Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die Gehirn und Rückenmark betrifft. In Deutschland sind etwa 250.000 Menschen an MS erkrankt. Die Erkrankung tritt meist im jungen Erwachsenenalter auf, kann aber auch Kinder oder ältere Erwachsene betreffen. MS ist eine Erkrankung mit tausend Gesichtern, da sie sehr unterschiedliche Symptome verursachen kann.
Viele Menschen, die die Diagnose MS erhalten, fragen sich, wie die Erkrankung ihr Leben beeinflussen wird und welche Einschränkungen die Multiple Sklerose im Alltag mit sich bringen wird. Da die Erkrankung jedoch individuell unterschiedliche Beschwerden verursacht und bei jedem Menschen einen anderen Verlauf nimmt, gibt es keine Standardantwort auf diese Frage.
Symptome der Multiplen Sklerose
MS kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, darunter:
- Gefühlsstörungen
- Lähmungen
- Seh- und Gleichgewichtsstörungen
- Müdigkeit (Fatigue)
- Muskelschwäche
- Verlangsamte Bewegungsabläufe
- Erhöhte Muskelspannung (Spastik)
- Missempfindungen auf der Haut (Ameisenkribbeln, Taubheitsgefühle)
- Körperliche und psychische Erschöpfung
- Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis)
- Unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus)
- Kognitive Beeinträchtigungen (Konzentrations-, Aufmerksamkeits-, Gedächtnisstörungen)
- Depressionen und Angststörungen
Auswirkungen der MS auf den Alltag
Die Symptome der MS können den Alltag der Betroffenen in vielfältiger Weise beeinträchtigen. Einige Beispiele:
- Berufsleben: Viele Menschen mit MS können trotz ihrer Beschwerden über Jahre hinweg produktiv arbeiten. Manchmal schränkt die MS die körperliche Leistungsfähigkeit aber auch so weit ein, dass es für die Betroffenen nur noch teilweise oder gar nicht mehr möglich ist, ihren ursprünglichen Beruf auszuüben. Neben körperlicher Behinderung sind Fatigue und Konzentrationsstörungen häufige Gründe, warum Menschen mit MS vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden.
- Reisen: Auch wenn Sie Multiple Sklerose haben, müssen Sie nicht auf Reisen verzichten. Wichtig ist aber, dass die Reise nicht mehr Belastung als Erholung bringt. Denn manche Dinge sind mit MS anstrengender, als es im Vorfeld den Anschein hat. Das gilt etwa für mehrstündige Sprachkurse an aufeinander folgenden Tagen oder ausgedehnte Stadt-Besichtigungen.
- Kognitive Fähigkeiten: Neben den körperlichen Beschwerden kann sich die Multiple Sklerose (MS) auch auf Konzentration, Aufmerksamkeit, Orientierung und Gedächtnis auswirken. Diese Art von Netzwerkstörung führt dazu, dass komplexere kognitive Fähigkeiten etwas langsamer ablaufen, als man es bei einem gesunden Menschen gewohnt ist.
- Psychische Gesundheit: Die Diagnose einer chronischen Erkrankung ist für die meisten Betroffenen ein Schock. Die Einschränkungen im gewohnten Lebensalltag, in Partnerschaft, Familie und Beruf werden als schwierig und bedrohlich erlebt. Bei Menschen mit MS kommt es schon in frühen Phasen zu entzündlichen Läsionen, in deren Folge verschiedene psychische Probleme auftreten können, wie ein geringes Selbstwertgefühl, Angststörungen oder depressive Stimmungen.
Umgang mit Einschränkungen im Alltag
Trotz der vielfältigen Einschränkungen, die MS mit sich bringen kann, ist ein aktives und selbstbestimmtes Leben möglich. Es gibt verschiedene Strategien, die Betroffenen helfen können, ihren Alltag besser zu bewältigen:
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Offener Umgang mit der Erkrankung
Wenn Sie in einer verständnisvollen Arbeitsumgebung tätig sind, bringt es Ihnen unter Umständen entscheidende Vorteile, wenn Sie offen über Ihre MS-Erkrankung sprechen. Arbeitgeber, Kolleginnen und Kollegen empfinden es gegebenenfalls als Zeichen von Vertrauen. Zudem besteht dann die Möglichkeit, die Arbeitsbelastung und den Arbeitsplatz an Ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Ihre Kollegen haben die Möglichkeit, sich ebenfalls auf die veränderte Arbeitssituation einzustellen, wenn sie über Ihre Erkrankung Bescheid wissen.
Haben Sie sich für einen offenen Umgang mit Ihrer MS-Erkrankung entschieden, ist Aufklärungsarbeit angesagt. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die Erkrankung individuell sehr unterschiedlich verläuft und nicht zwangsläufig im Rollstuhl endet. Wenn Sie Kolleginnen, Kollegen und Arbeitgeber über Ihre persönliche Situation aufklären, vermeiden Sie Halbwahrheiten und falsche Informationen. Das schafft Verständnis. Außerdem ist nur ein gut informiertes Umfeld in der Lage, Sie wirklich zu unterstützen.
Anpassungen am Arbeitsplatz
Trotz möglicher Einschränkungen sollten MS-Betroffene ihren Beruf nicht vorschnell an den Nagel hängen. In Absprache mit dem Arbeitgeber lassen sich Anpassungen vereinbaren, zum Beispiel der Wechsel von einer Vollzeit- zu einer Teilzeit-Beschäftigung, zusätzliche Pausen oder ein neues Aufgabenfeld. Einige Betroffene profitieren zudem von einer niedrigeren Raumtemperatur. Auch Zugangsrampen für Rollstühle und ein Büro in WC-Nähe sind im Einzelfall von Vorteil. Ist vor Ort kein normales Arbeiten möglich, ist die Tätigkeit im Home-Office inzwischen eine etablierte Alternative - zumal dann auch die Fahrt zum Arbeitsplatz entfällt.
Reiseplanung
Wenn Sie an MS erkrankt sind, ist es ratsam, Reisen nach Möglichkeit frühzeitig zu planen, um sich vorzubereiten, Auswahlmöglichkeiten (etwa bei Flugzeiten) zu haben und nicht in Stress zu geraten. Bei längeren Reisen empfiehlt es sich, Pausen einzuplanen, um den eigenen Körper nicht zu überlasten. Auf Bahnreisen gibt es für Menschen mit einer Behinderung verschiedene Service-Angebote. So helfen Mitarbeiter vor Ort etwa beim Ein- und Aussteigen. Wenn Sie eine solche Hilfestellung benötigen, melden Sie dies am besten rechtzeitig beim Mobilitätsservice von Deutscher Bahn, SBB oder ÖBB an (online oder telefonisch).
Medikamentöse Therapie
Mit den sogenannten erkrankungsmodifizierenden Therapien können wir verhindern, dass Gewebeschädigungen, bedingt durch Entzündungsherde, über die Zeit akkumulieren. Sprechen Sie mit IhrerIhrem Ärztin, wenn Sie psychische Veränderungen bemerken. Ein nützliches Hilfsmittel dazu ist der MS SYMPTOMKOMPASS, um Signale Ihres Körpers zu erkennen und Zusammenhänge besser zu verstehen.
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Kognitives Training
Sie können das Gehirn aber wie einen Muskel spezifisch trainieren. Eine andere Strategie besteht darin, dass Sie Kompensationsstrategien entwickeln, beispielsweise wenn Sie Probleme haben, sich viele Gegenstände zu merken. Durch die Physiotherapie, dem Aufrechterhalt von Bewegung, wie sie in den Alltag zu integrieren ist, können oftmals Gehirnareale trainiert werden. Darüber fördern Sie direkt und indirekt Faktoren der sogenannten neuronalen Plastizität. Jede Art von Gedächtnistraining wirkt umso besser, wenn Sie diese mit Sport, Bewegung oder moderatem Ausdauersport kombinieren.
Psychologische Betreuung
Psychologische Betreuung spielt nicht nur bei kognitiven Beeinträchtigungen bei MS eine maßgebende Rolle, sondern insgesamt im Management der Erkrankung. In anderen Worten kann Ihnen die psychologische Betreuung helfen sogenannte Resilienzfaktoren, also Ihre Anpassungsfähigkeit, zu stärken, vor allem den Blick auf die Situation. Sie könnten natürlich einerseits auf Ihre Testergebnisse blicken und die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sagen: “Gott im Himmel, ich hab hier schlechtere Werte, zum Beispiel für Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit”. Andererseits könnten Sie auch sagen: “In sechs von acht Domänen habe ich glücklicherweise kein Problem. Natürlich brauchen Sie Unterstützung, ein soziales Umfeld, Freunde, Familie, Weggefährten und den Kontakt mit anderen MS Betroffenen.
Sport und Bewegung
Sport und Bewegung sind ein wirksames Gegenmittel, auch wenn es schwerfällt. Durch die Physiotherapie, dem Aufrechterhalt von Bewegung, wie sie in den Alltag zu integrieren ist, können oftmals Gehirnareale trainiert werden. Darüber fördern Sie direkt und indirekt Faktoren der sogenannten neuronalen Plastizität. Jede Art von Gedächtnistraining wirkt umso besser, wenn Sie diese mit Sport, Bewegung oder moderatem Ausdauersport kombinieren. Grundlegend ist jeder Sport besser als kein Sport, bei Multipler Sklerose gilt das genauso. Sie wissen genau, wo Ihre Leistungsgrenze liegt. Man sollte knapp darunter gehen, sich aber durchaus auch einmal körperlich ausbelasten, sodass man regelrecht ins Schwitzen kommt.
Ernährung
Selbst zubereitete Mischkost mit viel Obst und Gemüse, Fisch und Vollkornprodukten, aber wenig Zucker und Salz, tierischen Fetten und Zusatzstoffen (wie in verarbeiteten Lebensmitteln) hat positive Effekte. Zudem sollten Menschen mit Multipler Sklerose nicht rauchen.
Anpassung des Tagesablaufs
Die Anpassung des Tagesablaufs ist etwas, was Sie sich gezielt vornehmen sollten, um Ihre Hirnfunktion zu unterstützen. Die Gliederung des Tagesablaufs und die Vorhersehbarkeit können helfen, auch kurze Pausen einzuhalten. Maßgeschneiderte Lösungen können helfen, um Sie in Ihrer Funktion zu erhalten.
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Umgang mit kognitiven Beeinträchtigungen im Alltag
Der Umgang mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Teilleistungsstörungen im Alltag gelingt Ihnen dann, wenn Sie selbst wissen, wo Sie wirklich Probleme haben. Darüber hinaus sollten Sie Ihr Umfeld entsprechend informieren, um ein Verständnis zu generieren. Es hat keinen Sinn jemanden, der Probleme damit hat parallel viele Unterhaltungen zu verfolgen, zu ermahnen, dass er sich konzentrieren soll. Es macht mehr Sinn getrennt mit der Person zu sprechen. Es kann Ihnen selbst auch helfen Pausen einzulegen und Reizüberflutung zu vermeiden.
Hilfsmittel
Hilfsmittel, die bei Gedächtnislücken helfen können, sind zum einen die Mnemotechniken. Dabei steckt man Sachverhalte oder Namen beispielsweise gedanklich in Häuser, in verschiedenen Zimmern. Sie sollten auch eine gewisse Akzeptanz aufbauen. Sollte Ihnen etwas nicht gleich einfallen, können Sie es durchaus ansprechen. Oftmals kommt es dann etwas später wieder zum Vorschein. Das kann man spezifischer mithilfe einer Psychologin trainieren.
Multiple Sklerose im Alter
Mit dem Altern steigt dabei auch die Inzidenz chronischer Erkrankungen wie Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sowie auch andere kardiovaskuläre Erkrankungen, den sogenannten Zivilisationskrankheiten. Mit höherem Lebensalter nimmt die Lebensqualität im Allgemeinen ab. Daher stehen zunehmend vielmehr die altersbedingten Erkrankungen im Fokus, die eine MS-Symptomatik verstärken können. Im Alter kommt es im Verlauf zu einer Abnahme der Kraft, der Ausdauer sowie zu einer Zunahme von Behinderungen im Alltag - und somit zu einer Einschränkung der Teilhabe am Alltagsleben.
Symptome der Multiplen Sklerose im Alter
Die Symptome der Multiplen Sklerose im Alter können sich von denen bei jüngeren Menschen unterscheiden. Im Alter stehen eher Gangstörungen, Gleichgewichtsstörungen als Symptome einer Multiplen Sklerose im Vordergrund. Sehstörungen hingegen, dabei ist nicht die Rede von einer typischen altersbedingten Sehschwäche, treten im Alter bei neu an Multiple Sklerose Erkrankten seltener auf. Umso wichtiger sind eine gründliche neurologische Anamnese und Untersuchung.
Verlauf der Multiplen Sklerose im Alter
Der Verlauf der Multiplen Sklerose ist im Alter progredienter (schreitet also stärker/schneller voran), was unter anderem damit zusammenhängt, dass die MS-Medikamente im Alter nicht mehr so wirken wie bei jüngeren MS-Patienten. Der chronisch-progredienter Verlauf ist jedoch bei MS-Patienten über 50 Jahren deutlich höher als bei jüngeren MS-Patienten.
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