Lähmung nach Schlaganfall: Ursachen und Therapie

Ein Schlaganfall kann zu einer Vielzahl von neurologischen Ausfällen führen, darunter Lähmungen. Diese Lähmungen können verschiedene Ursachen haben und unterschiedliche Formen annehmen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, verschiedenen Formen der Lähmung nach einem Schlaganfall und die vielfältigen Therapieansätze.

Ursachen der Lähmung nach Schlaganfall

Ein Schlaganfall entsteht meist durch eine verminderte Blutversorgung (Ischämie) eines Gehirnbereichs, was zum Absterben von Hirngewebe führt (Hirninfarkt). In anderen Fällen wird er durch das Platzen einer Hirnarterie mit nachfolgender Blutung ins Gehirn ausgelöst. Die Ausfallerscheinungen hängen davon ab, welche Hirnarterien und -bereiche betroffen sind und wie viel Hirngewebe untergegangen ist.

Halbseitenlähmung (Hemiplegie/Hemiparese)

Die häufigste Folge eines Schlaganfalls ist die Halbseitenlähmung, auch Hemiplegie (vollständige Lähmung) oder Hemiparese (unvollständige Lähmung) genannt. Hierbei ist eine Körperhälfte betroffen, die der Seite mit dem geschädigten Hirnbereich gegenüberliegt. Sitzt der Defekt also in der linken Gehirnhälfte, ist die rechte Körperseite gelähmt und umgekehrt.

Ursachen der Halbseitenlähmung:

  • Schädigung einer Gehirnhälfte: Meist durch Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Verletzungen.
  • Seltener: Bakterielle oder virale Gehirnentzündungen, Tumoren, genetische Erkrankungen oder Geburtsverletzungen.
  • Schädigung des Rückenmarks: In seltenen Fällen kann auch eine halbseitige Schädigung des Rückenmarks die Ursache sein.

Spastik als Folge der Lähmung

Eine Spastik, ein erhöhter Spannungszustand der Muskulatur, tritt häufig als Folge einer Schädigung des zentralen Nervensystems auf. Bei einer Schädigung im Gehirn, kann es zum Beispiel zu einer spastischen Streckung im Hüft-, Knie- und Sprunggelenk kommen. Ein typisches Erscheinungsbild ist der „Spitzfuß", bei dem der Fuß leicht nach innen rotiert und nach unten weist.

Wie entsteht Spastik?

Eine Schädigung im Bereich des Nervensystems kann die Funktionen eines Nervs mindern. Nerven steuern Bewegungen (motorische Funktion) oder nehmen Sinnesreize auf (sensorische Funktion). Eine Schädigung der motorischen Funktion kann zu Störungen der Muskelspannung führen. Eine Schädigung im Bereich des zentralen Nervensystems führt zu einer Erhöhung des Spannungszustands von Muskeln.

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Formen der Lähmung

Lähmungen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und verschiedene Körperteile betreffen. Man unterscheidet:

  • Hemiplegie: Vollständige Lähmung einer Körperhälfte. Betroffene können Arm und Bein auf einer Seite nicht mehr bewegen.
  • Hemiparese: Unvollständige Lähmung einer Körperhälfte. Betroffene können Arm oder Bein noch bewegen, jedoch eingeschränkt.
  • Monoparese: Inkomplette Lähmung betrifft nur eine Extremität, z.B. den Arm.
  • Paraparese: Beide Beine sind von der Lähmung betroffen, Arme sind nicht betroffen.
  • Tetraparese: Eine inkomplette Lähmung aller vier Gliedmaßen (Arme und Beine) sowie eine gestörte Rumpf- und Kopfkontrolle sind vorhanden.

Symptome und Begleiterscheinungen

Neben der eigentlichen Lähmung können weitere Symptome und Begleiterscheinungen auftreten:

  • Sensibilitätsstörungen: Verminderte oder fehlende Wahrnehmung von Reizen wie Temperatur, Schmerz oder Berührung auf der betroffenen Körperseite.
  • Spastik: Erhöhte Muskelspannung, die zu unkontrollierten Bewegungen und Verkrampfungen führen kann.
  • Gesichtslähmung (Fazialisparese): Hängender Mundwinkel, eingeschränkte Mimik.
  • Sprachstörungen (Aphasie): Schwierigkeiten, sich sprachlich auszudrücken oder Sprache zu verstehen.
  • Schluckstörungen (Dysphagie): Probleme beim Kauen und Schlucken.
  • Inkontinenz: Stuhl- und/oder Urininkontinenz.
  • Psychische Veränderungen: Depressionen, Angstzustände, Verlust der emotionalen Kontrolle.
  • Vernachlässigung der betroffenen Seite: Betroffene ignorieren Gegenstände, Personen oder Ereignisse, die auf der gelähmten Seite stattfinden.

Diagnose

Die Diagnose einer Lähmung nach Schlaganfall erfolgt durch:

  • Klinische Untersuchung: Beurteilung der Muskelkraft, Reflexe, Koordination und Sensibilität.
  • Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, um die Ursache und das Ausmaß der Schädigung festzustellen.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG/NLG), um die Nervenleitgeschwindigkeit und Muskelfunktion zu überprüfen.

Therapie

Ziel der Therapie ist es, die Beschwerden zu lindern, die Selbstständigkeit des Patienten wiederherzustellen und Folgeschäden zu vermeiden. Die Therapie beginnt idealerweise bereits in der Akutphase im Krankenhaus und wird in stationären oder ambulanten Rehabilitationseinrichtungen fortgesetzt.

Akuttherapie

  • Thrombolyse: Auflösung von Blutgerinnseln im Gehirn, um die Durchblutung wiederherzustellen (innerhalb von Stunden nach dem Schlaganfall).
  • Thrombektomie: Kathetergestützte Entfernung von Blutgerinnseln aus den Hirngefäßen.
  • Herz-Kreislauf-Monitoring: Überwachung von Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck.

Rehabilitation

Die Rehabilitation ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie und umfasst verschiedene Bereiche:

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  • Physiotherapie: Training von Bewegungsabläufen, Muskelaufbau, Verbesserung der Koordination und des Gleichgewichts.
  • Ergotherapie: Training vonAlltagsaktivitäten, Verbesserung der Feinmotorik, Anpassung des Wohnumfelds.
  • Logopädie: Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
  • Neuropsychologie: Behandlung von kognitivenDefiziten und psychischen Problemen.

Wichtige Therapieansätze:

  • Bobath-Konzept: Ein ganzheitlicher Ansatz, der darauf abzielt, normale Bewegungsmuster wiederherzustellen und Spastiken zu reduzieren.
  • Forced-Use-Therapie: Die gesunde Extremität wird eingeschränkt, um die Nutzung der betroffenen Extremität zu fördern.
  • Spiegeltherapie: Der Patient betrachtet im Spiegel die Bewegung seiner nicht gelähmten Hand, was die Bewegung der gelähmten Hand verbessern kann.
  • Funktionelle Elektrostimulation (FES): Elektrische Stimulation von Muskeln, um Bewegungen zu unterstützen.
  • Robotik-gestützte Therapie: Einsatz von Robotern, um Bewegungen zu unterstützen und das Training zu intensivieren.
  • Brain-Computer-Interface (BCI): Erfassung von Gehirnsignalen und Übersetzung in Befehle, um Muskelstimulation zu steuern.

Medikamentöse Therapie

  • Spastik-Behandlung: Medikamente zur Reduktion der Muskelspannung (z.B. Baclofen, Tizanidin, Botulinumtoxin).
  • Schmerztherapie: Behandlung von Schmerzen, die durch die Lähmung oder Spastik verursacht werden.
  • Antidepressiva: Behandlung von Depressionen.

Hilfsmittel

  • Orthesen: Unterstützung und Stabilisierung von Gelenken.
  • Gehhilfen: Rollatoren, Gehstöcke, Rollstühle.
  • Anpassung des Wohnumfelds: Barrierefreies Bad, höhenverstellbares Bett, Haltegriffe.

Leben mit der Lähmung

Eine Lähmung nach Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen. Es ist wichtig, sich реалістичні Ziele zu setzen und die Therapie konsequent fortzusetzen.

Tipps für den Alltag:

  • Unterstützung suchen: Angehörige, Freunde, Selbsthilfegruppen.
  • Barrierefreies Wohnen: Anpassung des Wohnumfelds, um die Selbstständigkeit zu fördern.
  • Regelmäßige Bewegung: Auch wenn die Beweglichkeit eingeschränkt ist, ist regelmäßige Bewegung wichtig, um die Muskelkraft zu erhalten und die Durchblutung zu fördern.
  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden.
  • Psychologische Unterstützung: Bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um mit den psychischen Belastungen umzugehen.

Prävention

Um das Risiko eines Schlaganfalls und damit auch einer Lähmung zu verringern, ist es wichtig, die Risikofaktoren zu minimieren:

  • Blutdruck kontrollieren und behandeln: Hoher Blutdruck ist einer der Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall.
  • Vorhofflimmern behandeln: Vorhofflimmern erhöht das Risiko von Blutgerinnseln, die einen Schlaganfall verursachen können.
  • Diabetes kontrollieren: Diabetes erhöht das Risiko von Gefäßerkrankungen.
  • Nicht rauchen: Rauchen schädigt die Gefäße und erhöht das Schlaganfallrisiko.
  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst kann das Schlaganfallrisiko senken.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung hilft, das Gewicht zu kontrollieren und den Blutdruck zu senken.
  • Alkohol in Maßen konsumieren: Zu viel Alkohol kann den Blutdruck erhöhen und das Schlaganfallrisiko steigern.

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