Ja zum Leben trotz Demenz: Helga Rohras Kampf für ein würdevolles Leben

Helga Rohra, eine der wenigen Menschen mit Demenz, die im öffentlichen Leben aktiv sind und publizieren, hat mit ihrem Buch "Ja zum Leben trotz Demenz - Warum ich kämpfe" einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung der Krankheit geleistet. Als Co-Autorin begleitete ich Helga Rohra bei der Entstehung dieses Werkes, das im August 2016 im Verlag medhochzwei erschienen ist. Es war eine intensive, fruchtbare Zusammenarbeit und gleichzeitig eine große Herausforderung. Mein Beitrag war das Ausformulieren und Gliedern der vielen Gedankensplitter, die Helga Rohra über Jahre handschriftlich zusammengetragen hatte. Ich habe eine dem Thema angepasste Dramaturgie gewählt, die dem Leser die wechselnden Gefühlszustände der Autorin nachfühlbar macht.

Inhalt und Botschaft des Buches

"Ja zum Leben trotz Demenz" knüpft zum Teil an Inhalte aus Rohras erstem Buch "Aus dem Schatten treten" an und erzählt, was seitdem passiert ist. Das Buch gibt einen seltenen Einblick in die Welt eines Menschen mit diagnostizierter Demenz. Rohra schildert auf packende Art und Weise, wie sie tagtäglich mit der Demenz lebt und trotz der Schwierigkeiten daraus sogar gestärkt hervorgeht. Sie benennt die Hürden, auf die sie stößt, ohne zu verharmlosen oder zu lamentieren.

Helga Rohra möchte mit ihrer Arbeit Mut machen und zeigen, dass es Wege gibt, ein gelungenes Leben mit Demenz zu führen. Sie will berühren und nicht nur informieren. Sie vermittelt die Botschaft: Demenz ist keine Erkrankung, die nur alte Menschen trifft. Es gibt auch jüngere Betroffene. Rohra setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Demenz in Deutschland besser unterstützt und nicht aussortiert werden. Sie fordert einen Demenzbeauftragten, wie es auch einen Behindertenbeauftragten gibt.

Helga Rohra: Aktivistin und Mutmacherin

Helga Rohra, geboren 1953, ist eine ehemalige Konferenzdolmetscherin und heutige Demenzaktivistin. Seit ihrer Diagnose Lewy-Body-Demenz im Jahr 2009, als sie 54 Jahre alt war, setzt sie sich unermüdlich für die Rechte und die Akzeptanz von Menschen mit Demenz ein. Sie ist Vorsitzende der EU Arbeitsgruppe Menschen mit Demenz (EWGPWD), Vorstandsmitglied von Alzheimer Europa (AE) und 2. Vorsitzende der Int. Verantwortliche Person für die EUmedhochzwei Verlag GmbH Alte Eppelheimer Str.

Rohra kämpft auf jährlich bis zu 100 Veranstaltungen und mit ihrem Verein Trotzdemenz e.V. für eine neue Sichtweise auf Menschen mit Demenz. Für ihre Arbeit wurde sie 2014 mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet und 2015 zur Botschafterin für internationales Engagement ernannt. Sie ist als Keynote-Speaker auf den wichtigsten Kongressen bekannt und tritt durch ihre Lesungen und Medienauftritte deutschlandweit in Erscheinung. Ihr Motto lautet: „Mit uns und nicht über uns“.

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Umgang mit der Diagnose und dem Alltag

Rohra berichtet offen über ihren Umgang mit der Lewy-Körper-Demenz, die unter anderem durch Halluzinationen gekennzeichnet ist. Sie beschreibt, wie sie sich immer selber sieht, egal, wo sie hinguckt. Es sind ganz schnelle Filme, ganz schnelle Bilder, die ablaufen. Es gibt Tabletten dagegen, die wirken wie ein Deckel, der sich auf die Halluzination legt. Aber dann kann man sich nicht mehr artikulieren, man ist passiv. Sie hat das auch schon ausprobiert, aber das will sie nicht.

Trotz ihrer Einschränkungen arbeitet Rohra wie eine Leistungssportlerin an sich. Sie macht Sprachübungen und liest Zeitung. Sie hat ihre Fremdsprachen vergessen, kann nicht mehr am Computer arbeiten und sich nicht mehr alleine orientieren. Außerdem vergisst sie das Jetzt. Aber sie sagt: Menschen mit Demenz verstellen sich nicht, sie sagen das, was ihnen gerade einfällt.

Inklusion und Wertschätzung

Rohra wünscht sich, dass Menschen sich normal verhalten und normal mit ihr sprechen, nicht wie mit einem Kind. Sprache kann sehr viel bewirken, sie zeigt ihr die Wertschätzung, die der andere für sie hat. Man kann dem Demenzkranken auf Augenhöhe begegnen und abwarten, was passiert.

Sie bedauert, dass meist etwas für Menschen mit Demenz gemacht wird, „und nicht mit ihnen“. Inklusion sehe anders aus. Dass es anders geht, sehe man in Schottland, Irland oder England. Selbst in Rumänien oder Slowenien seien die Angebote für Betroffene besser als hierzulande. Unter anderem mit „Forget me not“-Cafés, in denen Menschen mit Demenz mitarbeiteten. Auch müsse man sich über neue Wohnformen Gedanken machen.

"Ja zum Leben trotz Demenz": Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige

"Ja zum Leben trotz Demenz" ist ein sehr gelungenes und kraftvolles Werk, das man nur noch schwer aus der Hand legen kann. Es richtet sich an Menschen mit Demenz, deren Angehörige und auch an diejenigen, die sich beruflich mit dem Thema befassen oder die ihre Sicht auf Demenz prüfen wollen. Es ist ein Buch von und nicht über Demenzkranke.

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Der Ratgeber macht allen Demenzpatienten und ihren Angehörigen Mut. Nach der Diagnose Demenz hat Helga Rohra nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern zwei Bücher geschrieben. Ihr erster Ratgeber „Aus dem Schatten treten“ war ein voller Erfolg. Auch ihr zweiter Ratgeber „Ja zum Leben trotz Demenz! Warum ich kämpfe“ ist absolut lesenswert. Die Autorin berichtet aus ihrem Alltag und wie sie ihr Leben trotz Krankheit mit viel Mut und Engagement gut meistert. Sie hat in der Krankheit auch Chancen für sich entdeckt.

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