Neurologie an der Universität Witten/Herdecke: Forschung, Lehre und Patientenversorgung

Die Neurologie ist ein sich stetig entwickelndes Fachgebiet, dessen Fortschritt in der Versorgung neurologischer Patient:innen auf neuen Erkenntnissen der Neurowissenschaften basiert. In Deutschland zählt die Neurologie zu den wachsenden klinischen Fächern und ist wissenschaftlich sehr produktiv. Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) leistet einen wichtigen Beitrag zu diesem Fortschritt durch Forschung, Lehre und Patientenversorgung.

Forschungsschwerpunkte

Die Forschung ist eine wichtige Aufgabe einer Universitätsklinik. Die Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie der Universität Witten/Herdecke hat wissenschaftliche Schwerpunkte in der Diagnostik und Therapie von neurodegenerativen Erkrankungen, der akuten Schlaganfallbehandlung und der Behandlung von neuroimmunologischen Erkrankungen. Die Mehrzahl der Projekte beinhaltet klinische Forschung mit dem direkten Ziel, die Diagnostik und Therapie verschiedener neurologischer Erkrankungen zu verbessern.

Europäische Forschungsagenda priorisiert Schlaf-Wach-Störungen

Die European Academy of Neurology (EAN), zu der auch Prof. Dr. Ulf Kallweit, Inhaber der Stiftungsprofessur für Narkolepsie- und Hypersomnolenzforschung der Universität Witten/Herdecke (UW/H) gehört, hat eine neurologische Forschungsagenda präsentiert. Aktuelle Statistiken zeigen, dass mehr als 30 % der Weltbevölkerung von neurologischen Erkrankungen betroffen sind, während die geschätzte Finanzierung für neurologische Forschung lediglich 10 % des weltweiten Gesamtbudgets für Forschungsaktivitäten ausmacht. Die EAN setzt mit ihrer neuen Agenda ein klares Zeichen für den dringenden Handlungsbedarf auf diesem Gebiet.

Die beteiligten Wissenschaftler:innen haben sieben Kategorien häufiger neurologischer Störungen identifiziert: neuroinflammatorische/neuroimmunologische Erkrankungen, Kopfschmerzen und Schmerzen, Alzheimer-Krankheit, Schlaganfall, Bewegungsstörungen, Epilepsie sowie Schlaf-Wach-Störungen. Da eine eingehende Literaturrecherche verdeutlicht hat, dass bestimmte Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose und Bewegungsstörungen bereits im Fokus stehen, hebt die EAN hervor, dass Kopfschmerzen und Schmerzen, Alzheimer, Epilepsie und Schlaf-Wachstörungen nun mit höchster Priorität erforscht werden sollten.

Prof. Dr. Ulf Kallweit sieht in der Priorisierung der Schlaf- und Wachstörungen einen großen Schritt in die richtige Richtung: „Schlaf ist von zentraler Bedeutung für die Hirngesundheit. Schlafstörungen sind sehr wahrscheinlich mit einem erhöhten Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer verbunden. Ich freue mich sehr darüber, dass die Erforschung von Schlaf- und Wachstörungen von der europäischen Akademie für Neurologie auf die prioritäre Forschungsagenda gesetzt wurde. Dadurch kann ein größeres Bewusstsein für die Bedeutung dieser Erkrankungen geschaffen und die Förderung erleichtert werden.“ Prof. Kallweit selbst arbeitet aktuell etwa an einer Studie, die den Einfluss einer Ernährungsumstellung auf Narkolepsie - also eine extreme Schläfrigkeit am Tag - untersucht. In internationalen Studienkonsortien untersucht er zudem, welche familiären bzw. genetischen Einflüsse es auf Schlaf- und Wacherkrankungen gibt.

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Die Forschungsagenda soll Forscher:innen, Kliniker:innen und Förderorganisationen leiten und bietet eine klare Roadmap für klinischen Fortschritt. Eine spezialisierte Umfrage unter wissenschaftlichen EAN-Gremien, Neurolog:innen und Patient:innen hat darüber hinaus gezeigt, dass globale Forschungslücken u. a. bei der Verbesserung von Behandlungsoptionen, dem Verständnis der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen sowie bei internationaler Zusammenarbeit und Prävention bestehen. Insbesondere der Prävention sollte mehr Beachtung in der Forschung zukommen.

Promotionsthemen

Quartalsweise werden Promotionsthemen vorgestellt, für die man sich bewerben kann. Die Treffen finden ab 2025 jeweils am 1. Mittwoch im Quartal von 14 - 15:30 Uhr im Klinikum Dortmund, Bibliothek Neurologie, Haus C, 1. Etage (gegenüber des Sekretariats Prof. 5) statt.

Lehre und Ausbildung

Der Lehrstuhl für Neurologie I ist mit Lehrveranstaltungen an der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten im Modellstudiengang Medizin beteiligt. Ausbildungsziel des Modellstudiengangs Humanmedizin und damit auch des Lehrstuhls für Neurologie ist die lernfähige Arztpersönlichkeit. Lebenslanges Lernen, Handlungskompetenz und Persönlichkeitsbildung sollen im Studium - und darüber hinaus - gefördert werden. Die Studierenden sollen erkennen, welchen Standard sie für ihre Tätigkeit brauchen, wie sie ihr Wissen vermehren, erneuern und in ärztliches Handeln umsetzen können. Der Umgang mit wissenschaftlichen Fragestellungen fördert das Erkennen von Zusammenhängen und deren kritische Reflexion.

Der Begriff „Arztpersönlichkeit“ betont neben fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auch menschliche Eigenschaften: Die Studierenden lernen, mit Patient:innen und mit Mitarbeitenden aller Berufsrichtungen in eine lebendige Beziehung und konstruktive Zusammenarbeit zu treten.

Lehrangebote für Studierende

Die Universität Witten/Herdecke bietet im Bereich der Neurologie verschiedene Lehrveranstaltungen für Studierende an:

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  • Bachelor of Science: Problemorientiertes Lernen (POL) ist eine Lernform, bei der die Lernenden weitgehend selbständig eine Lösung für ein vorgegebenes Problem finden sollen: „Das menschliche Gehirn kneten, basteln und verstehen - Neuroanatomie für Psychologen“. Im Rahmen des POL-Tutoriums werden, in Kooperation mit dem Department für Humanmedizin, die bedeutenden und komplexen Strukturen des menschlichen Gehirns sowie deren Projektionsbahnen zu Modellen moduliert und histologisch sowie mittels Feuchtpräparaten exploriert.
  • Master of Science:
    • Erstes Semester: Vorlesung „Klinische Neurowissenschaften“
    • Zweites Semester: die Projektseminare „Psychopharmakologie“ und „Social Neuroscience“.

Patientenversorgung

Die Klinik für Neurologie deckt das gesamte Spektrum der neurologischen Erkrankungen ab, wie z.B. Schlaganfälle, Epilepsie, Multiple Sklerose, Meningitis, Parkinson-Syndrome, Demenzen, Schwindel und Kopfschmerzen. Die Fortschritte in der Versorgung neurologischer Patient:innen basieren auf ständig neuen Erkenntnissen der Neurowissenschaften.

Kliniken und Einrichtungen

Die Neurologie im Klinikum Dortmund bietet als Einrichtung im Haus der Maximalversorgung ein breites Spektrum an neurologischer Behandlungskompetenz. In der Klinik für Neurologie werden alle Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks, also des zentralen Nervensystems (ZNS), und des peripheren Nervensystems diagnostiziert und behandelt - ebenso umfasst die Neurologie Erkrankungen der Muskulatur.

Wichtige Krankheitsbilder der Neurologie sind Durchblutungsstörungen/ Gefäßerkrankungen des Gehirns (z.B. Schlaganfall), Bewegungsstörungen (z.B. Parkinson-Krankheit), Demenzen, entzündliche Erkrankungen/Neuroimmunologie (z.B. Multiple Sklerose), Epilepsie, Muskelerkrankungen, (Kopf-)Schmerzen oder Polyneuropathie. Einige Erkrankungen erfordern einen interdisziplinären Austausch - eine besonders enge Zusammenarbeit erfolgt mit der (Neuro-)Radiologie, Neurochirurgie, Augenklinik, HNO-Klinik, Orthopädie/Wirbelsäulenchirurgie und Schmerzklinik. Selbstverständlich besteht eine hervorragende Zusammenarbeit mit sämtlichen anderen Abteilungen im Haus der Maximalversorgung, um eine umfassende Patientenversorgung auf höchstem medizinischen Niveau zu gewährleisten.

Das Klinikum verfügt über zwei große Allgemeinstationen, eine eigene neurologische Intensivstation (10 Betten) und eine zertifizierte überregionale Stroke Unit (12 Betten). Die überregionale Stroke Unit ist gleichzeitig koordinierendes Zentrum des Neurovaskulären Netzwerkes Ruhr-Ost. Zeitnah wird die Stroke Unit in den Neubau umziehen und gleichzeitig auf 14 Betten erweitert.

Es werden viele Spezialambulanzen angeboten: Multiple Sklerose, Muskelerkrankungen, Amyotrophe Lateralsklerose, Gefäß- und Nervenultraschall, Botulinumtoxin, Neuro-Onkologie, Demenz, Parkinson, Schluckuntersuchung (FEES). Hier arbeitet die Klinik eng mit den niedergelassenen Neurologinnen und Neurologen sowie Kolleginnen und Kollegen anderer Fachabteilungen zusammen, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten.

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Während des Aufenthalts werden die Patienten von einem erfahrenen Team betreut, das speziell für die Bedürfnisse neurologischer Patientinnen und Patienten geschult ist.

Die Stroke Unit im St. Marien-Hospital Borken ist die einzige Einheit im Borkener Kreisgebiet und zählt mit 10 Betten und mehr als 1.000 Schlaganfall-Patienten zu den größeren ihrer Art. Schlaganfallpatienten erhalten auf der zertifizierten Stroke Unit eine Behandlung nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

Schwerpunktmäßig werden auch Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen (periphere Neuropathien und Myopathien) behandelt. Prof. Dr. Kley ist Sprecher des durch die DGM zertifizierten Neuromuskulären Zentrums Ruhrgebiet. Neuromuskuläre Erkrankungen ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen, die entweder direkt die Muskulatur betreffen (Myopathien) oder die Nerven, die die Muskeln kontrollieren (periphere Neuropathien, Motoneuronerkrankungen). Im Volksmund wird die Erkrankung häufig „Muskelschwund“ genannt. In Deutschland leben schätzungsweise rund 80.000 Personen mit erblichen neuromuskulären Erkrankungen. Hinzu kommt eine weitaus größere Zahl von Patienten mit erworbenen Myopathien und peripheren Neuropathien, beispielsweise durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedingt oder in Form von Autoimmunerkrankungen. Die Klinik ist Teil des von der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. zertifizierten „Muskelzentrum Ruhrgebiet“.

Diagnostische Möglichkeiten

Die Klinik verfügt über umfassende radiologische Möglichkeiten zur Diagnostik. Hierzu zählen:

  • Diagnostik des Nervensystems mit MRT einschließlich MR-Angiographien
  • CT einschließlich CT-Angiographien und CT-Myelographien
  • digitale Subtraktionsangiographien
  • Szintigraphie
  • Native Röntgendiagnostik

Die Abteilung ist ausgestattet mit moderner apparativer Diagnostik, so dass schnell und sicher eine für den Patienten optimale Behandlung eingeleitet werden kann. Unter anderem stehen zur Verfügung:

  • Ultraschalldiagnostik der hirnversorgenden Gefäße mittels Doppler- und farbkodierter Duplexsonographie und Bestimmung der zerebrovaskulären Reservekapazität sowie Mikroemboliedetektion
  • EEG Videoüberwachung, z.B. zur speziellen Epilepsieabklärung
  • Elektroneurographie zur Nervenuntersuchung
  • Elektromyographie zur Untersuchung der Muskeln
  • Evozierte Potentiale (VEP, FAEP, SEP, MEP)
  • Hirnstammdiagnostik (FAEP, OOR, Trigeminus-SEP)
  • Untersuchung der Funktion des N. facialis
  • Untersuchung der neuromuskulären Überleitung
  • Schlafapnoe-Screening
  • Prüfung des Gleichgewichts
  • Psychometrische Verfahren
  • Ultraschallrestharnbestimmung

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Team

Die Neurochirurgischen Operationen werden in enger Zusammenarbeit mit der Uni-Klinik und dem Clemens-Hospital in Münster, der Uniklinik Essen und dem Vest-Klinikum Recklinghausen durchgeführt.

Das Team der Klinik für Neurologie setzt sich neben dem Chefarzt aus Oberärzten, Fachärzten, Assistenzärzten, sowie einem ca. 25-köpfigen Team aus fachlich geschulten Pflegekräften zusammen. Unterstützung erfahren diese durch speziell ausgebildete Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden.

Patientenbewertungen und Erfahrungen

Ein Patient berichtete von einer kompetenten und sehr engagierten Betreuung in der neurologischen Klinik, nachdem seine Erkrankung zuvor von ambulanten Neurologen verkannt worden war. Er hob insbesondere Herrn Oberarzt Dr. Nils Brune und Oberarzt Dr. Gerhard Haas mit ihren Assistenzärztinnen positiv hervor. Trotz der sehr hohen Arbeitsbelastung und des hohen Patientendurchsatzes seien sowohl die ärztliche wie auch die pflegerische Betreuung auf der Station exzellent gewesen.

Andere Patienten äußerten sich kritisch über die Klinik. Ein Patient fühlte sich als "Nummer in der Kalkulation" und nicht als Mensch oder Patient behandelt. Er bemängelte, dass seinen Grand Mal Anfällen keinerlei Beachtung geschenkt wurde und er ohne Behandlung entlassen wurde.

Es ist wichtig zu beachten, dass Patientenbewertungen subjektiv sind und die individuellen Erfahrungen widerspiegeln.

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