Erschöpfungssyndrome sind in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet und können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Ein oft unterschätzter Aspekt ist der Mangel an B-Vitaminen, insbesondere bei älteren Patienten mit Resorptionsstörungen. Dieser Artikel beleuchtet die Rolle des Vitamin-B-Komplexes im Zusammenhang mit Erschöpfung, neurologischen Symptomen und insbesondere der Parkinson-Krankheit.
Erschöpfung und Vitamin-B-Mangel
Erschöpfung ist ein zunehmendes Problem, von dem Menschen aller Berufsgruppen betroffen sind. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse fühlen sich 60 % der Deutschen gestresst und 64 % erschöpft und ausgebrannt. Ein Erschöpfungssyndrom beginnt oft mit Unzufriedenheit, Nervosität und Anspannung, begleitet von körperlichen Beschwerden wie Rückenproblemen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen.
Ein oft unterschätzter Auslöser für akute oder chronische Erschöpfung kann ein Mangel an Mikronährstoffen sein, insbesondere bei älteren Menschen und Risikopersonen mit erhöhtem Bedarf. Hier spielen B-Vitamine eine entscheidende Rolle für die körperliche Leistungsfähigkeit.
Die Bedeutung von B-Vitaminen
B-Vitamine, insbesondere Vitamin B12, B6 und Folsäure, sind für einen intakten Stoffwechsel von großer Bedeutung und ergänzen sich in ihren Wirkungen. Ein Mangel an einem dieser Vitamine kann zu einer Blockade des C1-Stoffwechsels (Methylierungszyklus) führen, der die Grundstoffe für die Signalweiterleitung der Nerven, die Zellteilung und die Genexpression bereitstellt.
Die körperlichen Folgen eines gestörten C1-Stoffwechsels können Erschöpfung, Energieverlust und kognitiver Leistungsabbau sein. Zudem sind alle drei B-Vitamine am Abbau von Homocystein beteiligt. Folsäure und Vitamin B12 wirken als Coenzyme der Methionin-Synthase, die Homocystein in Methionin umwandelt, während der Abbau von Homocystein zu Cystein Vitamin-B6-abhängig ist.
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Vitamin B12 (Cobalamin)
Vitamin B12 ist für den Fett-, Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsel unerlässlich. Es kommt vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten vor. Ein Mangel kann zu Müdigkeit, Infektanfälligkeit und Stimmungsschwankungen führen. Unbehandelt drohen hämatologische Anomalien und schwerwiegende neurologische Symptome wie Depressionen, Parästhesien, Nervenschmerzen und kognitive Störungen.
Folsäure (Vitamin B9)
Folsäure ist der häufigste Vitaminmangel in Europa, oft verursacht durch einen zu geringen Verzehr von Obst und Gemüse. Sie ist hitzelabil und lagerungsempfindlich. Folsäure ist u. a. Co-Faktor beim Nukleinsäurestoffwechsel und wird für die Synthese von Pyrimidin- und Purinbasen benötigt.
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Vitamin B6 ist in pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln weit verbreitet. Ein Mangel kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter Alter, Schwangerschaft, Reduktionsdiäten und bestimmte Medikamente. Vitamin B6 ist wichtig für die Bildung biogener Amine wie Dopamin und Serotonin sowie von Neurotransmittern.
Vitamin-B-Mangel bei Parkinson
Mangelzustände an Vitamin B12 und auch Vitamin B6 treten bei Menschen mit Parkinson möglicherweise häufiger auf als in der gesunden Bevölkerung. Dies könnte durch eine Wechselwirkung zwischen L-Dopa (dem am häufigsten eingesetzten Parkinson-Medikament) und dem Vitamin B-Stoffwechsel bedingt sein. Epidemiologische Studien zeigen, dass es unter L-Dopa-Therapie zu einem Vitamin-B12-Mangel kommen kann.
Insbesondere eine direkte intestinale Zufuhr von L-Dopa erhöht bei den meisten Patienten aufgrund von Resorptionsstörungen das Risiko für einen persistierenden Mangel an Vitamin B12, der sich klinisch mit einer axonal senso-motorischen Polyneuropathie manifestieren kann. Eine Studie prüfte Stimmung, klinische Manifestationen und kognitive Dysfunktion von mit L-Dopa behandelten Parkinson-Patienten und konnte signifikant niedrigere Vitamin-B12- und Folat-Serumspiegel im Vergleich zu Kontrollpatienten nachweisen.
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Diagnose und Behandlung von Vitamin-B-Mangel
Zum Nachweis eines funktionellen Vitamin-B12-Mangels sind Plasmaspiegel kein zuverlässiger Marker. Geeigneter sind die Werte des Holotranscobalamin (HC) und der Methylmalonsäure (MMA). Ein Vitamin-B6-Mangel kann über den Cystathioninspiegel im Plasma nachgewiesen werden. Einfachheitshalber können auch die Plasmawerte des Homocystein als funktioneller Indikator eines Vitamin-B-Mangels bestimmt werden.
Bei Patienten mit erhöhten Homocysteinspiegeln bzw. nachgewiesenem intrazellulären Vitamin-B-Mangel sollte zunächst eine Ernährungsberatung erfolgen. Reicht dies nicht aus, wird eine Substitution der drei Vitamine empfohlen. Die Substitution kann oral oder parenteral erfolgen. Die DACH-Liga empfiehlt bei der oralen Substitution ein stufenweises Vorgehen.
Ernährungsempfehlungen für Parkinson-Patienten
Eine ausgewogene Ernährung ist für Parkinson-Patienten von großer Bedeutung. Die mediterrane Küche bietet eine gute Basis, da sie reich an pflanzlichen Lebensmitteln ist. Probiotika und Vitamine können in Einzelfällen sinnvoll sein. Da Vitamin D in der Nahrung nur in geringem Maße vorhanden ist, muss der Großteil der Zufuhr über Sonnenlicht erfolgen. Menschen mit Parkinson haben oft niedrigere Vitamin-D-Spiegel, daher kann eine Supplementierung sinnvoll sein.
Es ist wichtig, auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 zu achten, da ein Mangel eine Reihe von unspezifischen Symptomen auslösen kann. Mangelernährung, verzögerte Magenentleerung, Appetitlosigkeit und Schluckstörungen sind häufige Probleme bei Parkinson und können zu einer Mangelernährung führen.
Weitere Ernährungstipps
- L-Dopa sollte idealerweise auf nüchternen Magen und mind. 30 Minuten vor der nächsten Mahlzeit eingenommen werden.
- Eiweißreiche Mahlzeiten sollten vorwiegend auf den Abend gelegt werden.
- Kleine, fettreiche Mahlzeiten können eine verzögerte Magenentleerung verstärken. Alternativ kann es sinnvoll sein, mehrere kleine Mahlzeiten am Tag einzunehmen.
- Eine ballaststoffreiche Kost und Bewegung können die Verdauung unterstützen.
Nahrungsergänzungsmittel und Gewürze bei Parkinson
Viele Parkinson-Patienten erhoffen sich eine präventive Wirkung und / oder eine Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung von diversen Nahrungsergänzungsmitteln / Gewürzen. Für bestimmte Risikogruppen - und dazu gehören auch Parkinson-Patienten - kann die Einnahme ausgewählter Nahrungsergänzungsmittel (Supplements) jedoch sinnvoll sein. Gewürze sind Pflanzenteile, welche in geringer Menge als geschmacks- bzw. geruchsgebende Zutaten zur allgemeinen Ernährung verwendet werden.
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Studienlage zu Nahrungsergänzungsmitteln
In der von Mischley et al. 2017 veröffentlichten „CAM Care in PD“ Studie wurde Fischöl mit einer langsameren Progression assoziiert. Eine 2020 veröffentliche Übersichtsarbeit empfiehlt 20 mg Molkenprotein über den Tag verteilt, da es schwierig sei, Bio-Fleisch oder -Geflügel für eine ausreichende Proteinzufuhr zu finden.
Ein Mangel an Vitamin-D ist bei Parkinson-Patienten häufig und mit einem erhöhten Sturz- sowie Verletzungsrisiko verbunden. Eine orale Nahrungsergänzung mit Vitamin D (1000 IE / d) führte in mehreren Studien zu einer erheblichen Reduktion von Frakturen (Knochenbrüche).
Wichtige Hinweise zu B-Vitaminen
Es ist bekannt, dass eine ungezielte „Gießkannenbehandlung“ mit Vitamin-B-Komplex-Präparaten unter Umständen sogar schädlich sein kann. Insbesondere eine Überdosierung mit Vitamin-B6 kann zu einer Hemmung der L-DOPA-Wirkung führen! Eine Ersatztherapie mit B-Vitaminen sollte deshalb erst dann erfolgen, wenn durch eine Blutuntersuchung ein Mangel festgestellt wurde.
Weitere potenziell nützliche Stoffe
- Antioxidantien: Eine mediterrane Ernährung ist reich an Antioxidantien und soll vor Parkinson schützen.
- Coenzym Q10: In Parkinson-Labormodellen zeigte es eine neuroprotektive Wirkung.
- Nikotinhaltige Nahrungsmittel: Für nikotinhaltige Nahrungsmittel, einschließlich Tomaten, Kartoffeln, Auberginen, Chili und Paprika, konnte ein reduziertes Parkinson-Risiko nachgewiesen werden.
- Senfölglykoside: Sie verfügen im Tierversuch über einen antioxidativen Effekt und befinden sich besonders in Kreuzblütengewächsen.
- Anthocyane: Für mehrere Farbstoffe (Anthocyane) in roten Beeren und Gemüse wurde eine hemmende Wirkung auf die Monoaminooxidasen (MAO) A und B nachgewiesen.
- Carotinhaltige Lebensmittel: Sie verfügen über antioxidative Eigenschaften und schützen vor freien Radikalen.
- Bockshornklee (BHK): Ihm werden zellschützende, antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben.
- Grüner Tee: Den im Tee enthaltenen Polyphenolen Theaflavin oder Epigallocatechin-Gallat werden antioxidative, antiapoptische und entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben.
- Kaffee: Neben Coffein enthält Kaffee u.a. Theophyllin, verschiedene Flavonoide und Gerbstoffe mit antioxidativem Effekt.
- Rotwein: Die im Rotwein enthaltenen Flavonoide Resveratrol und Quercetin hatten im Parkinson-Tiermodelleinennachweislichen neuroprotektiven Effekt.
- Curcumin: Studien lassen auf einen antioxidativen, entzündungshemmenden und schmerzlindernden Effekt schließen. In Parkinson-Labormodellen zeigte es eine neuroprotektive Wirkung.