Multiple Sklerose: Definition, Ursachen, Symptome und Therapie

Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) kann zunächst einen Schock auslösen und das Leben der Betroffenen erheblich verändern. Es ist wichtig, sich über die Krankheit und ihre Behandlungsmöglichkeiten zu informieren, um die Situation besser einordnen zu können. MS wird oft als die "Krankheit der 1.000 Gesichter" bezeichnet, da sie sich bei jedem Betroffenen anders äußert. Trotzdem ist man mit dieser Erkrankung nicht allein, da weltweit etwa 2,8 Millionen Menschen betroffen sind.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose (MS), auch Encephalomyelitis disseminata genannt, ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Das bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise die äußere, isolierende Schicht der Nervenfasern (Myelinscheiden) im Gehirn und Rückenmark angreift. Es kommt zu Entzündungsherden an verschiedenen Stellen im ZNS, was zu einer Schädigung der Nervenfasern führt. Dadurch können die Nervenimpulse nicht mehr korrekt weitergeleitet werden, was körperliche Störungen und neurologische Ausfallerscheinungen zur Folge hat.

Der Name "Multiple Sklerose" leitet sich von den multiplen (mehreren) Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark ab, die zu einer Verhärtung (Sklerose) des betroffenen Gewebes führen.

Ursachen von MS

Die genauen Ursachen von MS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen:

  • Genetische Faktoren: MS ist keine klassische Erbkrankheit, aber es gibt eine gewisse genetische Veranlagung. Das Risiko für Kinder von MS-Erkrankten, ebenfalls an MS zu erkranken, liegt bei etwa 2 %.
  • Umweltfaktoren: Studien deuten darauf hin, dass Vitamin D eine Rolle bei der Entstehung von MS spielen könnte. Da MS in Äquatornähe seltener vorkommt, wird vermutet, dass die UV-Strahlung und die damit verbundene Vitamin-D-Produktion einen gewissen Schutz bieten könnten.
  • Lebensstil: Rauchen und Übergewicht können das Risiko für MS erhöhen und den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.
  • Infektionen: Infektionen mit bestimmten Erregern, insbesondere dem Epstein-Barr-Virus (EBV), werden mit einem erhöhten MS-Risiko in Verbindung gebracht. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigte, dass eine EBV-Infektion das Risiko für MS um das 32-fache steigerte.
  • Darm-Hirn-Achse: Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die Darmmikrobiota die Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie MS beeinflussen kann. Ernährung und Darmbesiedelung könnten demnach wichtige Faktoren sein.

Symptome von MS

Die Symptome von MS sind sehr vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Sie hängen davon ab, welche Bereiche des zentralen Nervensystems betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Sehstörungen: Verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis)
  • Gefühlsstörungen: Kribbeln, Taubheitsgefühl, Schmerzen
  • Motorische Ausfallerscheinungen: Muskelschwäche, Lähmungen, Koordinationsstörungen, Gangunsicherheit, Spastik (Muskelsteifheit)
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Erschöpfung (Fatigue)
  • Blasen- und Darmfunktionsstörungen
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Depressive Verstimmungen
  • Sprechprobleme
  • Schluckstörungen
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten

MS wird auch als "neurologisches Chamäleon" bezeichnet, da sie jedes erdenkliche neurologische Symptom auslösen kann.

Verlaufsformen von MS

MS verläuft bei jedem Betroffenen anders. Es werden prinzipiell drei unterschiedliche Verlaufsformen unterschieden:

  • Schubförmig-remittierende MS (RRMS): Dies ist die häufigste Verlaufsform zu Beginn der Erkrankung. Es treten Schübe auf, bei denen neue Symptome auftreten oder sich bestehende Symptome verschlimmern. Zwischen den Schüben bilden sich die Symptome vollständig oder teilweise zurück (Remission).
  • Sekundär chronisch-progrediente MS (SPMS): Bei einem Teil der Patienten geht die RRMS in eine SPMS über. Dabei kommt es zu einer kontinuierlichen Verschlechterung der Symptome, unabhängig von Schüben.
  • Primär chronisch-progrediente MS (PPMS): Bei dieser Verlaufsform schreitet die Erkrankung von Anfang an kontinuierlich fort, ohne dass es zu Schüben kommt.

Diagnose von MS

Die Diagnose von MS kann schwierig sein, da die Symptome vielfältig und unspezifisch sind. Für eine gesicherte Diagnose sind verschiedene Untersuchungen erforderlich:

  • Anamnese: Erhebung der Krankheitsgeschichte und der aktuellen Beschwerden
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Nervenfunktionen (Beweglichkeit, Koordination, Gleichgewicht, Sinnesorgane)
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Darstellung von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark
  • Lumbalpunktion (Nervenwasseruntersuchung): Untersuchung des Nervenwassers auf Entzündungszeichen
  • Evozierte Potenziale: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

Die Diagnosekriterien nach McDonald helfen dabei, MS frühzeitig zu erkennen und andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Therapie von MS

MS ist bisher nicht heilbar, aber es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Symptome zu lindern. Ziel der Therapie ist es, die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen möglichst lange zu erhalten.

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Die Therapie basiert auf mehreren Säulen:

  • Schubtherapie: Behandlung akuter Schübe mit hochdosiertem Kortison, um die Entzündung zu reduzieren
  • Verlaufsmodifizierende Therapie: Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen sollen (z.B. Interferone, Glatirameracetat, monoklonale Antikörper, Immunsuppressiva)
  • Symptomatische Therapie: Behandlung einzelner Symptome, z.B. mit Schmerzmitteln, Antispastika, Medikamenten gegen Fatigue oder Blasenfunktionsstörungen
  • Nicht-medikamentöse Therapien: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie, neuropsychologische Therapie

Eine frühzeitige und konsequente Behandlung ist wichtig, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten.

Leben mit MS

Das Leben mit MS kann eine Herausforderung sein, aber viele Betroffene können dank moderner Therapien ein weitgehend normales Leben führen. Es ist wichtig, sich über die Erkrankung zu informieren, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es gibt verschiedene Organisationen und Selbsthilfegruppen, die MS-Erkrankte und ihre Angehörigen unterstützen:

  • Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG): Bundesverband und Landesverbände bieten Informationen, Beratung und Unterstützung.
  • Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS): Zusammenschluss von MS-Zentren in Deutschland, die Forschungsprojekte durchführen und Informationen bereitstellen.
  • Aktion Multiple Sklerose Erkrankter (AMSEL): Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg, der MS-Betroffene und Angehörige unterstützt.
  • Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e.V. (MSK e.V.): Unterstützt Betroffene beim selbstbestimmten Umgang mit der Krankheit.

Der Welt-MS-Tag am 30. Mai dient dazu, das öffentliche Bewusstsein für die Erkrankung zu schärfen und über Multiple Sklerose und ihre Auswirkungen auf das tägliche Leben zu informieren.

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