Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene neurologische und neurophysiologische Erkrankungen, die mit einer Minderung der kognitiven Fähigkeiten einhergehen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen "Dementia" ab, was so viel wie "Torheit" oder "Wahnsinn" bedeutet. Demenz betrifft Millionen Menschen weltweit und stellt eine große Herausforderung dar - für die Betroffenen und ihre Angehörigen ebenso wie für Medizin und Gesellschaft. Der Verlauf einer Demenz erfolgt meist in mehreren Stadien, die die zunehmende Verschlechterung der kognitiven und körperlichen Fähigkeiten beschreiben.
Formen der Demenz im Überblick
Es gibt verschiedene Demenzformen, darunter:
- Morbus Alzheimer (häufigste Form, etwa zwei Drittel aller Demenzfälle)
- Vaskuläre Demenz
- Frontotemporale Demenz
- Lewy-Körperchen-Demenz
- Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
- Chronische traumatische Enzephalopathie (CTE)
Mischformen unterschiedlicher Demenzen sind möglich, insbesondere die Alzheimer-Demenz und die vaskuläre Demenz treten häufig gemeinsam auf.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für Demenz sind noch nicht vollständig geklärt. Bei Morbus Alzheimer spielen Proteinablagerungen im Gehirn eine wichtige Rolle. Diese Ablagerungen, bestehend aus Beta-Amyloid und Tau-Fibrillen, stören die Funktion der Nervenzellen und führen zu deren Absterben. Bei der vaskulären Demenz ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns die Ursache, beispielsweise aufgrund eines Schlaganfalls oder einer Gefäßverkalkung. Die frontotemporale Demenz steht ebenfalls mit krankhaften Eiweißablagerungen in Verbindung, die jedoch nur einen Teil des Gehirns betreffen.
Einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine Demenz ist das Alter. Auch eine genetische Veranlagung spielt eine Rolle, jedoch in geringerem Maße als das Alter.
Lesen Sie auch: Schnelle Schlaganfallerkennung mit dem FAST-Test
Symptome und Verlauf
Die Symptome einer Demenz können je nach Form und Stadium stark variieren. Typische Symptome sind:
- Gedächtnisstörungen (Vergesslichkeit, insbesondere Kurzzeitgedächtnis)
- Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit (örtlich und zeitlich)
- Wortfindungs- und Sprachstörungen
- Schwierigkeiten bei der Planung und Verrichtung alltäglicher Aufgaben
- Fehlendes räumliches Orientierungsvermögen
- Eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit
- Mangelnde Konzentrationsfähigkeit
- Verlegen von Gegenständen
- Verringertes Urteilsvermögen
- Emotionale Probleme (Persönlichkeitsveränderungen, Stimmungsschwankungen, Ängstlichkeit, Depressionen, Aggressionen)
- Verhaltensauffälligkeiten
Der Verlauf einer Demenz ist schleichend und progressiv, wobei es auch Phasen der Stabilität geben kann. Wie schnell die kognitiven Fähigkeiten nachlassen, ist individuell sehr verschieden.
Stadien der Demenz
Der Verlauf einer Demenz wird üblicherweise in Stadien eingeteilt, um den Fortschritt der Erkrankung zu beschreiben. Es gibt verschiedene Modelle zur Einteilung, darunter die Reisberg-Skala (Global Deterioration Scale, GDS) und die Einteilung in drei Stadien (leicht, mittel, schwer).
Reisberg-Skala (Global Deterioration Scale, GDS)
Die Reisberg-Skala beschreibt sieben Stadien der Demenz:
- Stadium 1: Keine kognitiven Beeinträchtigungen erkennbar.
- Stadium 2: Geringfügige kognitive Beeinträchtigungen; Betroffene vergessen Namen oder verlegen Gegenstände.
- Stadium 3: Zunehmende kognitive Einschränkungen; Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten beim Beschreiben von Gegenständen, Vergessen von Namen und Terminen.
- Stadium 4: Deutliche kognitive Einschränkungen; Betroffene vergessen wichtige Ereignisse aus der persönlichen Vergangenheit, Rückzug aus dem sozialen Leben.
- Stadium 5: Mittlere bis mäßige Demenz; Denk- und Gedächtnislücken erschweren den Alltag, Hilfestellung durch Dritte erforderlich.
- Stadium 6: Schwere bzw. fortgeschrittene Demenz; Stark vermindertes Denk- und Wahrnehmungsvermögen, Persönlichkeitsveränderungen, Hilfe bei alltäglichen Handlungen unverzichtbar.
- Stadium 7: Endstadium der Demenz; Betroffene können sich kaum noch verständlich machen, verlieren die Kontrolle über ihren Körper, Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist unverzichtbar.
ADL-Skala (Activities of Daily Living)
Die ADL-Skala dient der Messung der Alltagskompetenz von Patient:innen mit Demenzerkrankungen sowie ganz allgemein von Pflegebedürftigen. Es gibt verschiedene ADL-Systeme, wobei die ADL-Skala nach Barthel - der sogenannte Barthel-Index - besonders weit verbreitet ist. Bei der Demenz-Einstufung nach Barthel werden verschiedene Kategorien mit 0, 5 oder 10 Punkten bewertet, der maximal erreichbare Score-Wert beträgt 100. Je höher die erreichte Punktzahl, umso selbstständiger ist die Person. Die Bewertungskategorien sind: Essen, Baden, Körperpflege, An- und Auskleiden, Stuhlkontrolle, Urinkontrolle, Toilettenbenutzung, Bett-/Stuhltransfer, Mobilität, Treppensteigen.
Lesen Sie auch: Diagnosemethoden bei Demenz: Schnelltests
Einteilung nach Schweregrad (MMST)
Anhand des Mini-Mental-Status-Tests (MMST) kann der Schweregrad der Demenz beurteilt werden:
- Leichte Demenz (20 bis 26 Punkte): Erste Gedächtnisstörungen, Wortfindungsstörungen, Beeinträchtigungen in der Auffassungsgabe oder Orientierungsfähigkeit.
- Mittelschwere Demenz (10 bis 19 Punkte): Starke geistige Beeinträchtigungen, Hilfe bei einfachen alltäglichen Dingen erforderlich, Verhaltensänderungen.
- Schwere Demenz (0 bis 10 Punkte): Bettlägerigkeit, vollständige Pflegebedürftigkeit, Kommunikationsschwierigkeiten, körperlicher Abbau.
Diagnose
Die Diagnose einer Demenz umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Symptome.
- Körperliche Untersuchung: Um andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen.
- Neuropsychologische Tests: Durchführung von Tests zur Überprüfung der kognitiven Fähigkeiten (z. B. MMST, Uhrentest, DemTect).
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) des Gehirns, um strukturelle Veränderungen zu erkennen.
- Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen, um andere Erkrankungen auszuschließen.
Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein Schnelltest für die Erfassung kognitiver Störungen. Er hat eine hohe Aussagekraft über die Diagnose Demenz und wird häufig als Erst-Test angewandt.
Therapie
Bislang ist Demenz nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
Für die Alzheimer-Behandlung sind verschiedene Wirkstoffe zugelassen, darunter sogenannte Cholinesterase-Hemmer und Memantin. Diese Medikamente beeinflussen die Botenstoffe im Gehirn, die für die Gedächtnisfunktion eine zentrale Rolle spielen, und können den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit leicht verzögern.
Lesen Sie auch: Schlaganfallrisiko reduzieren
Seit 2023 stehen zwei Antikörper zur ursächlichen Behandlung der frühen Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Diese Antikörper bauen aktiv Amyloid-Plaques ab, die bei der Entstehung der Krankheit eine zentrale Rolle spielen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Nicht-medikamentöse Therapiebausteine nehmen bei allen Formen der Demenz eine wichtige Funktion ein. Dazu gehören:
- Gedächtnistraining (z. B. Ergotherapie)
- Musiktherapie
- Biographiearbeit
- Psychotherapie
Das Ziel besteht darin, Betroffenen den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern und ihnen so lange wie möglich ein selbstständiges Leben zu ermöglichen.
Weitere Maßnahmen
- Unterstützung der Angehörigen: Beratung und Unterstützung für die Angehörigen, die die Betreuung und Pflege übernehmen.
- Anpassung des Wohnumfelds: Schaffung einer sicheren und vertrauten Umgebung.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität kann die kognitiven Fähigkeiten verbessern und das Wohlbefinden steigern.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Gesundheit des Gehirns.
- Soziale Kontakte: Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und Teilnahme an Aktivitäten.
Aktuelle Entwicklungen
In der Diagnostik und Therapie der Demenzerkrankung Alzheimer sind große Fortschritte zu erwarten. Diese werden die bisherige Behandlung der Krankheit auf den Kopf stellen.
Lebenserwartung
Demenzerkrankungen schreiten in der Regel über Jahre fort, der Krankheitsverlauf ist dabei individuell. Wie stark die Lebenserwartung durch eine Demenz eingeschränkt ist, lässt sich deshalb nicht pauschal beantworten. So führt eine Alzheimer-Demenz im Schnitt nach acht bis zehn Jahren zum Tod, die mögliche Spanne ist mit einem Zeitraum von drei bis 20 Jahren aber deutlich größer.