Das Restless-Legs-Syndrom (RLS), auch bekannt als Syndrom der unruhigen Beine oder Willis-Ekbom-Krankheit, ist eine neurologische Erkrankung, die durch einen quälenden, unwiderstehlichen Drang, die Beine zu bewegen, gekennzeichnet ist. Dieser Bewegungsdrang wird oft von unangenehmen Missempfindungen in den Beinen begleitet und bessert sich durch Bewegung. Die Symptome treten vor allem in Ruhe auf und sind abends oder nachts am stärksten. In Deutschland sind schätzungsweise 3 bis 10 % der Bevölkerung vom Restless-Legs-Syndrom betroffen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Bei etwa 1,3 % aller Erwachsenen in Deutschland sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass sie den Alltag beeinträchtigen und eine Behandlung infrage kommt.
Was ist das Restless-Legs-Syndrom (RLS)?
Die Abkürzung RLS steht für Restless Legs Syndrom, was übersetzt "Erkrankung der unruhigen, ruhe- oder rastlosen Beine" bedeutet. Das RLS ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen in westlichen Industrieländern, mit einer Verbreitung von etwa 10 % in der Bevölkerung. Allerdings sind nur 3-4 % der Betroffenen therapiebedürftig.
Die Erkrankung verläuft in der Regel chronisch-fortschreitend, kann aber, besonders zu Beginn, nur mild ausgeprägt sein und von wochen- bis monatelangen symptomfreien Intervallen unterbrochen sein. Meist werden die Patienten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr therapiebedürftig. Frauen sind häufiger als Männer betroffen.
Symptome des Restless-Legs-Syndroms
Das Restless-Legs-Syndrom ist durch einen Bewegungsdrang der Beine gekennzeichnet, der meist von unangenehmen Missempfindungen ausgelöst oder begleitet wird. Selten sind gleichzeitig auch die Arme oder andere Körperregionen betroffen. Der Bewegungsdrang und die unangenehmen Empfindungen treten vorwiegend oder ausschließlich in Ruhezeiten auf, vor allem abends und nachts.
Die Missempfindungen werden von den Betroffenen unterschiedlich beschrieben, unter anderem als:
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- Ziehen
- Stechen
- Kribbeln
- Ameisenlaufen
- Druckgefühl
- Elektrisieren
- Reißen
- Krämpfe/krampfartiges Ziehen
- einschießender oder quälender Schmerz
- brennende Missempfindungen
Die Symptome können sich bei Ruhe zeigen oder verstärken, nachlassen, sobald und solange man in Bewegung ist, im Laufe des Tages zunehmen oder nur abends und nachts auftreten.
Ursachen des Restless-Legs-Syndroms
Die Ursachen für das Restless-Legs-Syndrom (RLS) sind noch nicht genau bekannt. Fachleute gehen von einer multifaktoriellen Erkrankung aus, bei der mehrere Faktoren an der Krankheitsentstehung beteiligt sind.
Wichtige Faktoren sind nach heutigem Wissenstand:
- Genetische Faktoren: In etwa der Hälfte der Fälle sind leibliche Verwandte ebenfalls vom Syndrom der unruhigen Beine betroffen. Es wurden inzwischen 19 Genveränderungen festgestellt, deren genaue Rolle im Zusammenhang mit dem RLS jedoch noch nicht geklärt ist. Studien zufolge haben vier bis neun von zehn Betroffenen, die vor dem 45. Lebensjahr am RLS erkranken, Verwandte, die ebenfalls an Restless Legs leiden. Die betroffenen Abschnitte im Erbgut sind beispielsweise für die Ausbildung von sogenannten Axonen und Synapsen relevant.
- Eisenstoffwechsel: Ein gestörter Eisenstoffwechsel im Gehirn, insbesondere ein Eisenmangel, kann zu einem gestörten Stoffwechsel führen, da Eisen bei der Herstellung des körpereigenen Dopamins ein wichtiger Co-Faktor ist. Studien haben im Nervenwasser (Liquor) von vielen Patienten erniedrigte Ferritin- und erhöhte Transferrin-Werte nachgewiesen, was auf einen Eisenmangel hindeutet.
- Dopaminstoffwechsel: Ein Mangel am Botenstoff Dopamin im Gehirn kann ebenfalls eine Rolle spielen. Dopamin ist ein Botenstoff, der die Erregung von einer Nervenzelle auf andere Zellen überträgt. Untersuchungsergebnisse sprechen für ein Dopamin-Ungleichgewicht im Bereich der Kontaktstellen (Synapsen) von Nervenzellen beim RLS.
- Komorbiditäten: Das Restless-Legs-Syndrom tritt häufig im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen oder Umständen auf, wie z.B. Eisenmangel, Nierenerkrankungen, chronische Lebererkrankungen, Angststörungen, depressive Störungen, Polyneuropathie, Multiple Sklerose, Migräne, neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Schmerzen, Fibromyalgie, Schilddrüsenerkrankungen, Hautkrankheiten, Reizdarm, Morbus Crohn, Zöliakie und Schwangerschaft.
Diagnose des Restless-Legs-Syndroms
Die Diagnose des RLS basiert hauptsächlich auf den vom Patienten geschilderten Symptomen. Es gibt keine spezifischen Tests, die das RLS direkt nachweisen können. Die Diagnosekriterien umfassen:
- Bewegungsdrang der Gliedmaßen (Beine/Arme), verbunden mit unangenehmen Missempfindungen
- Verschlechterung der Beschwerden bei Ruhe (Liegen und Sitzen)
- Teilweise oder vollständige Besserung durch Bewegung (Laufen oder Dehnen)
- Die Symptome sind abends oder nachts deutlich ausgeprägter
- Keine andere Grunderkrankung als alleinige Erklärung für die Beschwerden
Zusätzlich können folgende Kriterien die Diagnose unterstützen:
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- Ansprechen auf dopaminerge Therapie (z.B. 50 % Verbesserung der RLS-Beschwerden im L-DOPA Test)
- Positive Familienanamnese
- Nachweis von periodischen (wiederkehrenden) Beinbewegungen während des Schlafes in einem Schlaflabor (Polysomnographie)
- Fehlen einer ausgeprägten Tagesschläfrigkeit, obwohl von Ein- und Durchschlafstörungen betroffen
Um andere Erkrankungen auszuschließen, werden in der Regel eine klinisch-neurologische Untersuchung, eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit sowie eine Muskeluntersuchung durchgeführt. Auch eine Blutabnahme wird durchgeführt, um die Eisen-, Nieren- und Schilddrüsenwerte zu bestimmen.
Eine Einstufung des Schweregrades der RLS-Symptomatik kann anhand der von der International Restless Legs Study Group (IRLSSG) herausgebrachten Schweregradskala mit 10 Fragen und maximal 40 Punkten erfolgen (1-10 Punkte: leichtgradiges RLS, 11-20 Punkte: mittelgradiges RLS, 21-30 Punkte: schwergradiges RLS, 31-40 Punkte: sehr schwergradiges RLS).
Behandlung des Restless-Legs-Syndroms
Ziel der Behandlung ist es, die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Da die Ursache des RLS bislang nicht bekannt ist, ist eine Heilung nicht möglich.
Die Behandlung umfasst in der Regel eine Kombination aus:
- Behandlung von Begleiterkrankungen: Wenn das RLS die Folge einer bekannten Krankheit ist, können durch die Behandlung der Begleiterkrankung die RLS-Beschwerden ganz aufhören.
- Medikamentöse Therapie: Eine medikamentöse Behandlung ist erst dann sinnvoll, wenn der Patient sich durch die Symptome beeinträchtigt fühlt, z.B. wenn er durch die damit verbundene Schlafstörung den Alltag nicht mehr meistern kann. Abhängig von der Schwere der Symptomatik, der zeitlichen Verteilung der Beschwerden und von vorbestehenden medikamentösen Nebenwirkungen ist zwischen einer Therapie mit Dopaminagonisten, Opioiden oder Medikamenten zur Behandlung von neuropathischen Beschwerden wie Gabapentin oder Pregabalin abzuwägen. Die zur Behandlung von RLS zugelassenen Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin sind die Medikation erster Wahl. Die Behandlung mit L-DOPA ist wegen der hohen Augmentationsraten nicht mehr zeitgemäß.
- Ergänzende Therapiemöglichkeiten: Als nicht-medikamentöse Optionen für die RLS-Behandlung ist zunächst die Einhaltung einer guten Schlafhygiene mit regelmäßigen Bettzeiten und das Vermeiden von Schlafentzug durch Nachtschichtarbeiten wichtig. Zur unmittelbaren Symptomlinderung können physikalische Maßnahmen wie Massage, kühlende Gele oder Bäder angewendet werden. Auch eine regelmäßige moderate körperliche Aktivität kann sich positiv auswirken.
- Selbsthilfemaßnahmen: Viele RLS-Patienten haben einen langen Leidensweg hinter sich, deshalb bilden gerade die heimatnahen Selbsthilfegruppen von der Deutschen Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.) ein gutes Forum, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.
Medikamentöse Behandlung im Detail
- Eisenpräparate: Bei einem Eisenmangel wird die Einnahme von Eisenpräparaten empfohlen. Dies kann zu einer Linderung der Symptome führen. Bei einem Ferritin-Wert im Blut von unter 75 Mikrogramm Ferritin pro Liter verschreibt der Arzt zunächst Eisentabletten. Werden diese nicht vertragen, bei stärkeren Beschwerden oder einer Transferrin-Sättigung im Blut von unter 20 %, kann Eisen auch als Infusion gegeben werden.
- Dopaminagonisten: Wenn sich die Beschwerden durch Eisenzufuhr nicht bessern oder die Eisenwerte im Blut unauffällig sind, kommen sogenannte Dopamin-Agonisten infrage. Sie ahmen die Wirkung des Botenstoffs Dopamin im Gehirn nach. Sie gleichen einen Dopamin-Mangel im Gehirn aus. Diese gibt es in verschiedenen Wirkformen. Dopaminerge Mittel führen bei vielen Patienten zu einer Linderung der Symptome. Sie sind jedoch nicht frei von Nebenwirkungen; die Beschwerden können sich bei manchen Patienten sogar verstärken. Deshalb sollte gemeinsam mit den behandelnden Ärzten kritisch geprüft werden, ob eine medikamentöse Behandlung erforderlich ist.
- Gabapentinoide: Der Arzt kann auch ein Medikament mit dem Wirkstoff Gabapentin oder Pregabalin verschreiben. Da beide nicht für die Behandlung des Restless-Legs-Syndroms zugelassen sind, handelt es sich um einen Off-Label-Use. Als Alternative zu den verschiedenen dopaminergen Mitteln können Patienten Wirkstoffe einnehmen, die auch gegen Krampfanfälle eingesetzt werden.
- Opioide: Diese starken Schmerzmittel kommen nur infrage, wenn sich die Beschwerden durch andere Medikamente nicht ausreichend lindern lassen. Schmerzmittel auf der Basis von Opioiden sind ebenfalls eine mögliche Option.
Ergänzende Therapiemöglichkeiten im Detail
- Schlafhygiene: Einhaltung einer guten Schlafhygiene mit regelmäßigen Bettzeiten und das Vermeiden von Schlafentzug durch Nachtschichtarbeiten. Sorgen Sie für einen ausreichenden, regelmäßigen Schlaf. Sie können sich z. B. bestimmte Rituale aneignen, um besser einschlafen zu können.
- Physikalische Maßnahmen: Zur unmittelbaren Symptomlinderung können physikalische Maßnahmen wie Massage, kühlende Gele oder Bäder angewendet werden. Die Massage der Beine, warmes oder kaltes Abduschen der Beine oder ein heißes Bad können die Beschwerden manchmal lindern.
- Körperliche Aktivität: Eine regelmäßige moderate körperliche Aktivität kann sich positiv auswirken. Regelmäßige körperliche Aktivität, Dehnübungen. Sportliche Aktivität mit Beinarbeit sollte jedoch in den Morgenstunden erfolgen, da viele Patientinnen nach Joggen oder ausgedehntem Wandern sowie nach Gartenarbeit am Nachmittag oder Abend dann nachts verstärkte RLS-Beschwerden haben.
- Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit genügend Eisen.
- Vermeidung von Auslösern: Vermeiden Sie Alkohol, Koffein und Nikotin.
- Entspannung: Vermeiden Sie Stress, vor allem vor der Schlafenszeit.
Auswirkungen des Restless-Legs-Syndroms auf den Alltag
Das Restless-Legs-Syndrom kann verschiedene Auswirkungen auf den Alltag haben. Wer schlecht schläft, ist möglicherweise tagsüber erschöpft, gereizt und hat Probleme, sich zu konzentrieren. Das kann das private und berufliche Leben beeinflussen. Manche Menschen meiden außerdem Freizeitaktivitäten wie einen Kinobesuch, da langes Sitzen für sie kaum auszuhalten ist.
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Für das Wohlbefinden im Alltag ist es wichtig, Wege zu finden, mit den Beschwerden umzugehen und sie so gering wie möglich zu halten.
Selbsthilfe bei Restless-Legs-Syndrom
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Betroffene selbst ergreifen können, um die Beschwerden zu lindern:
- Massieren, Bürsten oder Abduschen der Beine
- Anwenden von warmen Fußbädern, Wickeln oder Umschlägen
- Dehnen der Beine, Gymnastik oder Entspannungsübungen
- Achten auf eine eisenreiche Ernährung (z.B. rotes Fleisch oder bestimmte Hülsenfrüchte)
- Austausch mit anderen Betroffenen (z.B. in einer Selbsthilfegruppe)