Kieferverspannungen und Kieferschmerzen sind weit verbreitete Beschwerden, die erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben können. Sie beeinträchtigen nicht nur die Mundgesundheit, sondern können auch zu Kopf- und Nackenschmerzen, Tinnitus und Schwindelgefühlen führen. In diesem Artikel werden die vielfältigen Ursachen von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen, ihre Symptome und die verschiedenen Behandlungsansätze beleuchtet.
Was sind Kieferschmerzen?
Kieferschmerzen bezeichnen Beschwerden, die den gesamten Kauapparat betreffen. Dieser umfasst die Kiefergelenke (Ober- und Unterkiefer), die Zähne, den Kieferknochen und die Kaumuskulatur. Die Schmerzen können einseitig (links oder rechts) oder beidseitig auftreten und bis in Nacken und Schultern ausstrahlen.
Ursachen von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen
Die Ursachen für Kieferverspannungen und Kieferschmerzen sind vielfältig. Hier sind einige der häufigsten Auslöser:
Stress und psychische Belastungen
Stress und Anspannung sind im Alltag vieler Menschen allgegenwärtig. Sie können zu einer generellen Anspannung des Körpers führen, die sich in Verspannungen der Kiefermuskulatur äußert. Nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus) ist oft eine Folge von Stress und psychischer Belastung.
Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)
CMD bezeichnet eine Funktionsstörung des Kiefergelenks und der Kaumuskulatur. Dabei passen Ober- und Unterkiefer nicht richtig zusammen, was zu Fehlbelastungen und Schmerzen führen kann. Auch eine falsche Körperhaltung kann die Kiefergelenke zusätzlich belasten.
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Zähneknirschen (Bruxismus)
Bruxismus ist eine wiederholte Aktivität der Kaumuskeln, die sich durch das Knirschen oder Pressen der Zähne und/oder die Anspannung und Bewegung des Unterkiefers auszeichnet. Dieses Verhalten kann sowohl im Schlaf (Schlafbruxismus) als auch im Wachzustand (Wachbruxismus) auftreten. Das nächtliche Knirschen kann Kieferverspannungen auslösen oder verstärken, da die Muskulatur und das Kiefergelenk überbeansprucht werden.
Zahn- und Kiefererkrankungen
Entzündungen im Mundraum, wie z.B. Karies, Parodontitis, Zahnwurzelentzündungen oder Entzündungen der Weisheitszähne, können Kieferschmerzen verursachen. Auch nach zahnärztlichen Eingriffen, wie z.B. Weisheitszahn-OPs oder Wurzelbehandlungen, können vorübergehende Kieferschmerzen auftreten.
Verletzungen und Unfälle
Verletzungen des Kiefers, z.B. durch einen Sturz oder Schlag, können zu Kieferschmerzen führen. Auch eine Kieferluxation (Auskugeln des Kiefergelenks) ist eine mögliche Ursache.
Andere Erkrankungen
In einigen Fällen können Kieferschmerzen auch durch andere Erkrankungen verursacht werden, wie z.B. Mittelohrentzündungen, Nasennebenhöhlenentzündungen, Trigeminusneuralgie, Fibromyalgie oder sogar ein Herzinfarkt.
Symptome von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen
Die Symptome von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen können vielfältig sein. Hier sind einige der häufigsten Beschwerden:
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- Schmerzen im Kieferbereich: Die Schmerzen können einseitig oder beidseitig auftreten und von unterschiedlicher Intensität sein. Sie können sich als dumpfer Schmerz, Stechen oder Druckgefühl äußern.
- Verspannungen der Kaumuskulatur: Die Kaumuskulatur kann sich hart und verspannt anfühlen. Betroffene klagen oft über eine verspannte Kaumuskulatur nach dem Aufwachen.
- Eingeschränkte Kieferbeweglichkeit: Das Öffnen und Schließen des Mundes kann schmerzhaft oder eingeschränkt sein.
- Knacken oder Reiben im Kiefergelenk: Bei Bewegungen des Kiefers können Knack- oder Reibegeräusche auftreten.
- Kopf- und Nackenschmerzen: Die Verspannungen der Kiefermuskulatur können sich auf den Kopf- und Nackenbereich ausweiten und dort Schmerzen verursachen.
- Zahnschmerzen: Die Schmerzen können vom Kiefergelenk auf die Zähne ausstrahlen und von einem unangenehmen Druckgefühl begleitet sein.
- Ohrenschmerzen oder Ohrgeräusche (Tinnitus): Entzündungen oder Reizungen im Kiefergelenk können sich auf das Ohr auswirken und Schmerzen oder Ohrgeräusche verursachen.
- Schluckbeschwerden: Verspannungen im Kieferbereich können sich auf die Muskulatur im Halsbereich auswirken und das Schlucken erschweren.
- Schwindel: In einigen Fällen können Kieferverspannungen auch zu Schwindelgefühlen führen.
Diagnose von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen
Die Diagnose von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen umfasst in der Regel eine gründliche Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) und eine körperliche Untersuchung. Dabei werden die Patienten befragt, unter welchen Bedingungen und wie häufig sie die Kiefer anspannen bzw. knirschen.
Der Arzt oder Zahnarzt untersucht die Kiefermuskulatur, die Kiefergelenke und die Zähne. Er achtet auf Verspannungen, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Knackgeräusche. Zudem wird die Schneidekantendistanz gemessen, um den Schweregrad einer möglichen Kieferklemme zu bestimmen.
In einigen Fällen können zusätzliche Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B. Röntgenaufnahmen, eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT), um die Ursache der Beschwerden abzuklären.
Behandlung von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen
Die Behandlung von Kieferverspannungen und Kieferschmerzen richtet sich nach der Ursache der Beschwerden. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können:
Aufbissschienen
Aufbissschienen sind individuell angepasste, herausnehmbare Schienen aus Kunststoff, die in der Regel nachts getragen werden. Sie schützen die Zähne vor Abrieb und verteilen den Druck gleichmäßig auf die Kiefergelenke. Dadurch werden die Kiefergelenke und die umgebende Muskulatur entlastet.
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Physiotherapie
Physiotherapie kann helfen, muskuläre Verspannungen im Kiefer- und Nackenbereich zu lösen und die Kieferbewegung zu verbessern. Gezielte Übungen und manuelle Techniken lockern die Muskulatur und verbessern die Koordination.
Entspannungstechniken
Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen und die Muskelspannung zu reduzieren.
Wärme- oder Kälteanwendungen
Wärme- oder Kältepackungen können helfen, die Muskulatur zu entspannen und Schmerzen zu lindern.
Medikamentöse Therapie
In einigen Fällen können Schmerzmittel oder Muskelrelaxantien zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden. Bei Entzündungen können entzündungshemmende Medikamente helfen.
Botox-Injektionen
Botox (Botulinumtoxin) kann gezielt in die betroffenen Muskeln injiziert werden, um deren Aktivität zu hemmen. Dies führt zu einer vorübergehenden Entspannung der Muskulatur und kann somit Schmerzen und Spannungen im Kieferbereich reduzieren. Diese Methode kann besonders effektiv bei Bruxismus (Zähneknirschen) oder unkontrolliertem Zähneknirschen während des Schlafes sein.
Manuelle Therapie und Osteopathie
Manuelle Medizin, manuelle Therapie und Osteopathie bieten Zusatzausbildungen, die Therapeuten kompetente und wirkungsvolle intraorale Behandlungen ermöglichen. Diese sind in Verbindung mit Aufbissschienen sehr effektiv.
Selbsthilfemaßnahmen
Es gibt auch einige Selbsthilfemaßnahmen, die Betroffene ergreifen können, um ihre Beschwerden zu lindern:
- Vermeidung von übermäßiger Kaugummikauen: Übermäßiges Kaugummikauen kann die Kaumuskulatur überlasten.
- Weiche Kost: Vermeiden Sie zu starke Kaubewegungen und nehmen Sie vorwiegend passierte, weiche Nahrung zu sich.
- Kiefermassage und Dehnübungen: Massieren Sie den Kiefer mit kreisenden Bewegungen und dehnen Sie die Kiefermuskulatur durch Öffnen und Schließen des Mundes.
- Regelmäßige Bewegung: Ausdauersportarten wie Schwimmen oder Walken können helfen, die Muskulatur zu lockern und die Haltung zu verbessern.
- Gute Schlafhygiene: Achten Sie auf eine erholsame Nachtruhe, da die Grundspannung der Muskeln und die Schmerzempfindlichkeit wesentlich von einer erholsamen Nachtruhe abhängen.
Übungen zur Entspannung der Kiefermuskulatur
Es gibt verschiedene Übungen, die Sie selbst durchführen können, um die Kiefermuskulatur zu entspannen und die Beweglichkeit des Kiefers zu verbessern:
- Kiefermassage: Massieren Sie mit den Fingerspitzen in kreisenden Bewegungen die Kiefermuskulatur links und rechts.
- Dehnübungen: Öffnen Sie den Mund so weit wie möglich, ohne dass es unangenehm wird. Halten Sie diese Position für einige Sekunden und entspannen Sie dann wieder. Wiederholen Sie diese Übung mehrmals.
- Kiefer-Akupressur: Legen Sie auf beiden Seiten des Gesichts Ihre Finger auf die kleine Kuhle hinter Ihren Ohrläppchen - hier beginnt das Kiefergelenk. Drücken Sie beide Punkte etwa 15 bis 30 Sekunden. Wiederholen Sie diesen Vorgang 3 bis 4 Mal.
- Übungen mit Widerstand: Drücken Sie mit Ihrer Hand gegen Ihr Kinn und versuchen Sie, das Kinn für einige Sekunden nach vorne zu schieben. Lassen Sie dann wieder locker. Wiederholen Sie diese Abfolge mehrmals. Wechseln Sie anschließend zur linken und rechten Seite, indem Sie Ihre Hand an die Wange legen und Ihr Kinn gegen den Widerstand zur Seite schieben.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
In den meisten Fällen können Kieferverspannungen und Kieferschmerzen mit den genannten Maßnahmen gut behandelt werden. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Arztbesuch ratsam ist:
- Starke Schmerzen: Wenn die Schmerzen sehr stark sind und Sie darunter leiden.
- Anhaltende Beschwerden: Wenn die Beschwerden über mehrere Wochen anhalten oder sich verschlimmern.
- Einschränkungen der Kieferbeweglichkeit: Wenn Sie Schwierigkeiten haben, den Mund zu öffnen oder zu schließen.
- Begleitsymptome: Wenn zusätzlich zu den Kieferschmerzen weitere Symptome auftreten, wie z.B. Fieber, Schwellungen, Ohrenschmerzen, Schwindel oder Schluckbeschwerden.
- Verdacht auf Herzinfarkt: Kieferschmerzen, insbesondere linksseitig, können ein Symptom eines Herzinfarkts sein, insbesondere wenn sie mit Brustschmerzen einhergehen.
Je nach Ursache der Beschwerden kann ein Zahnarzt, Kieferorthopäde, HNO-Arzt, Neurologe oder Orthopäde der richtige Ansprechpartner sein.