Heilsame Klänge: Musik zur Beruhigung der Nerven

Musik ist mehr als nur Unterhaltung; sie ist ein mächtiges Werkzeug, das Körper und Geist positiv beeinflussen kann. Sie baut Stress ab, wirkt fast so gut wie ein Medikament und hält dazu noch jung. Wissenschaftler haben herausgefunden, wie das Musikhören diese Wirkung erzielt. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen positiven Effekte von Musik auf unsere Nerven und unser Wohlbefinden, gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Anwendungen.

Die entspannende Wirkung von Musik

Musik kann eine tiefgreifende beruhigende Wirkung haben. Ein Beispiel hierfür ist das Stück „Weightless“ des Trios Marconi Union. In einer britischen Studie lauschten Zuhörer diesem achtminütigen Stück, und ihr Stresslevel sank um bis zu 65 Prozent. Blutdruck und Atemfrequenz sanken, und Ängste und Sorgen schienen wie weggeweht. Einige Zuhörer schliefen sogar ein. Der Leiter der Studie, der Hirnforscher und Psychologe Dr. David Lewis-Hodgson, riet jedoch davon ab, das Stück beim Autofahren zu hören.

„Weightless“: Der entspannendste Song der Welt

„Weightless“ gilt als der entspannendste Song der Welt und wird immer wieder verwendet, wenn Wissenschaftler und Mediziner die heilende Kraft der Musik erforschen wollen. Die Musik hatte fast dieselbe Wirkung wie ein Medikament, jedoch ohne Nebenwirkungen.

Glück zum Hören

Musikstücke, deren Lautstärke nach und nach ansteigt, wie Edvard Griegs „Peer Gynt“, machen Studien zufolge glücklich. Wenn man sie bewusst über Kopfhörer hört, sensibilisieren sie zudem die Wahrnehmungsfähigkeit der Ohren.

Musik als Jungbrunnen

Gemeinsames, aktives Musizieren, ob beim Singen oder mit einem Instrument, macht nicht nur nachweislich glücklich, sondern hält auch das Gehirn jung und fördert die Gemeinschaft.

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Aktives Musizieren hält das Gehirn jung

Beim aktiven Musizieren ist einiges los im Kopf: Nicht nur Hör-, Gedächtnis- und Emotionszentren im Gehirn sind aktiv, sondern auch die Areale für Bewegungssteuerung (der Finger, der die Geige greift), die optische Wahrnehmung (das Auge, das die Noten liest) und der Tastsinn (Sensoren auf der Haut, die die Tasten der Trompete fühlen) sind in Bereitschaft. Untersuchungen der Harvard Medical School legen nahe, dass dies sogar dafür sorgen kann, dass das Gehirn langsamer altert. Mithilfe von Hirnscans schätzten die Forscher das Gehirnalter von Amateurmusikern, die mit Spaß und ohne Stress musizieren, um viereinhalb Jahre jünger ein als deren tatsächliches Alter.

Mozart und die heilende Kraft der Musik

Ärzte der Ruhr-Universität Bochum machten ähnliche Erfahrungen mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart: Beim Lauschen der Symphonie Nr. 40, g-Moll (KV 550) sank die Herzfrequenz der Probanden um etwa sieben Schläge pro Minute, der systolische Blutdruckwert um etwa fünf, der diastolische um etwa drei Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Auch die Konzentration des Stresshormons Cortisol sank messbar. Die Mediziner vermuten, dass dieser positive Effekt aufs Herz-Kreislauf-System von den sich laufend wiederholenden, eingängigen Melodien der Mozart-Symphonie herrührt: Sie kommt ohne Veränderungen von Lautstärke oder Rhythmus und ohne Text aus. Der Zuhörer muss sich nicht darauf konzentrieren und kann einfach entspannen.

Der Mozart-Effekt

Die Vermutung, dass das Anhören der Sonate in D-Dur für zwei Klaviere (KV 448) von Wolfgang Amadeus Mozart für eine bessere visuell-räumliche Verarbeitung sorgt und somit auch einen positiven Einfluss auf unseren IQ hat, kam erstmals 1993 auf. Seitdem wird in der Wissenschaft gestritten. Mehrere Studien, die sich für den sogenannten „Mozart-Effekt“ aussprechen, aber auch dagegen, wurden im Laufe der Jahre veröffentlicht.

Mozart beruhigt bei Epilepsie

Eine neue Forschungsarbeit, an der unter anderem die Klinik für Neurologie in Hannover beteiligt war, führte nun mehrere Versuche mit Epilepsie-Patienten und Epilepsie-Patientinnen, bei denen bisher kein Medikament angeschlagen hat, durch. Bei der Krankheit Epilepsie senden die Nervenzellen zu viele Signale gleichzeitig, was unter anderem zu Krampfanfällen führt. Den Probanden wurden verschiedene Ausschnitte von Stücken, zwischen 15 und 90 Sekunden, vorgespielt und dabei wurden ihre Hirnaktivitäten beobachtet. Es zeigte sich, dass sich ab einer Hördauer von 30 Sekunden eine beruhigende Wirkung einstellt. Die Anzahl der Ausschläge in der Hirnstromableitung reduzierte sich um 66,5%. Das heißt, dass die für die Krankheit typischen Erregungszustände im Gehirn deutlich weniger werden und somit Symptome gelindert werden könnten. Die Auswirkungen waren am stärksten im rechten und linken präfrontal Kortex, das sind die Regionen im Gehirn, die für die emotionalen Reaktionen verantwortlich sind. Die Untersuchung zeigte, dass der Effekt vor allem mit dem Vermitteln von positiven Gefühlen zu tun hat. Diese Gefühle scheinen beim Zuhörer eher bei besonders melodischen Stücken, wie Mozarts erwähnte Sonate, ausgelöst zu werden. Bei anderen, weniger melodischen Titeln, wie zum Beispiel Wagners Vorspiel zum ersten Akt der Oper "Lohengrin", konnten die Forscher den Effekt weniger oder gar nicht beobachten. Die Forscher gehen davon aus, dass nicht nur Mozart heilende Klänge komponieren konnte. Vermutlich haben auch andere Stücke, mit einer solch besonderen Melodik, eine derartige beruhigende Wirkung auf Epilepsie-Patienten und Epilepsie-Patientinnen.

Die wissenschaftliche Erklärung

Mithilfe vieler Studien wie dieser verstehen Mediziner und Psychologen weltweit in den vergangenen Jahren immer besser, wie vielfältig Musik auf Körper und Seele wirken kann. Das ist umso erstaunlicher, handelt es sich bei Musik doch physikalisch gesehen um nicht mehr als Luftschwingungen. Im Ohr wandeln feinste Haarzellen diese Schwingungen in elektrische Impulse um, die unmittelbar an den Hirnstamm geleitet werden. Genau hier entfaltet Musik ihre besonderen Wirkungsweisen: Denn die Nervenimpulse gelangen auch zum vegetativen Nervensystem, das Herzschlag und Atmung beeinflusst.

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Musik spricht alle Ebenen des Gehirns an

„Musik wird von Hirnforschern gerne gewählt, um etwas über unser Denkorgan zu lernen, weil sie alle Ebenen anspricht, von den einfachsten Reflexen bis zu komplexen Gedanken über die Schönheit eines Stückes“, erklärt Professor Gunter Kreutz, Musikwissenschaftler an der Universität Oldenburg. In einer Studie fand er unter anderem heraus, dass die positiven Emotionen, die beim Chorsingen entstehen, die Konzentration des Antikörpers Immunglobulin A im Blut ansteigen lassen: Musizieren stärkt somit das Immunsystem.

Musik und Erinnerung

Das Gehirn verarbeitet Musik ähnlich wie Sprache: „Kinder produzieren allerhand musikalische Klänge mit ihrer Stimme, bevor sie sprechen lernen“, erklärt Professor Kreutz. „Lallen und Brabbeln sind wichtige Elemente der Sprachentwicklung.“ Doch während Sprache Verstehen erfordert, funktioniert Musik ganz ohne Worte, unmittelbar über die Gefühlsebene. Jeder verbindet mit bestimmten Liedern besondere Erinnerungen und damit verknüpfte Gefühle: Etwa das wohlige Festtagsgefühl, das sich bei „O du Fröhliche“ einstellt. Beim Volkslied „Im Frühtau zu Berge“ tauchen wieder Bilder von fröhlichen Wanderungen der Jugendzeit vor dem inneren Auge auf. Mit dem faktenbasierten Gedächtnis hat diese Art der Erinnerung jedoch nichts zu tun. Man mag zwar nicht mehr die Namen der Personen wissen, mit denen man in jenem Sommer getanzt hat. An die Lieder erinnert man sich jedoch ganz genau.

Warum Demente sich eher an Musik als an Sprache erinnern

Musik ist allgegenwärtig und lässt sich kaum aus unserem Leben ausblenden. „Wir können unser Gehör weniger von der Umwelt abschotten als etwa den Sehsinn“, sagt Gunter Kreutz. „Wir orientieren uns an Klängen, weil wir darauf geprägt sind, auf alles zu achten und das, was wir hören, direkt zu bewerten.“ So löst Musik reflexartig emotionale Reaktionen aus. Wie zum Beispiel jene der 120 Säuglinge und Kleinkinder, die im Rahmen einer finnisch-schweizerischen Studie im Rhythmus von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ mitstrampelten.

Der Zauber der Töne bleibt erhalten

„Die Erfahrung, dass Klänge wirken können, ohne uns etwas Bestimmtes mitzuteilen, begleitet uns über die ganze Lebensspanne“, bestätigt Professor Kreutz. Dieser Zauber der Töne und Harmonien bleibt auch dann erhalten, wenn wir viele andere Fähigkeiten bereits verloren haben: „Dementen Menschen ist es oft noch möglich, sich an Lieder zu erinnern, wenn sie kaum noch auf Sprache zugreifen können“, so Kreutz.

Musik und Gemeinschaft

Der Musikwissenschaftler, der sich besonders mit der Wirkung des gemeinschaftlichen Singens beschäftigt, betont, wie bedeutsam Musizieren für die menschliche Entwicklung ist. Musik schaffe Empathie und Kooperationsbereitschaft. Die Sorge, man sei unmusikalisch, entkräftet er: Musikalität habe nichts mit individueller Begabung oder Veranlagung zu tun. „Wir verfügen alle über mehr als genug Musikalität, um in einem Chor mitzusingen oder Tanzen zu gehen. Selbst ein Musikinstrument zu erlernen, ist überhaupt keine Frage des Alters, sondern der Motivation.“

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Musik als Therapie

Musiktherapie ist eine echte Heilmethode gegen Stress und Schlafstörungen. Der Klang moduliert durch seine Wirkung auf die Hypothalamus-Hypophysen-Achse und das vegetative Nervensystem eine Reihe von Stoffwechselreaktionen des Körpers. Die Musiktherapie ist eine Disziplin, die auf der Nutzung von Musik als erzieherische, rehabilitative und therapeutische Maßnahme beruht. Das Musikerlebnis wirkt sich positiv auf die kognitiven Funktionen, die motorischen Fähigkeiten und die emotionale Entwicklung aus. Eingesetzt wird diese Therapie in der Schwangerschaft, bei Tinnitus (tinnituszentrierte Musiktherapie), im erzieherischen Umfeld sowie in der onkologischen, palliativen und geriatrischen Medizin. Auch in der Psychiatrie findet sie erfolgreich Anwendung. Darüber hinaus reduziert Musiktherapie die Symptome von Schizophrenie, kontrolliert Angstzustände und kann autistischen Kindern helfen.

Musik als Schlafhilfe

Beruhigende Musik kann eine wichtige Schlafhilfe sein. Schlafmusik ist in der Lage, die Aktivität des sympathischen Nervensystems zu reduzieren, den Blutdruck, die Herz- und die Atemfrequenz zu senken und Angstzustände zu lindern. In Bezug auf schlaffördernde Musik gibt es jedoch Eigenschaften, wie etwa eine bestimmte Entspannungs-Frequenz, die immer wieder beobachtet werden.

ASMR: Autonome sensorische Meridianreaktion

Für Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden, gibt es Hörstimuli, die schläfrig machen und entspannungsfördernd wirken können. Zu diesen gehört ASMR - Autonomous Sensory Meridian Response bzw. ASMR-Geräusche. Das bedeutet „autonome sensorische Meridianreaktion“ und bezeichnet per Definition eine Reaktion des Gehirns auf unterschiedliche Klänge. Zu den populären ASMR-Geräuschen zählen z. B. das Geräusch des Zerknüllens von Papier, des Tickens von Fingernägeln auf einer festen Oberfläche oder eines leisen Flüsterns. Diese Geräusche lösen ein angenehmes und entspanntes Gefühl aus, das u. a. beim Einschlafen helfen kann.

Welche Musik eignet sich zum Entspannen und Schlafen?

Ob klassische Musik, New Age oder Ambient - zum Entspannen und somit auch zum Schlafen eignet sich am besten Instrumentalmusik. Gesang wirkt hingegen eher stimulierend auf das Gehirn; das gleiche gilt auch für Musikstücke, die man bereits kennt. Wenn man zur Ruhe kommen und abschalten möchte, kann auf bestimmte Musikgenre zurückgreifen. Klassische Musik zum Beispiel hat eine erhebliche entspannende Wirkung; sie senkt den Blutdruck und verringert die Ausscheidung des Stresshormons Kortisol. Auch Ambient Musik fördert Entspannung und Konzentration. Das gleiche gilt für keltische Musik, die ursprünglich verwendet wurde, um mit übernatürlichen Wesen zu kommunizieren. Neben Musik sind auch Naturgeräusche und weißes Rauschen hervorragend geeignet, um uns in einen tiefen Schlaf zu begleiten.

Weitere positive Effekte von entspannender Musik

Entspannende Musik hat viele wohltuende Wirkungen auf den Organismus. Sie kann Angstzustände und Stress reduzieren, unsere Konzentrationsfähigkeit verbessern, die Produktion von Endorphinen und Serotonin anregen und das Immunsystem stärken. Außerdem verbessert sie die Qualität der Nachtruhe, die Hirnfunktionen und die kognitiven Prozesse. Auf die Atemfunktion und Sauerstoffversorgung übt die Musik wiederum eine ausgleichende Wirkung aus. Wenn man Musik hört, werden im Gehirn chemische Stoffe und Hormone freigesetzt, die stimmungsaufhellend wirken, Angstzustände reduzieren, Freude vermitteln und die Konzentration fördern. Außerdem kann Musik positive emotionale Erfahrungen schaffen und sich dadurch positiv auf das Immunsystem auswirken.

Musik und das Nervensystem

Musik trägt, sowohl wenn sie gehört als auch wenn sie praktiziert wird, zur Freisetzung bestimmter, für die geistige Gesundheit wesentlicher Stoffe bei, darunter Dopamin, das Glückshormon Serotonin und Oxytocin - ein Hormon, das unser Sozialverhalten beeinflusst und unsere Empathie-Neigung stimuliert. Beim Menschen ist das Gehör der erste Sinn, der sich entwickelt. Nach drei Schwangerschaftsmonaten kann der Fötus bereits hören und zwei Monate vor der Geburt ist der in der Lage, Rhythmus wahrzunehmen. Für Kinder ist entspannende Musik ein externer Reiz, der ihnen hilft, Stress abzubauen. Nur wenigen Lebewesen gelingt es, Klängen und Musik gegenüber gleichgültig zu bleiben. Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und Pflanzen reagieren auf Klangreize. Wie bei den Menschen stimulieren auch bei ihnen Musiknoten das Nervensystem. Sie aktivieren bestimmte Bereiche, die chemische Neurotransmitter freisetzen und unsere vierbeinigen Freunde in einen Zustand des körperlichen und psychischen Wohlbefindens versetzen.

Safe and Sound Protocol (SSP)

Safe and Sound Protocol (SSP) heißt die von dem amerikanischen Neurowissenschaftler Stephen Porges entwickelte musikgestützte Methode, die bisher in Deutschland leider nur von sehr wenigen Therapeuten angewandt wird. Der Hauptnerv unseres parasympathischen Nervensystems ist der Vagusnerv. Der ältere Teil ist der dorsale (hintere) Vagus. Dieser entwickelte sich vor etwa 500 Mio. Jahren. Der neuere Teil - der ventrale (vordere) Vagus -, über den nur Säugetiere verfügen, ist vor etwa 80 Mio. Jahren entstanden. In seiner Polyvagal-Theorie beschreibt Porges u. a., dass unser ANS mittels Signalen aus der Umwelt und aus den inneren Organen die Umgebung rund um die Uhr daraufhin überprüft, ob sie sicher, gefährlich oder sogar lebensbedrohlich erscheint. Dieses Abscannen, Neurozeption genannt, geschieht unwillkürlich.

Die Polyvagal-Theorie

  1. Identifiziert unser ANS eine Situation als sicher, reagiert es mit einer Aktivierung des vorderen Vagusastes (ventraler Vagus). In diesem Zustand sind wir fähig zu sozialer Interaktion.
  2. Erscheint die Umgebung in der Einschätzung des ANS als gefährlich, wird der mobilisierende Sympathikus aktiviert. Unser Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor.
  3. Interpretiert unser ANS eine Situation sogar als lebensbedrohlich und gleichzeitig Kampf oder Flucht als aussichtslos, bewirkt der hintere Vagusast (dorsaler Vagus) ein Erstarren bzw. Erschlaffen.

Menschen sind von ihrer Entwicklung her Rudeltiere. Um uns wirklich sicher und geborgen zu fühlen, sind wir daher auf soziale Interaktionen angewiesen. Einen wichtigen Sinneskanal für das Gefühl der Geborgenheit stellt dabei unser Gehör dar. Die Frequenz der weiblichen Stimme (ca. 220 Hz) zeigt sich in Untersuchungen als besonders beruhigend. Demgegenüber sind tiefe Frequenzen entwicklungsbiologisch mit Raubtiergebrüll assoziiert. Unser Gehör ist in der Lage, sich auf bestimmte Frequenzen zu fokussieren. Dazu wird die Spannung des Trommelfells über den musculus stapedius erhöht. Das ist vergleichbar mit der Fähigkeit, unsere Sehschärfe auf verschiedene Entfernungen einzustellen. Tragischerweise ist die Muskulatur, die wir benötigen, um unser Gehör auf genau diese Frequenz auszurichten, bei vielen Menschen, die ein Trauma erlitten haben, erstarrt und quasi auf den Empfang von tiefen Frequenzen „eingerastet“. Dadurch ist dieser wichtige Kanal für das Empfinden von Sicherheit blockiert.

Die Entwicklung des SSP

In über vierzigjähriger Forschungstätigkeit hatte Porges erkannt, dass über den Gehörsinn eine Möglichkeit zur Einflussnahme auf das autonome Nervensystem besteht. Was würde geschehen, so überlegte er, wenn es gelingen könnte, den musculus stapedius wieder zu entspannen? Der Theorie nach müsste dieses unmittelbare Auswirkungen auf den Zustand des Nervensystems haben. Also konzentrierte er seine Forschungen auf die Entwicklung einer Methode, die genau dieses bewirken kann. In Untersuchungen fand Porges heraus, dass die Stimmmelodie (Prosodie) einer Mutter, die ihren Säugling beruhigt, epochen- und kulturübergreifend ähnlich klingt. Diese Sprachmelodie wirkt auf unser Nervensystem als Signal von Sicherheit. Also wählte er normale amerikanische Popsongs, in die mit einem aufwendigen Algorithmus genau diese Prosodie eingearbeitet ist. Zudem werden die Frequenzen, die mit Gefahren assoziiert sind, herausgefiltert. Ursprünglich wurde das SSP zur unterstützenden Behandlung von Menschen, die unter einer Autismus-Spektrum-Störung leiden, entwickelt.

Wirksamkeit des SSP

Das SSP scheint eine positive Wirkung auf die Symptomatik der behandelten Klienten zu zeigen. Bei einer Umfrage wurden Klienten befragt, die in den vergangenen zwei Jahren das SSP durchlaufen haben. Das waren ausschließlich Erwachsene im Alter zwischen 18 und 63 Jahren. Von den angefragten 14 Klienten haben zehn den Fragebogen ausgefüllt und zurückgesandt. Im Fragebogen abgefragt wurden verschiedene Symptombereiche nach den Kategorien „deutliche Verbesserung“, „leichte Verbesserung“, „unverändert“, „schlechter geworden“. Der dreiseitige Fragebogen umfasste zehn Fragen zu Ablauf der Behandlung, Symptomen während der Behandlung und Wirkungen im Verlauf und nach der Behandlung.

Ablauf der Behandlung

Zur Durchführung des „Safe and Sound Protocols“ sind in der Regel sechs Sitzungen notwendig. Die erste Sitzung dient dem gegenseitigen Kennenlernen und der Abklärung, ob das Save and Sound Protocol für die gegebene Problematik geeignet erscheint. Für die eigentliche Behandlung sind dann fünf weitere Sitzungen à 90 Minuten (inklusive Vor- und Nachbesprechung) an fünf aufeinanderfolgenden Tagen erforderlich. In dieser Zeit hören die Klienten über Kopfhörer die speziell bearbeitete Musik. Dabei werden sie von einem Therapeuten aktiv begleitet. Um eine Überflutung der Teilnehmenden und damit eine mögliche Retraumatisierung zu verhindern, benötigt es erfahrene therapeutische Unterstützung. Deshalb kann es mitunter auch erforderlich sein, die ursprünglich geplante Dauer von sechs Sitzungen auszudehnen. Nach Abschluss der Behandlung tritt oft eine spürbare Regulation des autonomen Nervensystems ein, die sich im Verlauf der folgenden drei Monate noch weiter festigt. Teilnehmer berichten u. a.

Weitere Möglichkeiten zur Entspannung durch Musik

Mindlab International und Weightless

Mindlab International experimentiert seit Jahren an Möglichkeiten, die menschliche Psyche gezielt auf Entspannung zu polen. Sie sind der Meinung: Wir sollten gezielt entspannende Musik hören. Vor allem einen bestimmten Song: das Lied Weightless des Künstlers Marconi Union. Der atmosphärische Elektro-Synth-Sound wurde nur für den Zweck kreiert, Stress zu senken. Die Forscher*innen ließen ihre Testpersonen Rätsel und Puzzles lösen, die Stress auslösen. Gemessen wurden dabei ihre Blutwerte, der Herzschlag und die Atmung. Weightless war so effektiv, dass es einige Testpersonen nach wenigen Sekunden bereits schläfrig machte. "Wir warnen daher eindrücklich davor, das Lied während des Autofahrens oder anderen Aktionen, bei denen eine derartige Ablenkung gefährlich werden könnte, zu hören", schrieb Lewis. Mindlab Insitut bietet auch eine Playlist mit weiterer Musik, die den Stressabbau fördert.

Musik bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Klassische Musik zählt zu den am häufigsten empfohlenen Musikstilen für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, denn sie wirkt sich positiv auf unser autonomes Nervensystem aus. Auch bei Ängsten, Depressionen, Schmerzen, Stress und Schlafstörungen kann klassische Musik eine therapeutische Wirkung haben. Sie beeinflusst unser Immunsystem positiv und führt zur Steigerung von Konzentration, Kreativität und Tatkraft. Professor Dr. Hans-Joachim Trappe (Orgel) und Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher (Querflöte) haben die Benefiz-CD „Herztöne 4 - Musik für die Gesundheit“ eingespielt. Diese CD wurde von Professor Dr. Hans-Joachim Trappe (Orgel) und Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher (Querflöte) in der Fürstlichen Abteikirche Amorbach eingespielt.

Neuro-Soundeffekte

Neuro-Soundeffekte sind spezielle akustische Signale, die gezielt beide Gehirnhälften synchronisieren, harmonisieren oder aktivieren. Werden beide Gehirnhälften abwechselnd stimuliert, so verbinden und vernetzen sie sich miteinander. Dieser Effekt kann auch mit einer speziellen Art von Musik erzielt werden, indem beide Gehirnhemisphären synchron geschaltet werden. Die Musik mit bilateraler Hemisphärenstimulation ist so aufgebaut, dass der Takt jeweils von links nach rechts geht, sich also abwechselt. Teile der Musik wechseln mit jedem Taktschlag die Seite und damit das Ohr. Die Gehirnhälften werden dadurch abwechselnd aktiviert. Das Gehirn wird besser vernetzt, vorhandene neuronale Netzwerke werden stimuliert und aus- bzw. umgebaut. Eine derartige Musik hat eine harmonisierende und beruhigende Wirkung auf Körper und Geist. Sie wirkt auf den Erregungszustand des gesamten Nervensystems wohltuend und entspannend. Dieser Effekt stellt sich beim Hören schon nach wenigen Minuten ganz automatisch ein. Durch die spezielle Aktivierung des Gehirns kann die Musik auch im Wachzustand eingesetzt werden.

Frequenzen

Die richtigen Frequenzen bringen uns zur Ruhe, lösen uns aus den Grübelzwängen des Alltags, helfen uns endlich loszulassen. Der sanfte Aufbau, der ruhige Rhythmus und die langsame Geschwindigkeit unserer Anti-Stress-Musik ermöglichen es dem Gehirn und dem Körper, sich zu schnell entspannen und zuverlässig Stress abzubauen. In einigen Teilen werden beruhigende Naturgeräusche, wie Meeresrauschen, beruhigenden Regen oder sanfte Vogelstimmen benutzt. Die Frequenzen 432Hz und 528 Hz haben einen beruhigenden Effekt auf das Nervensystem und können dazu beitragen, die Muskelspannung zu reduzieren. Sie fördern das innere Gleichgewicht und haben eine beruhigende Wirkung auf das Gehirn.

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