DGN-Leitlinie Meningitis: Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) veröffentlicht regelmäßig Leitlinien zur Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen. Diese Leitlinien basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und sollen Ärzten helfen, ihre Patienten optimal zu versorgen. Dieser Artikel fasst wichtige Aspekte der DGN-Leitlinien zur Meningitis zusammen, wobei sowohl virale als auch bakterielle Formen der Erkrankung berücksichtigt werden. Zudem werden Aspekte der Neuroborreliose, einer durch Borrelien verursachten Meningitis, beleuchtet.

Diagnostik der Meningitis

Lumbalpunktion und Liquordiagnostik

Die diagnostische Lumbalpunktion ist ein zentraler Bestandteil der Diagnostik bei Verdacht auf Meningitis. Sie ermöglicht die Untersuchung des Liquors (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) auf Entzündungszeichen, Erreger und andere Auffälligkeiten.

Die DGN hat eine S1-Leitlinie zur Lumbalpunktion und Liquordiagnostik herausgegeben, die konkrete Hinweise zur praktischen Durchführung der Lumbalpunktion gibt. Die Leitlinie empfiehlt, vor der Punktion der Liquorräume das schriftliche Einverständnis des Patienten einzuholen und Kontraindikationen wie eine Blutungsneigung oder erhöhten intrakraniellen Druck auszuschließen.

Um unnötige Nachpunktionen zu vermeiden, wird empfohlen, eine ausreichende Menge (mind. 10 ml) zu gewinnen und die Liquor- und zeitgleich abgenommene Serumprobe unverzüglich in ein spezialisiertes Labor zu verschicken, damit das Notfall- und Grundprogramm der Liquoranalytik innerhalb von zwei Stunden durchgeführt werden kann. Für die zeitsensitive Liquorzytologie ist sogar eine Transportzeit von weniger als eine Stunde zu empfehlen.

Die aktualisierte Fassung der Leitlinie enthält auch Empfehlungen für das Vorgehen bei Patienten mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) und doppelter Plättchenaggregationshemmung, die sich einer Liquorraumpunktion (LP) unterziehen müssen. Wie ausgeführt wird, ist die Indikation zur LP bei gerinnungshemmender Therapie häufig eine Einzelfallentscheidung, die im interdisziplinären Diskurs getroffen werden muss.

Lesen Sie auch: Umfassender Überblick: Meningitis

Die Liquoranalytik erfordert eine zusammenfassende Beurteilung aller Einzelbefunde in einem integrierten Gesamtbefund, damit eine zuverlässige und diagnostisch wertvolle Befundaussage erzielt werden kann.

Differenzierung viraler und bakterieller Meningitis

Die Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Meningitis ist entscheidend für die Therapie. Eine aktualisierte S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur viralen Meningitis liefert neue Erkenntnisse zu epidemiologischen Veränderungen, gerade zur Ausweitung des Erregerspektrums.

Therapie der Meningitis

Allgemeine Maßnahmen

Unabhängig von der Ursache der Meningitis sind einige allgemeine Maßnahmen wichtig:

  • Hirndrucksenkende Maßnahmen: Bei Anzeichen einer Erhöhung des intrakraniellen Drucks (ICP) sind Maßnahmen zur Senkung des Hirndrucks erforderlich. Dazu gehören:
    • 30°-Oberkörperhochlagerung
    • Tiefe Sedierung
    • Ggf. kurzzeitige Hyperventilation mit pCO2-Ziel um 32-35 mmHg
    • Passagere Osmotherapie mit 20 % Mannitol i. v.
    • CAVE: i.d.R. Osmotherapie bei Patient*innen, bei denen operative Intervention unmittelbar geplant ist und V.a. ICP-Erhöhung besteht (ggf. hypertone Kochsalzlösung vorsichtig als Bolus oder als kont. 20%iges Mannitol als 250 mL-Stechampulle (max.
    • Strikte Normothermie mit Temp.-Ziel zw.
    • Gewährleistung eines freien venösen Abstrom, z.B. durch optimierte Lagerung (Oberkörperhochlagerung mit ca. 15°; ggf.
    • Ggf. neuromuskuläre Blockade mit z.B. Rocuronium, Vecuronium, Cisatracurium, etc.
    • Akute RR-Senkung mit Ziel-Werten RRsys. zw.
    • Normothermie mit Ziel zw.
    • Keine prophylaktische und andauernde Hyperventilation empfohlen (ggf.
    • Barbiturat-Gabe nicht empfohlen (ggf.
  • Transport auf Intensivstation: Insbesondere bei schweren Verläufen ist die Überwachung und Behandlung auf einer Intensivstation notwendig.

Bakterielle Meningitis

Die Behandlung der bakteriellen Meningitis erfolgt mit Antibiotika. Zusätzlich zur antibiotischen Therapie wird bei Verdacht auf bakterielle Meningitis die Gabe von 10 mg Dexamethason i.v. empfohlen.

Virale Meningitis

Die Therapie der viralen Meningitis ist in der Regel supportiv, d.h. sie zielt auf die Linderung der Symptome ab. In einigen Fällen kann eine spezifische antivirale Therapie indiziert sein.

Lesen Sie auch: Schlaganfallprävention: Lebensstil und Medikamente

Neuroborreliose

Die Neuroborreliose wird mit Antibiotika behandelt. Die S3-Leitlinie Neuroborreliose empfiehlt eine Therapiedauer von 14 Tagen bei früher und 14-21 Tagen bei später Neuroborreliose. Doxycyclin oral ist Mittel der Wahl, sodass auch bei Neuroborreliose keine i.v. Medikation und keine Kombinationsbehandlungen notwendig sind.

Klinische Aspekte und Symptome

Symptome der Meningitis

Die Symptome der Meningitis können vielfältig sein, umfassen aber häufig:

  • Kopfschmerzen
  • Nackensteifigkeit
  • Fieber

Weitere Symptome können sein:

  • Hirnnervenbeteiligung, v.a. II., VI., VII. oder VIII.
  • Hautveränderungen wie makulopapulöse oder petechiale Exantheme oder eine ausgedehnte Purpura fulminans mit Hautnekrosen (ca.
  • „Kernig“- /„Brudzinski“-Dehnungszeichen (niedrige Sensitivität von nur 11 bzw.
  • Ggf. bei eitriger Meningitis ca. vestibulokochleäre Beteiligung, z.B. Hörstörungen inkl. Hirnnervenparesen (ca.
  • Spinale Komplikationen (z. B.

Neuroborreliose: Frühsymptome

Eine frühe Neuroborreliose tritt am häufigsten als Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom (Meningoradikuloneuritis) auf. Im Mittel 4-6 Wochen (maximal 1-18) nach dem Zeckenstich bzw. nach dem Erythema migrans können dann segmentale Schmerzen auftreten, die nachts verstärkt sind und deren Lokalisation wechseln kann. Anfangs sind die Schmerzen oft in der Extremität lokalisiert, in der vorher der Zeckenstich oder das Erythema migrans beobachtet wurde. Die Schmerzen werden als brennend, bohrend, beißend oder reißend beschrieben und sprechen nur gering auf herkömmliche Analgetika an. Ein Maximum wird oft innerhalb weniger Stunden oder Tage erreicht. Anschließend können sich neurologische Ausfälle ausbilden, Paresen häufiger als Sensibilitätsstörungen, insbesondere Ausfälle des N. facialis. Insbesondere bei Kindern sollte auch bei Auftreten einer Meningitis an eine Neuroborreliose gedacht werden.

Spezielle Aspekte

Neuroborreliose: Persistierende Symptome

Vermeintlich oder tatsächlich persistierende unspezifische bzw. untypische Symptome nach behandelter Neuroborreliose können auf unterschiedlichen Phänomenen beruhen und sollten nicht antibiotisch behandelt werden. Auch zehn Jahre später werden allerdings immer noch unspezifische Symptome wie Fatigue, muskuloskelettale Schmerzen und subjektive neurokognitive Einschränkungen allzu häufig der Borreliose zugeschrieben.

Lesen Sie auch: Epilepsie im Kindesalter: Die offizielle Leitlinie erklärt

Kutane Manifestationen der Lyme-Borreliose

Beim typischen Erythema migrans (Entwicklung erst nach einigen Tagen, Durchmesser > 5 cm) ist keine Serologie notwendig, auch keine serologische Verlaufskontrolle. Die Serologie besteht aus einem zweistufigen Verfahren (ELISA-Test, nur bei positivem Resultat ein Western-Blot zum Nachweis spezifischer Banden). Therapie der Wahl ist Doxycyclin 200 mg täglich für 10-14 Tage, bei Kindern bis zum achten Lebensjahr wird Amoxicillin (50 mg/kg Körpergewicht) empfohlen, ebenso in Schwangerschaft und Stillzeit (3 x 500-1.000 mg). Die einzige Indikation, bei der länger als zwei Wochen therapiert werden sollte, ist die Lyme-Arthritis (dann für 28 Tage).

tags: #dgn #leitlinie #meningitis