Herpes-Enzephalitis: Behandlung, Ursachen und Prävention

Die Enzephalitis, oder Gehirnentzündung, ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die durch eine Entzündung des Gehirngewebes gekennzeichnet ist. Im engeren Sinne bezieht sich Enzephalitis auf die Entzündung des Großhirns (Cerebrum). Die Ursachen können vielfältig sein, wobei Viren die häufigsten Auslöser darstellen. Besonders das Herpes-simplex-Virus (HSV) ist ein bekannter Erreger der Herpes-Enzephalitis.

Ursachen und Risikofaktoren der Enzephalitis

Die häufigste Ursache der Enzephalitis sind Viren. Zu den häufigsten viralen Auslösern gehören:

  • Herpes-simplex-Viren (HSV), insbesondere HSV-1
  • Varizella-Zoster-Viren (VZV)
  • Zytomegalieviren (CMV)
  • Masernviren
  • Mumpsviren
  • Rötelnviren
  • Enteroviren
  • Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Viren

Einige Viren werden durch Bisse von infizierten Tieren oder Insekten, durch Kontakt mit infiziertem Kot oder durch infizierte Atemtröpfchen übertragen. So wird beispielsweise die Japanische Enzephalitis durch das Japanische Enzephalitis-Virus ausgelöst, das durch Mückenstiche übertragen wird.

In einigen Fällen kann das Immunsystem auch eine Form von Enzephalitis auslösen, bekannt als akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM). Dies tritt normalerweise auf, wenn das Immunsystem nach einer Infektion oder Impfung überreagiert und gesundes Gewebe angreift.

Weitere mögliche Ursachen einer Enzephalitis sind:

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  • Bakterien (z. B. die Erreger der Syphilis, der Tuberkulose oder der Borreliose)
  • Pilze (insbesondere bei abwehrgeschwächten Patienten)
  • Parasiten (z. B. Würmer oder die Erreger der Toxoplasmose)
  • Autoimmunerkrankungen (z. B. Multiple Sklerose)

Besonders gefährdet, an einer Gehirnentzündung zu erkranken, sind Kinder und junge Erwachsene sowie Personen mit einem geschwächten Immunsystem. Da einige der genannten Viren in unseren Breiten nicht vorkommen, sind Fernreisende ebenfalls stärker gefährdet.

Epidemiologie der Enzephalitis

Jährlich werden weltweit etwa 7 Fälle von Enzephalitis pro 100.000 Personen gemeldet. Exakte Zahlen zur Häufigkeit von Enzephalitis in Deutschland sind schwierig zu bestimmen, da viele Fälle möglicherweise nicht diagnostiziert oder gemeldet werden.

Die epidemiologischen Angaben bei Enzephalitis variieren sehr. In Studien reicht die Spanne von 0,7 bis 13,8 Fälle pro 100.000 Personen pro Jahr. Nach Literaturrecherche in der Medline-Datenbank liegt die jährliche Inzidenz einer infektiösen Enzephalitis weltweit bei 1,5 bis 7 Fälle pro 100.000 Einwohner (ausgenommen Epidemien). Die Inzidenz der HSV-Enzephalitis beträgt in Westeuropa jährlich 5 pro 100.000 Einwohner. Ein Drittel aller Patienten sind unter 20 Jahre. Für die Hälfte aller Enzephalitis-Todesfälle ist das HSV I verantwortlich.

Bei der Übertragung durch Vektoren gibt es große regionale Unterschiede: In Asien ist das Japanische Enzephalitis-Virus weit verbreitet, in Ost- und Nordeuropa sowie Ostrussland dominieren durch Zecken übertragene Enzephalitiden und in Nordamerika sind Flavivirus oder Alphavirus häufige Enzephalitiserreger.

An einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) erkranken in Deutschland vor allem Personen, die in Risikogebieten wie Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Hessen oder Rheinland-Pfalz leben und arbeiten. Die Jahresinzidenz ist von Region zu Region unterschiedlich. Deutschlandweit ist von einer jährlichen Inzidenz von 1,3 Fällen pro 100.000 Einwohner auszugehen.

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Die Japanische Enzephalitis ist vorwiegend in Ost- und Südostasien verbreitet. In Endemiegebieten erkranken jährlich etwa 30.000 bis 50.000 Personen, vor allem Kinder. In Asien versterben pro Jahr mehr als 10.000 Menschen an einer Japanischen Enzephalitis.

Symptome der Enzephalitis

Die Symptome einer Enzephalitis können vielfältig sein und hängen von der Ursache, dem betroffenen Hirnareal und dem Schweregrad der Erkrankung ab. Leitsymptome sind allgemeines Krankheitsgefühl mit Schwäche und Abgeschlagenheit, Fieber, Kopfschmerzen und Bewusstseinseinschränkungen. Häufig kommt es zu Krampfanfällen und diversen neurologischen Defiziten.

Eine Enzephalitis beginnt häufig mit respiratorischen oder gastrointestinalen Prodromi. Die Patienten fühlen sich schwach, wie kurz vor einem grippalen Infekt, empfinden eine latente Übelkeit und erbrechen mitunter. Die Beschwerden sind von allgemeinem Krankheitsgefühl begleitet. Fieber kann sich innerhalb Stunden entwickeln oder binnen mehrerer Tage aufgebaut werden. Etwa ein Viertel der Fälle verlaufen afebril.

Klassische Symptome einer Enzephalitis sind Kopfschmerzen, kognitive Veränderungen (Aphasie, Gedächtnisstörungen und/oder Persönlichkeitsveränderungen) und neurologische Defizite. Diese Defizite können sich diffus als allgemeine Verlangsamung in Denken und Handeln oder als Wahrnehmungs- und Orientierungsstörungen zeigen, aber auch als Bewusstseinsstörung von leichter Somnolenz bis zum ausgeprägten Koma auftreten. Häufig werden diese Symptome von epileptischen Anfällen begleitet.

Fokale neurologische Defizite hängen von der betroffenen Hirnregion ab. Typisch sind Sehstörungen und Doppelbilder, Sprachstörungen, Geruchsbeeinträchtigungen und Geräuschempfindlichkeiten sowie Hemiparesen.

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Bei Mitbeteiligung der Meningen (Meningoenzephalitis) sind die klassischen meningitischen Symptome zu beobachten. Insbesondere bei Kindern können zusätzlich Symptome wie Unruhe, Reizbarkeit und Verhaltensänderungen auftreten.

Besonderheiten der HSV-Enzephalitis

Eine Enzephalitis durch Herpes-simplex-Viren beginnt in der Regel mit allgemeiner Krankheitssymptomatik, hohem Fieber und Kopfschmerzen. Darauf folgen Bewusstseins- und Wesensveränderungen, psychotische Episoden und fokalneurologische Ausfälle. Diese beruhen auf einer nekrotisierenden hämorrhagischen Entzündung, vorzugsweise im Temporallappen und in den benachbarten Strukturen. Bei etwa 50% fallen Paresen auf. Auf einen Temporallappen-Herd weist die sogenannte Wernicke-Aphasie hin. Leitsymptome dieser sensorischen Aphasie sind:

  • Flüssige, teils exzessive Sprache, ohne Sinnhaftigkeit
  • Logorrhoe
  • Neologismen
  • Paraphrasien
  • Paragrammatismus
  • Schreibstörungen
  • Gestörtes Leseverständnis

Besonderheiten der FSME

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (tick-borne encephalitis) beginnt nur selten symptomatisch. Bis zu 70% aller FSME-Patienten sind zunächst beschwerdefrei. Lediglich 10 bis 30% der Betroffenen leiden zwei bis 20 Tage nach Infektion an grippeähnlichen Symptomen, Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Bei etwa 70% von ihnen flaut das Fieber nach rund einer Woche ab, um nach wenigen Tagen erneut anzusteigen. Temperaturen um 40 Grad Celsius sind keine Seltenheit.

Hinweisgebende Zeichen einer Beteiligung von Gehirnparenchym und Meningen sind Kopfschmerzen und Bewusstseinseintrübungen sowie meningeale Reizsymptome in Form von Nackensteifigkeit, Nausea und Emesis, Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Etwa die Hälfte der Patienten hat starke Bewusstseinsstörungen (bis zum Koma) und Paresen (bis zur Atemlähmung). Etwa 10% der Betroffenen zeigen schlaffe Arm- und Beinparesen als Zeichen einer Myelitis. Häufig sind auch die motorischen Hirnnervenkerne und die Vorderhörner im Rückenmark betroffen. Eine solche Hirnstammenzephalitis heilt nur selten vollständig aus. Jüngere Patienten haben dabei eine bessere Prognose als Erwachsene.

Besonderheiten der Japanischen Enzephalitis

Von der Japanischen Enzephalitis sind vor allem Kinder betroffen. Die meisten Erwachsenen in Ost- und Südostasien haben gegen den Erreger eine Immunität aufgebaut. Als Touristen sind insbesondere Langzeitreisende gefährdet, die in unmittelbarer Nähe von Reisanbau und Schweinezucht wohnen oder arbeiten.

In der Regel verläuft die JEV-Infektion mild oder asymptomatisch. Nur bei 1 von 250 Erkrankten breitet sich die Japanische Enzephalitis auf das ZNS aus und geht mit einer Gehirnentzündung einher. Nach einer Inkubationszeit von etwa einer Woche (fünf bis 15 Tage) kommt es abrupt zu Kopfschmerzen, Fieber und Schüttelfrost. Hinweisgebend sind Myalgien, Parkinsonismus und Tremor. Kinder übergeben sich häufig und leiden an Diarrhoe. Die Patienten verlieren rasch das Bewusstsein und gleiten innerhalb kurzer Zeit ins Koma. Die Prognose ist sehr schlecht.

Diagnose der Enzephalitis

Die Diagnose einer Enzephalitis kann eine Herausforderung sein, da viele der Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Ärzte setzen in der Regel auf eine Kombination aus Anamnese, neurologischer Untersuchung, Bluttests und Bildgebungstests.

Die Diagnostik beginnt wie bei jeder Erkrankung mit dem klinischen Bild des Patienten und der Eigen- und Fremdanamnese. Diese sollte neben der Medikamenten- und Krankheitsanamnese (auch Lippenherpes oder Genitalherpes) beispielsweise Fragen nach Reisen (vor allem Aufenthalten in Erreger-Endemiegebieten), besonderen Ausflügen (Fledermausführungen oder Höhlenbesuche), Tierkontakten (Rabies), Insekten- und Zeckenstichen, vorangegangenem Hautausschlag und Kontakten zu Infektionserkrankten beinhalten. Zudem ist der Immun- und Impfstatus zu ermitteln. Kurz zurückliegende febrile Krankheiten können zu parainfektiöser Enzephalitis, aber auch zu FSME passen. Etwa die Hälfte aller FSME-Patienten erlebt einen zweigipfligen Verlauf. Leiden die Patienten dann noch an schlaffen Paresen muss eine FSME-Infektion ausgeschlossen werden.

Laboruntersuchungen

Die üblichen Routinelaboruntersuchungen zeigen oft keine Auffälligkeiten. Bei einer auf das ZNS begrenzten Entzündung können entsprechende Serumparameter - je nach Erreger - im Normbereich liegen. Beispielsweise ist das CRP bei 75% aller HSV-Enzephalitiden zunächst nicht erhöht.

Neben den Entzündungsmarkern wird nach spezifischen Antikörpern gesucht. Gute Chancen hat man damit bei Verdacht auf FSME-Enzephalitis. Noch vor dem direkten Erregernachweis finden sich serologisch FSME-IgM und -IgG. Bei Verdacht auf andere antikörpervermittelte Enzephalitiden kann sich die Suche auf onkoneuronale Antikörper sowie Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren, LGI1 und CASPR2 ausweiten.

Am aussagekräftigsten sind die Liquoruntersuchung und…

Bildgebung

Bei Verdacht auf Enzephalitis wird in der Regel eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns durchgeführt, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen und spezifische Veränderungen im Gehirn zu identifizieren, die auf eine Enzephalitis hindeuten. In einigen Fällen kann auch eine Computertomographie (CT) eingesetzt werden, obwohl die MRT in der Regel sensitiver ist.

Elektroenzephalographie (EEG)

Eine Elektroenzephalographie (EEG) kann durchgeführt werden, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen und Anomalien festzustellen, die auf eine Enzephalitis hindeuten können. Das EEG kann insbesondere bei der Diagnose von Herpes-simplex-Enzephalitis hilfreich sein.

Behandlung der Enzephalitis

Eine Enzephalitis sollte grundsätzlich stationär behandelt und intensivmedizinisch betreut werden. Je nach Erreger werden beispielsweise Virustatika, Antibiotika oder Antihelminthika gegeben.

Bei viraler Enzephalitis können antivirale Medikamente, wie Aciclovir für Herpes-simplex-Enzephalitis, eingesetzt werden. In schweren Fällen oder wenn die Krankheit durch das Immunsystem verursacht wird, können entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide erforderlich sein.

Neben spezifischen Behandlungen zur Bekämpfung der Ursache der Enzephalitis werden auch unterstützende Behandlungen eingesetzt, um Symptome zu lindern und das Befinden des Patienten zu verbessern. In einigen Fällen können Patienten auch von Rehabilitationsmaßnahmen profitieren, einschließlich Physiotherapie, Ergotherapie und Sprachtherapie.

Behandlung der HSV-Enzephalitis

Aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes ist ein Behandlungsbeginn bereits bei Verdacht auf HSV-Enzephalitis entscheidend, es sollten keine Diagnoseergebnisse abgewartet werden! Unbehandelt verläuft die HSV-Enzephalitis meist letal (70-80%). Bei früher Behandlung liegt die Letalität bei ca. 20%-30%. Leichte bis schwere residuale Defizite sind sehr häufig!

Neue Therapieansätze

Eine aktuelle Studie in „Nature Microbiology“ legt nahe, dass eine Kombinationstherapie aus einem antiviralen und einem entzündungshemmenden Mittel die Prognose der Patientinnen verbessern könnte. Forscherinnen vom Max Delbrück Center in Berlin haben diese Entdeckung mithilfe eines dreidimensionalen Gehirn-Modells gemacht, das sie aus Stammzellen produziert haben. Sie fanden heraus, dass der Entzündungssignalweg TNF-α während der Infektion besonders aktiv ist. Behandelten die Forschenden die Organoide mit der Standardtherapie Acyclovir, vermehrte sich das Virus zwar nicht mehr, das Gewebe nahm jedoch trotzdem Schaden. Rybak-Wolf behandelte die Organoide schließlich mit einem antiviralen und einem entzündungshemmenden Mittel, das den TNF-α-Signalweg abschalten konnte. Diese Kombinationstherapie konnte die Mini-Hirne vor Schäden bewahren. Die Wissenschaftlerinnen hoffen, dass Ärztinnen nun die Kombination aus Acyclovir und einem entzündungshemmenden Mittel als Therapieoption bei HSV-1-Enzaphalitis ausprobieren.

Folgen der Enzephalitis

Die Folgen von Enzephalitis können erheblich sein und von Person zu Person variieren. Diese können Gedächtnisprobleme, Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen, Sprach- und Kommunikationsprobleme, körperliche Behinderungen und sogar dauerhafte Hirnschäden umfassen. So sind die Folgen und die Mortalitätsraten in Laos stark abhängig von verschiedenen Faktoren, wie der Schwere der Erkrankung bei Aufnahme, die Qualität der Krankenhausversorgung, sozioökonomische und demografische Gegebenheiten des Patienten, die Dauer der Nachsorge nach der Krankenhausentlassung sowie die Qualität der häuslichen Pflege nach der Entlassung.

Prävention der Enzephalitis

Zur Vorbeugung einer Enzephalitis gibt es gegen viele der Erreger Impfungen. Flächendeckend werden Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Kinderlähmung (Poliomyelitis) angeboten. Darüber hinaus gibt es Schutzimpfungen für Personen, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, an einer Enzephalitis zu erkranken.

Dazu zählt die Impfung gegen FSME für Bewohner von Gebieten, in denen gehäuft FSME-Viren durch Zecken übertragen werden (FSME-Gebiete). Außerdem ist es für Reisende nach Südostasien ratsam, sich gegen die Japanische Enzephalitis impfen zu lassen, sofern sie vorhaben, sich dort länger aufzuhalten oder in ländliche Gebiete zu reisen.

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