Diazepam ist ein vielseitiges Medikament aus der Gruppe der Benzodiazepine, das bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt wird, darunter auch Epilepsie. Es wirkt angstlösend, beruhigend, muskelentspannend und krampflösend. Dieser Artikel beleuchtet die Dosierung von Diazepam bei Epilepsie, seine Wirkungsweise, Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen und weitere wichtige Aspekte.
Wirkung und Anwendungsgebiete von Diazepam
Diazepam-ratiopharm Tropfen enthalten den Wirkstoff Diazepam und werden bei akuten und chronischen Spannungs- und Erregungszuständen (Nervosität) sowie Angststörungen angewendet. Es dient als Notfallmedikament zur Behandlung eines Grand-mal-Anfalls bei Epilepsie sowie vorbeugend, um Grand-mal-Anfälle zu vermeiden, falls vorher Anzeichen bemerkbar sind. Bei Kindern ist Diazepam ein Mittel der Wahl bei Fieber-Krämpfen, meist als Rektallösung verabreicht. Weiterhin wird Diazepam bei starken Muskelverkrampfungen eingesetzt.
Weitere Anwendungsgebiete
- Angst- und Erregungszustände: Diazepam wird zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen eingesetzt.
- Prämedikation: Vor chirurgischen oder diagnostischen Eingriffen wird Diazepam zur Vorbereitung auf die Anästhesie verwendet.
- Muskeltonus: Diazepam wird zur Behandlung von Zuständen mit erhöhtem Muskeltonus eingesetzt.
- Schlafstörungen: Der Einsatz von Diazepam bei Schlafstörungen ist nur dann gerechtfertigt, wenn gleichzeitig noch eine beruhigende und entspannende Wirkung am Tage erwünscht wird.
- Fieberkrämpfe: Bei Kindern ist Diazepam ein Mittel der Wahl bei Fieber-Krämpfen.
Dosierung von Diazepam
Die Dosierung und Anwendungsdauer sind im Einzelfall von der individuellen Reaktionslage, dem Allgemeinzustand, vom Alter und Gewicht des Patienten sowie von der Art und Schwere des Krankheitsbildes abhängig. Hierbei gilt der Grundsatz, die Dosis so gering und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich zu halten.
Dosierung bei Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen
- Ambulante Behandlung: Im Allgemeinen beginnt die Behandlung mit sechs bis sieben Tropfen (entsprechend 4 bis 5 Milligramm Diazepam) pro Tag in ein bis zwei Einzelgaben zum Beispiel morgens und/oder abends. Bei Bedarf kann die Dosierung um drei Tropfen täglich bis zu 10 Milligramm Diazepam pro Tag, verteilt auf zweimal täglich, gesteigert werden.
- Stationäre Behandlung: Bei schweren Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen kann die Dosis auf 60 bis 120 Tropfen (entsprechend 30 bis 60 Milligramm Diazepam) pro Tag, verteilt auf mehrere (drei bis sechs) Einzelgaben gesteigert werden.
Dosierung bei erhöhter Muskelanspannung
Zur Anfangsbehandlung erhalten Erwachsene 20 bis 40 Tropfen (entsprechend 10 bis 20 Milligramm Diazepam) verteilt auf zwei- bis viermal pro Tag. Zur Fortsetzung der Behandlung werden zwölf bis 20 Tropfen (entsprechend 5 bis 10 Milligramm Diazepam) insgesamt verteilt auf ein- bis zweimal täglich eingenommen.
Dosierung vor und nach Operationen
Am Vorabend der Operation erhalten Erwachsene 20 bis 40 Tropfen (entsprechend 10 bis 20 Milligramm Diazepam). Nach der Operation erhalten Erwachsene zehn bis 20 Tropfen (entsprechend 5 bis 10 Milligramm Diazepam). Eine Wiederholung ist gegebenenfalls möglich.
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Besondere Dosierungshinweise
Ältere und geschwächte Patienten, Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislaufstörungen, Atemfunktionsstörungen, eingeschränkter Nierenfunktion und Leberfunktion erhalten in der Regel die Hälfte der oben angegebenen Tagesdosierungen. Kinder über einem Jahr (2 Milligramm Diazepam) beziehungsweise Kinder über drei Jahre (5 Milligramm Diazepam) beziehungsweise Kinder über sieben Jahre (10 Milligramm Diazepam) und Jugendliche bis zu 14 Jahren erhalten ebenfalls die Hälfte der oben angegebenen Dosierung, das heißt anfangs 2,5 Milligramm bis maximal 5 Milligramm Diazepam pro Tag.
Rektale und parenterale Anwendung
- Status epilepticus: Erwachsene erhalten initial 5-10 mg Diazepam rektal, mit Wiederholung nach 10-15 Minuten bis maximal 30 mg. Alternativ 1-2 ml (5-10 mg Diazepam) i.v. (oder i.m.), ggf. Wiederholung nach 30-60 Minuten.
- Akute Angst-, Spannungs-, Erregungszustände, Tetanus, Fieberkrämpfe: Erwachsene erhalten 5-10 mg, Wiederholung nach 3-4 Stunden möglich. Kinder erhalten altersabhängig niedrigere Dosen.
Art und Dauer der Anwendung
Die Tropfen sollten unverdünnt vor oder einige Zeit nach den Mahlzeiten eingenommen werden. Die abendliche Einnahme vor dem Schlafengehen sollte nicht auf vollen Magen erfolgen, da sonst die Wirkung verzögert eintreten kann. Bei akuten Krankheitsbildern wird die Anwendung auf Einzelgaben oder wenige Tage beschränkt. Bei chronischen Krankheitsbildern richtet sich die Dauer der Anwendung nach dem Verlauf. In der Vor- und Nachbehandlung bei diagnostischen oder chirurgischen Eingriffen wird der Wirkstoff nur kurzfristig angewendet. Die Behandlung mit dem Wirkstoff sollte einschleichend beginnen. Die Hauptdosierung richtet sich nach der tageszeitlichen Abhängigkeit der Beschwerden. Die Behandlung sollte so kurz wie möglich sein. Bei längerer Einnahmedauer (länger als einer Woche) sollte beim Absetzen des Wirkstoffs die Dosis schrittweise verringert werden. Hierbei ist das vorübergehende Auftreten von Absetzphänomenen zu berücksichtigen.
Wirkmechanismus von Diazepam
Diazepam gehört zur Gruppe der 1,4-Benzodiazepine und wirkt vor allem angst-, spannungs- und erregungsdämpfend. Zusätzlich hat es sedierende, hypnotische sowie in höheren Dosen muskelrelaxierende und antikonvulsive Eigenschaften. Der Wirkstoff verstärkt im Zentralnervensystem sowie in einzelnen peripheren Organen die Wirkung des Neurotransmitters Gammaaminobuttersäure (GABA), der die Erregungsfähigkeit von Nervenzellen reduziert. Diazepam bindet agonistisch an GABA-A-Rezeptoren, wodurch vermehrt Chlorid-Ionen in die Zelle einströmen. Dies führt zu einer erhöhten Zellmembranspannung und verminderten Erregungsfähigkeit der Zelle, was zu einer Reduzierung der neuronalen Aktivität führt. Dadurch können psychische Symptome wie Unruhe oder Angst gemildert werden und verkrampfte Muskeln entspannen sich.
Pharmakokinetik von Diazepam
Resorption
- Enterale Anwendung: Nach oraler Gabe wird Diazepam rasch und vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Maximale Plasmakonzentrationen treten nach 30-90 Minuten auf.
- Rektale Anwendung: Diazepam wird schnell und fast vollständig aus dem Enddarm resorbiert, mit einem raschen Wirkungseintritt, der mit der intravenösen Gabe vergleichbar ist. Maximale Konzentrationen werden nach 10-20 Minuten erreicht.
- Parenterale Anwendung: Die Serumkonzentration liegt nach i.v.-/i.m.-Gabe von 10 mg Diazepam zwischen 250-600 ng/ml. Die maximalen Plasmakonzentrationen werden bei intravenöser Gabe sofort erreicht. Nach intramuskulärer Injektion wird Diazepam langsamer resorbiert, mit maximalen Konzentrationen nach etwa einer Stunde.
Verteilung
Die Plasmaproteinbindung liegt bei 95-99%. Das Verteilungsvolumen beträgt altersabhängig zwischen 0,95-2 l/kg.
Metabolismus
Diazepam wird hauptsächlich in der Leber durch die CYP3A- und CYP2C19-Enzyme zu aktiven Metaboliten abgebaut, darunter N-Desmethyldiazepam (Nordazepam), Temazepam und Oxazepam, die pharmakologisch wirksam sind. Diese Metaboliten werden anschließend glucuronidiert.
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Elimination
Die Elimination aus dem Blutplasma erfolgt biphasisch, wobei die erste Eliminationsphase eine Halbwertszeit von einer Stunde und die zweite Eliminationsphase eine Halbwertszeit von 20-100 Stunden (abhängig von Alter und Leberfunktion) aufweist. Die hauptsächliche Ausscheidung findet über die Nieren und teilweise biliär statt.
Spezielle Bevölkerungsgruppen
- Ältere Menschen: Bei älteren Patienten ist die Eliminationsgeschwindigkeit um den Faktor 2-4 verlangsamt.
- Neugeborene und Kinder: Diazepam wird bei Neugeborenen langsamer metabolisiert und eliminiert als bei Erwachsenen.
- Leber- und Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit Lebererkrankungen wie Leberzirrhose oder Hepatitis ist die Elimination um den Faktor 2 verlangsamt. Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann ebenfalls die Elimination verlangsamen.
Nebenwirkungen von Diazepam
Da der Wirkstoff Diazepam zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine gehört, können Nebenwirkungen auftreten, die für diese Substanzgruppe typisch sind. Das sind:
- Schläfrigkeit, Benommenheit, verringerte Aufmerksamkeit, vermindertes Reaktionsvermögen
- Empfindungsstörungen, Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen
- Muskelschwäche, Gangunsicherheit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Zittern
- Übelkeit und Erbrechen, Oberbauchbeschwerden, Verstopfung, Durchfall
- Harninkontinenz, Harnverhaltung, Mundtrockenheit, vermehrter Speichelfluss
- Niedriger Blutdruck, Pulsschwankungen, Kreislaufabfall, Herzstillstand
- Änderungen des sexuellen Bedürfnisses, Juckreiz, Nesselsucht, Erröten, Gelbsucht
- Kehldeckelkrämpfe, Brustschmerzen, verlangsamter Puls, Zyklusstörungen bei Frauen
- Appetitzunahme, Atemfunktionsstörungen, Leberwert-Erhöhung (Transaminasen und alkalische Phosphatase)
Besonderheiten
- Die hemmende Wirkung auf die Atemfunktion kann bei Verlegung der Atemwege und bei Patienten mit Hirnschädigungen verstärkt in Erscheinung treten.
- Am Morgen nach der abendlichen Einnahme des Wirkstoffs muss mit Nachwirkungen (Hangover-Effekte) und Tagesmüdigkeit gerechnet werden.
- In hoher Dosierung und bei längerer Anwendung können vorübergehende Störungen, wie verlangsamtes oder undeutliches Sprechen und Sehstörungen (Doppeltsehen, Augenzittern) sowie Bewegungs- und Gangunsicherheit auftreten.
- Auf Dauer verliert der Wirkstoff seine Effektivität und der Patienten benötigt höhere Dosen für die gleiche Wirkung.
- Bei älteren Menschen, die Benzodiazepine einnehmen, kann es zu vermehrten Stürzen und Knochenbrüchen kommen.
- Benzodiazepine wie Diazepam können auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und besonders bei höheren Dosierungen Gedächtnislücken über einen bestimmten Zeitraum verursachen.
- Eine bereits vorhandene und bisher nicht bemerkte Depression kann sich während der Anwendung des Wirkstoffes deutlich zeigen.
- Bei der Anwendung des Wirkstoffes kann es, meist bei älteren Patienten oder Kindern, zu seelischen Störungen und dabei zu sogenannten paradoxen Reaktionen wie Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität, Wut, Albträumen, Halluzinationen, Psychosen, unangemessenem Verhalten und anderen Verhaltensstörungen kommen.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Diazepam gehört zu der Gruppe der Benzodiazepine. Daraus ergeben sich folgende allgemeine Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen:
- Medikamente, die das Gehirn beeinflussen, wie zum Beispiel Psychopharmaka, Antidepressiva einschließlich Lithium, Beruhigungs- und Schlafmittel, Antiepileptika, opioide Schmerzmittel und Narkosemittel oder auch H1-Antihistaminika und Alkohol, verstärken sich mit Benzodiazepinen in der Wirkung gegenseitig.
- Benzodiazepine verstärken die Wirkung von Muskelrelaxanzien, Schmerzmitteln und Lachgas.
- Die Magenmittel Cimetidin und Omeprazol, das Pilzmittel Ketoconazol, das Alkohol-Entwöhnungsmittel Disulfiram sowie die selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Fluvoxamin und Fluoxetin (gegen Depressionen) verstärken und verlängern die Wirkung, weil sie den Abbau von Diazepam in der Leber verzögern.
- Besonders die gleichzeitige Anwendung von opioiden Schmerzmitteln kann zu Betäubung, Unterdrückung der Atemfunktion, Koma und Tod führen.
- Das Asthma-Mittel Theophyllin hebt in niedriger Dosierung die beruhigende Wirkung von Diazepam auf.
- Diazepam kann die Wirkung des Parkinson-Mittels Levodopa hemmen.
- Die Antiepileptika Phenobarbital und Phenytoin können für einen schnelleren Abbau von Diazepam im Körper und damit geringere Wirkung sorgen.
- Der Abbau des Antiepileptikums Phenytoin im Körper kann gehemmt und dessen Wirkung verstärkt werden.
- Bei Rauchern kann die Ausscheidung von Diazepam beschleunigt und damit seine Wirkung abgeschwächt oder verkürzt sein.
Gegenanzeigen von Diazepam
Diazepam darf wie alle Benzodiazepine nicht angewendet werden bei:
- einer Überempfindlichkeit gegen Benzodiazepine
- einer Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen und Alkohol oder einer Vergiftung mit diesen Stoffen
- Myasthenia gravis
- schwerer chronischer Atemnot, insbesondere bei akuter Verschlechterung
- Schlaf-Apnoe-Syndrom
- schweren Leberschäden wegen der Gefahr einer Hirnschädigung
Diazepam in Schwangerschaft und Stillzeit
Diazepam und ein Hauptstoffwechselprodukt gelangen über den Mutterkuchen zum Ungeborenen. Sie können sich dort anreichern, was beim Kind zu Überdosierungen mit der Folge von Fehlbildungen und geistigen Einschränkungen führen kann. Deshalb sollte Diazepam während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn es der Arzt für zwingend erforderlich hält. Diazepam und seine Stoffwechselprodukte gehen in die Muttermilch über. Da der Wirkstoff von Neugeborenen wesentlich langsamer abgebaut wird als von Kindern oder Erwachsenen, kommt es zu Atembeschwerden und Trinkschwäche. Es sollte also bei einer Behandlung mit Diazepam nicht gestillt oder abgestillt werden.
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Diazepam bei Kindern
Je nachdem, in welcher Arzneiform Diazepam angewendet werden soll, gibt es für Kinder besondere Hinweise:
- Rektiolen (für die Enddarm-Gabe) sind für Neugeborene und Säuglinge nicht zugelassen.
- Kinder über einem Jahr dürfen Diazepam in Form von Tabletten- oder Tropfen erhalten.
- Tabletten und auch Zäpfchen kann man Kindern ab sieben Jahren geben.
- Als Injektionslösung darf Diazepam nicht Säuglingen und Kindern unter vier Monaten verabreicht werden. Bei älteren Kindern richtet sich die Dosierung nach dem Körpergewicht.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Die Konzentration und das Reaktionsvermögen sind durch das Medikament so weit beeinträchtigt, dass Autofahren, bestimmte Arbeiten und das Bedienen von Maschinen gefährlich sind. Dies gilt insbesondere im Zusammenwirken mit Alkohol. Das Medikament kann Gedächtnisverlust verursachen; es ist daher auf eine ausreichende Schlafdauer nach der Einnahme zu achten. Kommt es nach Anwendung des Medikaments zu Erregung oder Aggressivität, ist die Behandlung vom Arzt zu beenden. Zur Beendigung der Behandlung ist die Dosis des Medikaments schrittweise zu vermindern ("ausschleichen").
Diazepam als Notfallmedikament bei Fieberkrämpfen
Fieberkrämpfe treten vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Bei einem Fieberkrampf kommt vorrangig rektal zu verabreichendes Diazepam als Notfallarzneimittel zum Einsatz. Kinder bis 3 Jahre mit einem Körpergewicht von 10 bis 15 Kilogramm erhalten 5 mg Diazepam. Bei Kindern ab 3 Jahren mit einem Körpergewicht ab 15 Kilogramm werden 10 mg als Einzeldosis verabreicht. Wirksame Blutspiegel werden nach zwei bis vier Minuten erreicht und der Fieberkrampf kann durchbrochen werden. Eine zweite Dosis darf frühestens nach zwölf Stunden gegeben werden.