Die Alzheimer-Demenz betrifft viele ältere Menschen und stellt eine große Herausforderung für Betroffene und ihre Familien dar. Während bereits entstandene Schädigungen des Gehirns irreversibel sind, konzentriert sich die Forschung auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Prof. Dr. Elmar Gräßel vom Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) widmet sich der Untersuchung, wie sich kognitive Anwendungen und medikamentfreie Therapien auf den Verlauf der Krankheit auswirken.
Einführung in die MAKS-Therapie
Prof. Dr. Elmar Gräßel entwickelte die sogenannte MAKS-Therapie (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv, sozial), ein Fördertraining für Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz. Die MAKS®-Therapie hat sich bereits in zwei großen randomisiert-kontrollierten Studien bei Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz als wirksam erwiesen. Sowohl in Pflegeheimen als auch in Tagespflege-Einrichtungen zeigte die MAKS®-Therapie signifikant positive Auswirkungen auf die kognitiven (geistigen) sowie die alltagspraktischen Fähigkeiten von Menschen mit Demenz. Die MAKS-Therapie ist eine nicht-medikamentöse Behandlungsform, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz zugeschnitten ist.
Was ist die MAKS-Therapie?
Die MAKS®-Therapie ist eine multimodale, psychosoziale Gruppentherapie für Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, leichter oder mittelschwerer Demenz. Sie besteht aus vier Komponenten, die täglich in gleichbleibender Reihenfolge eine etwa zweistündige Interventionseinheit bilden. Die Gruppentherapie ist manualisiert.
Die MAKS®-Therapie ist eine aus vier Komponenten bestehende Gruppentherapie für bis zu 12 Teilnehmende:
- Motorische Bewegungsübungen (M): Fördert die körperliche Mobilität durch gezielte Bewegungsübungen. Beispiele hierfür sind Kegeln oder Balanceübungen. Leichte Sitzgymnastik und Bewegungsgeschichten, bei denen die Teilnehmer Bewegungen nachahmen müssen, sorgen für die Beweglichkeit der Gelenke. Darunter zählen zum Beispiel Bewegungsspiele, wie einfache Ballspiele, um die Hand-Augen-Koordination zu fördern.
- Alltagspraktische Aktivitäten (A): Stärkt die praktischen Fähigkeiten durch Aktivitäten wie Kochen und handwerkliche Tätigkeiten. Beispiele hierfür sind Basteln oder einfache Speisen zubereiten. Die abschließende circa 40-minütige alltagspraktische Aktivierung (umfasst auch Haushalts- oder Handwerkstätigkeit) fördert Grob- und Feinmotorik, Beweglichkeit sowie insbesondere das prozedurale Gedächtnis.
- Kognitive Übungen (K): Unterstützt die geistige Fitness durch Denkaufgaben und kognitive Übungen. Beispiele hierfür sind Memory oder Bilderpuzzles. In der folgenden circa 30-minütigen sensomotorischen Aktivierung werden mit Lockerungsübungen, Bewegungsspielen sowie verschiedenen Spiel- und Sportarten die allgemeine Beweglichkeit, die Grob- und Feinmotorik, das Gleichgewicht sowie die Sinneswahrnehmung geübt. Nach einer Pause schließt sich die kognitive Aktivierung an, in der circa 30 Minuten lang zum Beispiel das Merken, Wiedererkennen, Assoziieren sowie spezielle kognitive Fähigkeiten wie Sprachverständnis und logisches Denken durch Beamer- oder Papier-und-Bleistift-Übungen gefördert werden. Zu diesen Aufgaben gehören das Gedächtnistraining oder das Rätsel raten, wie Kreuzworträtsel oder Wortfindungsspiele.
- Sozial-kommunikative Einstimmung (S): Baut soziale Verbindungen auf und pflegt sie durch gemeinsame Rituale und Aktivitäten. Die tägliche Einheit beginnt mit einer circa 10-minütigen sozialen Einstimmung (zum Beispiel Begrüßungsrunde). Unter gemeinsame Ritualen versteht man zum Beispiel das gemeinsame Beginnen oder Beenden einer Therapieeinheit mit einer einheitlichen Begrüßung oder Verabschiedung.
Die Umsetzung erfolgt durch zwei geschulte MAKS®-Therapeut*innen auf Basis eines digitalen Handbuchs.
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Die DeTaMAKS-Studie
Die Studie „DeTaMAKS“ (Demenz-Tagespflege-MAKS) hatte das Ziel, die folgende Forschungshypothese zu prüfen: Die MAKS-Therapie führt in der Tagespflege zu einem signifikant besseren Verlauf der alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten der Menschen mit MCI oder Demenz im Vergleich zur „üblichen Versorgung“ in der Kontrollgruppe.
Studiendesign und -methoden
Zur Überprüfung der Forschungshypothese wurde eine clusterrandomisierte kontrollierte, multizentrische, prospektive Verlaufsstudie im Warte-Kontrollgruppen-Design im Zeitraum vom 1. April 2015 bis 31. März 2017 durchgeführt. Primäre Zielparameter waren die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten der Menschen mit MCI oder Demenz. Als sekundäre Zielparameter wurden die neuropsychiatrische Symptomatik und das Sozialverhalten erfasst. Alle Elemente der Untersuchung wurden von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg genehmigt.
Zu Studienbeginn konnten 453 Tagespflegegäste in die Studie eingeschlossen werden, wobei die kognitive Beeinträchtigung mithilfe der Mini-Mental Status Examination (MMSE) und des Montreal Cognitive Assesment (MoCA) erfasst wurde. Nach Abschluss der 6-monatigen Interventionsphase umfasste die Auswertungsstichprobe 362 Personen abzüglich der 91 Drop-outs.
Die MAKS-Therapie wurde 6 Monate lang von Montag bis Freitag durchgeführt. An jedem Therapietag nahmen alle Studienteilnehmer, die an diesem Tag die Interventions-TPE besuchten, an der MAKS-Therapie teil.
Ergebnisse der DeTaMAKS-Studie
Nach 6 Monaten waren in der Interventionsgruppe bei den kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten bessere Ergebnisse zu verzeichnen als in der Kontrollgruppe. In beiden Regressionsgleichungen erwies sich die Variable Gruppenzugehörigkeit (Interventions- versus Kontrollgruppe) als signifikanter Prädiktor für den Wert der jeweiligen Zielgröße nach 6 Monaten (p = 0,012 für MMSE; p = 0,012 für ETAM). Die pharmakologische Behandlung des Demenzsyndroms (Antidementivagabe ja/nein), die nichtpharmakologische Therapiedosis (Besuchshäufigkeit in der Tagespflege) und die Veränderung der depressiven Symptomatik (Depressivität verbessert ja/nein) hatten auf beide Zielgrößen keinen statistisch signifikanten Einfluss.
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Die Betrachtung der jeweiligen Mittelwerte zeigt, dass die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten in der Interventionsgruppe konstant blieben, wohingegen sich die Mittelwerte in der Kontrollgruppe verschlechterten.
Diskussion der Studienergebnisse
Die Ergebnisse zeigen eine Stabilisierung der kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten in der Gruppe mit der manualisierten, 6-monatigen MAKS-Intervention. In der Vergleichsgruppe war eine Abnahme von einem MMSE-Punkt binnen 6 Monaten zu beobachten. Die MAKS-Therapie ist wie alle nichtmedikamentösen Therapieansätze symptombezogen. Vor diesem Hintergrund ist die MAKS-Therapie in Bezug auf den Zielparameter Kognition als effektiv einzustufen. Dieser Effekt lässt sich bereits in der Subgruppe der Tagespflegegäste mit MCI beobachten.
SinoMAKS-Projekt
Das SinoMAKS-Projekt (Leitung: Prof. Dr. Elmar Gräßel) besteht aus einer aufwendigen kulturspezifischen Anpassung der MAKS®-Therapie („SinoMAKS“) sowie einer randomisiert-kontrollierten SinoMAKS-Studie (wiss. Leiter: Dr. André Kratzer) zur Erforschung der Wirksamkeit. Die Studie wird 2024/2025 in mehreren Pflegeheimen in der chinesischen Großstadt Nanjing und weiteren Stäften in Nordchina durchgeführt werden.
MAKS im Alltag integrieren
Es ist am sinnvollsten, MAKS® am Vormittag zum Beispiel in der Zeit von 9:30 Uhr bis 11:30 Uhr durchzuführen. Dann kann gegen Ende der MAKS®-Zeit ein fließender Übergang zum Mittagessen geschaffen werden, indem zum Beispiel am Ende des alltagspraktischen Moduls (das ja als letztes Modul durchgeführt wird) gemeinsam der Tisch fürs Mittagessen gedeckt wird. Anschließend kann die MAKS®-Gruppe zusammen Mittagessen.
Schulungen zum MAKS®-Therapeuten
Die Schulung soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglichen, den Alltag von Demenzerkrankten sinnvoll zu strukturieren und einen Beitrag zum Erhalt der noch vorhandenen Kompetenzen leisten. Die Schulung baut auf einem von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
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Die Schulungsinhalte der MAKS-m-Therapeuten-Schulung entsprechen den geforderten Inhalten des § 53b des SGB XI. MAKS®-s ist die Weiterentwicklung der MAKS®-m Therapie für Menschen mit schwerer Demenz. Die MAKS®-s Intervention ist speziell an die Bedürfnisse und Voraussetzungen von Menschen mit schwerer Demenz angepasst. Im Rahmen der Schulung werden insbesondere Kompetenzen im Umgang mit veränderten Verhaltensweisen von Menschen mit schwerer Demenz vermittelt. Die Schulungsinhalte der MAKS®-s-Therapeuten-Schulung entsprechen den geforderten Inhalten des § 53b des SGB XI.
ClarCert, verschiedene Pflegekassen oder Bildungsträger bieten bundesweit Schulungen zum MAKS®-m-Therapeuten / zur MAKS®-m-Therapeutin in Präsenz oder als Webinar an.
MAKS®-Therapie während der Corona-Pandemie
Die mir bekannten Informationen zeigen ein klares und leider erschreckendes Bild: Durch die starke Reduktion der sozialen Kontakte, einhergehend mit einem weitgehenden Stopp von fördernden Angeboten - entweder im Einzelkontakt oder in der Gruppe -, hat sich im Durchschnitt eine deutliche Zunahme des kognitiven Abbaus und der gesamten Demenzsymptomatik gezeigt.