Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die viele Menschen betrifft, insbesondere Diabetiker und ältere Menschen. Sie manifestiert sich oft zuerst in den Füßen und kann verschiedene Ursachen haben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten der Polyneuropathie mit besonderem Fokus auf dicke Füße als Symptom.
Was ist Polyneuropathie?
Der Begriff „Polyneuropathie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „Erkrankung mehrerer Nerven“. Prof. Dr. A. erklärt, dass es sich um eine Erkrankung der peripheren Nerven handelt, also nicht des Gehirns oder des Rückenmarks. Die peripheren Nerven sind für die Wahrnehmung von Temperatur und Schmerzen, die Beweglichkeit der Muskulatur und die automatische Steuerung von Organen verantwortlich. Bei einer Polyneuropathie wird entweder der innere Strang des Nervs oder seine Umhüllung geschädigt. Nerven arbeiten wie elektrische Leitungen. Um das zu veranschaulichen, kann man sich einen Nerv wie ein Kupferkabel vorstellen. Störungen können entweder durch eine Unterbrechung der Kupferleitung in der Mitte oder der umhüllenden Isolierung entstehen. Je länger ein Nerv ist, desto eher erkrankt er an Polyneuropathie, weshalb die Erkrankung häufig an den Zehen und Füßen beginnt.
Die Polyneuropathie ist die häufigste Erkrankung des peripheren Nervensystems. Es gibt nicht „die eine“ Polyneuropathie. Vielmehr umfasst der Begriff eine große und vielfältige Gruppe von Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die sich nach mehreren Kriterien einteilen lassen.
Symptome der Polyneuropathie
Bei den meisten Menschen beginnt die Polyneuropathie mit Reizerscheinungen im Sinne von Kribbelgefühlen, brennenden Missempfindungen bis hin zu heftigen Schmerzen und Taubheitsgefühlen an den Füßen. Häufig beschrieben wird ein Schwellungsgefühl, unangenehmer Druck, Gefühl wie auf Watte zu gehen, ein Elektrisieren oder Stechen. Meistens sind zunächst nur die Zehen und der Fußballen bds. betroffen. Im Verlauf von mehreren Monaten bis Jahren kommt es zur Ausweitung der Symptome auf die Füße und Unterschenkel mit Socken-förmiger oder Kniestrumpf-förmiger Begrenzung. Die Oberschenkel können im Verlauf einer weiteren Verschlechterung oder bei einigen Patienten auch primär betroffen sein. Auch das Temperaturempfinden leidet, so dass beispielsweise die Badewassertemperatur in der Badewanne an den Füßen nicht mehr richtig eingeschätzt werden kann. Zumeist erst im Verlauf der Erkrankung können zusätzlich die Fingerspitzen und Hände mit Handschuh-förmiger Begrenzung der Taubheitsgefühle betroffen sein. Parallel dazu kann es zunehmend zu Lähmungen, beispielsweise der Fußheber oder Zehenheber oder Fußsenker kommen, so dass Muskelschwund und Gangstörungen entstehen. Alle Symptome entstehen zumeist symmetrisch und nur seltener asymmetrisch mit Betonung auf einer Seite. Krämpfe, insbesondere nachts oder bei Belastungen, sind nicht selten. Viele Patienten klagen über kalte Füße. Auch das Lageempfinden wird zunehmend gestört, so dass die akkurate Aufrechterhaltung des Standes leidet. Dies führt zu Schwanken, Schwindel und Gangstörungen. Das Schmerzempfinden wird allmählich herabgesetzt, so dass Verletzungen am Fuß nicht oder nur zu spät wahrgenommen werden. Dies kann, z.B. beim Diabetes mellitus, zur Entstehung von Druckgeschwüren führen. Letztlich können auch die inneren Organe im Sinne einer autonomen Polyneuropathie betroffen sein. Dies führt beispielsweise zur Blasenlähmung, Darmträgheit oder zur mangelnden Regulation des Herzschlages bei Anstrengung.
Typische Symptome der Nervenkrankheit Polyneuropathie sind Kribbeln, Brennen und Taubheit, die anfangs an beiden Füßen und Beinen auftreten. Ihren Ursprung haben die Gefühlsstörungen in den langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden. Schäden an den Nerven führen dazu, dass die Weiterleitung von Informationen zwischen Gehirn, Rückenmark und dem Rest des Körpers gestört ist. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können bei der Polyneuropathie unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen.
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Bei den meisten Diabetikern besteht in Folge des Diabetes eine Polyneuropathie. Die Symptome zeigen sich zuerst und vor allem im Fuß. Es beginnt meistens mit einem Kribbeln oder Brennen im Fuß. Im späteren Verlauf treten wegen fehlendem Gefühl im Fuß schmerzlose und schlecht heilende Wunden auf, die zu einer Nekrose (schwarzer Verfärbung und Absterben von Zehen, Fuß usw.) führen können (Diabetischer Fuß).
Wer ist betroffen?
Die Polyneuropathie ist eine häufige neurologische Erkrankung, die sowohl Männer als auch Frauen in gleichem Maße betrifft und im Alter an Häufigkeit zunimmt. Etwa jeder 3. Diabetiker ist davon betroffen. Rund fünf bis acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind von Neuropathien betroffen. Dabei steigt die Rate mit zunehmendem Alter.
Ursachen von Polyneuropathie und dicken Füßen
Es gibt über 300 bekannte Ursachen von Polyneuropathie. Ca. 35 % der Polyneuropathien sind in Deutschland auf den Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) zurückzuführen und etwa 20 % auf Alkoholkonsum. Die Ursache von etwa 1/4 aller Polyneuropathien bleibt auch nach ausführlicher Abklärung ungeklärt.
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die häufigsten Ursachen von Polyneuropathie. Sie ist nicht vollständig.
- Polyneuropathie im Rahmen anderer Erkrankungen:
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenüberfunktion
- Schilddrüsenunterfunktion
- Schilddrüsenentzündungen
- Nierenversagen
- Gewisse Lebererkrankungen
- Gewisse Krebserkrankungen
- Bluteiweißerkrankungen
- nach lebensbedrohlicher Erkrankungen mit Intensivbehandlung
- HIV/AIDS
- Porphyrie
- Amyloidose
- Polyneuropathie bei entzündlichen Erkrankungen:
- Borreliose (Zeckenbisserkrankung)
- Gefäßentzündungen (Vasculitis)
- HIV/AIDS
- als Autoimmunerkrankung nach stattgehabter Entzündung
- Polyneuropathie bei Vitaminmangel:
- Vitaminmangel von B1, B2, B6, B12, E
- Polyneuropathie bei Schwermetallvergiftung:
- Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber, Gold
- Polyneuropathie als Nebenwirkung von Medikamenten:
- gewisse Chemotherapeutika
- Interferone
- Virustherapeutika bei HIV
- viele weitere Einzelsubstanzen
- Genetisch bedingte Polyneuropathien:
- Es sind mehrere genetisch bedingte Polyneuropathien bekannt. Nicht immer sind betroffene Familienmitglieder zu beobachten.
Weitere Ursachen und Risikofaktoren
- Diabetes mellitus Typ 2 und chronischer Alkoholmissbrauch: Diese beiden Faktoren zusammen sind für fast die Hälfte aller Neuropathien verantwortlich.
- Alkoholische Polyneuropathie: Bei der alkoholbedingten Polyneuropathie spielt neben der akuten Giftwirkung des Alkohols eine langfristige Unterversorgung mit B-Vitaminen eine Rolle. Alkoholabhängige Menschen ernähren sich häufig einseitig und ungesund.
- Medikamente und giftige Substanzen: Dazu zählen beispielsweise manche Chemotherapeutika (Krebsmedikamente), Schwermetalle wie Blei oder Gifte wie Arsen.
- Genetisch bedingte Formen der Polyneuropathie, entzündliche Polyneuropathien und Polyneuropathien, die Ausdruck einer Autoimmunerkrankung sind.
- Idiopathische Polyneuropathie: Bei etwa jeder fünften erkrankten Person bleibt die Ursache der Polyneuropathie trotz umfassender Diagnostik unklar.
Das Burning-Feet-Syndrom
Das Burning-Feet-Syndrom (brennende Füße) tritt häufig auf. Unter dem Begriff werden unterschiedliche Beschwerden an den Füßen zusammengefasst, hinter denen verschiedene Krankheiten stecken können. Unter dem Begriff Burning-Feet-Syndrom werden unterschiedliche Beschwerden an den Füßen, wie z. B. Kribbeln, Brennen, Stechen,Taubheitsgefühl und „Ameisenlaufen“ oder Hitzegefühle und elektrisierende Schmerzen zusammengefasst. Dahinter können verschiedene Krankheitsbilder stecken, besonders häufig ist eine gestörte Nervenfunktion an den Beinen die Ursache.
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Häufige Ursachen:
- Polyneuropathie: Häufigste Ursache des Burning-Feet-Syndroms. Polyneuropathien sind Erkrankungen mit einer Schädigung der Nerven, die den Körper außerhalb von Rückenmark und Gehirn versorgen. Die Beschwerden entstehen durch eine Schädigung sensorischer Nerven, d. h. die Nervenfasern, die für die Wahrnehmung von Schmerz, Berührung, Druck, Temperatur etc. zuständig sind.
- Verengte Blutgefäße in den Beinen (arterielle Verschlusskrankheit, pAVK): Verengte und verhärtete Blutgefäße in den Beinen aufgrund von Plaquebildung in den Arterien (Atherosklerose).
- Morton-Neuralgie (Morton-Metatarsalgie): Reizung eines Nervs, der zwischen zwei Zehen verläuft.
- Plantarfasziitis: Reizung des Ansatzes der Sohlen-Sehnenplatte an der Ferse.
- Tinea pedis (Fußpilz): Pilzinfektion des Fußes, die durch Feuchtigkeit oder Schwitzen begünstigt wird.
Seltene Ursachen:
- Tarsaltunnelsyndrom: Der Schienbeinnerv wird an einer Engstelle im Bereich des Sprunggelenks, dem Tarsaltunnel, eingeengt und gereizt.
- Komplexes regionales Schmerzsyndrom: Störung von Gefühlswahrnehmung, der Bewegungsfähigkeit, aber beispielsweise auch von Hautfarbe und Schweißbildung nach einer Verletzung der Beine oder Arme.
- Erythromelalgie: Anfallsartig brennende Schmerzen mit Rötung und Überwärmung der Haut, insbesondere an den Füßen.
Weitere Ursachen:
Zu enge Schuhe, Überlastung des Fußes oder Verletzungen. Beispielsweise können auch eine Kontaktallergie, diabetische Fußgeschwüre, Restless-Legs-Syndrom (Syndrom der unruhigen Beine), Schilddrüsenunterfunktion, Multiple Sklerose, Sarkoidose, HIV-Infektion und Medikamentennebenwirkungen brennende Füße verursachen.
Diagnose von Polyneuropathie
Diagnostik und Therapie der Polyneuropathie fallen in das Fachgebiet des Neurologen. Am Anfang stehen eine genaue Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese) und eine fachärztliche, klinisch-neurologische Untersuchung. Auch eine psychiatrische Untersuchung ist zur Abgrenzung notwendig.Danach erfolgt die Untersuchung der peripheren Nerven mit elektrophysiologischen Methoden. Hierbei werden überwiegend die Nervenleitgeschwindigkeit und die Reizantwortstärke der betroffenen Nerven vermessen. Begleitet wird dies durch ein EMG (Elektromyographie- elektrische Untersuchung der betroffenen Muskeln mit einer Nadel).Danach erfolgt eine laborchemische Abklärung der wichtigsten Ursachen aus dem Blut. Klärt man die wichtigsten 35-40 Ursachen ab, so beinhaltet dies ca. 80 % aller betroffenen Patienten.Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung sollte das Nervenwasser (Liquor) untersucht werden. Eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule ist erforderlich, wenn gleichzeitig dort eine zusätzliche Erkrankung z.B. ein enger Spinalkanal vermutet wird.Die wichtigsten genetischen Ursachen lassen sich durch genetische Untersuchungen aus dem Blut heraus abklären. Diese Untersuchungen sind jedoch teuer. Sie werden von daher nicht routinemäßig durchgeführt.Eine Untersuchung eines operativ entfernten Teils eines betroffenen Nervens (Biopsie) ist heutzutage nur in Ausnahmen notwendig.
Bei Missempfindungen oder anderen Beschwerden, die im Zusammenhang mit einer Neuropathie stehen könnten, ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle.
Anamnese: Bei der Erfassung der Krankengeschichte fragt der Neurologe nach den aktuellen Symptomen und ihrem ersten Auftreten, Grunderkrankungen und Medikation.
Klinische Untersuchung: Bei der körperlichen Untersuchung werden Reflexe, Temperatur-, Schmerz- und Vibrationsempfinden an betroffenen Gliedmaßen überprüft sowie Gleichgewicht, Stand, Gang und Muskelkraft getestet.
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Nervenleitgeschwindigkeit (NLG): Gemessen wird, wie schnell elektrische Signale durch die Nerven geleitet werden. Oftmals genügen die Basisuntersuchungen, um die Ursache der Polyneuropathie zu klären und die Diagnose Neuropathie zu sichern.
Spezielle Laboruntersuchungen: Das Blut wird auf spezifische Antikörper getestet.
Bildgebung: Mittels hochauflösender Sonographie können beispielsweise Veränderungen in der Dicke eines Nervs detektiert werden.
Zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit wird Strom durch die Nervenbahnen geschickt. Mit einer Stimmgabel prüft der Neurologe das Vibrationsempfinden. Bei der standardisierten Quantitativen Sensorischen Testung werden durch sieben verschiedene Gefühlstests an der Haut 13 Werte ermittelt. Sie helfen zu erkennen, welche Nervenfasern genau geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist. Um das Temperaturempfinden exakt zu messen, kommen bei der sogenannten Thermode computergesteuerte Temperaturreize zum Einsatz. Die Untersuchung einer Gewebeprobe kann helfen, die Ursache einer Polyneuropathie zu finden. Dazu wird eine sogenannte Nerv-Muskel-Biopsie aus dem Schienbein entnommen und feingeweblich untersucht. Hierbei wird festgestellt, ob der Schaden an der Hüllsubstanz des Nerven (Myelin) oder am Nerven selbst entstanden ist. Bei bestimmten Ursachen finden sich zum Beispiel Entzündungszellen oder Amyloid-Ablagerungen.
Diagnose der Small Fiber Neuropathie
Bei einer Untergruppe der Neuropathien sind insbesondere die dünnen, kleinen Nervenfasern der Haut betroffen. Sie werden unter dem Namen Small-Fiber-Neuropathien zusammengefasst. Die Nervenleitgeschwindigkeit, die die Funktion von dickeren Nerven misst, ist dann oft unauffällig. Für die richtige Diagnose ist die Quantitative Sensorische Testung mit Messung des Temperaturempfindens entscheidend. Darüber hinaus kann eine Gewebeprobe aus der Haut (Hautbiopsie) unter dem Mikroskop untersucht werden.
Differentialdiagnostik
Die Symptome einer Polyneuropathie können denen einer Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose) ähneln. Bei einer degenerativen Wirbelkanalverengung handelt es sich um eine Abnutzungserscheinung der unteren Lendenwirbelsäule: Knochensporne drücken auf das Rückenmark. Dadurch kann ein brennender Schmerz im Rücken und in den Beinen entstehen. Sowohl eine Polyneuropathie als auch eine Wirbelkanalverengung können Empfindungsstörungen wie Kribbeln, Taubheit und brennende Schmerzen in den Händen und Füßen hervorrufen. Darum ist es wichtig, Krankheiten mit ähnlichen oder gleichen Symptomen vor dem Beginn einer Behandlung durch sorgfältige Untersuchungen auszuschließen (Differenzialdiagnostik)
Behandlung von Polyneuropathie
Die häufig auch von Ärzten verbreitete Aussage: "Bei Polyneuropathie kann man nichts machen", ist falsch. Es gibt viele therapeutische Ansätze. Verbesserungen sind fast regelmäßig möglich. Auch eine Ausheilung ist nicht selten erzielbar.Das primäre Ziel der Behandlung ist die Ausschaltung der Ursache der Polyneuropathie. Die bedeutet z.B. einen Diabetes mellitus optimal mit Medikamenten einzustellen. Medikamente, die eine Polyneuropathie verursachen, müssen abgesetzt oder ausgetauscht werden, insofern sie nicht aus anderem Grund unabdingbar notwendig sind. Eine toxische Exposition, beispielsweise durch Schwermetalle oder Umweltgifte, muss beendet werden. Ist Alkohol die Ursache der Polyneuropathie, so muss vollständige, lebenslange Abstinenz eingehalten werden. Auch kleinere Mengen Alkohol können eine Verschlechterung herbeiführen oder eine Ausheilung verhindern, da das Nervensystem bereits vorgeschädigt ist. Alkoholabstinenz ist immer eine Voraussetzung für eine Verbesserung oder Ausheilung der Symptomatik.Für die Behandlung der Schmerzen oder unangenehmen Missempfindungen stehen mehrere Medikamente zur Verfügung.Liegt eine entzündliche Ursache der Polyneuropathie vor, so können Cortison-Infusionen, Plasmapherese (umgangssprachlich - Blutwäsche) oder die Gabe von Immunglobulinen zu einer Linderung oder gar Ausheilung führen. Die Notwendigkeit der Anwendung dieser Medikamente oder Verfahren zu beurteilen ist Sache des neurologischen Experten.Missempfindungen und Schmerzen können überdies mit einer Neural-Akupunktur behandelt werden.Lähmungen und Muskelschwund, Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen können mit einer spezifischen Physiotherapie behandelt werden. Diese kann gegebenenfalls um elektrische oder magneto-elektrische Stimulationverfahren ergänzt werden.
Ist die Ursache der Neuropathie eine Erkrankung, steht als Erstes deren gezielte Behandlung an. So ist zum Beispiel bei Diabetes mellitus eine optimale Blutzuckereinstellung unerlässlich. Bei Alkoholismus als Ursache ist eine sofortige, lebenslange Abstinenz angezeigt. Zusätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten zur symptomatischen Behandlung. Diese richtet sich danach, welche Beschwerden im Vordergrund stehen.
Hat ein Diabetes schleichend über viele Jahre die Nerven angegriffen, muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen. Allerdings führt eine zu rasche Senkung der Blutzuckerwerte zu weiteren Nervenschäden. Als optimal gilt eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten. Bei Altersdiabetes empfehlen Ärzte eine Umstellung des Lebensstils mit Gewichtsreduktion und viel Bewegung. Ziel ist, dass sich die Nerven wieder erholen. Besteht die Schädigung allerdings schon lange, ist die Polyneuropathie in der Regel nicht heilbar. Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate.
Medikamentöse Therapie
Klassische Schmerzmittel sind bei Polyneuropathie nur schlecht wirksam. Wichtig ist zudem, dass die verordnete Dosierung exakt eingehalten wird. In schweren Fällen können Opioide in Betracht gezogen werden. Gerade bei komplexen Schmerztherapien ist es besonders wichtig, die richtige Medikation zur richtigen Zeit einzunehmen. Eine Alternative zu oralen Medikamenten können Schmerzpflaster mit hochdosiertem Capsaicin oder Lidocain sein, insbesondere bei lokalisierten Beschwerden wie Schmerzen und Missempfindungen. Seit 2017 können Ärzte in Deutschland medizinisches Cannabis auf Rezept verschreiben. Der Einsatz von medizinischem Cannabis bei chronischen neuropathischen Schmerzen wird kontrovers diskutiert. Zur Schmerzbekämpfung haben sich Antidepressiva und Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie), sogenannte Antikonvulsiva, bewährt. Capsaicin ist für die Schärfe der Chilischoten verantwortlich und hat sich in Form von Capsaicin-Pflastern auf der Haut in Studien als erfolgversprechendes Mittel gegen Polyneuropathie erwiesen. Es betäubt nicht nur den schmerzenden Bereich und steigert die Durchblutung, sondern scheint sogar die Neubildung kleiner Nervenfasern anzuregen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Physiotherapie kann bei motorischen Einschränkungen und Gangunsicherheit dazu beitragen, die Beweglichkeit und Stabilität zu verbessern. Bei der transkutanen Elektrostimulation, kurz TENS, werden kleine Elektroden auf die Haut geklebt, die sanfte elektrische Impulse abgeben. Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren. Von außen lässt sich dieses durch ein TENS-Gerät erreichen. Die Therapien müssen dauerhaft durchgeführt werden. Eine Pause beeinträchtigt schnell den Behandlungserfolg. Gegen die fortschreitende Gangunsicherheit wirkt Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie. Wie die gezielten Reize der Akupunktur die Nerven beleben, ist noch ungeklärt.
Wann kommt TENS bei Polyneuropathie in Frage?
TENS ist eine nicht-medikamentöse Therapie, die oft bei starken neuropathischen Schmerzen in Kombination mit anderen Behandlungen eingesetzt wird. Sollten Medikamente zur Linderung der neuropathischen Schmerzen nicht ausreichen, kann in Absprache mit dem Arzt ein Therapieversuch erwogen werden. Zu beachten ist, dass bei einer Polyneuropathie oftmals das Temperaturempfinden herabgesetzt ist.
Selbsthilfemaßnahmen
Wenn Sie von einer Polyneuropathie betroffen sind, können Sie selbst einiges tun, um den Behandlungserfolg zu unterstützen. In einer Selbsthilfegruppe treffen Sie auf Menschen, die genau verstehen, was es bedeutet, mit Polyneuropathie zu leben. Hier können Sie sich mit anderen Betroffenen über ihre Erfahrungen austauschen und praktische Tipps für den Alltag erhalten. Informationen über regionale Selbsthilfegruppen finden Sie beim Deutschen Polyneuropathie Selbsthilfe e.V.. Ein spezielles Ernährungskonzept ist bei Polyneuropathie im Allgemeinen nicht notwendig - mit einer ausgewogenen Ernährungsweise versorgen Sie Ihren Körper mit allen essenziellen Vitaminen und Nährstoffen. Eine Nahrungsergänzung mit Folsäure, B12 oder anderen B-Vitaminen ist nur angeraten, wenn bei Ihnen ein ärztlich nachgewiesener Mangel besteht. Regelmäßige Bewegung kann neuropathische Beschwerden lindern und die Regeneration der Nerven anregen. Ideal ist die Kombination aus einem moderaten Ausdauertraining und Krafttraining. Zur Verbesserung von Gleichgewicht und Mobilität können schon einfache Übungen wie das Stehen auf einem Bein oder Gehen auf einer Linie helfen. Bei Sensibilitätsstörungen ist eine tägliche Fußpflege unverzichtbar. Kürzen Sie die Fußnägel mit einer Nagelfeile anstatt mit der Schere, um Verletzungen zu vermeiden. Um Folgeschäden an den Füßen vorzubeugen, empfiehlt sich eine regelmäßige medizinische Fußpflege beim Podologen. Taubheitsgefühle oder eine eingeschränkte Schmerz- und Temperaturempfindung können das Risiko für Stürze und Verletzungen am Fuß erhöhen. Umso wichtiger ist es, dass Sie geeignetes Schuhwerk tragen. Wechseln Sie täglich die Socken. Verschiedene Hilfsmittel können das Leben mit Polyneuropathie erleichtern.
Rehabilitation
Auf der Internetseite „Das Rehaportal“ können Sie kostenlos nach Rehakliniken für Polyneuropathie in Ihrer Nähe suchen.
Pflegegrad
Bei Polyneuropathien wird das Innere oder die Hülle der peripheren Nerven geschädigt. Falls Sie feststellen, dass Sie oder Ihr Angehöriger im Alltag zunehmend Unterstützung benötigen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf einen Pflegegrad. Damit stehen Ihnen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu. In einem Pflegetagebuch können Sie die Beeinträchtigungen im Alltag genauer beobachten und dokumentieren. Ein Pflegetagebuch unterstützt Sie gegebenenfalls beim Antrag auf Pflegegrad.
Heilungschancen
Ob eine Neuropathie heilbar ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Viele Polyneuropathien weisen einen chronischen Verlauf auf und begleiten Betroffene über eine lange Zeit. Ob eine Rückbildung möglich ist, können im individuellen Fall nur die behandelnden Ärzte abschätzen. Je nach Art und Schweregrad der Symptome kann die Lebensqualität betroffener Personen beeinträchtigt sein. Ebenso wie sich eine chronische Polyneuropathie schleichend über einen längeren Zeitraum entwickelt, dauert es eine Weile, bis sich der Körper an die verordneten Therapien gewöhnt hat. Ob Schmerzmittel oder nicht-medikamentöse Maßnahmen - oft braucht es einige Wochen, bis eine wesentliche Linderung der Beschwerden spürbar wird. Die Heilungschancen hängen davon ab, welche Ursache der Polyneuropathie zugrunde liegt. Bei einigen Arten bestehen gute Aussichten auf eine Rückbildung.
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