MRT-Kontrastmittel bei Multipler Sklerose: Ja oder Nein? Eine umfassende Betrachtung

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein unverzichtbares Instrument zur Diagnose und Verlaufskontrolle der Multiplen Sklerose (MS). Dabei stellt sich häufig die Frage, ob der Einsatz von Kontrastmitteln notwendig ist. Dieser Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile des MRT-Kontrastmittels Gadolinium im Kontext der MS-Diagnostik und -Behandlung.

Was ist MRT-Kontrastmittel und wie funktioniert es?

MRT-Kontrastmittel sind Substanzen, die verwendet werden, um bestimmte Strukturen auf MRT-Bildern deutlicher hervorzuheben. Sie werden in der Regel über eine Vene in den Blutkreislauf injiziert. Das in den meisten MRT-Kontrastmitteln enthaltene Gadolinium interagiert stark mit Wasserstoffatomen in seiner Umgebung. Diese Interaktion bewirkt, dass sich die Magnetisierung der Wasserstoffatome schneller erholt, was zu einem stärkeren Signal in den Geweben führt, in denen das Kontrastmittel zirkuliert. Dadurch können beispielsweise Blutgefäße besser dargestellt oder krankhafte Veränderungen und Tumore besser von gesundem Gewebe unterschieden werden. Nach der Untersuchung wird das Kontrastmittel auf natürlichem Weg über die Nieren ausgeschieden.

MRT-Kontrastmittel vs. CT-Kontrastmittel

Es ist wichtig, zwischen MRT- und CT-Kontrastmitteln zu unterscheiden. Bei der MRT werden spezielle MR-Kontrastmittel verwendet, die auf Gadolinium basieren. Sie verbessern den Kontrast zwischen verschiedenen Geweben, insbesondere bei geringen Dichteunterschieden. Im Gegensatz dazu verwenden CT-Scans jodhaltige Kontrastmittel. MRT-Kontrastmittel sind im Allgemeinen besser verträglich als CT-Kontrastmittel, und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen ist deutlich geringer.

Wann ist der Einsatz von MRT-Kontrastmittel bei MS sinnvoll?

Bei der MS-Diagnostik und -Verlaufskontrolle spielt die MRT eine zentrale Rolle. Sie liefert detaillierte Schichtbilder von Gehirn und Rückenmark, auf denen entzündliche Veränderungen genau dargestellt werden können. Gadolinium-haltige Kontrastmittel reichern sich besonders in kürzlich entstandenen Entzündungsherden an und machen diese sichtbar.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Bei der Erstdiagnose der MS kann der Einsatz von Kontrastmitteln entscheidend sein. Die aktuellen Diagnosekriterien erfordern den Nachweis einer Kontrastmittel-aufnehmenden Läsion als Kriterium für die zeitliche Dynamik der Erkrankung. Dies kann zwar durch einen positiven Nervenwasserbefund (Nachweis oligoklonaler Banden) ersetzt werden, sollte aber nicht automatisch zum Verzicht auf die Kontrastmittelgabe führen.

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Zudem hilft das Kontrastmittel bei der Differenzierung zwischen MS und anderen Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können. So kann beispielsweise zwischen MS und vaskulären Erkrankungen wie Migräne unterschieden werden.

Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung

Regelmäßige MRT-Kontrollen sind wichtig, um den Verlauf der MS zu überwachen und die Wirksamkeit der Therapie zu beurteilen. Durch den Vergleich von MRT-Aufnahmen können neue Läsionen erkannt und die Krankheitsaktivität beurteilt werden.

Allerdings ist der routinemäßige Einsatz von Kontrastmitteln bei der Verlaufskontrolle nicht immer notwendig. In vielen Fällen genügt der Vergleich von T2-gewichteten Aufnahmen, um neue Läsionen zu identifizieren. Eine Kontrastmittelgabe ist eher dann sinnvoll, wenn unklare radiologische Befunde vorliegen, atypische oder progrediente Verläufe beobachtet werden oder eine gezielte Abklärung entzündlicher Aktivität in klinisch nicht eindeutigen Situationen erforderlich ist.

Bedeutung standardisierter MRT-Protokolle

Um eine gute Vergleichbarkeit von MRT-Aufnahmen zu gewährleisten, sind standardisierte MRT-Protokolle unerlässlich. Diese ermöglichen es, Veränderungen im Krankheitsverlauf zuverlässig zu erkennen. Zudem sind regelmäßige kraniale MRT-Aufnahmen wichtig, um eine schleichende Krankheitsaktivität frühzeitig zu erkennen.

Bei der Bewertung des Erfolgs einer Immuntherapie sollte eine MRT-Untersuchung drei bis sechs Monate nach Therapiebeginn als Ausgangsbefund (Re-Baselining) dienen, der dann als Vergleich für weitere MRT-Kontrollen herangezogen wird.

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Risiken und Nebenwirkungen von MRT-Kontrastmitteln

Obwohl MRT-Kontrastmittel im Allgemeinen als sicher gelten, sind sie nicht frei von Risiken.

Allergische Reaktionen

In seltenen Fällen kann es nach der Gabe von MRT-Kontrastmitteln zu allergischen Reaktionen kommen. Aus diesem Grund sollten Patienten vor der Untersuchung keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen und nur wenig trinken.

Gadolinium-Ablagerungen im Gehirn

Studien haben gezeigt, dass nach einer MRT-Untersuchung mit Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln geringe Mengen Gadolinium im Gehirn verbleiben können. Bisher gibt es jedoch keine Beweise dafür, dass diese Ablagerungen Schäden verursachen. Trotzdem wird der Einsatz von Kontrastmitteln nur dann empfohlen, wenn er medizinisch notwendig ist.

Nephrogene systemische Fibrose (NSF)

In der Vergangenheit traten im Zusammenhang mit "linearen" MRT-Kontrastmitteln (die heute kaum noch verwendet werden) äußerst selten schwerwiegende Nebenwirkungen wie die nephrogene systemische Fibrose (NSF) auf. Bei der NSF kommt es zu krankhaften Wucherungen des Bindegewebes der Haut, der Muskeln und der inneren Organe. Durch den Einsatz von hochstabilen "makrozyklischen" Gadolinium-haltigen MRT-Kontrastmitteln und eine angepasste Dosierung ist die NSF jedoch nahezu verschwunden.

Nierenschädigung

Obwohl MRT-Kontrastmittel im Allgemeinen nicht nierenschädigend sind, ist bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion oder Dialysepflichtigkeit Vorsicht geboten. In diesen Fällen sollte der Einsatz von Kontrastmitteln in der Regel vermieden werden.

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Alternativen zur Kontrastmittelgabe

Dank neuer Techniken können bestimmte Fragestellungen, bei denen früher Kontrastmittel eingesetzt wurde, heutzutage gut ohne abgeklärt werden. So können beispielsweise Entzündungen im MRT oft auch ohne Kontrastmittel erkannt werden. In den ödemsensitiven Bildern lässt sich eine Entzündung anhand eines Ergusses erkennen.

Zudem gewinnen alternative MRT-Marker wie das "central vein sign" oder paramagnetische Randläsionen an Bedeutung. Auch serumbasierte Biomarker wie Neurofilament light chain (NfL) können Hinweise auf akute entzündliche Aktivität im zentralen Nervensystem liefern und so zu einem gezielteren Einsatz von Gadolinium beitragen.

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