Kopfschmerzen sind ein weit verbreitetes Leiden, das von dumpfen Schmerzen bis hin zu pochenden oder hämmernden Empfindungen reichen kann. Doch nicht alle Schmerzen im Kopfbereich sind gleich. Ein brennendes Gefühl, das sich im Kopf oder im Gesicht manifestiert, kann auf Nervenschmerzen hindeuten, die auch als Neuralgien bezeichnet werden. Diese können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und erfordern eine gezielte Diagnose und Therapie.
Arten und Ursachen von Kopfschmerzen und Neuralgien
Die internationale Kopfschmerzgesellschaft unterscheidet über 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen, die sich in primäre und sekundäre Kopfschmerzen unterteilen lassen. Primäre Kopfschmerzen treten ohne erkennbare Ursache auf, während sekundäre Kopfschmerzen durch andere Erkrankungen bedingt sind. Neuralgien, also Nervenschmerzen, können in allen Körperpartien auftreten und werden häufig als Brennen oder Stechen empfunden.
Primäre Kopfschmerzen
Zu den häufigsten primären Kopfschmerzformen gehören Spannungskopfschmerzen und Migräne.
Spannungskopfschmerzen äußern sich durch einen drückenden, dumpfen oder ziehenden Schmerz auf beiden Kopfseiten, der leicht bis mittelstark ist und nicht von Übelkeit oder Erbrechen begleitet wird. Körperliche Aktivität verstärkt den Schmerz nicht.
Migräne hingegen ist durch einen pulsierenden, pochenden oder hämmernden Schmerz gekennzeichnet, der oft nur eine Kopfseite betrifft und von Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit begleitet wird. Körperliche Aktivität kann den Schmerz verstärken.
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Sekundäre Kopfschmerzen und Neuralgien
Sekundäre Kopfschmerzen sind die Folge einer anderen Erkrankung. Neuralgien, oder Nervenschmerzen, können akut oder chronisch auftreten und werden häufig als Brennen oder Stechen empfunden. Charakteristisch für Neuralgien ist eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Hitze-, Kälte-, Druck- oder Berührungsreizen im betroffenen Hautbereich. Neben physischen Reizen können auch Stress oder Depressionen Neuralgien auslösen. Nervenschmerzen haben ihren Ursprung im oder am Nerv selbst, wobei einzelne Nerven oder Teile des Nervensystems durch Infektionen, Stoffwechselerkrankungen oder Verletzungen geschädigt sein können.
Trigeminusneuralgie: Ein Beispiel für Nervenschmerzen im Gesicht
Eine häufige Form von Nervenschmerzen im Kopfbereich ist die Trigeminusneuralgie. Dabei schießen blitzartig Schmerzen in eine Gesichtshälfte ein, die von Betroffenen als äußerst quälend empfunden werden.
Ursachen und Triggerreize
Bei der Trigeminusneuralgie werden die Ursachen der Erkrankung und die Triggerreize (Auslöser) der Schmerzattacken unterschieden. Die Symptome der klassischen Trigeminusneuralgie entstehen wahrscheinlich durch elektrische Ladungsübersprünge zwischen einem Blutgefäß, das eng am Nervus trigeminus (fünfter Hirnnerv) anliegt, und dem Nerv selbst. Eine symptomatische Trigeminusneuralgie wird meist durch eine Grunderkrankung ausgelöst.
Triggerreize beziehen sich nicht auf die Ursache der Erkrankung selbst, sondern auf den Auslöser der jeweiligen Schmerzattacke. Diese Trigger können sehr unterschiedlich sein und oft rufen ganz alltägliche Dinge den Schmerz hervor. Dazu gehören:
- Berühren des Gesichtes
- Lächeln beziehungsweise Lachen
- Kauen beziehungsweise Essen kalter oder heißer Speisen
- Trinken
- Zähneputzen
- Waschen des Gesichtes
- Sprechen
- Auftragen von Make-up
- Rasieren
- Zugluft
Unabhängig von Triggerreizen können die stechenden Schmerzen auch spontan auftreten, das heißt ohne Anlass. Sie strahlen meist in eines, selten in mehrere der drei Territorien der Gesichtshälfte aus, die durch die Äste des Nervus trigeminus versorgt werden. Am häufigsten ist der Gesichtsbereich betroffen, der vom Unterkieferast versorgt wird, seltener der Bereich des Oberkieferastes und in sehr seltenen Fällen der Bereich des Augenastes.
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Symptome und Anzeichen
Patienten berichten von folgenden Symptomen, die einzeln oder in Kombination auftreten können:
- Schwere blitzartige Schmerzen, die sich wie ein Elektroschock anfühlen
- Spontane starke Schmerzen, die durch Berührung des Gesichtes oder Kauen und Sprechen ausgelöst werden
- Serien hintereinander einschießender, starker Schmerzen, die wenige Sekunden bis Minuten anhalten
- Episoden schwerer Schmerzattacken über Wochen oder Monate, die sich mit Perioden abwechseln, in denen Betroffene keine Schmerzen haben
- Ein andauerndes, brennendes Gefühl kann bereits vor dem eigentlichen Auftreten des Gesichtsschmerzes vorhanden sein
- Schmerzen in der Region, die vom Trigeminusnerv versorgt werden, beispielsweise Augen, Wange, Lippen, Kiefer, Zähne, Zahnfleisch
Während bei der klassischen Trigeminusneuralgie zwischen den Schmerzattacken in der Regel Beschwerdefreiheit besteht, sind bei Patient:innen mit der symptomatischen Form die Schmerzen meist dauerhaft. Denkbar sind zudem auch Gefühlstörungen oder motorische Ausfälle im Versorgungsbereich des Nervus trigeminus. Nicht zuletzt ist der Augenast bei der symptomatischen Form häufiger betroffen, als bei der klassischen Form.
Diagnose und Therapie
Wenn Sie Symptome einer Trigeminusneuralgie verspüren, sollten Sie Ihre hausärztliche Praxis aufsuchen. Die Diagnose wird in der Regel anhand der typischen Symptome und einer neurologischen Untersuchung gestellt. In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie MRT erforderlich sein, um andere Ursachen auszuschließen.
Die Behandlung der Trigeminusneuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Häufigkeit der Schmerzattacken zu reduzieren. Medikamentös wird in der Regel Carbamazepin eingesetzt, das stabilisierend auf die Nervenmembran wirkt. Andere Medikamente wie Gabapentin oder Pregabalin können ebenfalls verwendet werden, insbesondere wenn Patient:innen Carbamazepin nicht vertragen oder dieses nicht ausreichend wirksam ist.
In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um den Druck auf den Trigeminusnerv zu reduzieren. Die mikrovaskuläre Dekompression (MVD) ist ein chirurgisches Verfahren, bei dem Blutgefäße, die auf den Trigeminusnerv drücken, vorsichtig verlagert werden. Perkutane Verfahren wie die Thermokoagulation nach Sweet oder die Glyzerinrhizolyse sind minimalinvasive Behandlungsmethoden, die ebenfalls eingesetzt werden können. Die stereotaktische Radiochirurgie ist eine nicht-invasive Behandlungsoption, die insbesondere für Patient:innen in Frage kommt, die für eine Operation nicht geeignet sind oder diese ablehnen.
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Zervikogener Kopfschmerz: Wenn der Schmerz vom Nacken kommt
Eine weitere Ursache für Kopfschmerzen, die oft mit Nervenschmerzen verwechselt werden, ist der zervikogene Kopfschmerz. Dieser beginnt am Hinterkopf und breitet sich über den Kopf nach vorn aus. Die Ursache dafür ist eine Erkrankung im Bereich der Halswirbelsäule.
Ursachen und Symptome
Der Schmerz entsteht durch die Reizung einer sensiblen Nervenwurzel eines oberen Halswirbels, die den Hinterkopf und Nacken versorgt. Über Nervenverbindungen strahlt der Schmerz weiter nach vorn aus. Die Reizung kann hervorgerufen werden durch:
- Entwicklungsstörungen am Übergang zwischen Wirbelsäule und Schädel
- Tumoren im Bereich des Übergangs zwischen Wirbelsäule und Schädel oder der oberen Halswirbelsäule
- Morbus Paget des Schädels
- Rheumatoide Arthritis der oberen Halswirbelsäule
- Morbus Bechterew
- Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule (zervikale Spondylose)
- Knochenbruch der oberen Halswirbelsäule
- Schleudertrauma
- Eine bakterielle Infektion der oberen Wirbelkörper (Osteomyelitis)
- Verletzungen oder degenerative Veränderungen (Verschleißerscheinungen) der Gelenke der oberen Halswirbelsäule
- Eine Sehnenentzündung im Halsbereich (retropharyngeale Tendinitis)
- Eine Störung der Muskelspannung im Halsbereich (Dystonie)
Der meist dumpf-ziehende Schmerz beginnt am Hinterkopf und zieht über den Kopf nach vorn. Er wird meist als moderat empfunden und hält über Stunden bis Tage an, wobei er sich zuweilen plötzlich verstärken kann. Oft lässt sich der Schmerz durch Druck auf die Nackenmuskulatur oder bestimmte Kopfbewegungen auslösen. Zervikogener Kopfschmerz kann von verschiedenen Symptomen begleitet sein:
- Nackenschmerzen kommen häufig vor, aber nicht immer.
- Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, jedoch in geringerem Ausmaß als bei Migräne
- Diffuse Schmerzen in Schulter oder Arm
- Selten treten Schluckstörungen, Schwindel, Tränenfluss, eine laufende Nase oder eine Schwellung im Augenbereich auf.
Diagnose und Behandlung
Ärztinnen fragen Sie zunächst nach den Merkmalen der Kopfschmerzen, Begleitsymptomen sowie möglichen Auslösern. Bei einer körperlichen Untersuchung von Kopf, Hals, Wirbelsäule und Schulter werden u. a. die Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Verhärtungen der Muskulatur, Druckempfindlichkeit oder Schmerzen bei bestimmten Bewegungen überprüft. Um mögliche Ursachen näher abzuklären, werden u. U. bildgebende Verfahren verwendet (Röntgen/CT/MRT). Je nach vermuteter Ursache erfolgt eine Überweisung an Neurologinnen, Orthopädinnen oder Schmerzspezialistinnen.
Für den zervikogenen Kopfschmerz selbst gibt es bislang keine wirksame Therapie - nach Möglichkeit wird die zugrunde liegende Ursache behandelt. Zur Schmerzlinderung können je nach Ursache Physiotherapie, manuelle Therapie, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Bewegung und körperliche Aktivität eingesetzt werden. Arzneimittel, die ohne eine Zulassung für zervikogenen Kopfschmerz verwendet werden (Off-Label-Therapie), sind:
- Schmerzmittel wie Ibuprofen
- Medikamente, die die Muskeln entspannen und dadurch Schmerzen lindern sollen (Muskelrelaxanzien)
- Bestimmte Antidepressiva
- Krampflösende Wirkstoffe (Antikonvulsiva), die eigentlich zur Behandlung von Epilepsie dienen
Polyneuropathie: Wenn viele Nerven betroffen sind
Ein Gefühl, als würden Ameisen über die Beine laufen, Schmerzen oder fehlendes Temperaturempfinden in Händen oder Füßen - diese Symptome können Anzeichen für eine Polyneuropathie sein. Der Zusatz „Poly“ drückt aus, dass nicht nur ein einzelner Nerv, sondern mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen geschädigt sind. Dadurch werden bei Betroffenen Reize zwischen Nerven, Rückenmark und Gehirn nicht mehr richtig weitergeleitet. Diese Funktionsstörung löst die typischen Beschwerden wie Schmerzen, Missempfindungen, Gefühlsstörungen oder Muskelschwäche aus.
Ursachen und Symptome
Schädigungen an den peripheren Nerven können etwa durch Entzündungsprozesse im Körper als Folge einer Autoimmunerkrankung oder einer Infektion mit bestimmten Viren beziehungsweise Bakterien auftreten. Dafür bekannte Erkrankungen sind unter anderem Borreliose, Diphtherie oder Gürtelrose. Oft steht die Polyneuropathie im Zusammenhang mit einer Diabeteserkrankung - dann handelt es sich um eine diabetische Polyneuropathie: Ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel schädigt die Nerven und führt zu den Beschwerden. Eine weitere häufige Ursache ist die Abhängigkeit von Alkohol, wegen seiner nervenschädigenden Wirkung bei langjährigem hohen Konsum.
Eine Polyneuropathie kann mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen, je nachdem, welche Nerven von der Erkrankung betroffen sind. Mediziner und Medizinerinnen unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien. Manche Menschen sind auch von mehreren Formen der Polyneuropathie gleichzeitig betroffen.
- Sensible Polyneuropathie: Beeinträchtigungen können zu Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Auch ein vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden ist möglich.
- Motorische Polyneuropathie: Eine Nervenschädigung kann Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe verursachen.
- Vegetative Polyneuropathie: Eine vegetative Polyneuropathie steht unter anderem mit Beschwerden wie Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktem Schwitzen in Verbindung - sie betrifft die Organfunktionen.
Diagnose und Behandlung
Eine neurologische Facharztpraxis ist die richtige Anlaufstelle bei Polyneuropathie. Um festzustellen, ob tatsächlich eine Polyneuropathie vorliegt, findet zuerst ein Gespräch statt. Dabei erkundigt sich der Mediziner oder die Medizinerin nach der Krankengeschichte und nach den vorliegenden Beschwerden. Auch eine körperliche Untersuchung ist wichtig. Dabei prüft der Mediziner oder die Medizinerin, ob Muskeln gelähmt oder geschwächt sind. Einschränkungen beim Reizempfinden oder eine Beeinträchtigung der Reflexe können bei der körperlichen Untersuchung ebenfalls auffallen.
Um den Ursachen auf den Grund zu gehen und um herauszufinden, welche Nerven wie stark geschädigt sind, gibt es zahlreiche Untersuchungsmethoden. Dazu gehören die Elektroneurographie und die Elektromyographie.
Um weitere Schäden zu verhindern und um die Beschwerden zu lindern, wird die zugrunde liegende Ursache beseitigt oder behandelt. Liegt etwa eine unbehandelte Diabeteserkrankung vor, muss der Blutzucker richtig eingestellt werden. Alkoholabhängige Menschen profitieren von einer Suchttherapie. Bei einem Vitaminmangel können Betroffene durch Ernährungsumstellungen einen Ausgleich schaffen. Führen Infektionen oder Entzündungen zu den Nervenschäden, können Antibiotika oder Kortison sinnvoll sein. Eine begleitende Schmerztherapie verschafft Betroffenen Linderung. Zum Einsatz kommen Antidepressiva und bestimmte Medikamente, die ursprünglich für Epilepsien entwickelt wurden (Antikonvulsiva). Je nach vorliegender Nervenschädigung können weitere Behandlungsansätze hilfreich sein, etwa Physio- oder Ergotherapie.
Weitere Ursachen für Nervenschmerzen
Nervenschmerzen können auch durch andere Faktoren ausgelöst werden, wie zum Beispiel:
- Nervengifte (Neurotoxine): Tierische, chemische oder pflanzliche Gifte können Nervenschmerzen verursachen.
- Psychische Faktoren: Angststörungen, Depressionen oder Stress können die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und Nervenschmerzen verstärken.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall kann auf einen Nerv drücken und ihn reizen, was zu Schmerzen führen kann, die bis in Gesäß und Bein ausstrahlen.
- Piriformis-Syndrom: Der Piriformis-Muskel kann auf den Ischias-Nerv drücken und ihn irritieren, was Schmerzen im unteren Rücken und Po verursachen kann.
- Post-Zoster-Neuralgie: Nach einer Gürtelrose können starke Nervenschmerzen auf der Haut auftreten, vor allem am Rumpf, an einem Arm oder im Gesicht.
- Diabetische Polyneuropathie: Überhöhte Zuckerwerte können die Nerven schädigen und zu Schmerzen am Fuß führen.
Was kann man gegen Kopfschmerzen und Neuralgien tun?
Um Schmerzen vorzubeugen, können Sie auch selbst aktiv werden:
- Verspannungen lösen: Spezielle Dehn- und Kräftigungsübungen oder eine wohltuende Massage können helfen, Verspannungen im Nackenbereich zu lösen, die zu Kopfschmerzen führen können.
- Stress reduzieren: Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft und Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Meditation können helfen, den Stresspegel zu senken.
- Kleine Veränderungen im Alltag: Regelmäßiges Lüften, Reduzierung der Bildschirmzeit und ausreichender und regelmäßiger Schlaf können für den Kopf eine wahre Wohltat sein.
- Lebensmittelunverträglichkeiten beachten: Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber Histamin können häufig Kopfschmerzen die Folge sein.
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