Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Multipler Sklerose (MS). Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Multipler Sklerose sind vielfältig und umfassen den Verzicht auf rotes Fleisch, die Reduzierung von Salz und die Bevorzugung "gesunder" Fettsäuren. Eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass es ratsam sein könnte, den Konsum von Milch zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren.
Was ist Milch?
Milch wurde jahrzehntelang als gesund angepriesen. Sie enthält Eiweiße, Vitamine und Mineralstoffe wie Kalzium. Andererseits hat Milch eine schlechte Ökobilanz und die genannten Nährstoffe können auch aus anderen Quellen bezogen werden.
Aktuelle Studienergebnisse: Milch und Autoimmunerkrankungen
Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass ein hoher Milchkonsum negative Auswirkungen auf Autoimmunerkrankungen haben und diese möglicherweise sogar auslösen kann. Eine Forschungsgruppe um Stefanie Kürten von der Universität Bonn injizierte Milchproteine in Mäuse.
Auswirkungen von Casein auf das Nervensystem
Nach der Injektion von Milchproteinen, insbesondere Casein, zeigten die Versuchstiere milde neurologische Symptome und Veränderungen an der Myelinscheide. Die Myelinscheide wird bei MS von Immunzellen angegriffen. Bei den Mäusen waren jedoch keine Immunzellen an den geschädigten Stellen vorhanden, was die Forscher zu der Annahme veranlasste, dass Antikörper für die Myelinschäden verantwortlich sind.
Kreuzreaktivität zwischen Casein und Myelin
Die Studie ergab eine Kreuzreaktivität zwischen Casein und den Eiweißmolekülen in der Myelinscheide. Das bedeutet, dass sich Casein und Myelin ähneln und der Körper fälschlicherweise das körpereigene Gewebe angreift. Dies ist ein typischer Mechanismus bei Autoimmunerkrankungen. Im Blutserum von MS-Patienten wurde ebenfalls eine deutliche Reaktion auf Casein festgestellt.
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Die Rolle des Darms bei Multipler Sklerose
Es wird vermutet, dass das Darmmikrobiom eine wichtige Rolle bei MS spielt. Studien mit keimfrei aufgezogenen Mäusen, die keine MS-ähnlichen Erkrankungen entwickelten, untermauern diese Hypothese. Sobald die Mäuse mit Mikroben besiedelt wurden, erkrankten sie. Auch Zwillingsstudien deuten darauf hin, dass MS-Erkrankte ein anderes Mikrobiom haben als ihre gesunden Geschwister. Eine gestörte Darmflora (Dysbiose) kann die Darmbarriere schädigen, was zu Entzündungen führt. Enzephalitogene T-Zellen können aus dem Darm ins Gehirn gelangen und dort Entzündungen verstärken. Das darmeigene Nervensystem (ENS) wird bei MS-Patienten ebenfalls frühzeitig geschädigt.
Milchbestandteile und ihre mögliche Rolle bei MS
Die Ernährung, insbesondere der Milchkonsum, könnte die Darm-Hirn-Achse beeinflussen. Länder mit hohem Milchkonsum weisen eine höhere MS-Prävalenz auf. Studien haben gezeigt, dass Proteine wie Casein und β-Lactoglobulin eine Rolle spielen könnten. Mäuse, die mit Casein immunisiert wurden, entwickelten Antikörper, die ins Rückenmark eindrangen und Schäden verursachten. MS-Patienten haben höhere Anti-Casein-Antikörpertiter als Gesunde. Neben Casein könnten auch andere Milchbestandteile wie Ganglioside oder Xanthinoxidase eine Rolle spielen. Xanthinoxidase kann oxidativen Stress auslösen, der Zellverbindungen stört und T-Zellen aktiviert. Auch der Gehalt an gesättigten Fetten in der Milch könnte relevant sein, da der Konsum von gesättigten Fetten und das Auftreten von MS positiv korreliert sind.
Was bedeutet das für den Milchkonsum?
Sollte man nun auf Milchprodukte verzichten? Einzelne Betroffene berichten von einer Verschlechterung ihrer Symptome nach Milchgenuss. Dies mag jedoch nur für eine Untergruppe von MS-Betroffenen gelten, die möglicherweise an einer Casein-Allergie leiden. Die Studie bezieht sich ausschließlich auf Milch und nicht auf alle Milchprodukte, obwohl Käse hauptsächlich aus Casein besteht. Wer bisher keine Verschlechterung der Symptome nach dem Konsum von Milch oder Milchprodukten festgestellt hat, kann weiterhin in moderatem Maß Milch trinken oder Joghurt und Käse essen. Alternativ kann man für einige Tage Milchersatzprodukte wie Haferdrink ausprobieren, um zu sehen, ob sich die Symptome verbessern.
Frühere Forschungsergebnisse und Kontroversen
Es gab bereits Diskussionen darüber, ob Milchprodukte das Risiko für Multiple Sklerose (MS) erhöhen könnten. Eine australische Fall-Kontroll-Studie aus den Jahren 2003 bis 2006 mit 272 Personen mit einem ersten demyelinisierenden Ereignis und 519 Kontrollen fand jedoch keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Gesamtkonsum von Milchprodukten und ersten demyelinisierenden Ereignissen.
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