Demenz ist ein Thema, das uns alle betrifft. Es handelt sich dabei nicht um eine Krankheit von Randgruppen, sondern um ein Phänomen, das in den Gehirnen vieler Menschen sein Zerstörungswerk vollbringt. Dieser Artikel beleuchtet das Krankheitsbild der Demenz umfassend, von den Definitionen und Ursachen bis hin zu den Auswirkungen auf Betroffene und Angehörige sowie den Hilfsangeboten und Strategien im Umgang mit der Erkrankung.
Was ist Demenz? Eine Definition
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt "der Geist/Verstand ist weg". Es handelt sich dabei um einen Sammelbegriff für den Abbau intellektueller Funktionen oder Leistungen, vereinfacht ausgedrückt: ein zunehmendes und im Wesentlichen unaufhaltsames Hirnversagen. Allen Unterformen der Demenz ist gemeinsam, dass sie zu einem Verlust der kognitiven Fähigkeiten führen. Die Fähigkeiten sind soweit eingeschränkt, dass gewohnte Alltagstätigkeiten nicht mehr wie zuvor ausgeübt werden können. Meist kommen zu diesen geistigen (kognitiven) Einschränkungen Veränderungen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens hinzu. Menschen mit Demenz verhalten sich mitunter nicht den „gesellschaftlichen Normen und Regeln“ entsprechend und reagieren impulsiv oder ziehen sich zurück.
Die schwerwiegenden Veränderungen im Gehirn haben zur Folge, dass Menschen ihre alltäglichen Aufgaben nicht mehr ausführen können und zunehmend beeinträchtigt sind in ihrer Lebensplanung.
Ursachen und Formen der Demenz
Je nachdem, welche Ursache eine Demenzerkrankung hat, unterscheiden sich die Symptome und deren Ausprägung sowie der Verlauf der Demenzerkrankung. Grundsätzlich lassen sich primäre und sekundäre Demenzen unterscheiden.
Primäre Demenzen
Die primären Demenzen sind durch eine Struktur-Schädigung auf der Ebene des Zellstoffwechsels bedingt, so dass es zur Anhäufung von Zellfunktions-störenden Substanzen in den Hirnzellen kommt. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit, die etwa zwei Drittel aller Demenzerkrankungen ausmacht. Die Alzheimer-Krankheit ist eine hirnorganische Krankheit, die nach dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer (1864 - 1915) benannt ist, der die Krankheit erstmals im Jahre 1906 wissenschaftlich beschrieben hat. Anzeichen für die Erkrankung sind Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Diese Auffälligkeiten zeigen sich bei jedem Erkrankten in unterschiedlicher Ausprägung. Eine ursächliche Behandlung dieser Demenzformen ist derzeit nicht möglich.
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Sekundäre Demenzen
Daneben werden die sekundären Demenzen unterschieden. Dabei handelt es sich um Funktionsstörungen des Gehirns, die durch Schädigung des Gehrins infolge einer Grunderkrankung entstehen, wenn z.B. Hirnsubstanz verloren geht: typischerweise nach einem Hirninfarkt oder blutigem Schlaganfall, nach Hirnverletzung aber auch durch Zufuhr toxischer Substanzen wie Alkohol, durch Altershirndruck, etc.. Ebenso führt ein schlecht eingestellter Blutdruck und Diabetes zu Dauerschäden des Gehirns. Vaskuläre Demenzerkrankungen sind auf Durchblutungsstörungen des Gehirns, z.B. nach Schädigungen der kleinen Blutgefäße oder nach Schlaganfällen zurückzuführen. Dies kann z.B. zu einer Demenzsymptomatik mit Gedächtnisstörungen führen.
Weitere Ursachen und Risikofaktoren
Neben den genannten Ursachen gibt es weitere Faktoren, die das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen können. Dazu gehören:
- Genetische Veranlagung: Bei einigen Formen der Demenz, insbesondere bei der Alzheimer-Krankheit, spielt die genetische Veranlagung eine Rolle.
- Alter: Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Fast jeder zehnte Mensch über 65 im Saarland ist an einer Demenz erkrankt.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen können das Risiko für vaskuläre Demenzen erhöhen.
- Umweltfaktoren: Auch Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung und Pestizide können möglicherweise das Demenzrisiko beeinflussen.
- Geistige Inaktivität: Kontinuierliches Benutzen und Fordern kann kognitive Defizite im Alter vermeiden, verzögern und auch teilweise kompensieren.
Symptome und Verlauf der Demenz
Die Symptome einer Demenzerkrankung können vielfältig sein und sich im Verlauf der Erkrankung verändern. Typische Anzeichen sind:
- Gedächtnisverlust: Die Schwierigkeit, sich Dinge zu merken, steht in der Regel am Beginn einer Demenzerkrankung. Den Betroffenen gelingt es nicht mehr, neue Informationen im Langzeitgedächtnis zu speichern - sie vergessen Termine, verlegen Gegenstände oder erinnern sich nicht an die Namen entfernter Bekannter. Zur schwindenden Merkfähigkeit tritt ein fortschreitender Gedächtnisabbau, zunehmend verblassen auch bereits eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses.
- Sprachstörungen: Betroffene haben Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden oder Sätze zu verstehen.
- Orientierungsprobleme: Das Zurechtfinden auch in vertrauter Umgebung wird immer schwieriger, Autofahren ist nicht mehr möglich, Telefonieren gerät zur Qual, Schlüssel werden verlegt, Bargeld wird nicht mehr gefunden.
- Veränderungen der Persönlichkeit: Menschen mit Demenz können impulsiv, reizbar oder ängstlich werden.
- Probleme mit dem Denken und Urteilen: Entstehen im Gedächtnis immer mehr Lücken, leidet auch das Denkvermögen. Menschen mit Demenz sind dadurch immer weniger in der Lage, mithilfe ihres Verstandes die auf sie einströmenden Informationen und Eindrücke zu ordnen oder zu bewerten. Deshalb fällt es den Betroffenen immer schwerer, Entscheidungen zu treffen oder Probleme durch logische Schlussfolgerungen zu lösen.
- Verhaltensauffälligkeiten: Es kann zu unruhigem Verhalten, Aggressionen oder sozialem Rückzug kommen.
Von einer Demenz Betroffene bemerken ihre Leistungsverluste meist schneller als alle anderen. Oft geraten sie aufgrund ihrer Gedächtnislücken völlig durcheinander und fühlen sich gedemütigt und beschämt. Mithilfe von Merkzetteln oder durch Zurückhaltung in Gesprächen versuchen sie, ihre Vergesslichkeit zu verbergen. Im weiteren Verlauf der Demenz sind sich die Betroffenen ihrer Gedächtnisprobleme immer weniger bewusst. Das Leiden an den Folgen, wie beispielsweise dem Verlust von Unabhängigkeit, bleibt aber bestehen.
Die Welt der Menschen mit Demenz
Eine Demenz geht weit über den Verlust der geistigen Fähigkeiten hinaus. Sie beeinträchtigt die Wahrnehmungen, das Verhalten und Erleben der Betroffenen - das gesamte Sein des Menschen. In der Welt, in der sie leben, besitzen die Dinge und Ereignisse oft eine völlig andere Bedeutung als in der Welt der Gesunden. Niemand weiß wirklich, wie es in einem Menschen mit Demenz aussieht, denn nur im Anfangsstadium der Demenz können sich die Betroffenen selbst mitteilen.
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Entstehen im Gedächtnis immer mehr Lücken, leidet auch das Denkvermögen. Menschen mit Demenz sind dadurch immer weniger in der Lage, mithilfe ihres Verstandes die auf sie einströmenden Informationen und Eindrücke zu ordnen oder zu bewerten. Deshalb fällt es den Betroffenen immer schwerer, Entscheidungen zu treffen oder Probleme durch logische Schlussfolgerungen zu lösen.
Oftmals leidet die betroffene Person unter Dingen, die sie nicht mehr nachvollziehen kann. Kommen Besucherinnen und Besucher vorbei, drängt sich die Befürchtung auf, sie könnten ihr vertraute Angehörige wegnehmen, raschelndes Laub deutet auf gefährliche Einbrecher hin, ein knackendes Heizungsrohr wird zu Gewehrschüssen. Menschen mit Demenz empfinden die Trauer über ihren Verlust an Fähigkeiten und Unabhängigkeit umso stärker, weil sie nicht in der Lage sind, ihren Gefühlen mit dem Verstand zu begegnen. Das häufige Erleben von Misserfolgen führt bei Menschen mit Demenz zu Angst vor der eigenen Leistungsunfähigkeit. Viele vereinsamen innerlich, da ihnen niemand in ihre eigene Welt zu folgen vermag. Verlustängste prägen ihr Dasein besonders stark, da ihr Leben mehr und mehr als eine Reihe von Verlustsituationen erscheint.
Diagnose und Behandlung
Besonders wichtig ist die Abklärung der Diagnose, um andere Erkrankungen auszuschließen und ggf. eine Behandlung beginnen zu können sowie Unterstützungsmaßnahmen zu veranlassen. Eine leitliniengerechte Differenzialdiagnostik ist der Grundbaustein in der Versorgung von Menschen mit Demenz, einerseits um andere heilbare Erkrankungen als Ursache auszuschließen und andererseits, entsprechend der Diagnose, eine Behandlung beginnen zu können.
Medikamentöse Therapie
Mithilfe einer abgestimmten medikamentösen Therapie bspw. mit Antidementiva können Krankheitsverläufe positiv beeinflusst werden. In der Frühphase ggf. Medikamente, die ein wenig das Fortschreiten verzögern - nicht jeodch verhindern vermögen. Nervenwasser-Untersuchung.
Nicht-medikamentöse Therapieansätze
Unterstützt werden sollte dies durch nichtmedikamentöse/psychosoziale Therapieansätze. Dazu gehören:
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- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten oder wiederzuerlangen.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann die körperliche Beweglichkeit und Koordination verbessern.
- Logopädie: Logopädie kann bei Sprach- und Schluckstörungen helfen.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, mit den emotionalen Belastungen der Erkrankung umzugehen.
- Musik- und Kunsttherapie: Diese Therapieformen können helfen, Gefühle auszudrücken und die Lebensqualität zu verbessern.
- Validation: Wertschätzender Umgang mit den Gefühlen und Bedürfnissen des Menschen mit Demenz.
- Beschäftigungstherapie: Aktivierung der vorhandenen Fähigkeiten und Interessen.
- Biografiearbeit: Halten Sie biografische Erinnerungen des Menschen mit Demenz lebendig. In fehlenden Erinnerungen liegt häufig der Grund für das unverständliche Verhalten der Menschen mit Demenz: Wer sich nicht mehr an die Person erinnert, wird sie als Zumutung für seine Intimsphäre empfinden - und sie unter Umständen beschimpfen oder sich weigern, sich auszuziehen. Versetzt man sich in die Welt der betroffenen Person, ist dies also durchaus eine verständliche Verhaltensweise.
Herausforderungen für Angehörige
Mit der Diagnose „Demenz“ kommen nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf ihre Angehörigen große Belastungen zu. Pflegende Angehörige leisten Tag für Tag Großes - oft bis an die eigenen Grenzen. Die Diagnose Demenz verändert das Leben einer Familie grundlegend. Fragen, Sorgen und Unsicherheiten treten in den Vordergrund, während sich der Alltag neu ordnen muss.
Zu den Symptomen der Demenz gehören verschiedene typische Verhaltensweisen der Betroffenen, mit denen sich die Angehörigen auseinandersetzen müssen. Es ist wichtig, die betroffene Person so anzunehmen, wie sie ist, und das zu akzeptieren, was sie tatsächlich leisten kann.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Verständnis zeigen: Versuchen Sie, sich in die Welt des Betroffenen hineinzuversetzen und seine Verhaltensweisen zu verstehen.
- Geduld haben: Menschen mit Demenz brauchen mehr Zeit für Aufgaben und Entscheidungen.
- Einfache Sprache verwenden: Sprechen Sie langsam und deutlich und verwenden Sie kurze Sätze.
- Wiederholungen vermeiden: Vermeiden Sie vermeintliches „Gehirntraining“ durch regelmäßiges Abfragen.
- Sicherheit geben: Schaffen Sie eine vertraute und sichere Umgebung.
- Positive Kommunikation: Loben Sie Erfolge und vermeiden Sie Kritik.
- Humor bewahren: Lachen kann eine entspannende Wirkung haben.
- Unterstützung suchen: Nehmen Sie Hilfsangebote für Angehörige in Anspruch.
Unterstützung für Angehörige
Es gibt zahlreiche Hilfsangebote für Angehörige von Menschen mit Demenz. Dazu gehören:
- Beratungsstellen: Qualifizierte Beratung ist unverzichtbar, denn das Krankheitsbild Demenz erfordert spezielle Kenntnisse für die jeweilige Situation. Hier gibt es u.a. DEMENZ-Verein im Köllertal e.V. DemenzNetzwerk Landkreis St.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein.
- Entlastungsangebote: Tagespflege, Kurzzeitpflege oder stundenweise Betreuung können Angehörige entlasten.
- Pflegekurse: In Pflegekursen können Angehörige lernen, wie sie Menschen mit Demenz optimal pflegen können.
Demenzstrategien und Initiativen
„Demenz geht uns alle an!“ ist das Motto der saarländischen Demenzstrategie. Warum? Demenz kann jeden von uns treffen. Der 2015 im Saarland begonnene Weg „Gemeinsam für ein demenzfreundliches Saarland“ hat in einem beteiligungsorientierten Prozess zu 29 ganz konkreten Maßnahmen geführt, die in den nächsten Jahren weiter umgesetzt werden sollen. „Ziel ist es, die Würde der an Demenz erkrankten Menschen und ihre Angehörigen in den Mittelpunkt zu stellen.
Das Saarland als Vorreiter
Mit der Erstellung eines landesweiten Demenzplanes nimmt das Saarland neben Bayern und Schleswig-Holstein bundesweit eine Vorreiterrolle ein und kann damit auch als Beispiel für andere Regionen dienen. Das Saarland verfügt schon heute mit der Landesfachstelle Demenz, der Allianz für Demenz-Netzwerk Saar und den landesweiten Lokalen Allianzen über eine sehr gute Netzwerkstruktur, die ergänzt wird durch die Modellprojekte Dem-i-K, Dem-i-K Plus, das Modellprojekt zur demografiegerechten Versorgung im Landkreis St.
Demenz und Kommune
Demenz ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Die Kommunen als Orte der Daseinsvorsorge werden aufgrund der steigenden Zahl von Menschen mit Demenz und deren individuellen Bedürfnissen noch stärker gefordert werden. Teilhabe, Versorgung und Betreuung vor Ort benötigen eine erfolgreiche Netzwerkarbeit.
Demenz in der Gesellschaft
Demenz ist ein Thema, das uns alle betrifft. De facto begegnen uns jedoch jeden Tag Menschen mit Demenz, so etwa als Kunden beim Einkauf, als Sitznachbarn in Bahn und Bus, beim Behördengang und in der Bank, im Bekanntenkreis und in der Verwandtschaft. Um ihr individuelles Leben weiter leben zu können, brauchen Menschen mit Demenz ein aufgeklärtes Umfeld, das das Leben in der gewohnten Umgebung leichter macht. Dafür stehen Demenz Partner:innen.
Die Polizeibeamtinnen und -beamten sind bei ihren Einsätzen mit ihrer umfassenden Aufgabenstellung mit der Krankheit in besonderem Maße konfrontiert. Daher hat das Sozialministerium in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz im Saarland als eine Maßnahme des Ersten Demenzplanes für das Saarland mit Sensibilisierungsschulungen der Polizei im Streifendienst begonnen.
Woche der Demenz
In diesen Tagen findet die „Woche der Demenz“ statt, und das Thema ist medial allgegenwärtig. Der Aktionstag ist eingebettet in die bundesweite Woche der Demenz, die jährlich rund um den Welt-Alzheimertag am 21. September veranstaltet wird.