Fatigue ist ein häufiges und oft übersehenes Problem bei Menschen mit Parkinson-Krankheit (PD). Sie beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich und kann sowohl körperliche als auch geistige Aspekte betreffen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten der Fatigue bei Parkinson, einschliesslich Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsansätze.
Was ist Fatigue bei Parkinson?
Fatigue bei Parkinson ist mehr als nur ein Gefühl von Müdigkeit am Ende eines anstrengenden Tages. Sie wird als ein unangenehmes Gefühl mangelnder Energie definiert, das die Ausführung alltäglicher Aufgaben, sowohl körperlich als auch geistig, erschwert. Im Gegensatz zu normaler Müdigkeit verschwindet Fatigue bei Parkinson nicht unbedingt durch Ruhe oder Schlaf. Betroffene beschreiben es oft als "ausgelaugt sein", "keine Energie mehr haben" oder "sich nicht mehr motivieren können".
Häufigkeit und Auftreten
Fatigue ist ein weit verbreitetes Symptom bei Parkinson. Studien aus den USA und Europa zeigen, dass etwa ein Drittel der Betroffenen Fatigue als ihr einziges oder störendstes Symptom empfindet, oft sogar stärker als die motorischen Symptome wie Tremor, Verlangsamung, Steifheit und Gleichgewichtsstörungen. Etwa die Hälfte der Betroffenen bezeichnet Fatigue als eines ihrer drei belastendsten Symptome.
Die Fatigue tritt in der Regel in den ersten Jahren der Erkrankung auf und kann sogar vor den motorischen Symptomen beginnen. Sie korreliert nicht mit dem Schweregrad anderer Symptome, was bedeutet, dass auch Menschen mit leichten motorischen Symptomen erhebliche Fatigue verspüren können und umgekehrt.
Ursachen von Fatigue bei Parkinson
Die genauen Ursachen von Fatigue bei Parkinson sind noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kombination verschiedener interagierender Faktoren, von denen einige bereits bekannt sind, während andere noch erforscht werden müssen.
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Medikamente
Bei vielen Patienten können die Medikamente, die zur Behandlung der motorischen Symptome von Parkinson eingesetzt werden, die Fatigue verstärken. Eine Anpassung der Parkinson-Medikation kann daher in manchen Fällen hilfreich sein. Insbesondere gibt es bei Vigilanzstörungen/Tagesmüdigkeit einen Zusammenhang mit Dopaminagonisten, wobei sich die Vertreter der Wirkstoffklasse in dieser Hinsicht unterscheiden.
Physische Verfassung
Eine schlechte körperliche Verfassung kann die Fatigue verschlimmern. Bewegung kann bei manchen Menschen die Fatigue verbessern, da ein individuell angepasstes Training die Fitness steigern, dem Muskelabbau entgegenwirken und sich positiv auf Depressionen und Schmerzen auswirken kann. Übermäßige Schonung hat meist keinen positiven Effekt auf die Fatigue - im Gegenteil: Die körperliche Leistungsfähigkeit würde noch weiter schwinden.
Depressionen und Schlafstörungen
Es gibt eine deutliche Überschneidung zwischen Fatigue und anderen Problemen bei Parkinson, insbesondere Depressionen und Schlafstörungen. Menschen mit Fatigue sind eher depressiv, und Menschen mit Depressionen sind eher müde. Schlafstörungen sind bei Parkinson häufig und können zur Fatigue beitragen. Die Schläfrigkeit wird jedoch in der Regel durch Schlaf verbessert, während die Fatigue durch Schlaf oder Ruhe verbessert werden kann oder auch nicht. Fatigue mindert den Wunsch und die Fähigkeit, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen, mit Freunden und Familie zu kommunizieren und an sozialen Aktivitäten teilzunehmen.
Veränderungen im Nervensystem und Hormonhaushalt
Veränderungen innerhalb des zentralen Nervensystems (wie bei Parkinson) und Veränderungen im endokrinen System (Hormonhaushalt) können ebenfalls eine Rolle spielen.
Fehlregulationen des Immunsystems und Entzündliche Prozesse
Fehlregulationen des Immunsystems und entzündliche Prozesse können ebenfalls zur Entstehung von Fatigue beitragen.
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Symptome der Fatigue bei Parkinson
Fatigue äussert sich durch verschiedene Symptome, die sich auf körperlicher, geistiger und emotionaler Ebene bemerkbar machen können:
- Anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung: Ein Gefühl von Müdigkeit, das auch nach ausreichend Schlaf nicht verschwindet.
- Verminderte körperliche Leistungsfähigkeit: Schwierigkeiten bei der Ausführung alltäglicher Aufgaben.
- Erhöhtes Schlafbedürfnis: Das Gefühl, mehr Schlaf zu benötigen als üblich, ohne sich dadurch erholter zu fühlen.
- Mangel an Motivation und Antrieb: Schwierigkeiten, sich zu motivieren und Aktivitäten zu beginnen.
- Kraftlosigkeit und Gliederschwere: Ein Gefühl von Schwäche und schweren Gliedern.
- Verringerte Konzentrationsfähigkeit und Wortfindungsstörungen: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und die richtigen Worte zu finden.
- Erhöhte Reizbarkeit: Eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Stress und Frustration.
- Interessenlosigkeit und Rückzugswunsch: Das Gefühl, das Interesse an Dingen zu verlieren, die früher Freude bereitet haben, und der Wunsch, sich zurückzuziehen.
Diagnose von Fatigue bei Parkinson
Die Diagnose von Fatigue kann schwierig sein, da die Symptome unspezifisch sind und auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen auszuschliessen, bevor die Diagnose Fatigue gestellt wird.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Der Arzt wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben, um die Krankengeschichte zu erfassen und die Symptome zu bewerten. Dazu gehören Fragen nach dem Beginn der Erschöpfung, dem Schweregrad, den Auswirkungen auf den Alltag, dem Schlafverhalten, der Einnahme von Medikamenten und dem Konsum von Alkohol, Koffein und Nikotin. Anschliessend erfolgt eine körperliche Untersuchung.
Fragebögen und Skalen
Es gibt verschiedene Fragebögen und Skalen, die zur objektiveren Erfassung von Fatigue eingesetzt werden können. Diese helfen dabei, den Schweregrad der Fatigue zu quantifizieren und den Verlauf der Symptome zu verfolgen.
Abgrenzung zu Depressionen
Es ist wichtig, Fatigue von Depressionen abzugrenzen, da beide Erkrankungen ähnliche Symptome wie Müdigkeit und Antriebslosigkeit aufweisen können.
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Weitere Untersuchungen
Je nach Bedarf können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um andere mögliche Ursachen der Fatigue auszuschliessen, wie z.B. Blutarmut, Schilddrüsenerkrankungen oder Schlafstörungen.
Behandlung von Fatigue bei Parkinson
Die Behandlung von Fatigue bei Parkinson zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Da die Ursachen vielfältig sein können, ist ein individueller Behandlungsplan erforderlich, der verschiedene Ansätze kombiniert.
Medikamentöse Therapie
- Anpassung der Parkinson-Medikation: In manchen Fällen kann eine Anpassung der Parkinson-Medikation helfen, die Fatigue zu reduzieren. Insbesondere sollte geprüft werden, ob die Off-Phasen reduziert werden können.
- Behandlung von Begleiterkrankungen: Die Behandlung von Depressionen, Schlafstörungen oder anderen Begleiterkrankungen kann ebenfalls zur Verbesserung der Fatigue beitragen.
- Medikamente zur Steigerung der Wachheit: In einigen Fällen können Medikamente wie Modafinil oder Methylphenidat eingesetzt werden, um die Wachheit zu erhöhen. Die Studienlage zu deren Nutzen ist jedoch nicht eindeutig.
- Cholinesterasehemmer: Bei Patienten mit Parkinson-Demenz können Cholinesterasehemmer wie Rivastigmin oder Donepezil von Vorteil sein.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Bewegungstherapie: Regelmässige Bewegung kann die Fitness steigern, dem Muskelabbau entgegenwirken und sich positiv auf Depressionen und Schmerzen auswirken. Ein individuell angepasstes Trainingsprogramm ist hierbei entscheidend.
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie, insbesondere eine Verhaltenstherapie, kann helfen, Verhaltens- und Erlebensmuster so zu verändern, dass die Fatigue reduziert wird.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag besser zu bewältigen und die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen.
- Lichttherapie: Bei manchen Patienten kann eine Lichttherapie mit hellem Tageslicht die Stimmung verbessern und die Müdigkeit reduzieren.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Yoga, Qi Gong oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen und die Entspannung zu fördern.
- Schlafhygiene: Eine gute Schlafhygiene kann helfen, Schlafstörungen zu reduzieren und die Schlafqualität zu verbessern.
Weitere Behandlungsansätze
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig für die Energieversorgung des Körpers.
- Soziale Unterstützung: Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Unterstützung durch Familie und Freunde können helfen, mit der Fatigue besser umzugehen.
- Energiemanagement (Pacing): Aktivitäten werden dabei möglichst so geplant, dass sie die eigene Belastungsgrenze nicht überschreiten. Das soll vermeiden, dass die Symptome sich nach der Aktivität verschlechtern oder Betroffene gar einen sogenannten Crash erleben - das bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie körperlicher Zusammenbruch. Dieser kann wochen- oder monatelang anhalten.
Was Patienten selbst tun können
- Offene Kommunikation: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Fatigue, so wie Sie auch über die Schwere Ihrer anderen Symptome berichten.
- Gesunde Lebensweise: Achten Sie auf eine gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmässige Bewegung.
- Stressmanagement: Reduzieren Sie Stressfaktoren in Ihrem Alltag und erlernen Sie Entspannungstechniken.
- Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Ihrer Familie, Freunden und Berufskollegen über das Fatigue-Syndrom. Erklären Sie, warum Sie manche Dinge langsamer angehen oder warum Sie mehr Pausen brauchen.
- Tagesablauf anpassen: Ein angepasster Tagesablauf, der Sie weder über- noch unterfordert, trägt dazu bei, die Fatigue allmählich zu bessern.