Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte unprovozierte Anfälle gekennzeichnet ist, die auf einer plötzlichen, abnormalen elektrischen Aktivität im Gehirn beruhen. Der ICD-10-Code G40 dient als übergreifende Kategorie für Epilepsie und ihre verschiedenen Erscheinungsformen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über generalisierte Epilepsie, einschließlich des ICD-10-Codes, der Klassifikation, der Ursachen und anderer wichtiger Aspekte.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie (ICD-10 G40) ist ein Oberbegriff für zerebrale Funktionsstörungen, die durch eine Störung des neuronalen Netzwerks verursacht werden. Das Hauptsymptom sind wiederholte Anfälle. Ein epileptischer Anfall ist definiert als ein vorübergehendes Auftreten von subjektiven Zeichen und/oder objektivierbaren Symptomen aufgrund einer pathologisch übermäßigen und/oder synchronisierten neuronalen Aktivität im Gehirn. Die Phänomenologie variiert stark je nach Ort und Ausmaß der Anfälle.
ICD-10-Code für Epilepsie
Der ICD-10-Code für Epilepsie ist G40. Dieser Code wird in medizinischen Dokumenten verwendet, um die Diagnose Epilepsie zu verschlüsseln. Es ist wichtig zu beachten, dass der ICD-Code oft durch Buchstaben ergänzt wird, die die Sicherheit der Diagnose oder die betroffene Körperseite beschreiben.
- G: Gesicherte Diagnose
- V: Verdacht
- Z: Zustand nach
- A: Ausschluss
- L: Links
- R: Rechts
- B: Beidseitig
Klassifikation der Epilepsie
Aus pragmatischen Gründen wurden Epilepsien lange Zeit in symptomatische, idiopathische und kryptogene Formen unterteilt. Im Jahr 2017 überarbeitete die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) ihre Klassifikation und Terminologie. Die aktualisierte ILAE-Klassifikation hat nun eine dreistufige Grundstruktur:
- Anfallstyp: Bestimmung des Anfallstyps bzw. der Anfallsform (generalisiert, fokal, unklarer Beginn).
- Art der Epilepsie: Zuordnung der Epilepsie zu einer bestimmten Ätiologie (strukturell, genetisch, infektiös, metabolisch, immunologisch, unbekannt).
- Epilepsie-Syndrom: Identifizierung eines spezifischen Epilepsie-Syndroms (z. B. Lennox-Gastaut-Syndrom, Dravet-Syndrom).
Generalisierte Epilepsie
Innerhalb der generalisierten Epilepsien wurde die Untergruppe der idiopathisch generalisierten Epilepsien wieder eingeführt. Dazu zählen Absence-Epilepsien des Kindes- und Jugendalters, juvenile myoklonische Epilepsien und Epilepsieformen mit ausschließlich generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.
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Ursachen der Epilepsie
Epilepsien und die damit verbundenen Anfälle sind auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen. Aktuell werden folgende Ätiologien unterschieden:
Strukturelle Ursachen
Eine strukturelle Epilepsie ist mit umschriebenen pathologischen Hirnveränderungen assoziiert. Diese können erworben oder genetisch bedingt sein. Epileptogene Läsionen sind beispielsweise Hirntumore und Hirninfarkte, Kontusionsdefekte, vaskuläre Malformationen, Enzephalozelen, fokale kortikale Dysplasien, Polymikrogyrie der kortikalen Neurone, hypothalamische Hamartome oder eine Hippocampussklerose. Ebenso kann eine perinatale Hirnschädigung, oft infolge von Sauerstoffmangel während des Geburtsvorgangs, eine Epilepsie verursachen.
Genetische Ursachen
In den letzten Jahren wurden mehrere Hundert Gene und Gen-Veränderungen identifiziert, die vermutlich oder sicher eine Epilepsie (mit)verursachen. Die Mehrzahl der Fälle der idiopathischen generalisierten Epilepsien (IGE) sind polygenetische Erkrankungen. Das Erkrankungsrisiko hängt von verschiedenen genetischen Suszeptibilitätsfaktoren und Umwelteinflüssen ab. Zu den IGE gehören die kindliche und die juvenile Absence-Epilepsie (CAE und JAE), die juvenile myoklonische Epilepsie und die Epilepsieformen mit ausschließlich generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.
Sehr viel seltener ist nur ein Gen betroffen (zum Beispiel Ionenkanal-Gene oder Neurotransmitter assoziierte Gene). Die Mutation kann vererbt werden oder de novo auftreten. Monogenetische Epilepsien weisen eine beachtliche phänotypische und genotypische Heterogenität auf.
Infektiöse Ursachen
Infektionen sind die weltweit häufigste Ursache von Epilepsie. Eine infektiöse Ätiologie bezieht sich auf Patienten mit Epilepsie und nicht auf Patienten, die Anfälle im Verlauf einer akuten Infektion erleiden. Infektiöse Ursachen können regional variieren; typische Beispiele sind Neurozystizerkose, Tuberkulose, HIV, zerebrale Malaria, subakute sklerosierende Panenzephalitis, zerebrale Toxoplasmose und kongenitale Infektionen - etwa durch das Zika- oder Zytomegalie-Virus. Zudem sind post-infektiöse Entwicklungen einer Epilepsie möglich, beispielsweise nach einer viralen Enzephalitis.
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Metabolische Ursachen
Eine metabolisch verursachte Epilepsie ist direkte Folge einer Stoffwechselstörung, die epileptische Anfälle als Kernsymptomatik aufweist. Es wird angenommen, dass die meisten metabolisch bedingten Epilepsien einen genetischen Hintergrund haben und nur selten erworben sind.
Mit einer Epilepsie assoziierte Erkrankungen/Situationen sind u.a.:
- Hypoparathyreoidismus
- Hämochromatose
- Porphyrie
- Störungen des Aminosäurestoffwechsels
- Pyridoxin-abhängige Epilepsie (PDE)
- Hyponatriämie beim Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH)
- Urämie
- Hyper-/Hypoglykämie
- Zerebraler Folsäuremangel
Immunologische Ursachen
Eine immunologische Epilepsie ist auf eine autoimmun vermittelte Entzündung des ZNS zurückzuführen. Hierzu gehören vor allem die Kalium-Kanal-Antikörper (LGI1)-bedingte limbische Enzephalitis und die NMDA-Rezeptor-Antikörper assoziierte Enzephalitis (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat).
Unbekannte Ursachen
Neben den zuverlässig differenzierbaren Epilepsien gibt es Formen, deren Ursache (noch) nicht bekannt ist. Eine spezifischere Diagnose als die elektro-klinische Einordnung, etwa als Frontallappenepilepsie, ist bei diesen Patienten nicht möglich.
Pathophysiologie der Epilepsie
Bislang sind die neurobiologischen Zusammenhänge der Epileptogenese nicht bis ins letzte Detail verstanden. Man weiß allerdings, dass eine neuronale intra- und transzelluläre Übererregung (Hyperexzitabilität) einzelner Nervenzellen, Fehlkoordinationen von Erregung und Hemmung neuronaler Zellverbände, veränderte Zellmembraneigenschaften und eine fehlerhafte Erregungsübertragung synaptischer Netzwerke zu einer abnormen exzessiven neuronalen Entladung führen.
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Die dem epileptischen Anfall zugrunde liegenden paroxysmalen Depolarisationsstörungen sind meist auf ein Ungleichgewicht bzw. einer fehlerhaften Verteilung von exzitatorischen und inhibitorischen Neurotransmitterwirkungen zurückzuführen. Dabei spielen die Aminosäuren Glutamat und Aspartat als erregende Neurotransmitter sowie Gamma-Aminobuttersäure (GABA) als hemmende Signalsubstanz eine entscheidende Rolle. Zudem können Neurotransmitter-Synthesestörungen und ein gesteigerter Abbau oder eine Rezeptor-Blockade von GABA-Rezeptoren anfallsauslösend wirken.
Pathologische Veränderungen an spannungsabhängigen Ionenkanälen (Kalium, Natrium, Calcium) beeinflussen ebenfalls die neuronale Erregbarkeit. Für einige dieser Mechanismen wurden inzwischen genetische Ursachen nachgewiesen, zum Beispiel der Defekt am SCN1A-Gen beim Dravet-Syndrom (kodiert für die α-Untereinheit des Natriumkanals) oder ein Gendefekt auf Chromosom 5 bei der juvenilen myoklonischen Epilepsie, der eine Störung am GABA(a)-Rezeptor initiiert.
Paroxysmale Depolarisationsshift (PDS)
Nach international gängiger Lehrmeinung ist der sogenannte paroxysmale Depolarisationsshift (PDS) als gemeinsamer Nenner der fokalen Epileptogenese anzusehen. Elektrophysiologisch handelt es sich um eine Serie hochfrequenter Aktionspotenziale, die durch eine sich anschließende Hyperpolarisation beendet wird. Auf zellulärer Ebene korreliert der PDS mit interiktalen eleptiformen Signalen (sogenannte Spikes) im EEG. Während eines epileptischen Anfalls wird der PDS in eine anhaltende Depolarisation der Zellen überführt.
Symptome der Epilepsie
Die Symptome der unterschiedlichen Epilepsieformen variieren stark. Das klinische Bild richtet sich nach der Lokalisation und dem Ausmaß der neuronalen Fehlerregung sowie nach der Art des Anfallgeschehens. Möglich sind Parästhesien auf der Haut (Parietallappenanfälle), orale Automatismen wie Schmatzen und Kauen (Temporallappenanfälle), visuelle Halluzinationen (Okzipitallappenanfälle) oder komplexe Anfallsbewegungen (frontale Anfälle) und Mischbilder.
Anfallsarten
Die ILAE unterscheidet grundsätzlich zwischen Anfällen mit fokaler, generalisierter oder unbekannter Ausbreitung. Darüber hinaus werden diese in Formen mit motorischen und nicht-motorischen Bewegungsstörungen eingeteilt. Bei fokal beginnenden Anfällen wird zusätzlich unterschieden, ob der Patient bei Bewusstsein ist oder nicht. Fokale und generalisierte Anfälle können einzeln (inklusive mehrerer fokaler oder generalisierter Ereignisse) oder zusammen auftreten.
Anfälle mit fokalem Beginn
Epileptische Anfälle mit fokalem Beginn haben ihren Ursprung in einem begrenzten Neuronensystem innerhalb einer Hemisphäre. Sie werden entsprechend der motorischen Initialsymptomatik klassifiziert und in Anfälle mit und ohne Bewusstseinsstörung eingeordnet.
Fokal beginnende Anfälle mit motorischer Initialsymptomatik
Ein Beginn mit motorischen Störungen kann gekennzeichnet sein durch:
- Automatismen (zum Beispiel unwillkürliches Lecken der Lippen, Schmatzen, Gestikulieren und Wortwiederholungen)
- Atonische Anfälle (Reduktion oder Verlust des Muskeltonus)
- Klonische Anfälle (unwillkürliche rhythmische Muskelzuckungen)
- Epileptische Spasmen (rasche blitzartige Muskelanspannungen)
- Hyperkinetische Anfälle (agitierte Motorik)
- Myoklonische Anfälle (unwillkürliche kurze, nicht-rhythmische Muskelzuckungen)
- Tonische Anfälle (Muskelanspannung bzw. Versteifung einzelner Muskelgruppen)
Wie jeder epileptische Anfall kann auch ein fokal beginnender Anfall mit motorischen Symptomen in einen Status epilepticus (SE) übergehen und stunden- oder sogar tage- bis wochenlang andauern (Epilepsia partialis continua, Koževnikov-Status).
Fokal beginnende Anfälle ohne motorische Initialsymptomatik
Fokale Anfälle ohne initial-motorische Störungen können folgenden Charakter haben:
- Autonom (zum Beispiel epigastrales Wärmegefühl, Schwitzen, Hautblässe, Inkontinenz oder Piloerektion)
- Mit Arrest-Symptomatik (Innehalten mit völligem Bewegungsverlust)
- Kognitiv (zum Beispiel Träumen oder verzerrte Zeitwahrnehmung)
- Emotional (zum Beispiel Wut-, Angst- oder Glücksgefühle)
- Sensorisch (vor allem visuelle, auditive, gustatorische, olfaktorische, vertiginöse und sensible Veränderungen)
Daneben gibt es fokal beginnende und zu bilateral tonisch-klonischen Anfällen übergehende Ereignisse.
Fokal beginnende Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung
Fokal beginnende Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung entsprechen den bisher als „einfach-fokal“ bezeichneten Anfällen. Die Anfälle weisen häufig auf eine intrazerebrale Läsion hin. Sie können im Verlauf zu einer Bewusstseinsstörung führen oder in generalisierte Anfälle übergehen. Bisher hat man fokal beginnende Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung, die mehr oder weniger regelhaft in generalisierte Anfälle übergehen, als Auren bezeichnet. Da eine Aura definitionsgemäß aber selbst ein epileptisches Ereignis darstellt, verwendet die neue Klassifikation diesen Begriff nicht mehr.
Wesentliche Formen im klinischen Alltag sind:
- Fokal beginnende Anfälle mit motorischen Symptomen und Ausbreitungstendenz (Jackson-Anfälle)
- Fokal beginnende Anfälle mit motorischen Symptomen ohne Ausbreitungstendenz
Generalisierte Anfälle
Generalisierte Anfälle zeichnen sich dadurch aus, dass sie von Beginn an beide Hemisphären des Gehirns betreffen. Es gibt verschiedene Arten von generalisierten Anfällen, darunter:
- Absence-Anfälle: Kurze Bewusstseinsverluste, oft mit Augenblinzeln oder leichten Zuckungen.
- Myoklonische Anfälle: Plötzliche, kurze Muskelzuckungen.
- Klonische Anfälle: Rhythmische Muskelzuckungen.
- Tonische Anfälle: Muskelversteifung.
- Atonische Anfälle: Plötzlicher Verlust des Muskeltonus.
- Tonisch-klonische Anfälle: Kombination aus Muskelversteifung und rhythmischen Zuckungen.
Diagnose der Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie basiert auf der Anamnese, der Beobachtung von Anfällen und verschiedenen diagnostischen Tests. Zu den wichtigsten diagnostischen Verfahren gehören:
- Elektroenzephalogramm (EEG): Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Bildgebung des Gehirns zur Identifizierung struktureller Anomalien.
- Computertomographie (CT): Bildgebung des Gehirns, insbesondere in Notfallsituationen.
- Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss von Stoffwechselstörungen oder Infektionen.
Behandlung der Epilepsie
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsformen sind:
- Medikamentöse Therapie: Antiepileptika sind die häufigste Behandlungsform.
- Chirurgische Therapie: Bei manchen Patienten kann eine Operation zur Entfernung des epileptogenen Fokus in Betracht gezogen werden.
- Ketogene Diät: Eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist.
- Vagusnervstimulation (VNS): Ein implantierbares Gerät, das den Vagusnerv stimuliert.
- Psychotherapie: Zur Bewältigung psychischer Probleme, die mit Epilepsie einhergehen können.
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