Klaus Maria Brandauer und die Alzheimer-Krankheit: Eine Auseinandersetzung mit "Die Auslöschung"

Der Fernsehfilm "Die Auslöschung", in dem Klaus Maria Brandauer die Hauptrolle spielt, thematisiert die Alzheimer-Krankheit auf eine Weise, die sowohl Kritik als auch Anerkennung hervorgerufen hat. Der Film, der als Bildungsbürgertragödie inszeniert ist, wirft Fragen nach Wissen, Selbstbestimmung und dem Umgang mit dem Verlust der eigenen Identität auf.

Inhalt und Inszenierung von „Die Auslöschung“

In "Die Auslöschung" verkörpert Brandauer den Kunsthistoriker Ernst Lemden, der an Alzheimer erkrankt. Zu Beginn des Films wird Lemden als ein Mann des Wissens und der Worte dargestellt, der sein Publikum mit klugen Vorträgen über Kunstgeschichte begeistert. Seine Lebensgefährtin Judith, gespielt von Martina Gedeck, unterstützt ihn dabei, sein Wissen abzurufen, indem sie ihm vor dem Schlafengehen Postkarten mit berühmten Kunstmotiven zeigt.

Die Inszenierung des Films wird jedoch als abgefilmte Theatervorstellung kritisiert, da Brandauer und Gedeck ihre Rollen mit einer massiven Mimik und einer überladenen Sprache spielen, die eher für die Bühne als für die Kamera geeignet scheint. Trotz dieser Kritik gelingt es Brandauer, die Wut und Verzweiflung des Professors angesichts seiner fortschreitenden Krankheit eindrücklich darzustellen.

Der Kampf gegen das Vergessen

Im Verlauf des Films wird der Kampf des Professors gegen das Vergessen immer deutlicher. Er grimmt und grummelt gegen das Leben und das Leiden, kann sich aber nicht wirklich gegen sein Schicksal aufbäumen. Gelegentlich hat er Momente der Klarheit, in denen er gewohnt schneidig über die sogenannte "gnädige Schwelle" referiert, jenen Punkt im Verlauf der Alzheimer-Erkrankung, an dem der Kranke vergisst, dass er vergisst.

Die Thematik der Selbstauslöschung als einzige mögliche Antwort auf die drohende Auslöschung wird im Film stark betont. Sterbehilfe wird als letzter Liebesbeweis dargestellt, was jedoch kontroverse Diskussionen auslöst. Kritiker bemängeln, dass der Film zu sehr auf die Theatralik setzt und die Komplexität der Alzheimer-Krankheit und ihrer Auswirkungen auf die Betroffenen und ihre Angehörigen vernachlässigt.

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Liebe und Verantwortung

Trotz der düsteren Thematik wird "Die Auslöschung" auch als eine Geschichte großer Liebe beschrieben. Der Film erzählt von der Verantwortung, die der Liebende gegenüber seinem Lebenspartner übernimmt, wohl wissend, dass der Gepflegte irgendwann keinen Dank mehr für ihn übrig haben wird.

Martina Gedeck verkörpert die Rolle der Judith mit großer Sensibilität und Demut. Ihr Gesicht wird zum Spiegel der Duldsamkeit, während sie sich um den zunehmend desorientierten und hilflosen Ernst kümmert. Die Frage, was mit der Liebe passiert, wenn der geliebte Mensch physisch noch vorhanden, in Wirklichkeit aber geistig und seelisch erloschen ist, steht im Zentrum des Films.

Klaus Maria Brandauer: Inszenierung des Verfalls?

Ein Kritikpunkt an "Die Auslöschung" ist, dass der Film möglicherweise nur produziert wurde, um Klaus Maria Brandauer eine Bühne zu bieten. Brandauer wird vorgeworfen, den Verfall seiner Figur ein bisschen zu lustvoll und ein bisschen zu lautstark auszuspielen - vom Mann der Wörter, Bilder und guten Weine zum schmatzenden Kind mit schlechter Laune und Vorliebe für Grießbrei.

Diese Selbstinszenierung einer Selbstauslöschung wird als einer der eitelsten Momente des Fernsehjahres kritisiert. Dennoch wird Brandauers Darstellung auch als grandios und beklemmend gelobt, insbesondere in den Momenten, in denen die Eitelkeit der nackten Angst weicht.

Die "gnädige Schwelle" und der Verlust der Autonomie

Ein zentrales Thema in "Die Auslöschung" ist die Angst vor dem Verlust der Autonomie und der Würde im Verlauf der Alzheimer-Krankheit. Ernst Lemden macht unmissverständlich klar, dass er die "gnädige Schwelle", an dem der Kranke vergisst, dass er vergisst, nicht mehr erleben will.

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Der Film zeigt die fortschreitende Zerrüttung von Ernsts Hirnzellen und die damit einhergehenden äußeren Alarmzeichen im Lemdenschen Haushalt: Erst werden die Herdgriffe abgeschraubt, dann Etiketten mit Name und Telefonnummer in die Kleider genäht, und irgendwann geht es nicht mehr ohne Rollstuhl und ohne eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.

Heitere Momente in der Tragödie

Trotz der unerbittlich voranschreitenden Tragödie gibt es in "Die Auslöschung" auch heitere Momente. Brandauer gibt seinem Ernst Learsches Format, wenn er seinem inzwischen vierjährigen Enkel verschwörerisch erklärt, „wie wir das machen, dass wir heute Abend später ins Bett gehen“ und vor aller Augen die Wohnzimmeruhr um zwei Stunden zurückstellt.

Oder wenn er seinem - ihm nun unbekannten - Schwiegersohn, einem Zahnarzt, unbefangen erklärt, das stelle er sich „auch nicht so schön vor, immer in den Mund von fremden Menschen zu sehen“. Spätestens dann wird man als Zuschauer von einem grenzenlosen Mitleid überwältigt.

Das Ende der Liebe?

"Die Auslöschung" wirft die Frage auf, was mit der Liebe geschieht, wenn der geliebte Mensch sich verändert und seine Persönlichkeit verliert. Der Film zeigt, wie Judith mit der Situation umgeht und wie sie versucht, die Beziehung zu Ernst aufrechtzuerhalten, obwohl er sie immer weniger erkennt.

Die Frage, ob selbstlose Liebe möglich ist, wird im Film ebenfalls thematisiert. Brandauer selbst sagt in einem Interview, dass Liebe im Klartext bedeutet, für einen anderen Menschen auf der Welt zu sein. Judith ist, nachdem man sieht, wie es dem Ernst geht, da. Und sie ist da, solange der Ernst lebt. Mit allen Konsequenzen.

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Vorbereitung auf das Sterben?

Ein weiteres Thema, das in "Die Auslöschung" angesprochen wird, ist die Vorbereitung auf das Sterben. Brandauer betont, dass es wichtig ist, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und sich Gedanken darüber zu machen, wie man sterben möchte.

Er sagt jedoch auch, dass es noch wichtiger ist, sich auf das Leben vorzubereiten und es so gut wie möglich auszuschöpfen. Dazu gehört Zuneigung, Herzensbildung und eine gewisse Solidarität mit allen Menschen, die leben.

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