Rita Süssmuth, eine prägende Figur der deutschen Politik, blickt auf ein bewegtes Leben zurück, das von Engagement für Frauenrechte, Gesundheitspolitik und Bildung geprägt ist. Ihre Karriere führte sie von der Wissenschaft in die höchsten politischen Ämter, darunter das der Bundesministerin und der Bundestagspräsidentin. Nun macht die 87-Jährige eine Krebserkrankung öffentlich.
Frühe Jahre und akademische Laufbahn
Rita Süssmuth, geboren als Rita Kickuth am 17. Februar 1937 in Wuppertal, wuchs in einer katholisch geprägten Familie auf. Ihr Vater war Lehrer, und die Familie legte Wert auf Bildung und kulturelle Interessen. Nach dem Abitur studierte sie Romanistik, Geschichte und Pädagogik in Münster, Tübingen und Paris. 1964 promovierte sie in Erziehungswissenschaften.
Nach ihrer Promotion arbeitete Süssmuth als Hochschulassistentin und Dozentin, bevor sie 1971 zur Professorin für Erziehungswissenschaften ernannt wurde. Von 1982 bis 1985 leitete sie das Forschungsinstitut "Frau und Gesellschaft" in Hannover. Ihre wissenschaftliche Arbeit befasste sich unter anderem mit der Anthropologie des Kindes und der Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Einstieg in die Bundespolitik
Süssmuths politische Karriere begann 1981 mit ihrem Eintritt in die CDU. Zuvor engagierte sie sich bereits im Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit. 1985 wurde sie überraschend von Bundeskanzler Helmut Kohl zur Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit ernannt.
Als Ministerin setzte sich Süssmuth vehement für die Belange von Frauen ein. So erreichte sie 1986 die Umbenennung ihres Ministeriums in "Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit". Sie trieb die Umsetzung von Gesetzen zum Erziehungsgeld und zum Erziehungsurlaub voran, die bereits unter ihrem Vorgänger Heiner Geißler angestoßen wurden.
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Ein weiteres wichtiges Thema ihrer Amtszeit war die Gesundheitspolitik. Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 koordinierte sie die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor den Auswirkungen der Katastrophe. Zudem engagierte sie sich in der Aufklärung über die Immunschwächekrankheit AIDS und setzte sich gegen die Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen ein.
Bundestagspräsidentin in bewegter Zeit
1988 wurde Rita Süssmuth zur Bundestagspräsidentin gewählt und war die erste Frau in diesem Amt. Sie folgte auf Philipp Jenninger, der nach einer umstrittenen Rede zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht zurückgetreten war. Süssmuth übte das Amt der Bundestagspräsidentin zehn Jahre lang aus, bis 1998.
Als Bundestagspräsidentin setzte sich Süssmuth für eine Reform der Parlamentsarbeit und für die Verkleinerung des Bundestages ein. Sie gestaltete den Umzug des Parlaments von Bonn nach Berlin aktiv mit und trug maßgeblich zur Ausgestaltung des Plenarbereichs im Reichstagsgebäude bei.
Auch als Bundestagspräsidentin scheute Süssmuth nicht davor zurück, in politischen Fragen Stellung zu beziehen. So sprach sie sich in der Diskussion über die Neufassung des § 218 StGB für einen Kompromiss zwischen der Fristenlösung und der Indikationslösung aus.
Engagement nach der politischen Karriere
Nach dem Ende ihrer Amtszeit als Bundestagspräsidentin im Jahr 1998 blieb Rita Süssmuth politisch aktiv. Sie übernahm den Vorsitz der von Bundeskanzler Gerhard Schröder einberufenen Zuwanderungskommission und setzte sich für eine Neuregelung der Ausländerpolitik ein. Von 1988 bis 2015 war sie Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes.
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Zudem engagierte sich Süssmuth in verschiedenen Organisationen und Initiativen, die sich für Demokratie, Menschenrechte und Völkerverständigung einsetzen. Sie war unter anderem Präsidentin des deutschen Polen-Instituts und stand dem Kuratorium der Deutsch-Polnischen Gesellschaft vor.
Rita Süssmuth heute: Krebserkrankung und ungebrochener Lebensmut
Im Jahr 2024 machte Rita Süssmuth ihre Brustkrebserkrankung öffentlich. Die Diagnose erhielt sie bereits vor drei Jahren, inzwischen haben sich Metastasen gebildet. Trotz der Erkrankung zeigt sich Süssmuth kämpferisch und will weiterhin dazu beitragen, dass es der Gesellschaft besser geht. "Ich sitze nicht herum und warte auf den Tod", sagte sie der "Bild"-Zeitung.
Süssmuth erhält Unterstützung von ihrer Tochter Claudia Süssmuth-Dyckerhoff und ihren fünf Enkelkindern. Ihr Glaube gibt ihr ebenfalls Kraft. "Gott ist für mich wichtig. Er trägt mich seit vielen Jahren durchs Leben", so Süssmuth.
Würdigung
Rita Süssmuth hat sich in ihrem Leben große Verdienste um die deutsche Politik und Gesellschaft erworben. Sie war eine streitbare Politikerin, die sich für ihre Überzeugungen einsetzte und auch Konflikte nicht scheute. Ihr Engagement für Frauenrechte, Gesundheitspolitik und Bildung hat Spuren hinterlassen. Süssmuth ist ein Vorbild für viele Menschen in Deutschland.
Ehrungen und Auszeichnungen
Rita Süssmuth wurde für ihr Engagement vielfach geehrt. Sie erhielt unter anderem das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, die Niedersächsische Landesmedaille, den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen und den Mérite Européen in Gold. Der Rita Süssmuth-Forschungspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ist nach ihr benannt und würdigt exzellente Forscherinnen und Forscher, die in ihrer Arbeit Geschlechteraspekte untersuchen.
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