Umami, der „fünfte Geschmack“, ist in aller Munde. Doch ist Glutamat, oft als Synonym für Umami verwendet, wirklich so verteufelt, wie viele behaupten? Dieser Artikel beleuchtet die vielschichtige Rolle von Glutamat, sowohl als lebensnotwendiger Neurotransmitter als auch als umstrittener Geschmacksverstärker.
Was ist Glutamat?
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft vereinfacht von Glutamat gesprochen, tatsächlich handelt es sich aber um Salze und das Anion der Glutaminsäure. Diese Aminosäure ist für den Körper essentiell, da er sie selbst herstellt und für die korrekte Funktion des Gehirns und des zentralen Nervensystems benötigt. Glutaminsäure ist aber auch ein wichtiger Bestandteil von Proteinen in anderen Lebewesen und Organismen. Daher kommt Glutamat natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vor, darunter:
- Fleisch und Milchprodukte
- Nüsse
- Pilze
- Mehl
- Hefen
- Gemüse
- Früchte
- Algen
- Fermentierte und natürlich konservierte Lebensmittel
Somit nimmt jeder Mensch täglich Glutamat zu sich, unabhängig von seiner Ernährungsweise. Sogar Muttermilch enthält Glutamat.
Die Herstellung von Glutamat
Das als Geschmacksverstärker verwendete Glutamat wurde ursprünglich aus Algen extrahiert. Heutzutage wird es jedoch meist durch Fermentation aus stärkehaltigen Pflanzen gewonnen, ein industrieller Prozess, der zu Hause nicht reproduzierbar ist. Erstmals isoliert wurde Glutamat 1866 vom deutschen Agrikulturchemiker Heinrich Ritthausen aus dem Klebereiweiß von Getreide. 1907 extrahierte der japanische Chemiker Ikeda Kikunae Glutamat aus Kombualgen, stabilisierte es mit Salz und entwickelte ein Verfahren zur Synthese und industriellen Herstellung. Unter dem Namen Aji-No-Moto ("Essenz des Geschmacks") wird Glutamat seither im großen Stil vertrieben. Das Mononatriumglutamat (MSG) wird heutzutage durch Fermentation pflanzlicher Rohstoffe wie Zuckerrohr, Zuckerrüben, Maniok oder Mais hergestellt. Bei der Fermentation entsteht freie Glutaminsäure, die mit Natriumhydroxid neutralisiert wird, wodurch Mononatriumglutamat entsteht.
Das "China-Restaurant-Syndrom" und Xenophobie
Die allgemeine Akzeptanz von Glutamat erlitt 1968 einen Knick, als ein Arzt über das sogenannte "China-Restaurant-Syndrom" berichtete. Dieses Syndrom umfasste Symptome wie Kopfschmerzen, Hitzewallungen und Unwohlsein nach dem Verzehr von chinesischem Essen.
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Die Schuld wurde schnell dem Glutamat zugeschrieben, was zu einer weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem Stoff führte. Es gab sogar den Verdacht, dass Glutamat Nervenkrankheiten begünstigen könnte, was jedoch nicht bestätigt wurde.
Diese Entwicklung hatte auch eine xenophobe Komponente, da die asiatische Küche und ihre Zutaten plötzlich kritisch beäugt wurden. Es wurde kaum hinterfragt, warum in asiatischen Ländern nicht alle Menschen unter ständigen Kopfschmerzen litten oder warum die Verwendung von Glutamat in westlichen Produkten kaum kritisiert wurde.
Glutamat und die Blut-Hirn-Schranke
Ein Hauptargument gegen Glutamat ist die Behauptung, es könne die Blut-Hirn-Schranke überwinden und so direkt ins Gehirn gelangen. Diese Behauptung basiert hauptsächlich auf Tierversuchen aus den 1960er Jahren, bei denen Ratten und Mäusen extrem hohe Dosen von Glutamat verabreicht wurden.
Bei gesunden Menschen und unter normalen Umständen besteht dieses Risiko jedoch nicht, da der Körper Glutamat aus der Nahrung gut aufnimmt und verstoffwechselt. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Glutamat in normalen Mengen schädlich ist. Kontrollierte Studien konnten keinen kausalen Zusammenhang zwischen MSG und den typisch berichteten Symptomen feststellen. Selbst bei Menschen, die angeben, sensibel auf Glutamat zu reagieren, konnte keine Korrelation zwischen der Glutamataufnahme in "normalen Mengen" und beschriebenen Nebenwirkungen festgestellt werden.
Glutamat als Geschmacksverstärker: Verbrauchertäuschung?
Obwohl Glutamat als unbedenklich gilt, wird kritisiert, dass es in übermäßigen Mengen eingesetzt wird. In Verbindung mit Salz und anderen würzenden Zutaten kann Glutamat auch aus minderwertigen Lebensmitteln etwas Schmackhaftes machen. Mononatriumglutamat könnte also indirekt zu einer ungesunden Ernährung, der Gewöhnung an ungesunde Zutaten und einer Desensibilisierung beitragen.
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Der Begriff "Geschmacksverstärker" klingt für manche nach Schummelei. Bei Mononatriumglutamat geht es jedoch eigentlich um Umami, eine Geschmacksrichtung, die Speisen herzhafter und vollmundiger macht. In der Küche kann Glutamat helfen, den Geschmack von Gerichten zu verbessern, insbesondere bei veganen Speisen, denen oft die Aromen von Fleisch- oder Milchprodukten fehlen.
Die richtige Verwendung von Glutamat
Anstatt Glutamat zu verteufeln, sollte man es intelligent einsetzen. In einer guten Tomatensauce wird man hinzugefügtes Mononatriumglutamat kaum herausschmecken, da Tomaten bereits von Natur aus viel Glutamat enthalten. Glutamat kann verwendet werden, um leckeres Essen noch leckerer zu machen oder um veganen Gerichten Geschmackskomponenten zu verleihen, die sonst durch tierische Produkte erzeugt würden.
Glutamat und das Gehirn
Glutamat ist nicht nur ein Geschmacksverstärker, sondern auch ein wichtiger Neurotransmitter im Gehirn. Es spielt eine Rolle bei der Signalübertragung zwischen Nervenzellen und ist an verschiedenen Funktionen beteiligt, darunter:
- Schmerzübertragung
- Körperwachstum
- Gewichtsregulierung
- Appetitregulierung
- Gedächtnisleistung
Ein Überschuss an Glutamat kann jedoch auch schädlich sein und möglicherweise zu neurodegenerativen Erkrankungen führen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Glutamat aus der Nahrung die Blut-Hirn-Schranke überwinden und ins Gehirn gelangen kann.
Natürliches Glutamat vs. künstliches Glutamat
Es ist wichtig, zwischen natürlichem und künstlichem Glutamat zu unterscheiden. Natürliches Glutamat kommt in vielen Lebensmitteln vor und ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Künstliches Glutamat, wie Mononatriumglutamat, wird als Geschmacksverstärker eingesetzt und kann in großen Mengen in Fertiggerichten enthalten sein.
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Einige Experten warnen vor den potenziellen negativen Auswirkungen von künstlichem Glutamat, wie z.B. Übergewicht und Kopfschmerzen. Andere betonen, dass Glutamat in moderaten Mengen unbedenklich ist.
Hefeextrakt als natürliche Glutamatquelle
Hefeextrakt ist ein natürlicher Inhaltsstoff, der ebenfalls Glutamat enthält und als Geschmacksverstärker wirkt. Im Gegensatz zu Mononatriumglutamat enthält Hefeextrakt jedoch auch andere Nährstoffe wie Aminosäuren, Proteine, Vitamine und Mineralstoffe.
Hefeextrakt muss nicht als Geschmacksverstärker gekennzeichnet werden, da das enthaltene Glutamat natürlich vorkommt.
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