Multiple Sklerose und Haarausfall: Ursachen, Behandlung und Zusammenhänge

Haarausfall ist ein Thema, das viele Menschen betrifft und oft mit einer Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes und des Selbstwertgefühls einhergeht. Während der Verlust einzelner Haare normal ist, kann vermehrter Haarausfall (Alopezie) verschiedene Ursachen haben. In diesem Artikel beleuchten wir die Ursachen von Haarausfall im Zusammenhang mit Multipler Sklerose (MS) und stellen mögliche Behandlungsansätze vor.

Einführung in das Thema Haarausfall

Jeder Mensch verliert Haare, das ist ein natürlicher Prozess. Findet man morgens auf dem Kissen, nach dem Duschen oder beim Bürsten ein kleines Büschel Haare, ist das noch kein Grund zur Sorge. Die Haarpracht ist dabei ganz individuell und kann den persönlichen Wünschen und Stimmungen angepasst werden. Doch wann spricht man von Haarausfall (Alopezie)? Und welche Rolle spielt das Immunsystem dabei?

Ursachen von Haarausfall

Es gibt unterschiedliche Arten von Haarausfall, die von verschiedenen Auslösern hervorgerufen werden können. Zu den häufigsten Formen gehören:

  • Genetisch bedingter Haarausfall: Verantwortlich für diese Form ist das körpereigene Hormon DHT (Dihydrotestosteron), eine umgewandelte Form von Testosteron. Daher sind häufig Männer von genetisch bedingtem Haarausfall betroffen, da sie große Mengen Testosteron besitzen und die Haare sehr empfindlich auf DHT reagieren.
  • Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata): Vor allem bei jungen Menschen (meist unter 30 Jahren) kommt es zu runden, kahlen Stellen am Kopf. Die Ursache sind Autoimmunreaktionen des Körpers, bei denen er Abwehrreaktionen gegen eigenes, gesundes Gewebe (in diesem Fall Haarwurzel und Haarfollikel) richtet.
  • Diffuser Haarausfall: Bei dieser Form wird das Haar allgemein lichter. Es handelt sich um einen verstärkten Verlust der Haare, der aber nicht zwangsläufig sichtbar sein muss.
  • Andere Formen: z. B. Narbenbildende Alopezie.

Um die geeignete Therapie zu finden, dem Haarverlust aktiv entgegenwirken zu können, ist es wichtig, die jeweiligen Auslöser zu kennen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um einen bestimmten Faktor handeln, sondern es können auch mehrere Einflüsse zusammen auftreten.

Das Immunsystem und seine Rolle bei Haarausfall

Wird der Haarverlust durch gesundheitliche Faktoren ausgelöst, ist häufig eine Verbindung zu unserem Immunsystem zu erkennen. Als Säule unserer Gesundheit ist das Immunsystem mit jeglichen Prozessen unseres Körpers verbunden. Ist es intakt, können die einzelnen Abläufe weitestgehend ohne Probleme erfolgen und schädliche Erreger oder Entwicklungen werden frühzeitig erkannt sowie eingedämmt. Sollte das Immunsystem jedoch gestört sein, können wiederum Fehler auftreten. Wir kennen das beispielsweise daher, dass wir dann anfälliger für Erkältungen werden oder uns allgemein schlapp fühlen - aber die möglichen Auswirkungen sind noch viel weitreichender. So können Hautirritationen auftreten, die Haare stumpf und brüchig werden, Konzentrationsstörungen und Fatigue einsetzen, sonst harmlose Viren in unserem Körper reaktiviert werden (z. B. EBV), anhaltende Entzündungsprozesse das Gewebe nachhaltig oder gar dauerhaft schädigen oder Autoimmunerkrankungen entstehen. Bei Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine Erkrankung der Schilddrüse. Das Immunsystem greift fehlerhafterweise das Gewebe der Schilddrüse an, wodurch die Produktion der Schilddrüsenhormone gestört wird. Infolgedessen kommt es zu einer Unterfunktion. Da es sich bei Hashimoto um eine Autoimmunerkrankung handelt, können möglicherweise auch an anderen Stellen im Körper Autoimmunreaktionen auftreten, die ebenfalls Schäden anrichten. Bemerkst Du einen vermehrten Haarverlust bei Dir, kann das darauf hindeuten, dass es Deinem Immunsystem nicht so gut geht. Die möglichen Einflussfaktoren auf das Immunsystem sind dabei ebenfalls vielseitig. Bei vielen Faktoren, die Haarausfall fördern, ist das Immunsystem direkt oder indirekt beteiligt.

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Multiple Sklerose: Eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das körpereigene Immunsystem Teile von Gehirn und Rückenmark angreift. Deshalb zählt die MS zu den Autoimmunerkrankungen. Die autoimmunen Prozesse bei einer Multiplen Sklerose bewirken, dass unter anderem Nervenfasern und Nervenzellen geschädigt werden und so Informationen fehlerhaft oder gar nicht weitergeleitet werden. Dadurch können vielfältige neurologische Funktionen gestört sein, wie z. B. das Sehen oder Bewegungsabläufe. Neurologische Symptome treten entweder in Schüben auf oder entwickeln sich langsam schleichend. Die Multiple Sklerose ist derzeit nicht heilbar. Es gibt aber Therapien, die die Schübe verhindern, die Zunahme der Behinderung reduzieren und MS-Symptome lindern können. Häufig gelingt es, die Krankheitsaktivität für Jahre zu stoppen.

Formen der Multiplen Sklerose

Man unterscheidet drei Formen der Multiplen Sklerose:

  • Schubförmig remittierende Multiple Sklerose (RRMS)
  • Sekundär fortschreitende (progrediente) Multiple Sklerose (SPMS)
  • Primär fortschreitende (progrediente) Multiple Sklerose (PPMS)

Die Multiple Sklerose wird als „aktiv“ bezeichnet, wenn Schübe auftreten und/oder neue oder größer werdende Entzündungsherde mittels MRT im Gehirn oder Rückenmark zu sehen sind und/oder die körperliche oder geistige Beeinträchtigung zunimmt. „Progredient“ bedeutet „fortschreitend“. Mit dem Wort „Progression“ wird die irreversible Zunahme der durch die Multiple Sklerose bedingten körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigung bezeichnet.

Risikofaktoren für die Entstehung der Multiplen Sklerose

Die Ursachen für die Multiple Sklerose sind nicht vollständig geklärt. Nach aktuellem Wissensstand handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der Gene und Umweltfaktoren zusammenwirken. Man vermutet, dass folgende Risikofaktoren zur Entwicklung einer Multiplen Sklerose beitragen können:

  • genetische Veranlagung
  • Viren wie z.B. das Epstein-Barr-Virus (EBV)
  • Rauchen
  • Übergewicht in der Kindheit
  • die individuelle Darmflora

Symptome einer Multiplen Sklerose

Die MS kann zu einer großen Vielfalt an Symptomen führen und wird nicht umsonst die Krankheit der 1000 Gesichter genannt. Zu den typischen MS-Symptomen gehören:

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  • Kraftlosigkeit einzelner oder mehrerer Extremitäten
  • Gefühlsstörungen (z.B. Taubheitsgefühl, Kribbeln)
  • Sehstörungen (z.B. schmerzhafte Einschränkung der Sehkraft auf einem Auge, Doppelbilder)
  • erhöhte Muskelanspannung (Spastik)
  • Gangstörung mit Einschränkung der Gehstrecke
  • verringerte geistige Leistungsfähigkeit z.B. durch Konzentrations-, Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen
  • vermehrte Ermüdbarkeit (Fatigue), sowohl bei körperlicher als auch bei geistiger Betätigung
  • gestörte Entleerung von Harnblase und/oder Darm
  • sexuelle Störungen

Häufiger als in der allgemeinen Bevölkerung treten bei der MS auch Depression, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und eine Epilepsie auf.

Haarausfall als mögliches Symptom bei Multipler Sklerose

Eigentlich ist Haarausfall kein typisches MS-Symptom. Allerdings berichten einige Betroffene von Haarausfall im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

  • Stress: MS und ihre Symptome können mit erheblichem Stress verbunden sein, der wiederum Haarausfall auslösen kann.
  • Medikamente: Einige Medikamente, die zur Behandlung von MS eingesetzt werden, können als Nebenwirkung Haarausfall verursachen.
  • Autoimmunprozesse: Obwohl Haarausfall nicht direkt durch die MS-bedingten Autoimmunprozesse verursacht wird, können andere Autoimmunerkrankungen, die möglicherweise gleichzeitig auftreten, Haarausfall verursachen (z.B. Alopecia areata).
  • Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Veränderungen, die im Zusammenhang mit MS auftreten können, können ebenfalls zu Haarausfall führen.
  • Mangelerscheinungen: Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen, der durch die MS oder ihre Behandlung bedingt sein kann, kann Haarausfall begünstigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Haarausfall bei MS-Patienten auch andere Ursachen haben kann, die nicht direkt mit der Erkrankung zusammenhängen (z.B. genetische Veranlagung, andere Erkrankungen, falsche Haarpflege).

Behandlung von Haarausfall bei Multipler Sklerose

Die Behandlung von Haarausfall bei MS richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. In vielen Fällen kann eine Kombination verschiedener Therapieansätze sinnvoll sein:

  • Stressmanagement: Stressreduzierende Maßnahmen wie Entspannungsübungen, Yoga oder Meditation können helfen, stressbedingten Haarausfall zu reduzieren.
  • Medikamentenanpassung: Wenn der Haarausfall durch MS-Medikamente verursacht wird, kann der Arzt möglicherweise die Dosis anpassen oder auf ein anderes Medikament umstellen.
  • Behandlung von Autoimmunerkrankungen: Wenn eine andere Autoimmunerkrankung (z.B. Alopecia areata) vorliegt, sollte diese entsprechend behandelt werden.
  • Hormontherapie: Bei hormonell bedingtem Haarausfall kann eine Hormontherapie in Erwägung gezogen werden.
  • Nährstoffergänzung: Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen sollte durch eine ausgewogene Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden. Zink kann hier hilfreich sein.
  • Mikroimmuntherapie: Die Mikroimmuntherapie ist eine sanfte Möglichkeit mit dem Ziel, die Immunbalance zu erreichen und langfristig zu erhalten. Sie arbeitet mit körpereigenen Botenstoffen (Zytokinen), die die Kommunikation zwischen den Immunteilnehmern übernehmen und die Abläufe koordinieren. Durch die Mikroimmuntherapie sollen diese natürlichen Abläufe sanft wieder in die vorgesehenen Bahnen gelenkt werden - wie ein Training für das Immunsystem. Diese feine Modulation des Immunsystems zielt darauf ab, proinflammatorische und antiinflammatorische Mechanismen wieder auszubalancieren, sodass Entzündungsprozesse im Körper reduziert werden können. Ein intaktes Immunsystem ist außerdem in der Lage, mögliche Fehlerquellen zu erkennen und zu entfernen, bevor daraus weitere Folgen entstehen. Im Falle der Haargesundheit kann die Mikroimmuntherapie eingesetzt werden, um das Haarwachstum mithilfe des Immunsystems wieder zu stärken. Auch Haarwurzeln sowie Haarfollikel profitieren von einem gesunden und ausbalancierten Immunsystem, indem sie beispielsweise optimal mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und besser durchblutet werden.
  • Äußerliche Behandlungen: Es gibt verschiedene Shampoos, Lotionen und andere äußerliche Behandlungen, die das Haarwachstum anregen und den Haarausfall reduzieren können.
  • Blutwäsche (Apherese): Bei vielen Formen von Haarausfall spielen Entzündungen im Körper eine Rolle. Einige Arten des diffusen Haarausfalls lassen sich auf Umweltgifte, Autoimmunerkrankungen oder körpereigene Toxine zurückführen. Viele dieser krankmachenden Stoffe können mithilfe einer Blutwäsche aus dem Körper entfernt werden. Mit einer Blutwäsche, auch Apherese genannt, lässt sich das Blut von vielen krankmachenden Substanzen reinigen. Das Blut des Patienten wird aus der Vene über eine Kanüle und ein Schlauchsystem in die Apherese-Maschine geleitet. Die Maschinen sind sehr komplex aufgebaut und bestehen aus mehreren Membranen, Filtern und Zentrifugen. Durch Zentrifugieren kann das Blut in seine einzelnen Bestandteile aufgetrennt werden, da diese unterschiedlich schwer sind. Eine weitere Separation lässt sich durch verschiedene Filter erreichen. Die Apherese dauert in der Regel etwa zwei bis vier Stunden, je nach Aufwand. In dieser Zeit wird das Blut mehrfach durch das Filtersystem geleitet. Die vom Körper gebildeten Zytokine und Entzündungsmediatoren wie IL-6 oder CRP können durch eine Apherese herausgefiltert werden. Dadurch werden die Botenstoffe, die die Entzündung aufrecht erhalten, aktiv reduziert. Aber auch die oben genannten Umweltgifte und körpereigenen Gifte können über verschiedene Mechanismen zu Haarausfall führen. Sie sind in der Regel an Proteine, also Eiweiße, gebunden. Man kann die Filtersysteme in der Apherese-Maschine so anpassen, dass sie durch ihre Porengröße bestimmte Stoffe herausfiltern. So kann das Blutplasma von den Schadstoffen gereinigt werden.
  • Bioregenerative Therapien: Um die Wirkung einer Blutwäsche gegen Haarausfall zu verstärken, bietet sich die Kombination mit weiteren Therapien an.
    • Low-Level-Laser-Therapie: Bei dieser Form der bioregenerativen Therapien wird die Kopfhaut mit einem medizinischen Laser behandelt. Das hat gleich mehrere Effekte: Die Durchblutung der Kopfhaut wird verbessert und dadurch die Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen erhöht.
    • PRP-Therapie: Die PRP-Therapie (PRP= Platelet Rich Plasma oder plättchenreiches Plasma) ist eine Eigenbluttherapie. Dem Patienten wird Blut entnommen und speziell aufbereitet, sodass es anschließend in die Kopfhaut injiziert werden kann.
    • Meso-Therapie: Bei der Meso-Therapie handelt es sich um eine Behandlungsform aus der Alternativmedizin. Dabei können verschiedene Stoffe wie Medikamente, homöopathische Mittel, Hyaluronsäure, Vitamine oder Spurenelemente direkt in die Kopfhaut gespritzt werden.
    • Stammzellentherapie: Die Stammzellentherapie wird meistens zusammen mit anderen bioregenerativen Therapien eingesetzt. Aus dem Unterhautfettgewebe des Patienten werden Stammzellen gewonnen, die nach einer Aufbereitungsphase in die Kopfhaut gespritzt werden können. Stammzellen produzieren Wachstumsfaktoren, die Zellteilung und Reparaturvorgänge in der Zelle fördern. Auch die Neubildung von Gefäßen wird angeregt, wodurch die Durchblutung und folglich die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung verbessert werden.
  • Haartransplantation: In einigen Fällen kann eine Haartransplantation eine Option sein, um kahle Stellen dauerhaft zu verdecken.

Zusätzliche Tipps für gesundes Haarwachstum

  • Ernähre Dich gesund und ausgewogen: Eine vitamin- und nährstoffreiche Ernährung versorgt Dich, Deinen Körper und auch Deine Haare mit allen wichtigen Bausteinen. Achte dabei vor allem auf gesunde und frische Zutaten. Insbesondere zuckerhaltige Lebensmittel solltest Du reduzieren oder ganz meiden.
  • Individuelle Haarpflege-Routine: Nutze Haarpflegeprodukte, die auf die Bedürfnisse Deiner Haare und Kopfhaut abgestimmt sind und frei von aggressiven Zusätzen sind. Achte außerdem beim Styling darauf, Deine Haare zu schützen und nicht unnötig stark zu belasten (z. B. durch Glätten, stramme Zöpfe).
  • Reduziere Stress: Anhaltender Stress kann Deine Gesundheit belasten und Dein Immunsystem stören - und letztendlich auch zu Haarausfall beitragen. Finde selbst für Dich heraus, was Dir hilft, Stress zu bewältigen.

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