Nächtliche Wadenkrämpfe können eine quälende Erfahrung sein, besonders im Alter. Die plötzlichen, unwillkürlichen und schmerzhaften Kontraktionen der Wadenmuskulatur können den Schlaf stören und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen nächtlicher Krämpfe im Alter und bietet Einblicke in wirksame Behandlungs- und Präventionsstrategien.
Was sind nächtliche Wadenkrämpfe?
Als Wadenkrampf bezeichnet man ein ungewolltes, schmerzhaftes Anspannen (Kontraktion) der Beinmuskulatur. Die Muskelkontraktionen sind meist von außen sichtbar und dauern wenige Sekunden bis einige Minuten. Neben den Waden können Krämpfe auch im Fuß oder im Oberschenkel auftreten. Sie treten am häufigsten im Fuß, Unterschenkel oder Oberschenkel auf und dauern meist einige Sekunden bis mehrere Minuten. Durch Dehnen der Muskeln können die Schmerzen oft gelindert werden. In den meisten Fällen handelt es sich um ein relativ harmloses Phänomen, das von selbst vorübergeht. In manchen Fällen können wiederkehrende, nächtliche Wadenkrämpfe jedoch im Rahmen von anderen Erkrankungen oder auslösenden Faktoren entstehen. Zu unterscheiden ist das sog. Restless-Legs-Syndrom, bei dem Betroffene unter störenden nächtlichen Missempfindungen in den Beinen leiden.
Symptome nächtlicher Wadenkrämpfe
Bei nächtlichen Beinkrämpfen handelt es sich klassischerweise um plötzlich auftretende, häufig sehr schmerzhafte Kontraktionen der Wadenmuskulatur, die mit einer tastbaren Verhärtung einhergehen. Sie treten am häufigsten im Fuß, Unterschenkel oder Oberschenkel auf und dauern meist einige Sekunden bis mehrere Minuten. Durch Dehnen der Muskeln können die Schmerzen oft gelindert werden.
Ursachenforschung: Warum treten nächtliche Krämpfe im Alter auf?
Die Ursachen für nächtliche Wadenkrämpfe im Alter sind vielfältig und oft nicht eindeutig zu bestimmen. In vielen Fällen ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verantwortlich für den Muskelkrampf. Es gibt oft zwei entgegengesetzte Gründe für „normale“ bzw. eher harmlose Wadenkrämpfe: Entweder belasten Personen mit Wadenschmerzen ihre Muskeln zu sehr oder zu wenig.
Einige der häufigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:
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- Muskelverkürzung und Bewegungsmangel: Die Verkürzung der Muskeln im Alter ist oft auf mangelnde Bewegung und den altersbedingten Abbau der Muskelmasse zurückzuführen. Mobilitätseingeschränkte Personen bewegen sich häufig nicht regelmäßig. Dadurch baut die Muskulatur ab und die Muskeln verkürzen sich. Falsche Belastungen der Muskeln können dieses Problem weiter verschärfen.
- Flüssigkeitsmangel: Ein weiterer Knackpunkt ist, dass sich das Trinkverhalten im Alter verändert - durch die alternden Sinneszellen lässt das Durstgefühl nach, ältere Menschen trinken deshalb weniger. Flüssigkeitsmangel erhöht das Risiko für Wadenkrämpfe. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät zu 1,5 l Trinkflüssigkeit täglich, auch für Senior:innen - die Flüssigkeitsmenge sollte stets an die Situation angepasst sein.
- Elektrolytstörungen: Der Körper benötigt für die Reizübertragung von Nerven auf Muskeln bestimmte Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Magnesium. Ein Mangel an Mineralien und Salzen, der durch eine unzureichende Flüssigkeitszufuhr entsteht, trägt ebenfalls zu Krämpfen im Alter bei.
- Medikamente: Zahlreiche Medikamente können das Auftreten von Muskelkrämpfen begünstigen. Am häufigsten scheint diese Problematik unter Diuretika, Statinen und unter inhalativen Beta-2-Sympathomimetika aufzutreten.
- Alkohol: Wer regelmäßig Alkohol trinkt, hat häufiger unter solchen nächtlichen Wadenkrämpfen zu leiden. Zumindest ab einem gewissen Alter. Und dabei muss gar nicht viel Alkohol im Spiel sein.
- Grunderkrankungen: Häufige Muskelkrämpfe im Alter können auf eine Reihe von Erkrankungen hinweisen, die weiter untersucht werden sollten. Stoffwechselerkrankungen wie Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison oder Schilddrüsenunterfunktion, neurologische Krankheiten wie Polyneuropathie oder ALS können das Auftreten von Wadenkrämpfen wahrscheinlicher machen. Ebenso können nächtliche Wadenkrämpfe Symptom einer beginnenden Varikose bzw.
- Weitere Faktoren: Starke körperliche Anstrengung, besonders bei großer Hitze, Schwangerschaft, Stoffwechselerkrankungen wie Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison oder Schilddrüsenunterfunktion, Neurologische Krankheiten wie Polyneuropathie oder ALS, bestimmte Medikamente, Alkoholkonsum.
Diagnose: Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
In den allermeisten Fällen sind Muskelkrämpfe harmlos und bedürfen keiner weiteren Diagnostik. Einen Arzt sollten Sie dann kontaktieren, wenn die Muskelkrämpfe gehäuft auftreten, sie länger als ein paar Sekunden anhalten oder wenn sie sich nicht einfach durch Dehnen auflösen lassen. Dann könnten sie ein Anzeichen für eine Stoffwechsel- oder Nervenerkrankung sein. Auch sollten Sie nicht zögern, in die Arztpraxis zu gehen, wenn Muskelkrämpfe Sie in Ihrem Alltag beeinträchtigen.
Eine ärztliche Abklärung ist wichtig, um zugrunde liegende Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln. Der Patient sollte für etwa 4 bis 8 Wochen die Häufigkeit und die Schwere der Muskelkrämpfe erfassen. Er sollte potenzielle Auslösefaktoren wie beispielsweise Alkohol meiden.
Die Anamnese von Patienten mit Muskelkrämpfen ist für die Diagnose entscheidend. Wichtige Differenzialdiagnosen lassen sich bereits im Gespräch gut differenzieren. Üblicherweise handelt es sich um einen starken Schmerz, der meist im Bereich der Wade oder des Fußgewölbes lokalisiert ist. Der Schmerz hält für wenige Sekunden bis maximal 10 Minuten an. Auch nach dem Krampf kann ein Schmerz noch persistieren. Häufig kommt es zu Schlafstörungen.
Differenzialdiagnostisch sollte an ein - anamnestisch gut abgrenzbares - Restless-legs-Syndrom (RLS) gedacht werden. Die Patienten beschreiben einen Bewegungsdrang meist der Beine. Dieser ist häufig assoziiert mit unangenehmen Missempfindungen wie beispielsweise Kribbeln oder Brennen. Die Beschwerden treten häufig in Ruhephasen auf und bessern sich durch Herumlaufen und durch körperliche Aktivität. Der Schlaf kann ebenso beeinträchtigt sein. Schmerzen sind beim RLS nachrangig und die Beschwerden bessern sich im Gegensatz zu den Muskelkrämpfen durch Bewegung.
Die Lokalisation der Krämpfe ist zu erfragen. Sofern sie häufig am Rumpf, den Armen oder den Oberschenkeln auftreten, sollte der Patient zur Mitbeurteilung neurologisch vorgestellt werden. Anamnestisch ist zu klären, ob es Hinweise für Muskelerkrankungen in der Familie gibt. Es ist wichtig, eine vollständige Medikamentenanamnese zu erheben.
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Eine neurologische Abklärung sollte erfolgen, sofern sich Hinweise für eine Schädigung des ersten Motorneurons ergeben. Auch bei Hinweisen für eine Schädigung des 2. Motoneurons sollte eine neurologische Mitbeurteilung erfolgen.
Symptomatische Muskelkrämpfe können beispielsweise im Rahmen körperlicher Anstrengung oder einer Schwangerschaft auftreten. Zahlreiche internistische Erkrankungen wie Schilddrüsenfunktionsstörung, Diabetes mellitus, Hämodialyse, Leberzirrhose begünstigen das Auftreten von Muskelkrämpfen.
Was hilft akut bei einem Wadenkrampf?
Als Sofortmaßnahme bei einem Krampf reicht es meist, den Muskel zu massieren und langsam und vorsichtig zu dehnen. Als Erste-Hilfe-Maßnahme bei einem nächtlichen Wadenkrampf wenden die meisten Personen oft instinktiv das richtige Mittel an: Sie dehnen die Wadenmuskulatur, indem sie - auch unter Zuhilfenahme der Hände - die Ferse nach vorne ausstrecken und die Zehen zurückziehen. Am einfachsten gelingt dies, wenn Sie die Zehen - eventuell mithilfe der Hand - in Richtung Schienbein ziehen und die Position für einige Sekunden halten. Im Stehen kann man das betroffene Bein nach hinten strecken und die Ferse fest auf den Boden drücken. Auch eine warme Dusche oder eine auf die betroffene Stelle gelegte Wärmflasche können hilfreich sein, da beides die Muskulatur entspannt. Alternativ können Sie versuchen, den schmerzenden Muskel mit den Händen leicht zusammenzuschieben. Schieben Sie dazu mit sanftem Druck gleichzeitig von Kniegelenk und Ferse aus den Unterschenkel mit den Handflächen zusammen. Das Ausschütteln der Beine und vorsichtiges Gehen können einen Krampf im Bein ebenfalls lindern.
Prävention: Was kann man tun, um Krämpfen vorzubeugen?
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, nächtlichen Wadenkrämpfen im Alter vorzubeugen:
- Regelmäßige Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der betroffenen Muskeln oder leichte sportliche Betätigung, etwa auf dem Heimtrainer, für einige Minuten vor dem Schlafengehen. Regelmäßige Dehnübungen sollten mehrmals am Tag für circa 30 Sekunden durchgeführt werden. Die Übungen sollten 3-mal wiederholt und zwischen den Durchgängen Pausen von wenigen Sekunden eingehalten werden.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, mindestens anderthalb bis zwei Liter pro Tag - insbesondere nach dem Sport, nach körperlicher Arbeit und an warmen Tagen. Trinken Sie ausreichend Wasser oder isotonische Getränke, um den Elektrolythaushalt auszugleichen.
- Ernährung: Überprüfen Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten und stellen Sie sicher, dass Ihre Versorgung mit den wichtigsten Mineralstoffen, vor allem Magnesium, gewährleistet ist. Magnesiumreich ernähren: Hinter häufigen Wadenkrämpfen kann ein Magnesiummangel stecken - Ihr Familienmitglied muss aber nicht gleich zu Ergänzungspräparaten greifen. Probieren Sie doch einmal Magnesiumspender auf den Speiseplan zu setzen - dazu zählen Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Fisch.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Meiden Sie dagegen Alkohol und Koffein. Reduzieren Sie ggf. Ihren Alkohol und Koffeinkonsum. Auch das Rauchen sollte dringend vermieden werden, da es die Durchblutung beeinträchtigt und somit das Risiko für Muskelkrämpfe erhöht.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist entscheidend, um Muskelkrämpfen im Alter vorzubeugen. Gelenkschonende Sportarten wie Gymnastik, Schwimmen oder Radfahren sind besonders empfehlenswert, da sie die Muskeln stärken, ohne die Gelenke zu belasten.
- Schuhwerk: Auch ein Verzicht auf Schuhe mit hohen Absätzen kann das Auftreten nächtlicher Wadenkrämpfe vermindern.
- Medikamente überprüfen: Lösen Medikamente bei Ihnen Wadenkrämpfe aus, können Sie - in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt - prüfen, ob es alternative Präparate gibt.
- Behandlung von Grunderkrankungen: Liegen Grunderkrankungen als Ursache vor, werden diese behandelt. Ebenso wird versucht, die Einnahme möglicherweise auslösender Medikamente zu beenden.
- Hausmittel: Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe.
Medikamentöse Behandlung
Die medikamentöse Behandlung der Muskelkrämpfe beruht im Wesentlichen auf der Therapie mit Chinin. Gemäß der neurologischen Leitlinie sollte zunächst ein Versuch mit der Gabe von Magnesium aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden - auch wenn die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Je nach Alter und Geschlecht liegt die empfohlene Tageszufuhr für Magnesium gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bei 300-400 mg pro Tag. Im Zusammenhang mit der Einnahme von Magnesium kann es zu Durchfällen kommen. Insbesondere bei einer bestehenden Niereninsuffizienz muss die Gefahr einer Hypermagnesiämie beachtet werden.
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Die Gabe von Chinin zur vorbeugenden Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen ist etabliert und durch Studien belegt. Insofern wird diese Therapie auch in der aktuellen neurologischen Leitlinie empfohlen. Chininsulfat kann zur Prophylaxe von Muskelkrämpfen verordnet werden, da es zu Veränderungen im Bereich der neuromuskulären Übertragung führt. Es verlängert die Refraktärzeit durch direkte Wirkung auf die Muskelfaser. Es vermindert die Erregbarkeit an der motorischen Endplatte, eine Wirkung ähnlich der von Curare. Außerdem beeinflusst es die Verteilung von Kalzium in der Muskelfaser.