Neurochirurgie Bern Team: Innovation und Expertise im Dienste der Patienten

Die Neurochirurgie am Standort Bern zeichnet sich durch ein hohes Maß an Expertise, Innovation und interdisziplinärer Zusammenarbeit aus. Dies spiegelt sich in verschiedenen Bereichen wider, von der Behandlung komplexer neurologischer Erkrankungen bis hin zur Entwicklung und Anwendung neuester Technologien.

Tiefe Hirnstimulation bei Depression: Ein Novum am Inselspital

Ein interdisziplinäres Ärzteteam des Universitären Neurozentrums Bern hat am Inselspital erstmals eine tiefe Hirnstimulation (DBS) bei einer Patientin mit schwerer, therapieresistenter chronischer Depression durchgeführt. Die Patientin leidet seit zwei Jahrzehnten an dieser Erkrankung. Dieses Verfahren, das sich in den letzten zehn Jahren in der Behandlung von Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson etabliert hat, stellt einen vielversprechenden Ansatz für Patient:innen dar, bei denen andere Therapieformen versagt haben.

Die Technik der tiefen Hirnstimulation

Bei der DBS werden in einem minimalinvasiven neurochirurgischen Präzisionseingriff kleinste Elektroden im Gehirn implantiert. Diese Elektroden führen dem Gehirn über einen Hirnschrittmacher, der unter dem Schlüsselbein im Brustbereich implantiert wird, chronische elektrische Impulse zu. Neurolog:innen stellen den Hirnschrittmacher über ein externes Programmiergerät ein.

Pionierarbeit mit langer Tradition

Das Inselspital blickt auf eine lange Tradition in der Anwendung der tiefen Hirnstimulation zurück. Bereits 1998 wurde hier die erste Patientin mit dieser Technik behandelt. Unterdessen führt das interdisziplinäre Team bestehend aus Prof. Dr. med. Claudio Pollo, Stv. Chefarzt an der Universitätsklinik für Neurochirurgie (Klinikdirektor Prof. Dr. med. Andreas Raabe), Dr. med. Ines Debove, Dr. med. Lenard Lachenmayer, Oberärzte an der Universitätsklinik für Neurologie (Klinikdirektor Prof. Dr. med. Claudio Bassetti) und PD Dr. med. den Eingriff routinemäßig bei Patient:innen mit Bewegungsstörungen durch.

Tiefe Hirnstimulation für psychiatrische Erkrankungen: Ein Feld in den Kinderschuhen

Auch wenn das Verfahren der DBS bei Depressionen vergleichbar ist, steckt es für psychiatrische Erkrankungen noch in den Kinderschuhen. „Weltweit wurden bis dato rund 150 Fälle, die meisten davon in Studien, publiziert“, erklärt die Neurologin Ines Debove. Prof. Dr. med. Sebastian Walther, Stv. Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD), ist der behandelnde Psychiater.

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Kooperation für modernste Hirnchirurgie: Insel Gruppe und Swiss Medical Network

Im Kanton Bern entsteht ein neues Zentrum für hochpräzise Neurochirurgie durch eine Kooperation zwischen der Insel Gruppe und dem Swiss Medical Network. Das gemeinsame Ziel ist es, neue Standards für die Behandlung chronischer und therapieresistenter Erkrankungen zu setzen.

Magnetresonanztomografie-gesteuerte fokussierte Ultraschallchirurgie (MRgFUS)

Patient:innen mit komplexen neurologischen Erkrankungen wie essentiellem Tremor, Parkinson oder neuropathischen Schmerzen sollen von einer innovativen Therapieform profitieren: der Magnetresonanztomografie-gesteuerten fokussierten Ultraschallchirurgie (MRgFUS). Diese erlaubt Eingriffe tief im Gehirn ohne operative Öffnung des Schädels - präzise, risikoarm und mit kürzerer Erholungszeit. Die Eingriffe finden im Medizinischen Zentrum Ostermundigen statt, die medizinische Betreuung erfolgt im Neurozentrum des Inselspitals.

Vorteile der Kooperation

«Unsere Patient:innen werden den Vorteil haben, von einem sehr erfahrenen interdisziplinären Team behandelt zu werden», betont Marc Gallay, international anerkannter Experte auf dem Gebiet und Leiter des neuen Zentrums. «Die Kooperation mit Swiss Medical Network erweitert unser Spektrum an hochspezialisierten neurochirurgischen Behandlungen», erklärt Andreas Raabe, Klinikdirektor der Neurochirurgie am Inselspital. Auch Urs Fischer von der Universitätsklinik für Neurologie betont, dass die Partnerschaft ein entscheidender Fortschritt ist und nicht nur klinisch, sondern auch wissenschaftlich neue Perspektiven bringt. Neben der verbesserten Patient:innenversorgung soll auch die medizinische Forschung und Ausbildung von der Kooperation profitieren - und damit langfristig der gesamte Gesundheitsstandort Bern gestärkt werden.

Innovationen in der Wirbelsäulenchirurgie: Roboterbasierte Operationsmethode

Um Komplikationen bei Wirbelsäulenoperationen in Zukunft vollständig zu vermeiden, entwickeln Forschende eine roboterbasierte Operationsmethode auf der Basis verschiedener patentierter Sensortechnologien. Diese sind hundertfach empfindlicher als die Hand eines Chirurgen und erlauben es, die Wirbelsäule während der Operation in Echtzeit mithilfe elektrischer und mechanischer Signale „abzutasten", und so die Lage des Bohrinstruments relativ zur Anatomie optimal einzustellen.

Sensorgesteuerte Technologie für präzisere Schraubenplatzierung

Bei Operationen zur Behandlung von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen werden in mehrere Wirbelknochen Schrauben (sogenannte Pedikelschrauben) eingesetzt und später miteinander verbunden, um die Wirbelsäule wieder aufzurichten und zu stabilisieren. Rund 15 Prozent der Schrauben können nicht erfolgreich platziert werden, da die Wirbelsäule mit ihrem „unebenen Terrain" nicht einsehbar ist und eine große Herausforderung darstellt. Wenn die Pedikelschraube nicht exakt in der Mitte des Wirbelsäulenknochens angebracht wird, besteht die Gefahr, dass das spitze Ende aus dem Knochen hervorragt und umliegende Nerven oder Gewebeteile verletzt.

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Funktionsweise der roboterbasierten Operationsmethode

Zum einen wird der Roboter über die sogenannte Elektromyographie (EMG) gesteuert, mit der in der Nähe liegende Nerven aufgespürt werden. Zum anderen wird die Knochendichte kontinuierlich gemessen, um die Position des Roboters exakt und reproduzierbar zu bestimmen. So können die Schrauben bei jeder Operation hochpräzise platziert werden. „Dank der Kombination von EMG mit Operationsrobotern gibt es nun bei Operationen ein Frühwarnsystem für Nervenzellen. Die Integration in einen sensorgesteuerten Operationsroboter ist ein grosser Durchbruch für diese Technologie. In Zukunft wird man sie auch in anderen klinischen Bereichen einsetzen können", sagt Olivier Chételat.

Förderung durch "BRIDGE Discovery"

Gemeinsam mit den Industriepartnern Rotomed AG, Inomed GmbH und CAScination AG hat das Team sein Vorhaben beim Programm „BRIDGE Discovery" eingereicht, mit dem der Schweizerische Nationalfonds (SNF) und die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes gemeinsam technologische Innovationen fördern. Das Projekt erhält einen Förderbeitrag von zwei Millionen Franken über einen Zeitraum von vier Jahren.

Bedeutung für die Zukunft der Wirbelsäulenchirurgie

„Mit unserer Technologie können wir das Risiko einer Fehlplatzierung der Pedikelschraube auf nahezu senken. Wir sehen es als Zukunft der Wirbelsäulenchirurgie", so Andreas Raabe. Für Stefan Weber ist die Förderung ein großer Schritt: „Mit der Teilnahme am Programm ‚BRIDGE Discovery‘ fühlen wir uns in der konsequenten Ausrichtung unseres Forschungsfokus auf klinische Bedürfnisse und die Translation von medizintechnischer Forschung, einem Schwerpunkt des Standortes Bern, bestätigt. Wir sind hocherfreut, erstmals neue Technologiekonzepte wie robotisches EMG in der Wirbelsäulenchirurgie anwenden zu können.

Auszeichnungen für innovative Visualisierungssysteme

Ein Forscherteam um Prof. Dr. med. Dr.-Ing. hat ein völlig neuartiges Visualisierungssystem für mikrochirurgische Eingriffe geschaffen und wurde dafür nominiert. Es unterstützt Chirurg:innen bei Eingriffen an der Wirbelsäule oder am Gehirn durch automatisierte Funktionen und einzigartige Einblicke in den Körper.

Innovationen des Visualisierungssystems

Michelangelo Masini hat das auf Robotertechnik basierende System mit drei zentralen Innovationen ausgestattet. Diese liefern dem Chirurgen und seinem Team alle erforderlichen Informationen, um während des Eingriffs fundierte Entscheidungen treffen zu können. Mit der Methode sollen Stabilisierungsschrauben in der Wirbelsäule sicher, genau und ohne Verletzungen des umliegenden Gewebes angebracht werden können. Grundlage dafür bilden verschiedene patentierte Sensortechnologien, die die Wirbelsäule von innen „abtasten".

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Der Arbeitsalltag in der Neurochirurgie am Inselspital

Der Arbeitsalltag in der Neurochirurgie am Inselspital ist geprägt von einem hohen Maß an Engagement, Teamarbeit und der Bereitschaft, sich stetig weiterzubilden.

Tagesablauf

Der Dienst beginnt offiziell um 7:00 Uhr mit der Visite. Es empfiehlt sich aber um 6:45 da zu sein, damit man kurz einlesen kann, was für Patienten auf Station sind, damit man Kontext hat. Die Patienten auf Station sind in 5 Teams eingeteilt (zB Team Wirbelsäule, Team Tumor, Team Schädelbasis/Vaskulär) - es ist jeweils ein Assistenzarzt/ärztin für ein Team zuständig. Die PJler (UHUs) teilen sich ebenfalls morgens auf die Teams auf (meist nach Patientengröße) und begleitet dann den Assistenzarzt/ärztin auf Visite. Anschliessend geht es je nach Wochentag um 7:35 oder 7:45 zur Frühbesprechung. Dort werden die Fälle mit CT/MRT/etc vorgestellt, die notfallmässig im Spätdienst oder Nachtdienst kamen. Im Anschluss gehen die meisten Assistenzärzte und Oberärzte in den OP. Man selbst geht die Visite dokumentieren - die kurze Anamnese, die kurze Untersuchung, sowie das Prozedere. Die meiste Zeit des Tages arbeitet man dann dieses Prozedere ab: man organisiert Rehas, Verlegungen, Konsile, verordnet die gewünschten Medikamente oder Untersuchungen und dokumentiert das. Die zweite Hauptaufgabe des Tages sind die Neuaufnahmen: Diese werden alle von den PJlern neurologisch untersucht (meist so 4-7 pro Tag) und in der Mittagsbesprechung den Assistenzärzten und Oberärzten mit kurzer Vorgeschichte vorgestellt. Alle Patienten werden am Folgetag operiert. Meist sind 4 PJler zur gleichen Zeit da. Die Arbeit ist zwischen Morgen und Mittagsbesprechung auf jeden Fall machbar. Mittagessen konnte ich eigentlich immer.

Möglichkeiten zur Weiterbildung und Teilnahme am OP-Geschehen

Wenn man Zeit hat, kann man neben den Stationsaufgaben auch jederzeit in den OP gehen und bei den spannenden Operationen zugucken. Die Insel ist ein hochspezialisiertes Krankenhaus, man bekommt im OP schon echt spannende und seltene Fälle geboten. Selbst operiert man eigentlich nicht. Es gibt jedoch die Möglichkeit einen Arzt/eine Ärztin im Spätdienst zu begleiten - wenn es dort zu einem Notfall kommt, darf man schon auch mal an den Tisch und assistieren. Ansonsten kann man statt in den OP zu gehen auch in die Sprechstunde gehen und mithören/mituntersuchen oder mit auf die Intensivstation oder IMC gehen. Zu guter Letzt gibt es jeden Dienstag noch einen Journal Club, bei dem Assistenz- oder Oberärzte neue 3 Studien aus der Neurochirurgie vorstellen, die tatsächlich recht spannend sind. Jeden Donnerstag gibt es noch Fortbildungen für alle Ärztinnen und Ärzte. Ebenfalls sehr spannend.

Teamgeist und Arbeitsbedingungen

Das Team ist wirklich crazy nett. Die Assistenzärzte/ärztinnen sind mega lieb und nehmen dich nach Möglichkeit immer gerne mit. Mit den Oberärzten hat man eher weniger zu tun, sie sind dennoch alle mega nett und auch interessiert. Man ist ein vollwertiges Mitglied im Team und wird für die Arbeit geschätzt. Die Pflege auf Station ist ebenfalls sehr sehr nett und hilfsbereit, gerade wenn man sich am Anfang noch nicht ganz zurechtfindet. Sie sind auf Neurochirurgie spezialisiert und wissen auch selbst sehr viel (welche Medikamente ein Patient braucht, wann etwas Alarmsignale sind), sodass sie immer mit konkreten Bitten oder Fragen zu dir kommen. Insgesamt war es eine zeitlich sehr anspruchsvolle Zeit, aber auch sehr spannende Zeit. Man hat coole Leute kennengelernt, ist in einer abnormal schönen Stadt am Leben und hat Wochenenden und Feiertage IMMER frei.

Neubesetzung des Lehrstuhls für Neurochirurgie in Regensburg

Auch außerhalb Berns gibt es bedeutende Entwicklungen in der Neurochirurgie. Universität und Universitätsklinikum Regensburg (UKR) haben mit Professor Dr. Nils Ole Schmidt einen neuen Lehrstuhlinhaber und Klinikdirektor für Neurochirurgie. Professor Schmidt trat zum 1. Dezember die Nachfolge von Professor Dr. Alexander Brawanski an und war zuletzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig.

Schwerpunkte und Ziele von Professor Schmidt

Seine klinischen Schwerpunkte liegen in der operativen Versorgung komplexer neurovaskulärer Erkrankungen wie etwa Hirnaneurysmen und tumorähnlichen Gefäßneubildungen, sogenannten Angiomen. Darüber hinaus ist Professor Schmidt auf die Behandlung von Tumoren im Gehirn, am Rückenmark und der Schädelbasis spezialisiert. Zudem legt er großen Wert auf das interdisziplinäre Zusammenspiel und die Kombination verschiedener Behandlungsansätze im Bereich der Wirbelsäulenerkrankungen. Für seine Arbeit am UKR hat Professor Schmidt auch schon genaue Vorstellungen: „Mir ist es wichtig, dass wir uns stetig weiterentwickeln. Dazu gehört auch, sich mit den neuesten technischen Möglichkeiten und der neuesten Technik auseinanderzusetzen und diese zu nutzen.“ Gerade bei komplexen Gehirn- und Rückenmarkserkrankungen sei es wichtig, den Patienten eine möglichst schonende und effektive Behandlung zu ermöglichen. Um das zu realisieren, möchte der Mediziner die aktuellen Entwicklungen der Grundlagenforschung aufgreifen und in den klinischen Alltag integrieren. Robotik, modernste Bildgebung inklusive Virtual Reality-Techniken sowie stammzellbasierte Technologien sind nur einige der hochaktuellen und vielversprechenden Themen in der modernen Neurochirurgie, denen er sich widmet. Für sein Team und an seine Patienten hat Professor Schmidt auch eine klare Botschaft im Gepäck: „Menschlichkeit in der Behandlung unserer Patienten und im Umgang untereinander sind unser größtes Faustpfand. Das dürfen wir trotz Leistungs- und Kostendruck niemals aus den Augen verlieren.

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