Hirn-OP bei Parkinson: Was Sie Wissen Müssen

Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem durch einen Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn gekennzeichnet ist. Dieser Mangel führt zu einer Reihe von motorischen Symptomen, wie Zittern, Muskelsteifheit und verlangsamte Bewegungen. Die Behandlung von Morbus Parkinson sollte frühzeitig beginnen, um die Nervenerkrankung aufzuhalten.

Therapieansätze bei Parkinson

Zur Therapie der Parkinson-Krankheit stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung, darunter medikamentöse Behandlungen, Physiotherapie und operative Eingriffe. Medikamente können den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen und so die motorischen Symptome lindern. Physiotherapie hilft, die Mobilität zu erhalten und verlorengegangene Fähigkeiten wiederzuerlangen. In manchen Fällen kann auch eine Hirnschrittmacher-OP (tiefe Hirnstimulation) in Betracht gezogen werden, insbesondere bei starkem Zittern oder wenn die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend wirkt.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie zielt darauf ab, den Dopaminspiegel im Gehirn zu erhöhen. Hierfür stehen verschiedene Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Das am stärksten wirksame Medikament ist Levodopa (L-Dopa), eine Dopaminvorstufe. Andere wichtige Wirkstoffgruppen sind Dopaminagonisten und MAO-Hemmer. Die Auswahl und Dosierung der Medikamente erfolgen individuell.

Die medikamentöse Therapie kann die Bewegung verbessern, die Erkrankung aber nicht heilen. Zudem lässt die Wirksamkeit der Medikamente mit der Dauer der Einnahme oft nach, sodass es zu Schwankungen im Tagesverlauf kommt. In solchen Fällen kann eine Pumpentherapie in Betracht gezogen werden, bei der Medikamente über eine durch die Bauchdecke geführte PEG-Sonde verabreicht werden.

Tiefe Hirnstimulation (THS)

Die Tiefe Hirnstimulation (THS), auch bekannt als Hirnschrittmacher-OP, ist ein neurochirurgischer Eingriff, bei dem dünne Stimulationselektroden in bestimmte Hirnareale eingesetzt werden. Die elektrischen Impulse sollen insbesondere das Zittern lindern und die Beweglichkeit verbessern.

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Voraussetzungen und Ablauf der THS

Die THS kommt infrage, wenn die medikamentösen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind und eine relevante Einschränkung der Lebensqualität besteht. Es ist wichtig, die Operation früh genug durchzuführen, um sozialer Isolation und Verlust der Selbstständigkeit vorzubeugen. Das Alter spielt eine Rolle, doch diese Voraussetzung kann variieren. Oftmals wird die THS ab ca. 18 Jahren durchgeführt.

Vor der Operation sind verschiedene Untersuchungen notwendig, darunter eine Kernspintomografie (MRT) des Gehirns, neuropsychologische Testungen und eine psychiatrische Untersuchung. Zudem wird das Ansprechen der Symptome auf verschiedene Medikamente getestet.

Die Operation selbst dauert ca. 6 bis 8 Stunden und wird von spezialisierten Neurochirurgen durchgeführt. Zunächst wird ein stereotaktischer Ring am Schädelknochen befestigt. Anschließend wird eine Computertomographie (CT) des Schädels veranlasst. Die Bilddaten werden mit Daten aus einem vor dem Operationstag angefertigten Kernspintomogramm in Übereinstimmung gebracht. Nach Planung wird ein zusätzlicher Bügel am stereotaktischen Ring befestigt, der die Navigation ermöglicht.

Unter örtlicher Betäubung erfolgt zunächst ein Hautschnitt, danach wird ein Loch mit ca. 8 mm Durchmesser in die Schädeldecke gebohrt. Anschließend werden 2 bis 5 Mikroelektroden in das Gehirn eingeführt, die elektrische Ableitungen aus dem Kerngebiet ermöglichen und so eine Orientierungshilfe für den Neurochirurgen bieten. Über diese Mikroelektroden erfolgt auch eine Teststimulation, um den Effekt der THS auf die jeweiligen Symptome zu untersuchen. Gemeinsam mit dem Patienten wird so der optimale Stimulationsort detektiert und die endgültige Stimulationselektrode dort platziert. Ebenso wird mit der anderen Gehirnseite verfahren, da in der Regel eine beidseitige Operation durchgeführt wird.

Anschließend erfolgt in Vollnarkose die Implantation der Kabel und des Stimulators (Impulsgebers) unter der Haut. Der Impulsgeber ist durch die Haut programmierbar und wird einige Tage nach der Operation erstmals eingeschaltet. Die Anpassung der Stimulationsparameter erfolgt langsam und über viele Tage, hier ist gerade in den ersten Tagen und Wochen viel Geduld von Seiten des Patienten notwendig. Die Weiterbehandlung nach dem stationären Aufenthalt erfolgt in der Regel in einer Rehabilitationseinrichtung. Anschließend sind die Patienten regelmäßig in ambulanter Kontrolle.

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Was kann die tiefe Hirnstimulation leisten?

Durch die dauerhafte elektrische Stimulation lässt sich die unkoordinierte Kommunikation im Gehirn direkter und gleichmäßiger beeinflussen als mit einzelnen Tabletteneinnahmen. So kann das Bewegungsprofil auch im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit wieder geglättet werden.

Insbesondere Zittern, Steifigkeit und Bewegungsverlangsamung sprechen gut auf die Stimulation an. Zudem nehmen Wirkungsschwankungen deutlich ab und die Zeit im guten "On" (gute Einstellung) über den Tag hinweg ist im Vergleich zu einer rein medikamentösen Behandlung aktuellen Studien zufolge etwa doppelt so lange.

Die Tiefe Hirnstimulation ermöglicht keine Heilung der Erkrankung. Sie erhöht die Lebensqualität durch Verbesserung der Beweglichkeit. Zum Morbus Parkinson können auch Symptome wie Störungen beim Wasserlassen, Gedächtnisstörungen oder Depressivität gehören, die von der Stimulation wenig oder gar nicht verbessert werden. Daher ist eine genaue Beratung vor der Operation durch Neurologinnen und Neurologen wichtig.

Risiken und Nebenwirkungen der THS

Trotz sorgfältiger Planung des Zugangsweges und akkurater Durchführung der chirurgischen Handgriffe lassen sich Komplikationen durch den stereotaktischen Eingriff nicht ganz verhindern. Bei etwa 2% der operierten Patienten kommt es durch Verletzung eines Gefäßes zu einer Gehirnblutung, die in der Regel sehr klein und umschrieben ausfällt. Aufgrund des Zugangswegs und der Lage dieser Blutungen verursachen etwa die Hälfte dieser Blutungen (d.h. bei etwa 1% aller Patienten) auch neurologische Symptome wie Halbseitenlähmungen, Gefühlsstörungen, Sprach- oder Sprechstörungen. In der Regel bilden sich diese Symptome vollständig oder zumindest teilweise wieder zurück.

Ein weiteres Risiko, das über den chirurgischen Eingriff hinaus auch noch im langfristigen Verlauf zu Problemen führen kann, stellt das Infektionsrisiko dar. Bakterien haften sich sehr gerne an Implantaten an und sind einer Antibiotikatherapie nur schwer zugänglich. Dies bedeutet, dass eine Infektion nur selten durch Antibiose effektiv zu behandeln ist, häufig wird daher eine Explantation der Implantate notwendig.

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Je nach Stimulationsort und Elektrodenlage bzw. der verwendeten Spannung können durch die hochfrequente Stimulation neben den erwünschten Wirkungen auch Nebenwirkungen auftreten. Diese können vorübergehender Natur sein oder dauerhaft vorliegen. Zu nennen sind Sprechstörungen, Gefühlsstörungen, Verkrampfungen oder Doppelbilder. Im Falle des Nucleus subthalamicus bei M. Parkinson können auch mal psychiatrische Nebenwirkungen wie Apathie, depressive Verstimmung oder submanische Zustände provoziert werden, auf die natürlich besondere Aufmerksamkeit bei der Einstellung der Stimulationsparameter gerichtet wird.

Psychische Veränderungen durch THS?

Die Tiefe Hirnstimulation ist aufgrund von klinischen Studien gut erforscht. Sie wirkt sich nicht wesentlich auf geistige Funktionen aus. Es stimmt allerdings, dass bei einigen Patientinnen und Patienten, insbesondere in der Frühphase nach der Operation Stimmungsschwankungen, suizidale Gedanken oder Verwirrtheitszustände auftreten können. Diese Nebenwirkungen sind durch Medikamentenanpassung und enge ärztliche Betreuung behandelbar und meist nicht dauerhaft. Man weiß heute, dass das Risiko hierfür insbesondere bei den Patientinnen und Patienten besteht, die bereits vorher unter psychischen Veränderungen wie Depression, Halluzinationen oder Demenz litten. Es ist wichtig, dass solche Symptome vorher mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzte offen besprochen werden, um gemeinsam zu entscheiden, ob eine Tiefe Hirnstimulation überhaupt sinnvoll ist.

Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS)

Ein recht neues Therapieverfahren bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit ist die Magnetresonanz-gestützte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS). Dabei werden Ultraschallwellen im Zielgewebe so stark gebündelt, dass sie es erhitzen und gezielt zerstören. Durch die Behandlung entstehen winzige Narben in den Faserbahnen des Gehirns, im sogenannten Tremornetzwerk. Das soll das Zittern verringern.

Über einen Spezialhelm werden mehr als tausend Ultraschallwellen aus vielen Richtungen ins Gehirn geleitet und exakt auf das Tremornetzwerk fokussiert. Die Patientin oder der Patient wird dann durch Aufgaben und Übungen dazu gebracht, maximal zu zittern. Mehrere Erwärmungsphasen sind nötig, um die Narben im Gehirn zu setzen. Jedes Mal wird die Temperatur um Nuancen erhöht, danach erfolgt eine Kontrolle des Behandlungseffekts, aber auch möglicher Nebenwirkungen wie Sprachstörungen, Schwäche oder Taubheit.

Bei der Therapie geht es nicht darum, das Zittern komplett auszuschalten. Auch wenn das Verfahren ohne Skalpell, Sonden und Bohrer auskommt, ist es keinesfalls ohne Risiko, denn der Eingriff lässt sich nicht rückgängig machen: Einmal zerstörte Zellen im Gehirn kommen nicht zurück.

Sport und Bewegung

Zahlreiche Studien belegen, dass Sport sehr wirkungsvoll gegen Parkinson ist: Mit ihm ist der Verlauf der Erkrankung oft günstiger zu beeinflussen als mit Medikamenten allein. Bereits im Anfangsstadium lassen sich die Symptome der Parkinson-Erkrankung durch intensives Training verbessern und im weiteren Verlauf der Krankheit können Betroffene durch gezieltes Training sogar bereits verlorene Fähigkeiten wiedererlangen.

Für Parkinson-Erkrankte sind Sportarten mit fließenden Bewegungen wie Schwimmen, Radfahren und Joggen besonders geeignet, bewährt hat sich auch Tischtennis. Wichtig ist, dass Parkinson-Erkrankte jede Gelegenheit zur Bewegung nutzen, denn das Gehirn verlernt die neu erworbenen Fähigkeiten schnell wieder.

In den ersten Stadien der Parkinson-Krankheit kann die Bewegungstherapie BIG zum Einsatz kommen. Die Übungen mit großen, fließenden Bewegungen stimulieren ungenutzte Bereiche des Gehirns. Durch intensives Wiederholen und eine ständige Erfolgskontrolle lernen Betroffene, Bewegungen wieder bewusst im Alltag einzusetzen. Durch die Therapie werden Bewegungen schneller und präziser, auch das Gleichgewicht und die Körperwahrnehmung werden gefördert.

Leben mit einem Hirnschrittmacher

Die Elektroden und der Schrittmacher schränken im Alltag nur wenig ein. Man sollte aber Sportarten vermeiden, bei denen der Kopf stark erschüttert wird. Manche Menschen spüren den Schrittmacher unter der Haut des Schlüsselbeins, die meisten stört das jedoch nicht.

Technische Geräte beeinflussen den Schrittmacher normalerweise nicht. Man muss also keine Sorgen haben, dass sich die Impulse des Schrittmachers beispielsweise durch Handys oder Mikrowellen verändern. Auch die Sicherheitsscanner am Flughafen sind in der Regel unbedenklich. Dennoch wird bislang meist empfohlen, den Schrittmacher-Ausweis beim Sicherheitspersonal vorzuzeigen. Dann kann man mit dem Metalldetektor oder per Hand überprüft werden.

Allerdings sind Behandlungen oder Untersuchungen nicht oder nur eingeschränkt möglich, bei denen stärkere elektromagnetische Felder wirken. Dazu zählt beispielsweise die Kernspintomografie (MRT), die nur mit modernen Schrittmachern und in spezialisierten Zentren möglich ist.

Regelmäßige Nachsorgetermine sind wichtig, um die Funktion des Geräts zu überprüfen und die Einstellungen bei Bedarf anzupassen. Nach 3 bis 5 Jahren kann die Batterie des Schrittmachers nachlassen und muss gewechselt werden. Dies ist über einen kleinen Hautschnitt in örtlicher Betäubung möglich, die Elektroden im Gehirn müssen hierfür nicht neu gesetzt werden. Es gibt auch Geräte, die beispielsweise wöchentlich über ein Ladegerät aufgeladen werden.

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