Lauftraining nach Schlaganfall: Studien und Erkenntnisse zur Rehabilitation

Ein Schlaganfall kann erhebliche Auswirkungen auf die Mobilität haben, insbesondere auf die Gehfähigkeit. Studien untersuchen verschiedene Trainingsmethoden, um die Rehabilitation zu fördern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Gangstörungen nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall leiden etwa 66 Prozent der Patienten unter Gangstörungen. Diese Störungen können die Alltagstätigkeiten erheblich einschränken und die Lebensqualität mindern. Physiotherapeutisches Training und Eigenaktivitäten können jedoch helfen, diese Störungen zu verbessern. Ziel vieler Studien ist es, die Gehfähigkeit der Patienten zu verbessern, da Gangstörungen oft der limitierende Faktor für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind.

Rückwärtslaufen zur Förderung der Rehabilitation

Eine Studie untersuchte, ob Rückwärtslaufen die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten unterstützen kann. Dabei wurden die Ganggeschwindigkeit, der Gangrhythmus, die Schrittlänge und die Kapazität des Gehens der Teilnehmer untersucht. Die Teilnehmer durften zuvor keine Physiotherapie erhalten haben und mussten frei von kardialen oder pulmonalen Kontraindikationen für körperliche Anstrengung sein. Das Trainingsprogramm umfasste 30 Minuten Rückwärtslaufen auf dem Laufband, dreimal pro Woche.

Die Ergebnisse zeigten, dass Rückwärtslaufen praktizierbar war und die Teilnehmer beider Gruppen (mit und ohne transkutane Nervenstimulation) eine Verbesserung ihrer Aktivität, Kraft, ihres Energieniveaus und ihrer Stimmung feststellten. Unabhängig von der Stimulationsart konnte eine Verbesserung der Ganggeschwindigkeit durch das Rückwärtslaufen beobachtet werden. Insgesamt 87 Prozent der Patienten (26) schlossen die Studie ab.

Sport und Bewegung als wichtiger Bestandteil der Nachsorge

Regelmäßiger Sport kann nach einem Schlaganfall dazu beitragen, die Mobilität wiederzuerlangen und langfristig Fitness, Kraft und Lebensqualität zu erhalten. Viele Betroffene haben jedoch aufgrund von vorübergehenden oder dauerhaften Lähmungen bestimmter Körperregionen Schwierigkeiten, sich zu sportlichen Aktivitäten zu motivieren. Oftmals besteht eher das Bedürfnis, sich zu schonen oder die eigene Leistungsfähigkeit wird unterschätzt, was zu einer weiteren Einschränkung der Aktivität und einem Teufelskreis aus mangelnder Bewegung und sinkender Fitness führen kann.

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Sport und Bewegung können jedoch dazu beitragen, verloren gegangene Fähigkeiten teilweise wiederzuerlangen, da das Gehirn eine große Lernfähigkeit besitzt. Sport kann die Ausdauer erhöhen, die Muskelkraft und die Koordinationsfähigkeit trainieren, das Körpergefühl und die Wahrnehmung verbessern sowie neurologische Folgen abfedern. Die Kräftigung der Muskeln ermöglicht mehr Aktivität im Alltag, was die Lebensqualität erhält und das Risiko für Stürze verringert.

Sport als Prävention vor weiteren Schlaganfällen

Bewegung hat einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System, senkt den Blutdruck und unterstützt die Regulierung des Zucker- und Fettstoffwechsels. Dadurch wird der Arterienverkalkung (Arteriosklerose) vorgebeugt bzw. deren Fortschreiten verlangsamt, was wiederum das Risiko für Blutgerinnsel erheblich senkt. Gleichzeitig wird die Elastizität der Gefäße erhalten. Sport ist daher eine wichtige Maßnahme, um erneute Herz-Kreislauf-Probleme nach einem Schlaganfall zu vermeiden.

Geeignete Sportarten nach einem Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall sollten Betroffene den Wunsch nach sportlicher Betätigung zunächst mit ihrem Arzt besprechen. Rehasport ist in der Regel ein guter Einstieg. Im Anschluss kann dann allein oder in einer Gruppe weiter trainiert werden. Rehasport wird von einem Arzt verschrieben und umfasst in der Regel 50 Übungseinheiten für einen Zeitraum von 18 Monaten oder 120 Einheiten in 36 Monaten bei starker Beeinträchtigung. Die konkrete Ausgestaltung des Rehasports hängt von den individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen der Teilnehmenden ab. Gymnastikübungen, Bewegungsspiele und Schwimmen können ebenso dazugehören.

Ausdauersportarten wie Schwimmen, Walking, Nordic Walking, Radfahren und schnelles Spazierengehen sind ebenfalls geeignet, um die Herz- und Lungentätigkeit zu verbessern und die Mobilität und Belastbarkeit zu erhöhen. Es ist ratsam, zunächst mit wenigen Minuten Sport zu beginnen und sich nach und nach zu steigern. Bei Sport im Freien sollten Schlaganfallpatienten darauf achten, starke Hitze und direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden.

Gymnastik und Physiotherapie sind ebenfalls wichtige Bestandteile der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, sich nicht zu stark zu belasten und regelmäßig den Puls zu messen. Plötzliche Drehbewegungen des Kopfes sowie Übungen mit nach unten geneigtem Kopf sollten vermieden werden. Geräte sollten mit niedriger Intensität bzw. mit wenigen Gewichten verwendet werden.

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Bewegung im Alltag integrieren

Neben dem leichten Sportprogramm können Schlaganfallpatienten mehr Bewegung in ihren Alltag integrieren, indem sie beispielsweise häufiger zu Fuß gehen, auf den Fahrstuhl verzichten und stattdessen die Treppen nehmen oder beim Telefonieren auf und ab gehen. Auch das mehrmalige Tragen von Geschirr und Lebensmitteln zum Esstisch anstelle eines Tabletts kann helfen, die Aktivität zu steigern.

Körperliche Aktivität zur Vorbeugung eines zweiten Schlaganfalls

Körperliche Bewegung schützt offenbar am besten vor einem weiteren Gefäßverschluss, wie eine Studie zeigt. Bei körperlich trägen Patienten ist die Gefahr, dass es erneut zu derartigen Gefäßverschlüssen oder Durchblutungsstörungen kommt, fünfmal größer als bei körperlich aktiven. Bereits maßvolle körperliche Aktivität nützt mehr als der beste Blutdrucksenker.

In einer Studie wurden Schlaganfall-Patienten über drei Jahre untersucht und befragt. Alle Patienten wurden medikamentös eingestellt. Bei der körperlichen Aktivität verlangten die Ärzte lediglich, mindestens fünfmal pro Woche zehn Minuten zu radeln oder zügig zu gehen. Insgesamt erlitten 22 Prozent der Teilnehmer im Lauf von drei Jahren ein erneutes Durchblutungsproblem im Gehirn, doch es gab gravierende Unterschiede: Unter den wenigen körperlich Aktiven gab es praktisch keine Schlaganfälle. Wer es schafft, pro Woche mindestens fünfmal 30 Minuten körperlich aktiv zu sein, dessen Risiko für einen Schlaganfall liegt nach drei Jahren bei null.

Gangtraining zur Verbesserung der Gehfähigkeit

Ein Großteil der Patienten nach einem Schlaganfall hat Gehstörungen und ist dadurch nur innerhalb des eigenen Wohnbereichs gehfähig. Infolge der eingeschränkten Mobilität können die Betroffenen oftmals das Haus nicht verlassen. Beinahe 70 % der Gehfähigen erreichen keine normale Gehgeschwindigkeit und sind daher in Alltagsaktivitäten wie zum Beispiel beim Überqueren von Ampelanlagen eingeschränkt. Das Wiedererlangen der Gehfähigkeit mit einer annähernd normalen Gehgeschwindigkeit ist daher eines der wichtigsten Ziele von Patienten nach einem Schlaganfall und deren Angehörigen.

Um die Gehleistung zu verbessern, wurden in den letzten Jahren Interventionen wie das Laufbandtraining sowie das elektromechanisch-assistierte Gehtraining eingeführt. Beim Laufbandtraining wird der Patient durch ein Gurtsystem gesichert, wobei ein Teil des Körpergewichts entlastet wird. Ein weiterer Ansatz ist das Laufbandtraining mit systematischer Steigerung der Gehgeschwindigkeit. Elektromechanisch-assistierte Gangtherapie bedeutet, dass der Gangzyklus teilautomatisiert ist. Dies erleichtert die Arbeit der Therapeuten. Mit dieser Methode sind höhere Schrittzahlen in der Therapie möglich und bei schwerer betroffenen Patienten kann das Gehen frühzeitiger und intensiver geübt werden als bisher.

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Netzwerk-Metaanalysen zur Beurteilung der Effektivität verschiedener Therapieansätze

Bislang wurden jedoch kaum mehrere Interventionen der Gangtherapie direkt miteinander verglichen. Für die Praxis stellt sich jedoch gerade die Frage, welcher Therapieansatz beziehungsweise welches Gerät im Vergleich zu anderen Therapien effektiver ist. Für den behandelnden Arzt ist es gegebenenfalls schwierig, zu beurteilen, welcher spezifische Gangtherapieansatz nach einem Schlaganfall verschrieben werden sollte.

Ein Lösungsansatz für dieses Problem könnten sogenannte Netzwerk-Metaanalysen bieten. Sie ermöglichen es, durch die Kombination von direkten und indirekten Vergleichen von drei oder mehr Interventionen in randomisierten kontrollierten Studien auf der Basis einer gemeinsamen Vergleichsintervention das Evidenznetzwerk quantitativ zusammenzufassen.

Zielsetzung einer solchen Arbeit ist es, einen Überblick über das Evidenznetz randomisierter kontrollierter Studien zur Verbesserung der Gehgeschwindigkeit, der Gangausdauer, der Gehfähigkeit und der Sicherheit nach einem Schlaganfall zu schaffen und die relative Effektivität der verschiedenen Interventionen unter Berücksichtigung von Effektmodifikatoren einzuschätzen.

Ergebnisse von Netzwerk-Metaanalysen

Eine systematische Suche ergab 44 567 Treffer. Davon wurden nach Ausschluss irrelevanter Treffer 95 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 4 458 Patienten in die quantitative Analyse eingeschlossen.

Die Auswertung der Netzwerk-Metaanalyse zeigte, dass ein von distal das Bein führender elektromechanisch-assistierender Ansatz (Endeffektorprinzip) die Gehgeschwindigkeit nach einem Schlaganfall im Vergleich zur konventionellen Gangrehabilitation verbessert. Für die Gangausdauer ergab sich, dass ein Endeffektor-assistierter Ansatz sowie das Laufbandtraining mit Körpergewichtsentlastung im Vergleich zur konventionellen Gangrehabilitation Vorteile zur Erweiterung der Gehstrecke erwarten lässt. Für das Erreichen der Gehfähigkeit wurden keine Aussagen getroffen, da wegen deutlicher statistischer Inkonsistenz im Evidenznetz auf eine statistische Auswertung verzichtet wurde. Insgesamt war die Anzahl der Nebenwirkungen in allen Studien relativ gering und die Sicherheit somit hoch. Systematische Unterschiede zwischen den Interventionsansätzen beim Gangtraining nach einem Schlaganfall wurden nicht gefunden.

Therapiegeräte für das häusliche Training

Patienten, die wegen eines Schlaganfalls oder einer inkompletten Querschnittlähmung nur eingeschränkt gehen können, sollten auch nach der Entlassung aus der Klinik ihre Gehfähigkeit intensiv weiter trainieren. Bisher existieren aber keine effektiven Therapiegeräte für den Einsatz zu Hause. Wissenschaftler haben Therapiegeräte für das häusliche Training entwickelt, um Patienten dabei zu helfen, die Erfolge, die während des Klinikaufenthalts erzielt wurden, zu Hause selbstständig zu festigen und weiter zu verbessern.

Ein Beispiel für ein solches Therapiegerät ist der Gehtrainer „MoreGait“. Dieser Gehtrainer basiert auf dem Prinzip, dass Nervenstrukturen im Gehirn und Rückenmark nach einer inkompletten Querschnittlähmung durch wiederholte Reize von außen trainiert werden können. Dadurch können Muskeln wieder aktiviert werden, die für das Laufen wichtig sind. Mit dem MoreGait-Therapiegerät kann der Patient sicher und eigenständig in sitzender oder halb-liegender Position trainieren. Das Gerät erkennt, wie viel Kraft der Trainierende selbst aufbringt und gibt nur die erforderliche Unterstützung. Gleichzeitig kann der Patient auf einem Display verfolgen, an welcher Schrittphase das Gerät ihn stärker unterstützen muss. Dadurch kann der Trainierende gezielt an seinen Schwachstellen arbeiten.

Gangtherapie in der Neurorehabilitation

Bei einem akuten Schlaganfall haben mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten bei der Aufnahme in eine Klinik Lähmungen der Bein- oder Armmuskulatur. Ein großer Anteil dieser Behinderungen sind oft Lähmungen der Extremitäten, also der Beine und Arme. Nach einem Schlaganfall sind 42 Prozent der Betroffenen wieder selbstständig unterwegs, 21 Prozent benötigen geringe und 25 Prozent große Unterstützung in der alltäglichen Bewegung. Entscheidend dafür ist die Rehabilitation. Zu den Ansätzen der Neurorehabilitation, mit denen die Mobilität verbessert werden soll und kann, zählt die Gangtherapie.

Nach einem Schlaganfall ist das Gehen an sich schon motorisch eine Herausforderung für viele Betroffene. Hinzu kommt die Anforderung, das Gehen an die Umgebung anzupassen. Durch die Stadt zu schlendern oder durch den Park zu spazieren, geht neben den programmierten Bewegungsabläufen für das reine Gehen mit vielen Einflüssen und Informationen aus der Umwelt einher, die verarbeitet werden müssen. Nach einem Schlaganfall wird dies zusätzlich als erhöhte Anstrengung wahrgenommen.

Die Gangtherapie ist eine aktivierende bewegungstherapeutische Intervention, die auch in der Neurorehabilitation nach einem Schlaganfall mit Halbseitenlähmung zum Einsatz kommt. Sie dient dazu, gestörte sensomotorische Funktionen zu verbessern, die Gehfähigkeit und Gehanpassungsfähigkeit für ein sicheres Gangbild zu trainieren. Darüber hinaus zählt die Gangtherapie bei anderen neurologischen und orthopädischen Erkrankungen oder Verletzungen zur rehabilitativen Therapie.

Individuelle Anpassung der Gangtherapie

Es gibt keinen strengen Fahrplan, der die Ausgestaltung und den Ablauf einer Gangtherapie allgemeingültig kennzeichnet. Zunächst ist es wichtig, die gesundheitliche Verfassung und damit auch die physische und psychische Belastbarkeit aus ärztlichen und therapeutischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Jeder Schlaganfall ist anders. Die individuellen Voraussetzungen und Umstände sind es ebenso. Für jeden Menschen ist daher die Form der Gangtherapie zu wählen, die im Kontext der persönlichen Situation aktuell am besten geeignet ist. Das ist im Verlauf immer wieder neu zu bewerten.

Die Gangtherapie richtet sich im rehabilitativen Ansatz nach den Zielen, die für die Patientin bzw. den Patienten vor allem bei Alltagsaktivitäten relevant sind. Übergeordnet steht das Ziel der selbstständigen Mobilität und gesellschaftlichen Teilhabe.

Verschiedene Methoden der Gangtherapie

Am Anfang ist das freie Gehen für viele Betroffene nach dem Schlaganfall schlichtweg unmöglich. Lähmungen der Beine, auch der Arme, gehen häufig mit sensomotorischen und koordinativen Funktionseinschränkungen einher. Hier kann das Gehen auf einem Laufband mit zusätzlicher technischer Sicherung unter therapeutischer Anweisung und verbaler sowie ggf. manueller Hilfe eine geeignete Option sein. Zur Stabilisierung kann zusätzlich ein Laufbarren dienen, an dem sich die Patientinnen und Patienten seitlich abstützen können.

Eine Möglichkeit der Steigerung des Schwierigkeitsgrades und um das Gleichgewicht beim Gehen wirksam zu verbessern, ist das Gangtraining in Kombination mit funktionellen Aufgaben. Dabei kann zum Beispiel ein Ball hin und her geworfen werden.

Neuere Innovationen in der Gangtherapie verbinden das klassische Laufband-Training mit künstlich erzeugten bzw. virtuell erweiterten Realitäten (engl. Virtual Reality bzw. Augmented Reality). Mittels Augmented Reality werden zum Training der Gehanpassungsfähigkeit virtuelle Hindernisse auf das Laufband projiziert, welche der Übende nicht berühren darf. Dieses Training weitet sich immer weiter aus. Anfangs wird nur ein Balken als symbolisches Hindernis projiziert. Danach zwei Balken direkt hintereinander oder es entsteht eine Art Slalom-Parcour aus Kreisen. Die Projektionen bieten den Vorteil, dass gegenüber echten Hindernissen keine Verletzungs- und Stolpergefahr vorhanden ist.

Eine andere Variante, die sich insbesondere bei schweren Lähmungen und nicht gehfähigen Patientinnen und Patienten eignet, ist der Einsatz von Robotik in der Gangtherapie: Mit einem elektromechanischen Gewichtsentlastungssystem können auch diese Menschen selbstständig in dem Roboter stehen und ein Gang- und Balancetraining absolvieren. Über die Fußplatten werden Schrittbewegungen mit physiologischem Gangmuster fremdgesteuert bewerkstelligt. In einer Therapieeinheit können über tausend Schritte absolviert werden. Mittels Robotik-gestützter Gangtherapie lässt sich somit ein hochrepetitives Training realisieren, was mit klassischem Laufbandtraining oder anderen konventionellen Maßnahmen nicht annähernd in dieser Form möglich ist.

Es gibt auch mobile Exoskelette, die wie ein Anzug am Körper getragen werden und mit Sensoren und Motoren ausgestattet sind.

Ganzheitlicher Ansatz in der Rehabilitation

Ein Schlaganfall hat oft funktionelle Einschränkungen in mehreren Bereichen zur Folge, die zu einer hohen Krankheitsbelastung und häufig auch zu einer dauerhaften Gehbehinderung führen. Es ist wichtig, das Gehen mittels Gangtherapie wieder zu lernen und zu verbessern. Dennoch sollten die allgemeine Mobilität, Kräftigung und Ausdauer mittels Physiotherapie und Sporttherapie sowie weitere Therapieformen wie Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie nicht in Vergessenheit geraten. Die Gangtherapie steht nicht für eine Therapieform, die in der alleinigen Anwendung nach einem Schlaganfall wirksam und ausreichend ist.

Während der Akutbehandlung beginnt Rehabilitation mit der Physiotherapie schon im Krankenhaus. Abhängig von der körperlichen Verfassung wird zunächst im Bett an der Mobilisation gearbeitet. Manchen Betroffenen ist es möglich, sich dann an der Bettkante aufzusetzen oder sogar aufzustehen und das Körpergewicht zu verlagern. Die Neurorehabilitation ist als Konstrukt von vielen Akteuren zu sehen, um das beste Ergebnis für die Patientinnen und Patienten herauszuholen. Mit der Gangtherapie können umso bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn sie individuell in das Gesamtkonzept der Rehabilitation integriert ist, die Zusammenarbeit aller Akteure aufeinander abgestimmt ist und gut miteinander kooperiert wird.

Ziele der Rehabilitation

Menschen möchten verständlicherweise nach einem Schlaganfall wieder selbstständig sein, sich sicher im gewohnten Wohn- und Lebensumfeld fortbewegen und an Alltagsaktivitäten in privaten, beruflichen und anderen gesellschaftlichen Bereichen teilnehmen können. Dafür sind an vielen Stellen die richtigen Stellschrauben zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu drehen. Gerade bei schweren Schlaganfällen ist in der Akutphase die organisierte Versorgung auf einer “Stroke Unit” prognostisch entscheidend und allgemeinmedizinischen klinischen Behandlungen überlegen. Das interdisziplinäre Prinzip setzt sich idealerweise in den Strukturen und weiteren Phasen der Rehabilitation bis zur Nachsorge fort.

Abhängig davon, wie sich der Verlauf, die Symptome und Bedürfnisse entwickeln, kann der Schwerpunkt zunehmend auf der Gehfähigkeit und Gangtherapie liegen. Die Rehabilitation ist stationär oder auch teilstationär und ambulant möglich. Bei ausgesprochen milden Verläufen oder rascher Rückbildung von funktionellen Defiziten bei selbstständigen Personen, die noch Gangunsicherheiten haben, kann es im Einzelfall (später) ausreichen, sich in der therapeutischen Praxis auf Gangtraining zu fokussieren. Um weitere Fortschritte zu erreichen und zu stabilisieren, sollte zu Hause und im Alltag zusätzlich selbstständig angeleitetes Training erfolgen.

Beurteilung der Wirksamkeit des Gangtrainings

Die Wirksamkeit des Gangtrainings lässt sich anhand von unterschiedlichen Kriterien beurteilen. Als zuverlässiger Parameter, um die Effektivität des Gangtrainings zu bestimmen, gilt die Ganggeschwindigkeit. Sie kann vor und nach den Trainingseinheiten gemessen werden. Häufig kann die Ganggeschwindigkeit deutlich verbessert werden, jedoch ist dabei auch die zurückgelegte Wegstrecke zu berücksichtigen. In puncto Ganganpassungsfähigkeit und Selbstständigkeit ist es hilfreich und wichtig, sich im weiteren Verlauf von klassischen Trainings-Settings zu lösen und im Freien oder/und in alltäglichen Situationen zu trainieren. Dazu kann auch gehören, berufsbezogene Tätigkeits- und Arbeitsplatzanforderungen zu simulieren.

Häufig ist zu beobachten, dass das Gehen auf dem Laufband oder um Hütchen in einem abgegrenzten Raum auf ebenem Boden mit der Zeit gut umsetzbar ist. Unebenheiten auf dem Boden, Ablenkungen von Außen oder viele Menschen in überfüllten Räumlichkeiten sind jedoch Reize, die für viele Schlaganfall-Betroffene schwierig zu verarbeiten sind.

Studienergebnisse zum Gangtraining

Eine Studie aus Amerika hat rund 400 Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall intensiv beobachtet, die 36 Trainingseinheiten durchgeführt haben. Dreimal pro Woche für jeweils 90 Minuten über einen Zeitraum von 12 bis 16 Wochen wurde ein Gangtraining auf dem Laufband durchgeführt. Das Training mit einem Laufband verbessert die Ganggeschwindigkeit nach einem Schlaganfall signifikant. Studien zeigen aber auch, dass Personen, die auf Hilfe und Unterstützung beim Gehen angewiesen waren, ihre Ganggeschwindigkeit nicht wesentlich verbessern konnten. Offensichtlich wurde ebenfalls, dass ein Trainingsumfang von mehr als 3 x pro Woche die Geschwindigkeit deutlich verbessern konnte. Bei einem Training von weniger als 3 x pro Woche war dies nicht der Fall. Über die Dauer der Trainingseinheiten in Wochen ist individuell zu entscheiden. Es fanden sich Hinweise, dass auch unter vier Wochen eine Verbesserung der Geschwindigkeit erzielt werden konnte.

Bei der Gangausdauer sind die Studiendaten relativ ähnlich. Auf Hilfe angewiesene Personen konnten ihre zurückgelegte Strecke nicht wesentlich verbessern. Für die Verbesserung der Gangausdauer ist auch ein Trainingsumfang von über 3 x pro Woche sinnvoll. Studien zeigen, dass unter 3 x pro Woche die zurückgelegte Gehstrecke nicht verbessert werden konnte.

Bedeutung von Gleichgewicht und Gangausdauer für die Lebensgestaltung

Es hat sich auch gezeigt, dass das Gehen und die Verbesserung des Gleichgewichts zur Lebensgestaltung nach einem Schlaganfall beitragen. Gerade das Gleichgewicht ist sowohl ein wichtiger Faktor des Gehens als auch, unabhängig davon, ein entscheidender Aspekt in der selbstständigen Lebensführung. Daneben ist die Gangausdauer von Bedeutung, um aktiv am Leben teilzunehmen.

Ist durch einen Schlaganfall oder auch durch andere Erkrankungen das Gehen eingeschränkt, wirkt sich das auf die Lebensführung aus. Es ist beispielsweise nicht immer möglich, Einkäufe selbst zu erledigen, weil man die Ausdauer nicht hat, um 30 Minuten durch einen Supermarkt zu gehen. Oder der Weg zum Arbeitsplatz und Geschäft mit dem Rollstuhl und öffentlichen Verkehrsmitteln ist eingeschränkt. Das erklärt auch, warum die Verbesserung der Gehfähigkeit eines der Hauptziele der Rehabilitation ist, um Betroffene nach einem Schlaganfall auch in der Teilhabe zu stärken bzw.

Gangsicherheit und Integration von Aufgaben

Gerade für den Alltag ist es wichtig, das Gehen mit Aufgaben zu koppeln. Oft ist es so, dass beim Spazierengehen Unterhaltungen geführt werden. Neben der Konzentration auf das Gehen bedeutet dies weitere Anstrengungen. Bei zusätzlichen Aufgaben werden dann vermehrt die Einschränkungen der Gehfähigkeit offensichtlich.

Ein wichtiger Aspekt für Schlaganfall-Betroffene ist die Gangsicherheit. Es zeigte sich, dass das Laufbandtraining nicht das Risiko für unerwünschte Ereignisse erhöht. Natürlich lassen sich nicht immer Stürze und Verletzungen vermeiden, aber es weist nichts darauf hin, dass das Gangtraining das Auftreten erhöht.

Drei Monate nach einem Schlaganfall ist die Gangtherapie auf einem Laufband immer noch effizient und kann die Ganggeschwindigkeit verbessern.

Fazit zur Gangtherapie

Die Gangtherapie ist somit nicht nur einer bestimmten Gruppe von Patientinnen und Patienten vorbehalten. Sie sollte großzügig und im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes eingesetzt werden. Bei einigen Betroffenen sind die Auswirkungen auf die unteren Extremitäten nicht sehr stark ausgeprägt: Mechanisch und muskulös klappt das Gehen dann nach subjektivem Empfinden gut. Hier kann Gangtherapie trotzdem hilfreich sein, um das Gleichgewicht und vor allem die Gangsicherheit zu verbessern. Daneben gibt es nach einem Schlaganfall auch Verläufe, bei denen Betroffene zunächst oder auch längerfristig auf einen Rollstuhl angewiesen sind und nur unter Fremdhilfe wenige Schritte gehen können.

Wichtig ist, sich vor Beginn der Therapie immer den aktuellen Stand klarzumachen und das Befinden zu reflektieren. Es sollten gemeinsam relevante Ziele definiert und konkrete Wege und Hilfestellung von therapeutischer Seite aufgezeigt werden, um diese zu verfolgen. Ohne sich von Rückschritten entmutigen zu lassen, die immer vorkommen können. Realistisch an das Thema Gehen nach dem Schlaganfall heranzugehen, kann verhindern, dass sich innerlich zu viel Druck und Angst aufbaut. Dennoch ist es auch wichtig, auf seinen Körper zu hören, unangenehme Gefühle, Gedanken und Empfindungen wahrzunehmen und seine persönlichen Grenzen zu kennen. Denn nach einem Schlaganfall verändert sich der Körper und auch das Empfinden. Durch gut angeleitetes Selbstmanagement-Training, mit therapeutischer Begleitung und ggf. Gesundheitscoaching, lässt sich ein kompetenter Umgang mit der Schlaganfall-Erkrankung unterstützen, erlernen und entwickeln. Schließlich ist das Empfinden von Selbstwirksamkeit ein wichtiger gesundheitsförderlicher Faktor.

Laufbandtraining und ZNS-Aktivität

Eine Studie belegte, dass das Laufbandtraining auch einen Effekt auf das ZNS hat. Es induzierte messbare Aktivitätsänderungen in Hirnstamm und Kleinhirn.

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