Die Diagnose Demenz wirft zahlreiche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der finanziellen und pflegerischen Unterstützung. Ein zentraler Aspekt ist dabei der Pflegegrad, der den Umfang der benötigten Hilfe bestimmt und somit die Leistungen der Pflegeversicherung. Dieser Artikel beleuchtet den Pflegegrad 4 im Kontext von Demenz, gibt Beispiele für typische Pflegesituationen und erläutert die verschiedenen Leistungen, auf die Betroffene und ihre Angehörigen Anspruch haben.
Was bedeutet Pflegegrad 4?
Pflegegrad 4 wird Personen mit "schwersten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit" zuerkannt. Dies bedeutet, dass Betroffene in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens auf umfassende Hilfe angewiesen sind. Die Einstufung erfolgt durch Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) oder Medicproof, die anhand eines standardisierten Fragenkatalogs den Grad der Selbstständigkeit bewerten. Seit der Pflegereform 2017 werden dabei nicht nur körperliche, sondern auch geistige und seelische Einschränkungen berücksichtigt, was insbesondere Menschen mit Demenz zugutekommt. Um den Pflegegrad 4 zu erhalten, muss eine Punktzahl zwischen 70 und 90 im Begutachtungsverfahren erreicht werden.
Beispiele für Pflegesituationen bei Demenz mit Pflegegrad 4
Die Situationen, die zu einem Pflegegrad 4 führen können, sind vielfältig. Hier einige Beispiele, um die Bandbreite zu verdeutlichen:
- Fortgeschrittene Alzheimer-Demenz: Eine 82-jährige Frau erkennt ihre Familienangehörigen nicht mehr, ist zeitlich und örtlich desorientiert und benötigt rund um die Uhr Beaufsichtigung. Sie benötigt Hilfe bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens, einschließlich der Nahrungsaufnahme und Inkontinenzversorgung.
- Vaskuläre Demenz nach Schlaganfall: Ein 65-jähriger Mann hat nach einem Schlaganfall halbseitige Lähmungen und Sprachstörungen. Er ist auf einen Rollstuhl angewiesen und benötigt umfassende Hilfe bei der Körperpflege, beim An- und Auskleiden sowie bei der Nahrungsaufnahme. Zusätzlich benötigt er Therapiebegleitung (Logopädie, Ergotherapie).
- Komplexe Pflegesituation bei Multimorbidität: Eine 75-jährige Frau leidet an mehreren chronischen Erkrankungen, darunter fortgeschrittene COPD, Diabetes Typ 2 und schwere Arthrose. Sie ist bettlägerig und benötigt Sauerstofftherapie, Medikamentenmanagement und Wundversorgung bei diabetischem Fußsyndrom.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass Pflegegrad 4 nicht nur bei körperlichen Einschränkungen, sondern auch bei fortgeschrittenen kognitiven Beeinträchtigungen und komplexen Krankheitsbildern in Frage kommt.
Leistungen der Pflegeversicherung bei Pflegegrad 4
Mit Pflegegrad 4 stehen Betroffenen und ihren Angehörigen umfangreiche Leistungen der Pflegeversicherung zu. Diese sollen eine bestmögliche Versorgung und Unterstützung im Alltag gewährleisten. Hier ein Überblick über die wichtigsten Leistungen:
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- Pflegegeld: Wenn die Pflege durch Angehörige oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen übernommen wird, zahlt die Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld.
- Pflegesachleistungen: Bei Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für die erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag. Der Pflegedienst rechnet die Kosten direkt mit der Pflegekasse ab.
- Kombinationsleistungen: Eine Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen ist möglich, wenn die Pflege sowohl durch Angehörige als auch durch einen Pflegedienst erfolgt.
- Entlastungsbetrag: Zusätzlich steht Pflegebedürftigen ein monatlicher Entlastungsbetrag zur Verfügung, der fürAlltagshilfen wie eine Reinigungskraft oder eineAlltagsbegleitung eingesetzt werden kann.
- Verhinderungspflege: Wenn die pflegende Person (z.B. Angehöriger) verhindert ist (z.B. wegen Krankheit oder Urlaub), kann die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für eine Ersatzpflegekraft.
- Kurzzeitpflege: Nach einem Krankenhausaufenthalt oder in Krisensituationen kann die Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für einen begrenzten Zeitraum.
- Tages- und Nachtpflege: Die Tages- oder Nachtpflege bietet eine teilstationäre Betreuung in einer speziellen Einrichtung. Dies ermöglicht es den Angehörigen, tagsüber oder nachts Entlastung zu finden, während die pflegebedürftige Person professionell betreut wird.
- Vollstationäre Pflege: Wenn die häusliche Pflege nicht mehr möglich ist, kann die vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt einen Teil der Kosten.
- Pflegehilfsmittel: Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel wie Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder Bettschutzunterlagen. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag pro Monat.
- Wohnraumanpassung: Um die Wohnsituation an die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen anzupassen, können Zuschüsse für Umbaumaßnahmen wie den Einbau eines Treppenlifts oder die Beseitigung von Barrieren beantragt werden.
- Hausnotruf: Für die Installation und Nutzung eines Hausnotrufsystems zahlt die Pflegekasse einen monatlichen Zuschuss.
- Wohngruppenzuschuss: Bewohner von Pflege-Wohngemeinschaften erhalten einen monatlichen Zuschuss zur Deckung der Kosten für eineAlltagsbegleitung.
- Pflegeberatung: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen haben Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung, in der sie über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert werden.
Der Weg zum Pflegegrad 4 und was Sie beachten sollten
Um den Pflegegrad 4 zu erhalten, ist ein Antrag bei der Pflegekasse erforderlich. Nach der Antragstellung erfolgt eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) oder Medicproof. Es ist ratsam, sich gut auf diesen Termin vorzubereiten und alle relevanten Unterlagen (Arztberichte, Medikamentenpläne, Pflegetagebuch) bereitzuhalten.
Vorbereitung auf die Begutachtung:
- Pflegegutachten vorbereiten: Nutzen Sie einen Pflegegradrechner, um eine erste Einschätzung des Pflegebedarfs zu erhalten.
- Pflegetagebuch führen: Dokumentieren Sie über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen den täglichen Pflegeaufwand und die benötigte Unterstützung.
- Ärztliche Unterlagen zusammenstellen: Sammeln Sie alle relevanten Arztberichte, Gutachten und Medikamentenpläne.
- Fassadenverhalten vermeiden: Sprechen Sie mit dem Gutachter offen über die tatsächlichen Einschränkungen und den Unterstützungsbedarf, auch wenn die betroffene Person versucht, ihre Probleme herunterzuspielen.
Widerspruch bei Ablehnung:
Wird der Antrag auf Pflegegrad 4 abgelehnt oder ein zu niedriger Pflegegrad bewilligt, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. Die Frist hierfür beträgt in der Regel vier Wochen. Es ist ratsam, sich bei der Formulierung des Widerspruchs von einer Pflegeberatungsstelle unterstützen zu lassen.
Leistungen im Detail
Die Leistungen werden im Folgenden im Detail erläutert.
Pflegegeld
Wenn die Pflege durch Angehörige, Freunde oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen übernommen wird, zahlt die Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld. Das Pflegegeld steht dem Pflegebedürftigen zur freien Verfügung und kann beispielsweise an die pflegenden Angehörigen weitergegeben werden.
Pflegesachleistungen
Werden professionelle Pflegedienste in Anspruch genommen, stehen monatlich Pflegesachleistungen zur Verfügung, um die Kosten für die ambulante Pflege zu decken. Der Pflegedienst rechnet die erbrachten Leistungen direkt mit der Pflegekasse ab.
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Kombinationsleistungen
Eine Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen ist möglich, falls die Pflege sowohl durch Angehörige als auch durch Pflegedienste erfolgt. In diesem Fall wird das Pflegegeld anteilig gekürzt, entsprechend dem Umfang der in Anspruch genommenen Pflegesachleistungen.
Verhinderungspflege
Zur Entlastung der pflegenden Angehörigen kann die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden, wenn die Pflegeperson vorübergehend ausfällt. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für eine Ersatzpflegekraft für bis zu sechs Wochen pro Jahr.
Kurzzeitpflege
Wenn eine vorübergehende stationäre Pflege notwendig wird, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt, kann die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für einen begrenzten Zeitraum.
Entlastungsbetrag
Zusätzlich zu den genannten Leistungen steht Pflegebedürftigen ein monatlicher Entlastungsbetrag zu. Dieser Betrag kann für verschiedeneAlltagshilfen eingesetzt werden, wie beispielsweise eine Haushaltshilfe, eineAlltagsbegleitung oder die Teilnahme an Betreuungsgruppen.
Wohnraumanpassung
Um die Wohnsituation an die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen anzupassen, können Zuschüsse für Umbaumaßnahmen wie den Einbau eines Treppenlifts oder die Beseitigung von Barrieren beantragt werden.
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Pflegehilfsmittel
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel wie Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder Bettschutzunterlagen. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag pro Monat.
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