Kokosöl wird oft als Allheilmittel angepriesen, insbesondere im Zusammenhang mit Alzheimer. Doch was sagen die Studien wirklich? Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftliche Evidenz und räumt mit einigen Mythen auf.
Was ist Kokosöl?
Kokosöl wird aus dem Fruchtfleisch der Kokosnuss gewonnen und findet vielseitige Anwendung in Küche, Haut- und Haarpflege. Es wird oft für seine angeblichen gesundheitlichen Vorteile beworben, von Gewichtsverlust bis hin zur Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer.
Gesundheitliche Behauptungen und die Realität
Im Internet kursieren zahlreiche Anpreisungen über die gesundheitlichen Vorteile von Kokosöl. Es soll beim Abnehmen helfen, vor Herzkreislauferkrankungen schützen und antimikrobiotisch wirken. Sogar gegen Karies, Krebs, Alzheimer und Masern soll es wirksam sein. Doch belastbare wissenschaftliche Nachweise für diese Behauptungen fehlen oft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat für Kokosöl keine sogenannten Health Claims zugelassen, also gesundheitsbezogene Aussagen, mit denen ein Lebensmittel beworben werden darf.
Der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren
Ein Hauptnachteil von Kokosöl ist sein hoher Gehalt an gesättigten Fettsäuren, der über 80 Prozent beträgt. Diese Fettsäuren, die vor allem in tierischen Produkten vorkommen, können bei häufigem Verzehr das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Studien haben gezeigt, dass Kokosöl den Gesamt-Cholesterin-Wert und das ungünstige LDL (low density lipoprotein) im Blut ansteigen lassen kann.
Mittelkettige Fettsäuren (MKT) und ihre Vorteile
Kokosöl enthält auch mittelkettige Fettsäuren (MKT), die leichter verdaulich sind. Dazu gehören Laurinsäure, Caprin- und Caprylsäure. MKTs sind im wässrigen Darmmilieu besser löslich und können vom Körper schneller gespalten oder sogar ungespalten aufgenommen werden.
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Antimikrobielle Wirkung - Mythos oder Wahrheit?
Dem Kokosöl wird nachgesagt, dass es Viren, Bakterien und Pilze wirkungsvoll bekämpfen kann. Einige Menschen verwenden es daher bei Erkältungen, Halsschmerzen, Herpes, Masern oder Hautwunden. Die British Nutrition Foundation betont jedoch, dass es keine fundierten Studien gibt, die antimikrobielle Effekte im Körper des Menschen nachweisen.
Kokosöl in der Küche und Kosmetik
In geringen Mengen und gelegentlich spricht nichts gegen die Verwendung von Kokosöl. Es kann in der Küche durch seinen Geschmack bereichern und wird vor allem für asiatische Gerichte verwendet, da es sehr hoch erhitzbar ist. In vielen Kosmetikprodukten wie Shampoos, Haarspülungen und Cremes ist Kokosöl ebenfalls enthalten und kann pur zur Haar- und Körperpflege angewendet werden.
Kokosöl vs. Kokosfett
Kokosöl und Kokosfett sind grundsätzlich das Gleiche: aus dem Fruchtfleisch der Kokosnuss gepresstes Öl. Natives Kokosöl wird aus frischem Fruchtfleisch gepresst oder aus Kokosnussmilch gewonnen. Kaltgepresstes Öl wird nur durch mechanische Verfahren gewonnen, während warmgepresstes Öl auf über 40 Grad erhitzt wird, was den Prozess effizienter macht, aber auch Nährstoffe reduziert. Raffiniertes Öl enthält kaum noch Nährstoffe. Der Begriff "Kokosfett" bezeichnet im Handel oft das warmgepresste und raffinierte Kokosöl, ohne Kokosgeschmack und -geruch.
Herkunft und Umweltaspekte
Kokosöl stammt in der Regel aus Asien, hauptsächlich aus Indonesien, den Philippinen oder Indien. Die langen Transportwege und der hohe Bedarf an Platz und Wasser für den Kokospalmenanbau sind jedoch problematisch.
Kokosöl und Alzheimer: Was sagt die Forschung?
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Demenzform älterer Menschen. Weltweit sind etwa 50 Millionen Menschen betroffen, und die Zahl wird sich voraussichtlich alle 20 Jahre verdoppeln. Die Krankheit ist durch einen zunehmenden Verlust kognitiver Leistungen gekennzeichnet, wobei extrazelluläre Proteinablagerungen, sogenannte „senile Plaques“, eine wichtige Rolle spielen.
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Der Ansatz von Prof. Dr. habil. Marcus Grimm
Prof. Dr. habil. Marcus Grimm und sein Forscherteam haben in Studien gezeigt, dass mittelkettige Fettsäuren, wie sie in Kokosnussöl vorkommen, einen wichtigen Beitrag zur Prävention der Alzheimer-Erkrankung leisten könnten. Sie fanden heraus, dass mittelkettige Fettsäuren den Abbau von Aβ-Peptiden (Bestandteil der senilen Plaques) fördern, indem sie die Aktivität des „Insulin-Degrading Enzyme“ (IDE) steigern. Diese Ergebnisse wurden auch in Experimenten mit Mäusen bestätigt.
Die Rolle der Ketone
Das menschliche Gehirn benötigt permanent ausreichend Energie, um seine komplexen Aktivitäten verrichten zu können. Bei Alzheimer-Patienten ist die Glukoseaufnahme in bestimmten Hirnregionen gestört, was zu einem Energiemangel führt. Kokosöl enthält mittelkettige Triglyzeride (MCTs), die in der Leber in Ketone umgewandelt werden. Ketone können das Gehirn mit Energie versorgen, ohne auf Insulinrezeptoren angewiesen zu sein.
Anekdotische Evidenz und Fallstudien
Ein bekannter Fall ist der von Steve Newport, dessen Frau, Dr. Mary Newport, eine Verbesserung seiner Alzheimer-Symptome durch die tägliche Einnahme von Kokosöl beobachtete. Solche anekdotischen Berichte sind jedoch keine wissenschaftlichen Beweise.
Kritik an Studien und Behauptungen
Es ist wichtig, die Studienlage kritisch zu betrachten. So verweisen die Betreiber der Internetseite kokosoel.info auf wissenschaftliche Studien, um die Wirkung von Kokosöl zu belegen. Bei genauerer Betrachtung der Originalstudien zeigt sich jedoch, dass teilweise gar kein Kokosöl verabreicht wurde, sondern Fettsäure-Mischungen. Zudem handelte es sich bei den Studienteilnehmern oft um Personen mit Fettstoffwechselstörungen, und Effekte konnten nur in Teilgruppen nachgewiesen werden.
Interview mit Prof. Dr. Alexander Kurz
Prof. Dr. Alexander Kurz, Leiter des Zentrums für Kognitive Störungen an der Klinik für Psychiatrie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, betont die Schwierigkeit, einen Effekt der Ernährung auf eine spezielle Krankheit nachzuweisen. Er erklärt, dass kontrollierte und randomisierte Studien notwendig sind, um eine ursächliche Wirkung nachzuweisen. Solche Studien sind bei Ernährungsfragestellungen jedoch schwer durchzuführen.
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Orthomolekulare Medizin als präventiver Ansatz
Die orthomolekulare Medizin setzt auf die Versorgung des Körpers mit optimalen Konzentrationen natürlicher Mikronährstoffe, um Gesundheit zu erhalten und Krankheiten vorzubeugen. Studien zeigen, dass bestimmte Nährstoffe und Lebensstilfaktoren das Fortschreiten einer beginnenden Demenz verlangsamen und präventiv wirken können.
Wichtige Mikronährstoffe für die Gehirngesundheit
- B-Vitamine (B₆, B₁₂, Folsäure): Schützen Nervenzellen, senken Homocystein und beugen Hirnatrophie vor.
- Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA): Entzündungshemmende Fette, essentiell für Hirnmembranen und Synapsen.
- Vitamin D: Wichtig für Immunfunktion und Schutzmechanismen im Gehirn.
- Antioxidantien (Vitamin C, E, Selen): Neutralisieren freie Radikale im Gehirn.
- Magnesium: Wichtig für die Signalübertragung zwischen Gehirnzellen und Gedächtnisbildung.
- Zink & Selen: Essentiell für Wachstum und Reparatur von Nervenzellen.
- Coenzym Q10 & L-Carnitin: Unterstützen die Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle).
- Lithium: Könnte das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen.
B-Vitamine im Detail
B-Vitamine, insbesondere B₆, B₉ (Folat) und B₁₂, sind Schlüsselstoffe für das Nervensystem. Sie werden für die Myelinisierung, die DNA-Reparatur und die Bildung von Neurotransmittern benötigt. Sie spielen auch eine wichtige Rolle im Homocystein-Stoffwechsel. Studien haben gezeigt, dass eine Homocystein-Senkung durch Vitamin B6, B12 und Folsäure den Hirnabbau bei gefährdeten Personen verlangsamen kann.
MCT-Öl und Kokosöl im Vergleich
MCT-Öle werden meist aus Kokos- und Palmkernfett hergestellt und sind reich an mittelkettigen Fettsäuren mit 8 (Caprylsäure) und 10 (Caprinsäure) Kohlenstoffatomen. Diese gelangen direkt zur Leber, wo sie schnell in Ketone umgewandelt werden. Kokosöl enthält dagegen nur etwa 14 % dieser mittelkettigen Fettsäuren und etwa die Hälfte Laurinsäure (12 Kohlenstoffatome). Laurinsäure wird teilweise wie langkettige Fettsäuren verstoffwechselt, aber auch größtenteils direkt von der Leber aufgenommen und zur Energiegewinnung und Ketonbildung genutzt.
Wertvolle Inhaltsstoffe und Qualitätsaspekte
Kokosöl enthält auch antioxidative Phenolsäuren und Vitamin E. Es ist jedoch wichtig, auf die Qualität des Kokosöls zu achten, da es mit Schadstoffen wie Mineralölen belastet sein kann.
Präventive und therapeutische Effekte bei Alzheimer
Mittelkettige Fettsäuren in MCT- oder Kokosöl können Ketone bilden und so der Energiekrise bei Alzheimer entgegenwirken. Studien haben gezeigt, dass die Gabe von ketogenen Ölen oder Keton-Präparaten zu einem Anstieg der kognitiven Funktionen, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und/oder der Gedächtnisleistung der Demenzpatienten führen kann.
Weitere positive Effekte von Kokosöl
- Rückgang des Körperfetts
- Unterstützung der Bildung von HDL-Cholesterin
- Cholesterinsenkender Effekt
- Antibakterielle Wirkungen
- Antioxidative Wirkung