Multiple Sklerose: Bewegung und Übungen für mehr Lebensqualität

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich bei jedem Betroffenen anders äußert. Die Symptome sind vielfältig und können Muskelkraft, Koordination, Gleichgewicht und die allgemeine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Lange Zeit wurde Menschen mit MS von körperlicher Aktivität abgeraten, doch diese Sichtweise hat sich grundlegend geändert. Heute ist bekannt, dass gezielte Bewegung und Sport eine wichtige Rolle bei der Linderung von Beschwerden und der Verbesserung der Lebensqualität spielen können.

Die Vorteile von Bewegung bei MS

Sport und Bewegung können Menschen mit MS aus ihrer Isolation holen und ihre Gesundheit verbessern. Untersuchungen zeigen, dass Sport nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit steigern, sondern auch das seelische Wohlbefinden fördern kann. Zu den positiven Auswirkungen von Sport bei MS gehören:

  • Verbesserung der Muskelkraft
  • Steigerung der Mobilität
  • Stärkung des Gleichgewichts und der Körperstabilität
  • Förderung des Selbstvertrauens
  • Steigerung der Lebensqualität
  • Linderung von Schwindelgefühl, Gleichgewichts- oder Koordinationsstörungen
  • Verringerung des Risikos von Begleiterkrankungen wie Fettleibigkeit, Herz-Kreislauferkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs, Arthritis, Osteoporose und Depressionen

Es ist wichtig zu betonen, dass die Auswahl der Übungen und Sportarten immer individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen abgestimmt sein sollte.

Allgemeine Empfehlungen für Sport und Bewegung bei MS

Bevor Sie mit einem Trainingsprogramm beginnen, sollten Sie sich von Ihrem Arzt oder Physiotherapeuten beraten lassen. Gemeinsam können Sie einen Trainingsplan erstellen, der auf Ihre spezifischen Bedürfnisse und Symptome zugeschnitten ist. Achten Sie auf Ihre Grenzen, starten Sie langsam und steigern Sie die Intensität allmählich. Vermeiden Sie Überhitzung, tragen Sie atmungsaktive Sportkleidung und trainieren Sie nicht an heißen Tagen oder während eines akuten Schubes. Wärmen Sie sich vor dem Training gut auf und dehnen Sie sich danach ausgiebig, um Versteifungen und Spastiken vorzubeugen.

Spezifische Übungen und Sportarten für Menschen mit MS

Es gibt eine Vielzahl von Übungen und Sportarten, die für Menschen mit MS geeignet sind. Hier sind einige Beispiele:

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Physiotherapie

Regelmäßige physiotherapeutische Behandlung ist ein wichtiger Baustein bei MS. In spezialisierten Praxen oder Reha-Zentren arbeiten Therapeuten mit MS-Patienten an:

  • Gangbild und Gleichgewicht (z.B. mithilfe von Balancetraining, Koordinationsübungen oder Training mit Gehhilfen)
  • Muskelkräftigung (vor allem der Bein- und Rumpfmuskulatur zur Stabilisierung beim Gehen oder Stehen)
  • Dehnübungen zur Linderung von Spastiken und Verspannungen
  • Beweglichkeitsübungen zur Erhaltung der Gelenkfunktion und Vermeidung von Kontrakturen

Wassergymnastik

Wasser ist ein ideales Medium für MS-Patienten. Wassergymnastik stabilisiert die Mobilität und unterstützt das Herz-Kreislauf-System. Sie ist besonders gut geeignet bei spastischen MS-Symptomen, weil der Körper aktiv und passiv bewegt wird.

Yoga, Tai Chi und Qigong

Sanfte Körperübungen wie Yoga, Tai Chi oder Qigong erfreuen sich bei MS-Patienten immer größerer Beliebtheit. Sie stärken das innere Gleichgewicht, erhöhen die Körperwahrnehmung und können MS-Symptome wie Spastik, Depressionen oder Fatigue lindern.

Ergotherapie

Ergotherapie spielt bei MS eine zentrale Rolle - besonders wenn feinmotorische Einschränkungen, Konzentrationsprobleme oder Schwierigkeiten bei alltäglichen Handlungen auftreten. Ergotherapeuten helfen den Betroffenen, ihre Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten oder wiederzuerlangen.

Ausdauertraining

Ausdauertraining wie Laufen, Walken, Schwimmen oder Radfahren kann die Ausdauerleistung langfristig verbessern und die Fatigue reduzieren. Vor allem ein angepasstes Aerobictraining, Walking und Ergometertraining sind hilfreich.

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Krafttraining

Krafttraining im Fitnessstudio oder bei der Wassergymnastik kann dem Abbau der Muskeln - vor allem in den unteren Extremitäten - und der Verringerung der Knochendichte entgegenwirken.

Gleichgewichtstraining

Viele MS-Erkrankte haben Gleichgewichtsstörungen, die eine häufige Sturzursache sind. Regelmäßiges Balancetraining kann die Sturzhäufigkeit signifikant verringern. Eine einfache, aber wirksame Übung ist die Balance-Haltung: Stellen Sie sich in Schrittstellung hin, je breiter Ihre Beine, desto stabiler stehen Sie. Halten Sie diese Position so lange wie möglich.

Outdoor-Sportarten

Outdoor-Sportarten wie Nordic Walking verbessern Bewegungsabläufe, Koordination sowie Lungenfunktion und können Fatigue-Beschwerden lindern. Kanufahren oder Stand-up-Paddling trainieren den ganzen Körper, fördern den Gleichgewichtssinn sowie Bewegungsabläufe.

Reha-Sport

Eine weitere Möglichkeit bietet der Reha-Sport. Dabei wählen besonders ausgebildete Sporttherapeuten gezielt Übungen für jeden einzelnen Teilnehmer aus. Das Ziel ist, Alltagsbeschwerden zu vermindern und krankheitsbedingten Folgeschäden entgegenzuwirken. Die Reha-Sportgruppen werden in der Regel ärztlich betreut.

Tipps für den Trainingsalltag mit MS

  • Sporttagebuch führen: Ein Sporttagebuch kann Ihnen helfen, Zusammenhänge zwischen Ihrem Training und möglichen Leistungsschwankungen zu erkennen. Tragen Sie täglich Ihre Aktivitäten mit Dauer und resultierendem Befinden ein.
  • Belohnungen: Setzen Sie sich konkrete Belohnungen für erreichte Trainingsziele.
  • Moderne Technologien nutzen: Digitale Therapieansätze und Apps können Sie bei der Übungsdurchführung, Dokumentation von Fortschritten und Motivation unterstützen.
  • Hilfsmittel nutzen: Gehstöcke, Rollatoren oder spezielle Badezimmerausstattungen können den Alltag erleichtern und Ihnen mehr Sicherheit geben.
  • E-Bike: Ein E-Bike kann eine fantastische Motivation sein, da die elektrische Unterstützung die Barriere abbaut, einfach loszuradeln.
  • Sportveranstaltungen besuchen: Der Besuch von Sportveranstaltungen kann motivierend wirken.

Fazit

Regelmäßige Bewegung und Sport sind für Menschen mit Multipler Sklerose von großer Bedeutung. Sie können dazu beitragen, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten oder sogar zu verbessern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu steigern. Wichtig ist, dass das Training individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen abgestimmt ist und unter ärztlicher oder physiotherapeutischer Anleitung erfolgt. Mit der richtigen Herangehensweise können Menschen mit MS ein aktives und erfülltes Leben führen.

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Beispiele für einfache Übungen für den Alltag

Hier sind einige Beispiele für einfache Übungen, die Sie gut in Ihren Alltag integrieren können:

  • Übung 1 zu Rumpf- und Beckenrotatoren:
    • Ausgangsstellung: Legen Sie sich auf den Rücken. Beugen Sie die Beine im Hüft­- und Kniegelenk im rechten Winkel an.
    • Ausführung: Schieben Sie ein Bein mit dem Knie zur Decke und halten Sie diese Position fünf Sekunden lang. Danach dasselbe mit dem anderen Knie.
    • Achtung: Die Bewegung aus der Beckendrehung heraus durchführen
    • Wiederholungen: Fünfmal (jedes Bein)
    • Serien: Drei
    • Pausen: Zwischen den Serien wenigstens 30 Sekunden Pause
    • Steigerung: Zunehmend länger in der Endposition bleiben (bis 15 Sek.)
  • Übung 2 zu Rumpf- und Beckenrotatoren:
    • Ausgangsstellung: Legen Sie sich auf eine Seite und winkeln Sie die Beine an. Der obenliegende Arm stützt vor dem Körper, der unten liegende Arm liegt nach vorn gestreckt.
    • Ausführung: Heben Sie das obenliegende, angewinkelte Bein leicht an und führen es weit nach hinten. Anschließend führen Sie das Bein weit nach vorn. Das Becken soll mitgenommen werden. Durch die richtig platzierten Arme bekommen Sie die notwendige Rumpfstabilität.
    • Achtung: Der Oberkörper soll die Bewegung nicht mitmachen
    • Wiederholungen: Fünfmal (jede Seite)
    • Serien: Drei
    • Pausen: Zwischen den Serien wenigstens 30 Sekunden Pause
    • Steigerung: Erhöhung der Wiederholungen
  • Zehenstand: Drücken Sie sich langsam mit den Fersen vom Boden ab, bis Sie auf den Zehen stehen.
  • Wechselseitige Armschere: Im hüftbreiten Stand vor einer Küchenzeile eine Hand auf der Arbeitsplatte, die andere am Schrank.
  • Stehende Liegestütze: Stellen Sie sich vor eine Arbeitsplatte und greifen Sie deren Rand. Beugen Sie Ihre Arme und führen Sie den Oberkörper in Richtung Hände, während Ihre Fersen am Boden bleiben.

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