Laufbandtraining in der Schlaganfallrehabilitation: Eine umfassende Betrachtung

Fortschritte in der Schlaganfalltherapie haben zu einer verbesserten Überlebensrate geführt, was jedoch auch eine Zunahme von Patienten mit bleibenden Behinderungen bedeutet. Die Rehabilitation spielt daher eine immer wichtigere Rolle.

Die wachsende Bedeutung der Rehabilitation nach Schlaganfall

Weltweit erleiden jährlich 10 Millionen Menschen einen Schlaganfall, von denen sich mindestens ein Drittel funktionell nicht vollständig erholt. Medikamente zur effektiven Unterstützung der Rehabilitation sind begrenzt, wodurch Physio- und Ergotherapie, Logopädie (bei Sprachstörungen) und neuropsychologische Maßnahmen die wichtigsten Behandlungsansätze darstellen.

Laufbandtraining als potenzieller Therapieansatz

Laufbandtraining kann die Geschwindigkeit und Ausdauer beim Gehen und Treppensteigen verbessern und einer zunehmenden Dekonditionierung entgegenwirken. Es wird auch vermutet, dass es die Neuroplastizität des Gehirns fördert und somit das Behandlungsergebnis verbessert. Die Evidenzlage zu den Ergebnissen einer solchen Schlaganfall-Reha ist jedoch widersprüchlich.

Studienergebnisse zum Laufbandtraining

Einige Studien haben eine Verbesserung des maximalen Gehtempos oder einen Anstieg des Barthel-Index gezeigt, einem Score zur Objektivierung von Behinderungen in grundlegenden Alltagsfunktionen. Metaanalysen haben jedoch uneinheitliche Ergebnisse eines körperlichen Trainings geliefert. Die LEAPS-Studie („Locomotor Experience Applied Post-Stroke“) zeigte keine Outcome-Unterschiede für die Laufband-Trainingstherapie versus eines häuslichen Übungsprogramms, wobei in dieser Studie kein aerobes Training in der Frühphase nach Schlaganfall eingesetzt wurde.

PHYS-STROKE-Studie: Aerobes Laufbandtraining in der Kritik

Die deutsche, multizentrische Studie „PHYS-STROKE“ („Physical Fitness Training in Patients with Subacute Stroke“) untersuchte die Sicherheit und Effektivität der frühen Lokomotionstherapie mit dem Laufband (5-45 Tage nach dem Ereignis). 200 erwachsene Schlaganfallpatienten wurden in zwei Gruppen randomisiert: Eine Studiengruppe absolvierte zusätzlich zu den Standard-Rehamaßnahmen ein aerobes Laufband-Training, während die Kontrollgruppe neben den Standard-Rehamaßnahmen an Entspannungs-Einheiten teilnahm. Jede Gruppe absolvierte das jeweilige Training fünfmal wöchentlich, jeweils 25 Minuten, über insgesamt vier Wochen.

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Im Ergebnis führte das Laufband-Training nach drei Monaten nicht zur signifikanten Verbesserung des maximalen Gehtempos oder des Barthel Index. Insgesamt gab es in der Laufband-Gruppe jedoch 1,8-mal mehr schwere Ereignisse und 2,5-mal mehr Klinikaufnahmen. Zu erneuten Schlaganfällen kam es bei mehr Patienten in der Laufband-Gruppe, und es kam häufiger zu Stürzen, wenn auch ohne Knochenbrüche.

Die Autoren der Studie schlussfolgerten, dass das frühe vierwöchige Laufband-Training hinsichtlich des maximalen Gehtempos und der Alltags-Fitness nach drei Monaten dem Entspannungstraining nicht überlegen war. Die Daten sprechen dafür, dass bei mittel- bis schwer betroffenen Patienten in der subakuten Phase nach Schlaganfall aerobes Training nicht forciert werden sollte.

HIIT-Training: Eine alternative Perspektive

Eine norwegische Multicenter-Studie untersuchte die Effektivität eines speziellen HIIT-Trainings (High-Intensity Interval Training) zur Post-stroke-Rehabilitation und berücksichtigte dabei auch kognitive Funktionen. Die Interventionsgruppe absolvierte zusätzlich ein überwachtes personalisiertes HIIT-Laufbandtraining (4 x 4 Minuten bei 85-95 Prozent maximaler Herzfrequenz). Die Interventionsgruppe zeigte beim Posttest direkt nach Abschluss der Maßnahme signifikante Behandlungseffekte, jedoch waren die meisten dieser erreichten Effekte beim 12-Monats-Follow-up verblasst.

Herausforderungen und Einschränkungen

„Generell lassen sich die Studien wegen der Unterschiede im Hinblick auf Art, Intensität und Zeitpunkt des Trainingsbeginns schwer vergleichen“, erklärt Frau Prof. Dr. Agnes Flöel. Die Datenlage zur Wirksamkeit des Laufbandtrainings in der Schlaganfallrehabilitation ist widersprüchlich und erfordert weitere Forschung.

Individuelle Therapieansätze und der Stellenwert der Gangtherapie

Jeder Schlaganfall ist anders, und die individuellen Voraussetzungen und Umstände sind es ebenso. Für jeden Menschen ist daher die Form der Gangtherapie zu wählen, die im Kontext der persönlichen Situation aktuell am besten geeignet ist. Die Gangtherapie richtet sich im rehabilitativen Ansatz nach den Zielen, die für die Patientin bzw. den Patienten vor allem bei Alltagsaktivitäten relevant sind. Übergeordnet steht das Ziel der selbstständigen Mobilität und gesellschaftlichen Teilhabe.

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Verschiedene Techniken der Gangtherapie

  • Laufbandtraining mit Sicherung: Das Gehen auf einem Laufband mit zusätzlicher technischer Sicherung unter therapeutischer Anweisung und verbaler sowie ggf. manueller Hilfe kann eine geeignete Option sein.
  • Gangtraining in Kombination mit funktionellen Aufgaben: Eine Möglichkeit der Steigerung des Schwierigkeitsgrades und um das Gleichgewicht beim Gehen wirksam zu verbessern, ist das Gangtraining in Kombination mit funktionellen Aufgaben.
  • Virtual und Augmented Reality: Neuere Innovationen in der Gangtherapie verbinden das klassische Laufband-Training mit künstlich erzeugten bzw. virtuell erweiterten Realitäten.
  • Robotik-gestützte Gangtherapie: Mit einem elektromechanischen Gewichtsentlastungssystem können auch nicht gehfähige Menschen selbstständig in dem Roboter stehen und ein Gang- und Balancetraining absolvieren.

Die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes

Die Gangtherapie steht nicht für eine Therapieform, die in der alleinigen Anwendung nach einem Schlaganfall wirksam und ausreichend ist. Die Neurorehabilitation ist als Konstrukt von vielen Akteuren zu sehen, um das beste Ergebnis für die Patientinnen und Patienten herauszuholen. Mit der Gangtherapie können umso bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn sie individuell in das Gesamtkonzept der Rehabilitation integriert ist, die Zusammenarbeit aller Akteure aufeinander abgestimmt ist und gut miteinander kooperiert wird.

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