Die kutane limitierte systemische Sklerose (lcSSc) ist eine Form der systemischen Sklerose (SSc), einer seltenen Autoimmunerkrankung, die durch eine Verhärtung des Bindegewebes gekennzeichnet ist. Der Name "Sklerodermie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "harte Haut". Die lcSSc unterscheidet sich von der diffusen kutanen systemischen Sklerose (dcSSc) durch das Ausmaß der Hautbeteiligung und den Verlauf der Organbeteiligung.
Was ist systemische Sklerose?
Die systemische Sklerose (SSc), auch Sklerodermie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer Vermehrung und Verhärtung des Bindegewebes und einer Erkrankung der Blutgefäße kommt. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die den ganzen Körper betreffen kann. Die Ursachen der SSc sind noch nicht vollständig geklärt, aber es wird vermutet, dass eine Kombination aus genetischen, umweltbedingten und immunologischen Faktoren eine Rolle spielt.
Die Pathogenese der SSc ist komplex und noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Fehlreaktion des Immunsystems eine zentrale Rolle spielt, bei der körpereigene Zellen des Bindegewebes als fremd erkannt werden. Dies führt zu Entzündungsreaktionen, einer übermäßigen Vermehrung von Fibroblasten und einer erhöhten Produktion von Kollagen, was letztendlich zur Fibrose und Verhärtung der Haut und inneren Organe führt. Auch Endothelin, ein Stoff mit starker gefäßverengender Wirkung, spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gefäßschäden.
Epidemiologie der systemischen Sklerose
Die systemische Sklerose ist eine seltene Erkrankung, von der etwa 40 von einer Million Menschen betroffen sind. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer. Die Krankheit tritt häufig im 3. bis 5. Lebensjahrzehnt auf. In Deutschland sind schätzungsweise 25.000 Menschen von SSc betroffen. Die Inzidenz wird auf etwa 19 pro eine Million Einwohner geschätzt, was etwa 1500 neuen Patienten pro Jahr entspricht. Die Häufigkeit der systemischen Sklerose steigt kontinuierlich bis zu einem ersten Erkrankungsgipfel zwischen 50 und 60 Jahren an. Ein zweiter Gipfel tritt nach dem 65. Lebensjahr auf.
Klassifikation der systemischen Sklerose
Die Klassifikation in limitierte kutane systemische Sklerose (lcSSc) und diffuse kutane systemische Sklerose (dcSSc) ist von prognostischer und therapeutischer Relevanz. Die wichtigsten Formen sind:
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- Limitierte systemische Sklerose (lcSSc): Die Hautveränderungen beschränken sich auf das Gesicht, die Hände und Füße und gehen nicht über die Ellenbogen und Knie hinaus. Früher wurde diese Form als CREST-Syndrom bezeichnet.
- Diffuse systemische Sklerose (dcSSc): Die Hautveränderungen gehen über die Ellenbogen und Knie hinaus. Neben dem Gesicht ist auch der Körperstamm betroffen.
- Systemische Sklerose sine scleroderma: Die inneren Organe sind betroffen ohne Hautbefall.
- Overlap-Syndrom: Zeichen einer Sklerodermie in Kombination mit anderen rheumatischen Erkrankungen.
Kutane limitierte systemische Sklerose (lcSSc) im Detail
Die limitierte kutane systemische Sklerose (lcSSc) ist eine Unterform der systemischen Sklerose, bei der die Hautbeteiligung auf Bereiche distal der Handgelenke und des Gesichts beschränkt ist. Im Gegensatz zur diffusen Form (dcSSc) sind bei der lcSSc der Rumpf und die proximalen Extremitäten ausgespart.
Klinische Manifestationen der lcSSc
- Hautbeteiligung: Die Hautverdickung betrifft hauptsächlich die Finger (Sklerodaktylie), Hände, das Gesicht und den Hals. Die Haut unterhalb der Ellbogen und Knie ist in der Regel nicht betroffen. Es kann zu einer straffen, glänzenden Haut kommen, die sich schwer abheben lässt.
- Raynaud-Syndrom: Fast alle Patienten mit lcSSc entwickeln ein Raynaud-Syndrom, oft Jahre vor anderen Symptomen. Dabei kommt es zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen der Finger und Zehen, die durch Kälte oder Stress ausgelöst werden. Die Finger verfärben sich dabei weiß, blau und rot.
- Teleangiektasien: Kleine, erweiterte Blutgefäße (Teleangiektasien) können im Gesicht, an den Lippen und an den Händen auftreten.
- Kalzinose: Ablagerungen von Kalzium unter der Haut (Kalzinose) sind häufig, insbesondere an den Fingern, Ellenbogen und Knien.
- Ösophagusbeteiligung: Schluckbeschwerden (Dysphagie) und Sodbrennen (Reflux) aufgrund einer verminderten Beweglichkeit der Speiseröhre sind häufig.
- Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH): Ein erhöhter Blutdruck in den Lungenarterien (PAH) ist eine gefürchtete Komplikation der lcSSc und kann zu Atemnot, Müdigkeit und Herzversagen führen.
- CREST-Syndrom: Das CREST-Syndrom ist eine ältere Bezeichnung für die lcSSc und steht für:
- Calcinosis (Kalkablagerungen)
- Raynaud's phenomenon (Raynaud-Syndrom)
- Esophageal dysmotility (Ösophagusmotilitätsstörung)
- Sclerodactyly (Sklerodaktylie)
- Telangiectasia (Teleangiektasien)
Diagnostik der lcSSc
Die Diagnose der lcSSc basiert auf einer Kombination aus klinischen Befunden, serologischen Untersuchungen und bildgebenden Verfahren.
- Klinische Untersuchung: Die körperliche Untersuchung umfasst die Beurteilung der Hautveränderungen, das Vorliegen eines Raynaud-Syndroms und anderer Symptome.
- Serologische Untersuchungen:
- Antinukleäre Antikörper (ANA): ANA sind bei den meisten Patienten mit SSc nachweisbar.
- SSc-spezifische Antikörper: Anti-Centromer-Antikörper (ACA) sind häufig bei lcSSc nachweisbar und mit einem erhöhten Risiko für PAH assoziiert. Anti-Topoisomerase-I-Antikörper (Scl-70) sind seltener bei lcSSc, aber häufiger bei dcSSc.
- Nagelfalzkapillaroskopie: Diese Untersuchung kann Veränderungen der kleinen Blutgefäße im Nagelfalz zeigen, die typisch für SSc sind.
- Weitere Untersuchungen: Je nach Symptomatik können weitere Untersuchungen wie Lungenfunktionstests, Echokardiographie, Ösophagusmanometrie und Röntgenaufnahmen durchgeführt werden, um Organbeteiligungen zu beurteilen.
Therapie der lcSSc
Die Therapie der lcSSc zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten. Da es keine Heilung für SSc gibt, ist die Behandlung in erster Linie symptomatisch und basiert auf den individuellen Bedürfnissen des Patienten.
- Allgemeine Maßnahmen:
- Hautpflege: Regelmäßige Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Cremes und Ölen kann helfen, die Haut geschmeidig zu halten und Risse zu vermeiden.
- Kälteschutz: Das Vermeiden von Kälteexposition ist wichtig, um das Raynaud-Syndrom zu kontrollieren. Das Tragen von Handschuhen und warmer Kleidung bei kaltem Wetter kann helfen.
- Nikotinverzicht: Rauchen verschlimmert das Raynaud-Syndrom und kann die Gefäßschäden verstärken.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann helfen, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten und die Muskelkraft zu verbessern.
- Medikamentöse Therapie:
- Raynaud-Syndrom:
- Kalziumkanalblocker: Diese Medikamente können helfen, die Blutgefäße zu erweitern und die Durchblutung zu verbessern.
- Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (z.B. Sildenafil): Diese Medikamente werden auch zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt und können die Durchblutung verbessern und digitale Ulzerationen verhindern.
- Prostaglandine: In schweren Fällen können intravenöse Prostaglandine eingesetzt werden, um die Durchblutung zu verbessern und digitale Ulzerationen zu behandeln.
- Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH):
- Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Bosentan): Diese Medikamente blockieren die Wirkung von Endothelin, einem gefäßverengenden Stoff.
- Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (z.B. Sildenafil): Diese Medikamente können auch bei PAH eingesetzt werden, um die Blutgefäße zu erweitern.
- Prostazyklin-Analoga: Diese Medikamente wirken gefäßerweiternd und können die Symptome der PAH verbessern.
- Ösophagusbeteiligung:
- Protonenpumpenhemmer (PPI): Diese Medikamente reduzieren die Produktion von Magensäure und können Sodbrennen lindern.
- Prokinetika: Diese Medikamente können die Beweglichkeit der Speiseröhre verbessern und Schluckbeschwerden reduzieren.
- Immunsuppressiva: In einigen Fällen können Immunsuppressiva wie Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil eingesetzt werden, um die Entzündung zu reduzieren und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.
- Raynaud-Syndrom:
- Physiotherapie und Ergotherapie: Diese Therapien können helfen, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten, die Muskelkraft zu verbessern und die Funktion im Alltag zu erhalten.
- Psychosoziale Unterstützung: Die SSc kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Psychosoziale Unterstützung und Selbsthilfegruppen können helfen, mit der Erkrankung umzugehen und Strategien zur Bewältigung zu entwickeln.
Prognose der lcSSc
Die Prognose der lcSSc ist variabel und hängt von dem Ausmaß der Organbeteiligung ab. Im Allgemeinen ist die Prognose der lcSSc besser als die der dcSSc, insbesondere in Bezug auf das Überleben. Die Entwicklung einer PAH ist jedoch ein wichtiger Faktor, der die Prognose verschlechtern kann. Regelmäßige Kontrollen und eine frühzeitige Behandlung von Komplikationen sind wichtig, um die Lebensqualität zu erhalten und die Lebenserwartung zu verbessern.
APDS (Activated Phosphoinositide 3-Kinase Delta Syndrome)
Das Activated Phosphoinositide 3-Kinase Delta Syndrome (APDS) ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch einen Gendefekt der zellulären Phosphoinositid-3-Kinase δ (PI3Kδ) verursacht wird. Das klinische Bild von APDS ist heterogen und umfasst erhöhte Infektanfälligkeit, Immunschwäche, Autoimmunität, Malignität, Allergien und Autoinflammation. Obwohl APDS nicht direkt mit lcSSc zusammenhängt, ist es wichtig, seltene genetische Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zu berücksichtigen.
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ACH (Achondroplasie)
Achondroplasie (ACH) ist eine genetisch bedingte Form des Kleinwuchses. Die Erkrankung geht nicht nur mit dysproportioniertem Kleinwuchs einher, sondern bringt eine Vielgestalt von Komplikationen sowie psychische und soziale Herausforderungen mit sich. Daher ist ein holistisches Therapie-Management gefragt. ACH ist nicht direkt mit lcSSc verwandt, aber es ist wichtig, Begleiterkrankungen und Komplikationen bei Patienten mit chronischen Erkrankungen zu berücksichtigen.
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