflegebedürftige Menschen weiterhin ein erfülltes Leben führen. Auf einem Bauernhof gibt es immer etwas zu tun, was den Bewohnern das Gefühl gibt, gebraucht zu werden.

Guido Pusch, Landwirt und Gründer eines Pflegebauernhofes in Marienrachdorf, ist ein Pionier dieser Idee. Auf seinem Hof im Westerwald leben derzeit 22 Senioren in verschiedenen Wohnformen: pflegebedürftige Menschen in Wohngemeinschaften in einer ehemaligen Scheune und mobile Senioren in einer Selbstversorger-WG in der Nachbarschaft. Zum Hof gehören Rinder, Schweine, ein Pferd, Hühner, Katzen, Gänse, Alpakas und Bienen. Die Bewohner helfen bei der Versorgung der Tiere, bei der Ernte und beim Kochen. Jeder tut, was er kann und mag. Ein ehemaliger LKW-Fahrer wartet den Traktor, ein Ex-Landrat hilft bei der Geburt von Kälbern.

"Unsere Bewohner fühlen sich besonders von den Tieren gebraucht und haben morgens einen Grund aufzustehen", berichtet Guido Pusch.

Integration von ambulanter Pflege

Ein ambulanter Pflegedienst ist rund um die Uhr vor Ort und unterstützt die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung ihres Alltags. Guido Pusch hat diesen Pflegedienst eigens gegründet. Pflegende und Landwirte arbeiten eng und auf Augenhöhe zusammen. "Wir bringen die Welten der weißen und grünen Berufe auf unserem Hof zusammen", freut sich Pusch. Der Landwirt erhält eine Vergütung für die Bereitstellung der Infrastruktur, einschließlich der WG-Zimmermiete, Verpflegung, Nutzung des Hofgeländes und der Tiere. Die Pflegenden beschränken sich nicht nur auf die häusliche Pflege, sondern binden die Älteren in die Arbeit und den Alltag auf dem Bauernhof mit ein.

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Wirtschaftliche Aspekte und Mindestgröße

Um den eigenen Pflegedienst auszulasten, ist eine Mindestanzahl an Bewohnern mit Pflegegrad erforderlich, idealerweise etwa 20 bis 24 pro Hof. Dies ermöglicht es den älteren Menschen, bis zum Lebensende auf dem Hof zu bleiben und einen Umzug in ein Altersheim zu vermeiden. Sogar Palliativpflege ist auf solchen Höfen möglich.

Um die Wertschöpfung, also das Geld für Wohnen, Betreuung und Pflege, weitgehend auf dem Hof zu halten, ist eine entsprechende Größe wichtig.

Vielfalt an Konzepten

Der Einstieg in das Konzept Pflegebauernhof kann schrittweise erfolgen. Beispielsweise kann die Landwirtsfamilie einen oder mehrere ältere Menschen selbst versorgen oder mit einem örtlichen Pflegedienst kooperieren. Auch die Einrichtung einer Tagespflege auf dem Bauernhof kann für alle Beteiligten von Vorteil sein. In Schleswig-Holstein berät die Landwirtschaftskammer Betriebe, die Wohn- und Betreuungsangebote für Ältere schaffen möchten. In Süddeutschland begleitet ein privater Anbieter Höfe beim Start in die soziale Landwirtschaft.

Gründe für einen Lebensabend auf dem Bauernhof

Guido Pusch erklärt: "Auf einem Pflegebauernhof werden die Menschen nicht künstlich bespaßt, sondern beschäftigen sich sinnvoll, am liebsten mit den Tieren. Ein Bauernhof strahlt eine viel lebendigere Atmosphäre aus als ein von Investoren erbautes, seelenloses Altenheim. Hier kommt der Bauer als dritte Säule zu Bewohnern und Pflegekräften hinzu." Das Leben auf dem Bauernhof ist zwar kein Allheilmittel, und Demenz verschwindet nicht, aber gerade Demenzbetroffene können hier mehr erleben und sich freier bewegen. Fittere Senioren achten auf die Hilfsbedürftigen, auch weil sie selbst später mehr Hilfe benötigen werden.

Vorteile für Landwirte

Ein Pflegebauernhof kann eine Perspektive für Landwirte bieten, insbesondere wenn die nächste Generation den Hof übernimmt. Anstatt immer weiter zu wachsen, können sie ihren Betrieb entschleunigen und weniger Tiere unter besseren Bedingungen halten. Ein solches Angebot unterstützt auch die Bauernfamilie, da auch deren pflegebedürftige Familienmitglieder auf dem Hof bleiben können. Besonders Bäuerinnen erhalten Unterstützung von den Pflegekräften oder können sich selbst sozialversicherungspflichtig anstellen lassen.

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Hohe Nachfrage

Die Nachfrage nach Pflegeplätzen auf dem Bauernhof ist sehr hoch. Guido Pusch erhält wöchentlich Anrufe von Menschen, die auf einem Bauernhof leben möchten. Die vielen Anfragen kann er nicht bedienen, was ihn jedoch antreibt, andere Höfe zu motivieren und zu beraten, ebenfalls einen Pflegebauernhof einzurichten.

Zukunftsperspektiven

Das gesellschaftliche Potenzial von Pflegebauernhöfen ist enorm. Das Projekt Zukunft Pflegebauernhof hat den Deutschen Demografiepreis gewonnen und ist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert. Im Bundestag soll sich eine Arbeitsgruppe Innovatives Wohnen und Pflegebauernhof bilden. Wenn nur jeder hundertste der 230.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland zu einem Pflegebauernhof würde, gäbe es 2.300 Höfe mit 60.000 bis 70.000 Pflegeplätzen.

Seniorenwohnen auf dem Bauernhof in Bayern

Auch in Bayern gibt es ein wachsendes Interesse von Senioren, auf einem Bauernhof zu wohnen. Es gibt bereits einige Betriebe, die Senioren-Wohnen auf dem Bauernhof anbieten, entweder in ambulant betreuten Wohngemeinschaften oder im Rahmen von Service-Wohnen. Allerdings deckt das Angebot die Nachfrage bei Weitem nicht.

Vielfalt an Konzepten in Bayern

Seniorenwohnen auf dem Bauernhof kann unterschiedlich ausgestaltet werden, von Tagespflege über Betreutes Wohnen bis hin zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften oder einem Pflegeheim. Wichtig ist, Menschen mit Demenz auf Augenhöhe und mit Respekt zu begegnen und ihnen trotz ihrer Erkrankung ein vollwertiges Leben zu ermöglichen. Bei der Gestaltung der Wohnräume sollte darauf geachtet werden, dass sie barrierefrei und rollstuhlgerecht sind.

Green Care in Holland

Ein Blick über den Tellerrand nach Holland zeigt, dass diese Angebote dort unter dem Namen Green Care weit verbreitet sind.

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Praxisbeispiel Schulhauser Hof

Der Schulhauser Hof in Iggensbach bietet eine Tagespflege mit 17 Plätzen und eine ambulant betreute Wohngemeinschaft mit zwölf Plätzen. Die Mitglieder der Wohngruppe haben jeweils ein Zimmer gemietet und teilen sich Gemeinschaftsräume. Ein externer Pflegedienst übernimmt die Pflege, während die Familie Schulhauser die Hauswirtschaft, Reinigung und Verpflegung übernimmt.

Innovative Wohnprojekte in Bayern

Die Politik setzt auf wohnortnahe, innovative Pflegekonzepte. Das Gesundheitsministerium hat seit 2020 im Rahmen von Förderprogrammen 4000 Pflegeplätze unterstützt, darunter das Projekt ALIA in Weiherhammer, wo es neben pflegerischen Angeboten auch eine Kinderkrippe, einen Kindergarten, betreutes Wohnen, ein Inklusionscafé und eine Tierweide gibt. Ein weiteres Beispiel ist der Pflegebauernhof in Karlshuld, wo in einem ehemaligen Kuhstall 23 Pflegeplätze in zwei ambulant betreuten Wohngemeinschaften entstehen sollen.

Seniorenpflege-Wohngemeinschaft auf dem Bauernhof Häfeles HofLeben

Die Familie Häfele/Schregle plant auf ihrem Hofgrundstück ein großzügiges Bauernhaus mit 24 WG-Zimmern und 5 Wohnungen, wo pflegebedürftige ältere Menschen einen Ort zum selbstbestimmten Altwerden und eine Heimat bis zum Lebensende finden können. Der Fokus liegt darauf, die Fähigkeiten älterer Menschen wertzuschätzen und zu fördern sowie ihre Wünsche und Bedürfnisse nach Möglichkeit wahrzunehmen. Auf dem Hof werden "seniorengerechte" Tiere wie Hennen, Alpakas, Schweine und Enten ein Zuhause haben. Ein ambulanter Pflegedienst mit 24-Stunden-Präsenzkräften sichert die Unterstützung und Hilfe für Pflege, Betreuung und Haushalt.

Auszeithöfe für Demenzkranke und ihre Angehörigen

Der Verein Soziale Landwirtschaft hat ein Netzwerk von Auszeithöfen in Bayern aufgebaut, die Demenzkranken und ihren pflegenden Angehörigen eine kleine Auszeit auf dem Bauernhof ermöglichen. Ältere oder demente Besucher können Tiere streicheln oder Rahm zu Butter schütteln - das weckt bei vielen positive Erinnerungen an früher. Auch die Angehörigen, die häufig durch die häusliche Pflege belastet sind, genießen die Auszeit. Die landwirtschaftlichen Höfe wiederum haben einen kleinen Zuverdienst.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen bei der Umsetzung von Senioren-Wohnen auf dem Bauernhof. Dazu gehören bürokratische Hürden, Finanzierungsfragen und die Notwendigkeit, qualifiziertes Personal zu finden. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten - Landwirte, Pflegekräfte, Kommunen und Seniorenvertretungen - eng zusammenarbeiten, um diese Herausforderungen zu bewältigen und das Thema Senioren-Wohnen auf dem Hof weiterzuentwickeln.

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