Migräne mit Lähmung im Gesicht: Ursachen, Symptome und Behandlung

Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die sich typischerweise in anfallsartigen Kopfschmerzen äußert. Diese Kopfschmerzen sind oft von weiteren Symptomen begleitet, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Ein besonderes Augenmerk gilt der Migräne mit Aura, die in seltenen Fällen mit vorübergehenden Lähmungen, insbesondere im Gesicht, einhergehen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten dieser speziellen Form der Migräne.

Was ist Migräne?

Migräne ist durch wiederkehrende Kopfschmerzen gekennzeichnet, die in unregelmäßigen Abständen auftreten. Die Schmerzen sind meist einseitig und stärker als herkömmliche Kopfschmerzen. In Deutschland sind etwa zwölf bis 14 Prozent der Frauen und sechs bis acht Prozent der Männer betroffen. Auch Kinder können bereits unter Migräneattacken leiden. Der erste Anfall tritt bei Frauen meist zwischen dem zwölften und 16. Lebensjahr auf, bei Männern zwischen dem 16. und 20. Lebensjahr. Die Häufigkeit und Schwere der Attacken nehmen oft zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr zu, bevor sie ab dem 55. Lebensjahr tendenziell abnehmen.

Formen der Migräne

Es gibt verschiedene Formen von Migräne, darunter:

  • Einfache Migräne (Migräne ohne Aura): Die häufigste Form, gekennzeichnet durch Kopfschmerzen ohne neurologische Begleiterscheinungen.
  • Klassische Migräne (Migräne mit Aura): Kopfschmerzen, die von neurologischen Symptomen, der sogenannten Aura, begleitet werden.
  • Komplizierte Migräne (Migraine accompagnée): Eine Form mit lang anhaltenden neurologischen Störungen.

Zusätzlich gibt es Unterformen wie:

  • Migräne der Augen (okuläre Migräne): Sehstörungen wie Flimmern oder Sehverlust, oft ohne Kopfschmerzen.
  • Menstruelle Migräne: Migräne, die im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus auftritt.
  • Abdominelle Migräne: Hauptsächlich bei Kindern, mit Bauchschmerzen und Übelkeit ohne Kopfschmerzen.
  • Hemiplegische Migräne: Eine seltene Form, die vorübergehende Lähmungen auf einer Körperseite verursachen kann.
  • Migräne mit Hirnstammaura (Basilaris-Migräne): Symptome wie Schwindel, Sprachstörungen, Doppelbilder und Bewusstseinsveränderungen.
  • Vestibuläre Migräne: Schwindel und Gleichgewichtsstörungen als Hauptsymptome.

Symptome der Migräne

Die Symptome variieren je nach Migräneform. Typisch für die einfache Migräne sind mäßige bis starke, einseitige Kopfschmerzen, die als pulsierend, pochend oder hämmernd beschrieben werden und sich bei körperlicher Aktivität verstärken.

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  • Migräne ohne Aura: Hohe Empfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen und Gerüchen, Schwindel, Lichtblitze.
  • Migräne mit Aura: Neurologische Defizite, meist Sehstörungen wie Lichtblitze oder Gesichtsfeldausfälle (Aura). Rötungen im Gesicht können ebenfalls auftreten.
  • Komplizierte Migräne: Lange neurologische Störungen, die den Migräneanfall überdauern können. Symptome reichen von Lähmungserscheinungen über Gang- und Sehstörungen bis hin zu Sprachverlust.

Vor einer Attacke können Prodromalsymptome wie Hochstimmungen, Leistungsfähigkeit, Gereiztheit oder depressive Verstimmungen auftreten. Die Aura entwickelt sich meist innerhalb von fünf bis zehn Minuten und dauert 15 bis 30 Minuten. Sie äußert sich durch Sehstörungen, Schwäche, Schwindel, Taubheit, Kribbeln oder Gangunsicherheit.

Migräne mit Lähmung im Gesicht (Hemiplegische Migräne)

Die hemiplegische Migräne ist eine seltene und schwere Form der Migräne, die mit vorübergehenden Lähmungen auf einer Körperseite (Hemiplegie) einhergeht. Diese Lähmungen können auch das Gesicht betreffen und zu einer vorübergehenden Gesichtslähmung führen.

Symptome der hemiplegischen Migräne

Zusätzlich zu den typischen Migränesymptomen wie Kopfschmerzen und Aura treten bei der hemiplegischen Migräne folgende Symptome auf:

  • Vorübergehende Lähmung einer Körperseite: Dies kann Arm, Bein und/oder Gesicht betreffen.
  • Schwächegefühl: Ein allgemeines Gefühl von Kraftlosigkeit.
  • Sensibilitätsstörungen: Kribbeln, Taubheitsgefühl oder andere Missempfindungen.
  • Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
  • Sehstörungen: Flimmern, Lichtblitze oder Gesichtsfeldausfälle.

Die Symptome entwickeln sich üblicherweise graduell über 5-20 Minuten und dauern in den meisten Fällen nicht länger als 60 Minuten. In einigen Fällen können die neurologischen Ausfälle jedoch bis zu 72 Stunden andauern.

Ursachen der hemiplegischen Migräne

Die Ursachen der hemiplegischen Migräne sind komplex und nicht vollständig geklärt. Es wird zwischen zwei Formen unterschieden:

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  • Familiäre hemiplegische Migräne (FHM): Diese Form ist erblich bedingt und wird durch Mutationen in bestimmten Genen verursacht. Die häufigsten Mutationen betreffen die Gene CACNA1A, ATP1A2 und SCN1A.
  • Sporadische hemiplegische Migräne (SHM): Diese Form tritt ohne familiäre Vorbelastung auf. Die Ursachen sind in vielen Fällen unbekannt, es können jedoch auch hier Mutationen in den genannten Genen vorliegen.

Die genetischen Defekte führen zu einer Störung der neuronalen Erregbarkeit im Gehirn, was die Entstehung der Migräneattacken mit Lähmungserscheinungen begünstigt.

Diagnose der hemiplegischen Migräne

Die Diagnose der hemiplegischen Migräne basiert auf den klinischen Symptomen und der Familienanamnese. Wichtig ist, andere Ursachen für die Lähmungserscheinungen auszuschließen, wie beispielsweise einen Schlaganfall. Hierzu werden in der Regel bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt.

Bei Verdacht auf eine familiäre hemiplegische Migräne kann eine genetische Untersuchung durchgeführt werden, um die verantwortliche Mutation zu identifizieren.

Behandlung der hemiplegischen Migräne

Die Behandlung der hemiplegischen Migräne zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Häufigkeit der Attacken zu reduzieren.

  • Akutbehandlung: Während einer akuten Attacke können Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen eingesetzt werden. Triptane sollten bei Migräne mit Aura erst nach Abklingen der Aura-Symptome eingenommen werden. In schweren Fällen können auch Kortikosteroide verabreicht werden.
  • Prophylaxe: Um die Häufigkeit der Attacken zu reduzieren, können verschiedene Medikamente eingesetzt werden, wie beispielsweise Betablocker, Kalziumkanalblocker, Antidepressiva oder Antiepileptika. Auch die Vermeidung von Triggern, wie Stress, Schlafmangel oder bestimmte Nahrungsmittel, kann helfen.

Allgemeine Migräneauslöser (Trigger)

Bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung können verschiedene Faktoren Migräne auslösen:

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  • Schlafmangel oder -überschuss
  • Hunger oder Unterzuckerung
  • Hormonelle Veränderungen (z.B. während des Zyklus oder bei Einnahme der Anti-Baby-Pille)
  • Körperlicher oder psychischer Stress
  • Bestimmte Nahrungsmittel (Schokolade, Käse, Zitrusfrüchte, Alkohol)
  • Licht, Geräusche oder Gerüche
  • Wetterveränderungen
  • Starke Emotionen
  • Bestimmte Medikamente
  • Rauchen

Behandlungsmöglichkeiten der Migräne

Auch wenn Migräne nicht heilbar ist, gibt es effektive Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome zu lindern und die Häufigkeit der Anfälle zu reduzieren. Es wird zwischen Akutmedikation und Rückfallprophylaxe unterschieden.

Akutmedikation

  • Antiemetika: Gegen Übelkeit und Erbrechen.
  • Analgetika: Gegen Schmerzen.
  • Triptane: Spezifische Migränemittel, die die Botenstoffe im Gehirn beeinflussen. Sollten erst nach Abklingen der Aura eingenommen werden.
  • Cortison: Kann in schweren Fällen eingesetzt werden.

Rückfallprophylaxe

  • Medikamente: Betablocker, Flunarizin, Antiepileptika oder Topiramat.
  • Verhaltensänderungen: Regelmäßiger Schlafrhythmus, feste Mahlzeiten, Vermeidung von Triggern.
  • Psychotherapeutische Verfahren: Verhaltenstherapie, Entspannungsübungen.
  • Ausdauersport: Regelmäßige körperliche Aktivität.
  • Akupunktur: Kann in einigen Fällen helfen.

Nicht-medikamentöse Maßnahmen

  • Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR): Entspannungstechnik, bei der Muskelgruppen gezielt an- und entspannt werden.
  • Kognitiv-behaviorales Schmerzbewältigungstraining (Stressmanagement): Strategien zur Stressbewältigung entwickeln.
  • Biofeedback-Therapie: Biologische Signale bewusst wahrnehmen und beeinflussen lernen.

Fazialisparese (Gesichtslähmung)

Eine Fazialisparese ist eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur, die durch eine Schädigung des Gesichtsnervs (Nervus facialis) verursacht wird. Es gibt zwei Arten:

  • Zentrale Fazialisparese: Schädigung der Nervenbahnen im Gehirn, z.B. durch einen Schlaganfall.
  • Periphere Fazialisparese: Schädigung des Gesichtsnervs außerhalb des Gehirns.

Symptome der Fazialisparese

  • Einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur: Herabhängender Mundwinkel, eingeschränktes Lächeln, Schwierigkeiten beim Sprechen, Essen und Trinken.
  • Missempfindungen im Gesicht: Taubheitsgefühl.
  • Schmerzen im und um das Ohr:
  • Beeinträchtigung der Stirnmuskulatur (Stirnrunzeln) und des Lidschlusses: Bei der peripheren Fazialisparese.
  • Geschmackstörungen, erhöhte Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis), Trockenheit von Mund und Augen: Bei der peripheren Fazialisparese.

Ursachen der Fazialisparese

  • Periphere Fazialisparese:
    • Idiopathisch (Ursache unbekannt)
    • Entzündlich bedingt (Borreliose, Gürtelrose, Herpes simplex, HIV, Zytomegalievirus, Mumps)
    • Unfallbedingt (Bruch des Felsenbeins)
    • Medikamente (Ciclosporin A)
    • Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Tumore
  • Zentrale Fazialisparese:
    • Schlaganfall
    • Hirntumor
    • Multiple Sklerose

Diagnose der Fazialisparese

  • Körperliche und neurologische Untersuchung
  • Blutuntersuchung (auf Erreger)
  • Elektrophysiologische Untersuchungen des Gesichtsnervs (Fazialisneurografie)
  • Untersuchung des Nervenwassers (Lumbalpunktion)
  • Bildgebende Untersuchungen (CT, MRT)

Behandlung der Fazialisparese

  • Idiopathische Fazialisparese: Kortison-Präparate (Glukokortikoide).
  • Symptomatische Fazialisparese: Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Antibiotika bei Borreliose, Virustatika bei Gürtelrose).
  • Supportive Therapie: Schutz der Hornhaut (Tränenersatzmittel, Augensalben, Uhrglasverbände), Krankengymnastik.

Zusammenhänge zwischen Migräne und anderen Erkrankungen

Es gibt Hinweise darauf, dass Migräne mit anderen Erkrankungen zusammenhängen kann:

  • Depressionen: Erhöhtes Risiko für Depressionen bei Migränepatienten.
  • Angststörungen: Häufiges Auftreten von Angststörungen bei Migränepatienten.
  • Schlaganfall: Erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Migräne mit Aura.
  • Epilepsie: Erhöhtes Risiko für Epilepsie bei Migränepatienten.
  • Herzerkrankungen: Erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen bei Migränepatienten.
  • Asthma: Häufiges Zusammenauftreten von Asthma und Migräne.
  • Fettleibigkeit: Übergewicht kann Migräne verschlimmern oder auslösen.
  • Reizdarmsyndrom: Häufiges Zusammenauftreten von Migräne und Reizdarmsyndrom.
  • Bellsche Lähmung: Erhöhtes Risiko für die Bellsche Lähmung bei Migränepatienten.

Die Rolle der Kliniken der St. Augustinus Gruppe

Die Kliniken der St. Augustinus Gruppe bieten eine umfassende Behandlung für Migräne an. Erfahrene Ärztinnen und Ärzte im Fachbereich Neurologie gehen auf die individuelle Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten ein und erstellen auf Basis einer ausführlichen Diagnose die passende Therapie.

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