Demenzursachen im Alter von 52 Jahren: Ein umfassender Überblick

Obwohl Demenz häufig mit höherem Alter assoziiert wird, können auch jüngere Menschen, sogar schon mit 52 Jahren, betroffen sein. In Deutschland leben über 100.000 Menschen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren mit einer Demenz. Diese frühe Form der Demenz bringt besondere Herausforderungen mit sich, da Betroffene oft noch im Berufsleben stehen, familiäre Verpflichtungen haben und mit einer völlig veränderten Lebenssituation konfrontiert werden.

Was ist Demenz?

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen des Gehirns, die mit einem fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denken, Sprache und Orientierung einhergehen. Die Symptome können sich je nach Demenzform unterscheiden, treten aber im Allgemeinen in unterschiedlicher Reihenfolge oder Stärke auf.

Ursachen und Risikofaktoren für Demenz im jüngeren Alter

Die Pathogenese der Demenz ist komplex und multifaktoriell. Während im höheren Lebensalter meist die Alzheimer-Krankheit und Durchblutungsstörungen des Gehirns die Hauptursachen sind, sind im jüngeren Alter seltenere Demenzursachen relativ häufiger vertreten.

Häufige Ursachen:

  • Frontotemporale Demenz (FTD): Eine neurodegenerative Erkrankung, die meist vor dem 60. Lebensjahr auftritt und sich durch Veränderungen im Stirn- bzw. Schläfenlappen des Gehirns auszeichnet. Im Anfangsstadium zeigt die FTD eher untypische Symptome wie emotionale Verflachung, Antriebslosigkeit und Wesensveränderungen.
  • Vaskuläre Demenz: Diese Demenzform wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht, wie sie beispielsweise durch Infarkte, Amyloidangiopathien oder Atherosklerose entstehen können. Risikofaktoren sind hierbei unregelmäßiger Herzrhythmus, dauerhaft hoher Blutdruck (Hypertonie), verengte Blutgefäße (Arteriosklerose) und ein Schlaganfall. Etwa 20 % der Demenzformen sind vaskulär bedingt.
  • Alzheimer-Krankheit: Obwohl seltener, können auch jüngere Menschen von der Alzheimer-Demenz betroffen sein. Diese wird durch spezifische Eiweißablagerungen im Gehirn ausgelöst, die zum Absterben von Nervenzellen führen.

Weitere Risikofaktoren:

  • Genetische Faktoren: Besonders der APOE-ε4-Genotyp ist mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung der Alzheimer-Demenz verbunden. Auch andere genetische Erkrankungen wie das Hallervorden-Spatz-Syndrom (eine genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die zu einer Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn führt) oder Trisomie 21 (Down-Syndrom) können das Demenzrisiko erhöhen. Eine frühzeitige Entfernung der Ovarien (Eierstöcke) und den damit verbundenen Östrogenmangel sowie durch das Vorliegen des ApoE4-Gens verursachte genetische Risiko kann das Risiko auf einen Morbus Alzheimer deutlich erhöhen.
  • Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Hypertonie (Bluthochdruck), Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie (hoher Cholesterinspiegel im Blut) spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Demenzen.
  • Lebensstilfaktoren:
    • Hoher Verzehr von hochprozessierten Lebensmitteln: Ein hoher Grad an industrieller Verarbeitung kann das Demenzrisiko erhöhen.
    • Bewegungsmangel: Körperliche Inaktivität wird als Risikofaktor diskutiert.
    • Adipositas: Menschen mit Adipositas im Alter von 35 und 65 Jahren zeigten in Studien eine deutlich verringerte kortikale Dicke, insbesondere in den frontalen, parietalen und temporalen Hirnarealen.
    • Untergewicht: Frauen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 20 kg/m2 erkrankten häufiger an einer Demenz.
    • Rauchen: Rauchen ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.
    • Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum kann das Gehirn irreversibel schädigen.
  • Weitere Erkrankungen:
    • Atriale Kardiomyopathie: Eine Herzmuskelerkrankung des Vorhofs kann das Demenzrisiko erhöhen, wahrscheinlich aufgrund von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern. Das Demenzrisiko ist abhängig von der Dauer des Vorhofflimmerns.
    • Leberinsuffizienz: Eine Leberschwäche kann zu einer hepatischen Enzephalopathie (leberbedingte Gehirnerkrankung) und in weiterer Folge zu einem Leberkoma führen.
    • Morbus Whipple: Eine seltene systemische Infektionskrankheit, ausgelöst durch das Bakterium Tropheryma whippelii, kann neben anderen Organsystemen auch das Gehirn befallen.
    • Plasmozytom (multiples Myelom): Eine bösartige Systemerkrankung.
    • Porphyrie: Eine genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, bei der es zu einer Reduktion der Aktivität des Enzyms Porphobilinogen-Desaminase (PBG-D) kommt. Auslöser einer Porphyrieattacke können Infektionen, Medikamente oder Alkohol sein.
  • Medikamente: Die langfristige Einnahme von Anticholinergika (z. B. trizyklische Antidepressiva, Antihistaminika der ersten Generation, Antimuskarinika) und Protonenpumpenhemmern (PPI) wird mit einem erhöhten Demenzrisiko in Verbindung gebracht. Eine Östrogen-Gestagen-Therapie ab einem Durchschnittsalter von 53 Jahren führte zu einem erhöhten Risiko für eine Demenz.
  • Traumatische Hirnverletzungen: Traumatische Hirnverletzungen können das Demenzrisiko erhöhen. Fußball-Profifußballer haben beispielsweise ein erhöhtes Risiko aufgrund chronisch-traumatischer Hirnschädigungen.
  • Schlafstörungen: Schlafbezogene Atmungsstörungen und Hypoxie (Sauerstoffmangel) können das Risiko für eine leichte kognitive Beeinträchtigung und Demenz erhöhen.
  • Depressionen: Depressionssymptome können ein Merkmal des Prodromalstadiums der Demenz sein.
  • Soziale Isolation und Einsamkeit: Soziale Isolation und Einsamkeit sind mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.
  • Luftverschmutzung: Auch Luftverschmutzung zählt zu den Risikofaktoren.
  • Vitamin-D-Mangel: Ein Vitamin-D-Mangel kann das Demenzrisiko erhöhen.
  • Hör- und Sehbeeinträchtigungen: Longitudinal Changes in Hearing and Visual Impairments and Risk of Dementia in Older Adults in the United States JAMA Netw Open.

Symptome und Diagnose

Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. Betroffene und Angehörige sollten daher auffällige Wesensveränderungen, Sprachprobleme oder psychische Beeinträchtigungen immer ernst nehmen und ärztlich abklären lassen.

Mögliche Anzeichen für eine beginnende Demenz:

  • Vergesslichkeit (z. B. das Vergessen von Namen oder Terminen)
  • Veränderungen der Persönlichkeit (z. B. emotionale Verflachung, Reizbarkeit, Misstrauen)
  • Sprachprobleme (z. B. Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden)
  • Orientierungsprobleme (z. B. sich in vertrauter Umgebung verirren)
  • Probleme mit komplexen Aufgaben (z. B. Schwierigkeiten beim Einkaufen oder Kochen)
  • Fehlende Einsicht in die eigene Leistungsfähigkeit
  • Riech- oder Geschmacksverlust
  • Wahnvorstellungen
  • Vergesslichkeit
  • Empfindlichkeit
  • Müdigkeit
  • Orientierungslosigkeit
  • Verlust von Fähigkeiten
  • Eingeschränkter Aktionsradius

Die Diagnose einer Demenz wird in der Regel von einem Arzt oder einer Gedächtnisambulanz gestellt. Dabei kommen verschiedene Tests zum Einsatz, die die kognitiven Fähigkeiten prüfen. Bildgebende Verfahren wie MRT oder PET können bei der Ursachenforschung helfen. Auch eine Nervenwasser-Untersuchung kann Aufschluss darüber geben, ob eine Alzheimer-Erkrankung vorliegt.

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Umgang mit der Diagnose und Unterstützungsmöglichkeiten

Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte.

Besondere Herausforderungen:

  • Akzeptanz der Diagnose: Demenzerkrankungen sind für Jüngere schwerer zu akzeptieren.
  • Verlust des "alten Lebens": Das bisherige Leben aufgeben zu müssen, ist im jüngeren Lebensalter nur sehr schwierig zu bewältigen.
  • Auswirkungen auf die Familie: Familien von jungen Erkrankten müssen akzeptieren, dass sich mit der Diagnose die gesamte Lebenssituation verändert.
  • Stigmatisierung im Alltag: Menschen mit Demenz erkennt man nicht auf den ersten Blick.

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Beratung: Alzheimer-Gesellschaften und Beratungsstellen zur Demenz bieten Unterstützung und Informationen für Betroffene und Angehörige. Auch der Sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes ist eine mögliche Anlaufstelle.
  • Selbsthilfegruppen: Gruppen für Menschen mit beginnender Demenz sind meist nicht auf jung Erkrankte spezialisiert, es nehmen aber häufig auch jüngere Menschen daran teil. Einige örtliche Alzheimer-Gesellschaften bieten Gruppen für Angehörige von jüngeren Demenzerkrankten an.
  • Therapeutische Begleitung: Eine therapeutische Begleitung, zum Beispiel eine systemische Familientherapie, ist sehr zu empfehlen.
  • Finanzielle Unterstützung: In manchen Fällen kommen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) infrage. Unter Umständen muss die (Früh-)Rente beantragt werden.
  • Betreuungsangebote: Helferkreise und Betreuungsbörsen vermitteln ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die eine stundenweise Betreuung zu Hause übernehmen. Ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz stellen eine Möglichkeit dar, wenn die Versorgung zu Hause nicht mehr möglich ist.
  • Medizinische Behandlung: Das Fortschreiten von Alzheimer lässt sich deutlich verlangsamen, wenn man das Problem frühzeitig angeht: mit Medikation, Logopädie und Ergotherapie, Bewegungstraining oder nonverbalen Behandlungsformen wie Musik- und Aromatherapie.

Prävention

Auch wenn die Pathogenese der Demenz noch nicht vollständig verstanden ist, gibt es einige Maßnahmen, die zur Prävention beitragen können:

  • Kardiovaskuläre Risikofaktoren kontrollieren: Blutdruck, Cholesterinspiegel und Blutzucker sollten im нормальном Bereich gehalten werden.
  • Gesunden Lebensstil pflegen: Ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf sind wichtig.
  • Soziale Kontakte pflegen: Soziale Isolation sollte vermieden werden.
  • Geistig aktiv bleiben: Lebenslanges Lernen und geistige Aktivität haben einen vorbeugenden Effekt.
  • Rauchen vermeiden: Rauchen erhöht das Demenzrisiko.
  • Alkoholmissbrauch vermeiden: Übermäßiger Alkoholkonsum kann das Gehirn schädigen.
  • Luftverschmutzung reduzieren: Setzen Sie sich so wenig verschmutzter Luft wie möglich aus.
  • Hör- und Sehbeeinträchtigungen behandeln lassen: Longitudinal Changes in Hearing and Visual Impairments and Risk of Dementia in Older Adults in the United States JAMA Netw Open.

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