Liebscher & Bracht Übungen bei Nackenverspannungen und eingeklemmten Nerven

Nackenschmerzen und Verspannungen sind heutzutage weit verbreitet. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Fehlhaltungen über Stress bis hin zu Bewegungsmangel. Ein besonderes Augenmerk sollte dem Atlaswirbel geschenkt werden, dem obersten Halswirbel, der eine Schlüsselrolle für die gesamte Körperhaltung spielt. Ist er verschoben oder durch Muskeln eingeengt, kann dies weitreichende Folgen haben.

Die Bedeutung des Atlaswirbels

Der Atlaswirbel, der erste Halswirbel, sitzt zwischen dem Kopf und dem restlichen Körper. Er ist das zentrale Element der Kopfgelenke, die die Beweglichkeit des Kopfes ermöglichen. Dank ihm kann der Kopf gedreht und geneigt werden. Der Atlas ist das Bindeglied zwischen Kopf und übrigem Körper. Dieser kleine Wirbel fungiert als Taktgeber bzw. Wasserwaage unserer Wirbelsäule und seine Stellung beeinflusst viele körperlichen Zustände. Er spielt auch eine wichtige Rolle bezüglich unseres Gesamtwohlbefindens. Wer denkt schon daran, dass ein leicht verschobener oder durch harte Muskeln „eingezwängter“ Atlaswirbel Beschwerden wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Tinnitus, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und sogar Beschwerden des Magen-Darm-Trakts oder Herzrhythmusstörungen auslösen kann? Denn in der Region um den Atlas sitzen eine besondershohe Anzahl von Nerven, Rezeptoren und Nervenkernen. Hier findet man viele Sensoren, die mit den Hirnnerven und anderen Nerven vernetzt sind und wichtige Informationen über Sehen, Hören und Bewegung vermitteln. Anspannungen führen zu Nervenreizungen; ein freier Atlas und wohlgespannte Muskeln zu freien Informationsübertragungen.

Viele Menschen haben Nacken-, Genick- oder Kieferproblemen, wissen aber meist nichts über diesen besonderen Wirbel, dessen Stellung für den menschlichen Körper eine Schlüsselrolle für die gesamte Haltung spielt. Denn als oberster Wirbel der Halswirbelsäulegibt er an, wie sich die weiteren Wirbel bis zum Steißbein halten. Wird er z.B. durchverkürzte Nackenmuskeln in einer Fehlstellung gehalten, wird diese Fehlstellung in einer Kettenreaktion an die nächsten Wirbel und Muskeln weitergegeben. Da unser Körper stets nach Balance strebt, wird ein schiefer Atlaswirbel durch einen Wirbel ausgeglichen, der sichdafür ebenfalls in Schräglage begeben muss. Ist das oberste Kopfgelenk verschoben oder blockiert, wirkt sich dies bis zum Becken und zum Iliosakralgelenk (ISG) aus. Aber auch die Kiefergelenke reagieren auf die Stellung des Atlaswirbels und umgekehrt gilt dasselbe. Man spricht deshalb auch vom „Atlas-Kiefer-Syndrom“.

Ein fein ausbalancierter Atlaswirbel gibt die Balance an das gesamte Skelett weiter. Man kann ihn als eine Art Wasserwaage für unsere Körperstatik ansehen. An ihm hängt und orientiert sich die gesamte Wirbelsäule.

Ursachen von Schmerzen im Atlasbereich

Mehr denn je klagen Menschen in jedem Alter über Schmerzen in der oberen Körperregion. Viele fragen sich, woher die Schmerzen kommen. Am häufigsten entstehen sie durch verspannte Muskeln und Faszien im Nacken- und Genickbereich. Diese entstehen wiederum durch Fehlhaltungen, an die wir uns über Jahrehinweg gewöhnt haben. Dauersitzen in Verbindung mit vorgebeugtem und nach vornegeschobenem Kopf ist eine Hauptursache hierfür. Aber auch Stress und innere Anspannungbewirken Muskelverhärtungen in diesen Bereichen.

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Liebscher & Bracht Übungen: Ein ganzheitlicher Ansatz

Die Liebscher & Bracht Übungen® zielen darauf ab, die Muskeln und Faszien rund um den Atlaswirbel zu entspannen und die Körperstatik wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Sie setzen sich aus Übungen für die Atlas- und Nackenmuskeln und deren Gelenke zusammen. Mit den Übungen wird der Stoffwechsel angeregt und die Durchblutung gefördert, wird der Körper gedehnt und kann sich entspannen, werden die Bereiche akupressiert, massiert aber auch gekräftigt, werden die kleinen Kopfgelenke und die Halswirbelgelenke mobilisiert. Die Durchblutung in verhärteten Muskeln anzuregen ist Voraussetzung, dass Mobilisations-, Dehnungs- und Kräftigungsübungen gut wirken können.

Dehnungs- und Entspannungsübungen

Dehnungs- und Entspannungsübungen haben viele Vorteile, um verkürzte Muskelfasern und verhärtetes Fasziengewebe wiederweicher und elastischer zu machen:

  • Kompensierung von Muskelverkürzungen
  • Verbesserung des Bewegungsumfangs
  • Verbesserung der Elastizität von Muskeln, Sehnen und Bändern
  • Durchblutungssteigerung

Akupressur-, Massage- und Faszienübungen

Fehlhaltungen, Stress und dauerhaft überlasteten Muskeln verkürzen und können zuschmerzhaften Muskelverhärtungen führen, denn verspannte Muskeln bilden kleine Muskelknötchen, die unter Druck mit Schmerzen reagieren. Diese zu behandeln ist ein sehr wichtiger Teil, um Schmerzen im Genick-, Nacken- und auch Kieferbereich aufzulösen. Durch Massage- und Akupressurübungen können Muskelverhärtungen vermindert und aufgelöst werden. Spezielle Übungen mit einem Faszien- oder Tennis- oder kleinen Noppenball bewirkenebenfalls eine Linderung von Muskelverhärtungen, lösen verklebte Faszien und regen die Durchblutung an.

Kräftigungsübungen für die Nackenmuskeln

Eine kräftige Nackenmuskulatur entlastet die Halswirbelsäule. Kräftige Muskelnverspannen und verhärten nicht so leicht und schnell wie schwache. Verkürzte verhärteteMuskeln weisen eine verringerte Dehnfähigkeit und reduzierte Kraftentwicklung auf. Deshalbgilt die Regel: Zuerst lösen, dann kräftigen.

Mobilisationsübungen

Mobilisationsübungen verbessern die Beweglichkeit der Atlas- und Halswirbelgelenke. Die dazugehörigen Muskeln werden zusätzlich aktiviert. Starre Muskel- und Fasziengewebe machen unbeweglich. Dann fällt beispielsweise schlichtes „Kopf drehen“ schwer. Mobilitätsübungen vergrößern den Bewegungsradius wieder und schmieren die Gelenke.

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Praktische Übungen für den Nacken

Faszien-Rollmassage

Starte mit einer Faszien-Rollmassage, um deinen Stoffwechsel in Gang zu bringen und dein Gewebe optimal auf die Dehnübungen vorzubereiten. Nimm dazu die Mini-Rolle aus unserem Faszien-Set zur Hand, beuge deinen Kopf etwas vor und suche den Knochen hinter deinem Ohr. Dort setzt du die Rolle an und rollst am Nackenstrang herunter - immer weiter in Richtung Schulterblatt. Setze die Rolle anschließend auch auf der rechten Seite an und rolle die dortigen Muskelstränge bis zur Schulter herunter ab.

Dehnübungen im Sitzen

  1. Setz dich gerade hin. Winkle deinen linken Arm an und ziehe den linken Ellenbogen und die linke Schulter herunter. Nimm deine rechte Hand über den Kopf und lass die Fingerspitzen ungefähr da ankommen, wo das Ohr aufhört. Drücke jetzt dein Kinn in Richtung Kehlkopf und ziehe den Kopf nach rechts unten. Wenn du die Dehnung intensivieren möchtest, gehst du nach etwa einer Minute kurz in die Gegenspannung: Dazu drückst du deinen Kopf für zehn Sekunden kräftig nach links oben gegen deine Handfläche.
  2. Löse die erste Dehnung anschließend auf und bringe deinen Kopf wieder nach oben. Lasse dazu deine linke Schulter beziehungsweise deinen linken Arm unverändert und den Kopf nun gerade. Greife erneut mit der rechten Hand an die Stelle hinter deinem linken Ohr und ziehe den Kopf nach rechts. Nun solltest du einen deutlichen Dehnungsschmerz an deiner linken Halsseite spüren.
  3. Jetzt ziehst du deinen Kopf gerade nach unten, sodass du dein Kinn gerade in Richtung Brust führst. Die Dehnung spürst du jetzt eher hinten im Nacken.

Kinn-Übung

Lege einen Zeigefinger auf der Stirn ab und einen Zeigefinger auf dem Kinn. Behalte das Doppelkinn und schiebe den Hinterkopf weit zurück.

Dehnung mit Handunterstützung

Greife mit der rechten Hand über den Kopf bis zum linken Ohr. Ziehe dein Kinn zum Kehlkopf. Achte darauf, dass das Kinn weiterhin zum Kehlkopf ausgerichtet ist. Dehne richtig intensiv zwei bis zweieinhalb Minuten. Dann wiederhole die Übung auf der rechten Seite.

Dehnung der Nackenmuskulatur

Setze dich wieder aufrecht hin und greife mit beiden Händen an deinen Hinterkopf. Dein Kinn ziehst du nun mithilfe deiner Arme möglichst weit in Richtung Brust. Im verkürzten Bereich rund um deine Halswirbelsäule solltest du jetzt eine kräftige Dehnung spüren, vielleicht auch ein Brennen. Zum Abschluss richtest du dich auf deinem Stuhl wieder gerade aus und deinem Kopf gönnst du nun die Gegenbewegung zu Schritt eins: Ziehe dafür dein Kinn ein Stück an deinen Körper heran und überstrecke deinen Kopf so weit wie möglich nach hinten, um ihn „in den Nacken zu legen“. Wir empfehlen dir dabei, deinen Kopf mit einer Hand sanft nach hinten zu drücken.

Übung mit der Mini-Kugel

Nimm dir unsere Mini-Kugel zur Hand. Jetzt suche an deinem Hinterkopf den Punkt, an dem der Schädelknochen aufhört. Dort setzt du die Mini-Kugel an und rollst ein bisschen nach rechts und links. Gleichzeitig ziehst du den Kopf nach vorne. Damit kommst du zwar nicht direkt an den Atlas, aber du entspannst die Muskeln in seiner Umgebung.

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Dehnung in Rückenlage

Legen Sie sich mit aufgestellten Beinen auf den Rücken und lagern Sie den Kopf auf einem weichen Redondo Ball. Die Arme liegen entspannt neben dem Körper und der Atem fließt frei und natürlich. Breiten Sie nun die Arme seitlich im rechten Winkel aus und kippen Sie beide Knie zurrechten Seite. Der Kopf wird nach links gedreht. Die Knie werden vom Boden wie von einemMagneten angezogen, der Kopf ist weit gedreht. Bleiben Sie in dieser gedrehten Dehnposition 20-30 Sekunden oder länger und lassen Sie den Atem zur gesamten Wirbelsäulehin fließen. Kommen Sie mit den Knien wieder zurück in die aufgestellte Position und spüren Sienach.

Steißbein bis Atlas dehnen

Legen Sie sich mit aufgestellten Beinen auf den Rücken und lagern Sie den Kopf auf einem weichen Redondo Ball. Die Arme liegen entspannt neben dem Körper und der Atem fließt frei und natürlich. Machen Sie den Nacken und die gesamte Wirbelsäule lang. Atmen Sie indieser entspannten Position ein. Atmen Sie dann langsam durch den Mund aus, indem Sie die Luft durch die weich geöffneten Lippen ausströmen lassen. Dabei drücken Sie die Fersen in den Boden, heben Arme und Kopf ein wenig an und spannen Bauch- und Beckenbodenmuskeln an (Nabel nach innen, Schambein nach oben ziehen). Das Kinn leicht ranziehen und dadurch die tiefen Halsbeugemuskeln anspannen. Die Fingerspitzen und Schultern ziehen dabei in Richtung Fersen. Einatmend wieder locker in die Ausgangsposition zurückkehren.

Variante: Bleiben Sie in der angehobenen Position 2-4 Atemzüge. Dann entspannt zurückliegen und nachspüren.

Was Sie vor den Übungen beachten sollten

  • Im Stehen oder Sitzen immer aus einer aufrechten Haltung heraus üben. Jegleichmäßiger die Kontaktflächen zwischen Atlaswirbel und Kopf aufeinanderliegen, umso besser.
  • Beginnen Sie jede Halswirbelsäulenbewegung mit einer Verlängerung des Nackens.
  • Beim Beugen der Halswirbelsäule immer „in die Länge beugen“ (zuerst Nackenlängen).
  • Achten Sie auf die gesamte Wirbelsäule. Im Stand sind die Füße mit dem Bodenverankert, im Sitzen die Sitzbeinknochen mit der Sitzfläche.
  • Im Liegen darauf achten, dass das Kinn nicht nach hinten oben zeigt, sondernsich eher sanft in Richtung Brustkorb neigt.
  • Wiederholen Sie die Übungen so oft es Ihnen guttut. In der Regel sind 4-8 Wiederholungen angebracht, aber auch 2-4 zeigen schon Wirkung.
  • Achten Sie auf die wichtigen Nachspürphasen und lassen Sie den Atem gelöstfließen, auch wenn Sie sich sehr auf eine Übung konzentrieren.
  • Um den Auflagedruck des Kopfes auf den obersten Halswirbel zu verringern, sollten Sie sehr häufig und auch vor vielen Mobilisations- und Kräftigungsübungen Muskeln und Faszien im Nackenbereich entspannen, z.B. durch Massage, Akupressur oder(Faszien-)Bälle, oder auch lösen.

Entspannung ist der Schlüssel

Beenden Sie jedes Übungsprogramm mit einer Entspannungs- und Nachspürphase im Sitzen oder in der bequemen Rückenlage. Entspannung ist die Voraussetzung, um Anspannungen in Muskeln zu lösen. In jeder Stresssituation, auch wenn dies nur Gedanken oder Vorstellungen sind, erhöht sich unwillkürlich die Muskelspannung; meistens geschieht dies unbewusst. Zähneknirschen und Kieferpressen gelten als „Notnagel oder Notausgang des Nervensystems“. Häufig werden sogar nachts beim Zähneknirschen die Sorgen, Probleme „durchmahlen“ und „durchkaut“. Die Nackenmuskeln müssen dagegenhalten und verspannen ebenfalls. Der Körper bewertet angespannte Kiefer- und Nackenmuskeln immer als Alarmsignal, das eine Schutz- bzw. Anspannungssituation im ganzen Körper auslöst. Der Steinzeitmensch fletschte die Zähne, wenn er einem Feind gegenüberstand. Daraufhin wurde eine Alarmrektion im gesamten Körper ausgelöst. Angespannte Kiefer- und Nackenmuskelnlösen dies immer noch aus, Stresshormone werden aktiviert. Deshalb ist Entspannung so wichtig. Nur so kann die uralte Stressreaktion in unserem Gehirn umprogrammiert werden und Muskelanspannungen können dauerhaft gelöst werden.

Normalerweise sollten sich Spannung und Entspannung die Waage halten. Jedoch häufen sich in unserem Alltag die Anspannungsphasen, während die Entspannungszeiten viel zu kurz kommen. Es ist am Anfang nicht ganz einfach, die verspannten Muskeln wieder loszulassen. Wir müssen Entspannung erst wieder lernen.

Zusätzliche Tipps für einen gesunden Nacken

  • Ergonomie am Arbeitsplatz: Ein ergonomisch eingerichteter Arbeitsplatz kann neben den Übungen dabei unterstützen, Nackenschmerzen zu reduzieren. Achte darauf, dass dein Monitor auf Augenhöhe ist und dein Stuhl so eingestellt ist, dass er deinen unteren Rücken gut unterstützt.
  • Regelmäßige Bewegungspausen: Langes Sitzen kann zu Verspannungen führen. Deshalb ist es wichtig, regelmäßige Pausen einzulegen, um dich zu bewegen und zu dehnen. Stehe alle 30 bis 60 Minuten auf, gehe ein paar Schritte und mache leichte Dehnübungen für Nacken und Schultern. Diese Pausen können helfen, die Durchblutung zu verbessern und Verspannungen zu reduzieren.

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