Das Hôpital Sainte-Anne in Paris, bekannt für seine Expertise in Neurologie und Psychiatrie, ist nicht nur ein Ort der medizinischen Behandlung, sondern auch ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem Hôpital Sainte-Anne, von der historischen Sichtweise auf den Wahnsinn bis hin zu überraschenden kulturellen Perspektiven innerhalb der Anstalt.
Humor in der Psychiatrie: Eine unerwartete Perspektive
Die Frage, ob Humor und psychische Erkrankungen vereinbar sind, mag zunächst paradox erscheinen. Lange Zeit wurde Menschen mit Schizophrenie die Fähigkeit abgesprochen, Humor zu empfinden oder zu verstehen. Doch Sammlungen von Anstaltskunst, wie die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg und die Sammlung des Musée d'Art et d'Histoire de l'Hôpital Sainte-Anne in Paris (MAHHSA), belegen das Gegenteil.
Das deutsch-französische Ausstellungsprojekt „Wahnsinnig komisch - Follement drôle“ präsentierte rund 150 Zeichnungen, Gouachen, Aquarelle und Skulpturen aus der Zeit von 1880 bis 1990. Diese Werke geben Einblick in die humorvollen Perspektiven von Patient*innen, die ihre Umgebung karikierten, satirisch kommentierten und auf "wahnsinnig-komische" Weise verarbeiteten. Die Ausstellung war vom 19. Mai bis 13. Juni 2021 im MAHHSA in Paris zu sehen.
Michel Foucault und die Geschichte des Wahnsinns
Der französische Philosoph und Historiker Michel Foucault prägte mit seinem Werk „Wahnsinn und Gesellschaft - Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft“ (1961) ein neues Verständnis der Psychiatriegeschichte. Ursprünglich Psychologe, kam Foucault im Hôpital Sainte-Anne mit der Psychiatrie in Berührung und spezialisierte sich in Psychopathologie und experimenteller Psychologie.
Foucault kritisierte die traditionelle Fortschrittsgeschichte der Psychiatrie und argumentierte, dass die moderne Psychiatrie den Wahnsinn nicht befreit, sondern in neue Formen der Repression einschließt. Er sah Wahnsinn und Vernunft als dialektisch verbundene Erfahrungen, die sich historisch entwickelt haben. Die moderne Psychiatrie, so Foucault, habe sich auf dem Schweigen des Wahnsinns aufgebaut, indem sie eine Trennung zwischen Vernunft und Unvernunft vollzog.
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Die "große Einsperrung" und die Entstehung der Psychiatrie
Foucaults Analyse beginnt im Mittelalter, wo "Irre" in Türme gesperrt oder von Stadt zu Stadt gebracht wurden. Er interpretiert die Internierung von Wahnsinnigen ab Mitte des 17. Jahrhunderts, zusammen mit Arbeitsunwilligen, Kriminellen und Libertins im Pariser Hôpital général, als einen Akt der "großen Einsperrung".
Die vermeintliche "Befreiung" der Wahnsinnigen durch Philippe Pinel in den Pariser Krankenhäusern Bicêtre und Salpêtrière deutet Foucault als eine Legende. Er sieht sowohl Pinels Behandlungsmethoden als auch das "moral treatment" im Yorker "Retreat" von Samuel Tuke als neue Formen der Repression, die den Wahnsinn in psychiatrische Klassifikationen und bürgerliche Familiennormen zwängen.
Wahnsinn als Abwesenheit von Arbeit und Quelle der Freiheit
Foucault definiert Wahnsinn aus der Perspektive bürgerlicher Vernunft als "Abwesenheit eines Werks", also von Arbeit. Er betont die Verbindung von Wahnsinn und Irrtum, wobei der Wahnsinnige weniger Opfer einer Illusion als vielmehr einer "Bewegung seines Geistes" sei.
Dennoch gesteht Foucault dem Wahnsinn eine eigene Wahrheit zu: eine "Welt von schlechten Instinkten, von Perversität, von Leiden, von Gereiztheit". Diese "Bosheit im Naturzustand" verleihe der menschlichen Freiheit erst ihren Sinn, einer Freiheit, die eben auch den Wahnsinn ermöglicht.
Das Hôpital Sainte-Anne heute: Medizinische Versorgung und Forschung
Das Hôpital Sainte-Anne ist heute ein modernes Krankenhaus, das ein breites Spektrum an neurologischen und psychiatrischen Behandlungen anbietet. Es ist auch ein wichtiges Zentrum für Forschung und Lehre.
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Katholische St. Paulus Gesellschaft: Engagement für Gesundheit und Vielfalt
Die Katholische St. Paulus Gesellschaft (SLG) ist ein großer Träger von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen im Ruhrgebiet. Sie entstand 2021 durch den Zusammenschluss mehrerer katholischer Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Die SLG St. Paulus Gesellschaft legt Wert auf eine hohe Qualität der medizinischen Versorgung, die ständige Fortbildung ihrer Mitarbeiter und die Anpassung ihres therapeutischen Angebots an neue Entwicklungen in der Medizin.
Die Gesellschaft engagiert sich für eine patientenorientierte Versorgung und berücksichtigt dabei die individuellen Bedürfnisse der Patienten. Ein besonderes Anliegen ist die christliche Nächstenliebe, die sich in der Vielfalt der Mitarbeiter und der Wertschätzung unterschiedlicher Herkünfte und Glaubensbekenntnisse widerspiegelt.
Universitätsklinikum Bonn: Spitzenmedizin und Forschung
Das Universitätsklinikum Bonn (UKB) ist ein international renommiertes Zentrum für Spitzenmedizin und Forschung. Mit rund 500.000 Behandlungen pro Jahr, ca. 9.500 Mitarbeitern und einer hohen Forschungsaktivität gehört das UKB zu den führenden Universitätsklinika in Deutschland.
Das UKB bietet ein breites Spektrum an medizinischen Leistungen und engagiert sich in der Ausbildung von Medizinern und Gesundheitsberufen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Behandlung seltener Erkrankungen und der Entwicklung innovativer Therapien.
Fallbeispiele und Forschung am UKB
Das UKB ist an zahlreichen Forschungsprojekten beteiligt, die darauf abzielen, die Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu verbessern. Einige Beispiele sind:
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- Seltene Erkrankungen: Das UKB bietet spezialisierte Anlaufstellen für Familien mit Kindern, die an seltenen Erkrankungen leiden.
- Autoimmunerkrankungen: Forschende des UKB haben einen Mechanismus entdeckt, der erklärt, wie eine Punktmutation in einem Immunrezeptor eine schwere organspezifische Autoimmunerkrankung auslösen kann.
- Parodontitis: Prof. Karin Jepsen und Privatdozentin Dr. Christina Tietmann wurden für ihre wegweisende Forschung in der Behandlung schwerer Formen der Parodontitis mit dem Deutschen Millerpreis ausgezeichnet.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine Studie unter Federführung des UKB hat gezeigt, dass die Kombination zweier Blut-Biomarker die diagnostische Genauigkeit bei ALS signifikant erhöht.
- Gehirnfunktion: Forschende des UKB haben eine innovative Plattform entwickelt, mit der sich die Funktion neuronaler Netzwerke gezielt untersuchen lässt.
- Altersabhängige Makuladegeneration (AMD): In einer internationalen klinischen Studie konnte bei Patientinnen und Patienten mit geographischer Atrophie - einer schweren Spätform der AMD - erstmals das zentrale Sehvermögen teilweise wiederhergestellt werden.
- Fettstoffwechsel und Immunsystem: Eine Studie des UKB hat eine unerwartete Verbindung zwischen dem Fettstoffwechsel und der Fähigkeit des Immunsystems entdeckt, seine "tödliche Fracht" zielgenau abzugeben.
- Nierenentzündungen: Eine Studie des UKB hat gezeigt, dass bei der besonders aggressiven crescentischen Glomerulonephritis (cGN) bereits niedrige, wiederholte Steroiddosen ausreichen könnten, um die Entzündung zu stoppen.
- Blutgerinnung: Prof. Dr. Johannes Oldenburg, Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am UKB, wurde für seine herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Blutgerinnung mit der Emil-von-Behring-Vorlesung ausgezeichnet.
- Ambivalenz-Erleben: Forschende des UKB untersuchen, wie Ambivalenz-Erleben als Ressource im Umgang mit komplexen Situationen genutzt werden kann.
- Adipositas und Lunge: Ein Forschungsteam des UKB hat herausgefunden, dass die Lunge durch Adipositas schneller altert.
Veranstaltungen und Termine am UKB
Das UKB bietet regelmäßig Veranstaltungen und Termine für Patienten, Angehörige und Fachpublikum an. Dazu gehören Patientenkolloquien, Symposien und Konzerte.
Tourette-Syndrom: Forschung und Behandlung am UKB
Das UKB bietet eine spezialisierte Tourette-Sprechstunde an, die eine der größten in Deutschland ist. Die Sprechstunde steht Patient*innen jeden Alters offen und umfasst neben der Diagnostik und Einholung einer Zweitmeinung, die Beratung zu allen Aspekten der Erkrankung sowie die Therapie mit allen etablierten, aber auch experimentellen Behandlungsansätzen.
Die Forschungsgruppe um Frau Prof.‘in Kirsten R. Müller-Vahl ist in zahlreiche internationale Projekte zur Erforschung des Tourette-Syndroms involviert und arbeitet eng mit nationalen und europäischen Selbsthilfegruppen zusammen.
Parken am Hôpital Sainte-Anne
Für Besucher des Hôpital Sainte-Anne in Paris steht das Parkhaus SAEMES Sainte-Anne zur Verfügung. Es befindet sich im 14. Arrondissement, in der Nähe des Krankenhauses und anderer Sehenswürdigkeiten wie dem Parc Montsouris und den Katakomben von Paris.
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