Ein Schlaganfall ist eine zeitkritische Erkrankung des Gehirns, die durch eine plötzliche Schädigung des Hirngewebes infolge eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) entsteht. Jährlich erleiden weltweit 15 Millionen Menschen einen Schlaganfall, von denen 5 Millionen sterben und weitere 5 Millionen dauerhaft eingeschränkt bleiben. In Deutschland werden jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle diagnostiziert. Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter, wobei fast 80% aller Schlaganfälle auf die Altersgruppe ab 60 Jahre entfallen. Allerdings sind auch jüngere Menschen betroffen, selbst Kinder.
Weltweiter Anstieg der Schlaganfall-Last
Obwohl die altersstandardisierten Raten der Schlaganfallinzidenz und Mortalität zwischen 1990 und 2019 gesunken sind, nimmt die absolute Zahl der Schlaganfälle weltweit zu. Dies ist hauptsächlich auf die demografische Entwicklung und die steigende Lebenserwartung zurückzuführen. Besorgniserregend ist auch die zunehmende Schlaganfallrate in Ländern mit niedrigem Einkommen und der überproportionale Anstieg von Inzidenz und Prävalenz bei Menschen unter 70 Jahren.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Es gibt modifizierbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Zu den modifizierbaren Risikofaktoren gehören hoher Blutdruck, Übergewicht, Diabetes, Umweltverschmutzung, Rauchen, hoher Salzkonsum, Bewegungsmangel, Hyperlipidämie, Vorhofflimmern, Stress, Alkoholkonsum, Arteriosklerose, Karotisstenose, Ovulationshemmer und Polyglobulie. Als neuer Risikofaktor wurde Endometriose festgestellt. Nicht modifizierbare Risikofaktoren sind Alter, Geschlecht und genetische Prädisposition.
Ursachen von Schlaganfällen
Grundsätzlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden:
- Ischämischer Insult: Infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses.
- Hämorrhagischer Insult: Aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB).
Ischämische Ursachen
Der ischämische Hirninfarkt, auch als "weißer Schlaganfall" bezeichnet, entsteht durch Stenosen oder Verschlüsse hirnversorgender Arterien. Folgende Situationen können eine ischämische Ursache bedingen:
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- Makroangiopathie: Verengung oder Obstruktion großer arterieller Blutgefäße, oft durch artherosklerotische Plaques.
- Mikroangiopathie: Betrifft kleine arterielle Blutgefäße, beispielsweise durch subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE).
- Kardiale Embolie: Entstehung eines Embolus im Herzen, meist durch Vorhofflimmern.
- Andere Erkrankungen: Seltenere Ursachen wie hämatologische Erkrankungen, Vaskulitiden, Gefäßkompressionen, Gefäßdissektionen, spezielle Infektionen, Arzneimittel, paradoxe Embolie, Migräne, iatrogene Interventionen und Drogenkonsum.
Hämorrhagische Ursachen
Der hämorrhagische Schlaganfall, auch als "roter Infarkt" bezeichnet, entsteht durch eine Einblutung in das Hirngewebe, meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß. Die Subarachnoidalblutung hat als extrazerebrales Hämatom eine Sonderstellung.
Pathogenese des ischämischen Insults
Eine Verminderung der Hirndurchblutung unter das normale Niveau kann zu Funktionsstörungen führen, die reversibel sind, solange die Durchblutung wiederhergestellt wird. Sinkt die Durchblutung jedoch zu stark ab, kommt es zu einer anoxischen Zelldepolarisation und Infarzierung. Die Randzonen des Infarkts (Penumbra) können sich bei rechtzeitiger Behandlung noch erholen.
Symptome eines Schlaganfalls
Das klinische Bild eines Schlaganfalls ist äußerst heterogen. Beim ischämischen Insult sind die Beschwerden meist unspezifisch, während ein hämorrhagischer Insult beispielsweise durch akute Kopfschmerzen, Erbrechen und Nackensteifigkeit gekennzeichnet sein kann.
Symptome beim ischämischen Insult
Klassische Symptome, die auf einen ischämischen Insult hinweisen, sind:
- Plötzlich einsetzende Hemiparesen (Mundwinkel, Gesicht oder eine Körperhälfte)
- Artikulationsstörungen (oft mit verwaschener Sprache)
- Dysphagie
- Aphasie
- Apraxie
- Ataxie
- Sehbeeinträchtigungen (zum Beispiel Diplopie, Hemianopsie, Quadrantenanopsie oder Herdblick)
- Bewusstseinseinschränkungen
Besonderheiten beim Hirnstamminfarkt
Beim Hirnstamminfarkt kommt es zu Schädigungen im Bereich des Hirnstamms, die sich durch eine Vielzahl von Leitsymptomen äußern, darunter Schwindel, Dysarthrie, Dysphagie, Ataxie, Blickparese, Hemi- und Tetraparesen sowie Singultus. Zudem können verschiedene Hirnstamm-Syndrome auftreten.
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Schlaganfall-ähnliche Symptome und TIA (Transitorische Ischämische Attacke)
Wenn Schlaganfall-ähnliche Symptome nur kurz andauern, nehmen Betroffene das meist nicht ernst. Doch das kann fatal sein: Nach einer TIA, einer transitorisch ischämischen Attacke, ist die Gefahr eines echten Schlaganfalls besonders hoch. Eine TIA, auch Mini-Schlaganfall genannt, weist die gleichen Symptome wie ein echter Schlaganfall auf, allerdings halten die Anzeichen nur kurzzeitig an und verschwinden meist nach wenigen Minuten (maximal 24 Stunden).
Häufige Symptome einer TIA:
- Kribbeln oder Taubheitsgefühl an Armen, Beinen oder einer Körperhälfte
- Schwindel und Unsicherheiten beim Gehen
- Lähmungen der Extremitäten oder einer Körperhälfte
- Sprech- sowie Sehstörungen
- Herunterhängen eines Mundwinkels
- Verwaschene Sprache oder Wortfindungsstörungen
Der FAST-Test:
Der FAST-Test hilft dabei, eine TIA oder einen Schlaganfall schnellstmöglich zu erkennen:
- Face (Gesicht): Die Person bitten zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
- Arms (Arme): Die Person bitten, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.
- Speech (Sprache): Die Person bitten, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
- Time (Zeit): Nicht zögern, unverzüglich die 112 wählen und die Symptome schildern.
Ursachen einer TIA
Auslöser einer TIA sind vorübergehende Durchblutungsstörungen im Gehirn, die im Unterschied zu einem Schlaganfall keine bleibenden Schäden verursachen. Dennoch ist eine TIA ein Warnsignal, dem oft ein "großer" Schlaganfall folgt.
Was tun bei Verdacht auf Schlaganfall oder TIA?
Besteht der Verdacht auf eine TIA oder einen Schlaganfall, sollte umgehend die Notrufnummer 112 gerufen werden.
Seltene Ursachen für Schlaganfälle
Neben den häufigen Ursachen gibt es auch seltene Erkrankungen, die zu Schlaganfällen führen können:
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- Moyamoya-Erkrankung: Eine chronische, fortschreitende Erkrankung, die zu Einengungen und Verschlüssen der Arterien im Gehirn führt.
- Angiitis des zentralen Nervensystems: Seltene Entzündungen der Gefäße des zentralen Nervensystems.
- Dissektion: Eine Einblutung in die Gefäßwand, meist sind die Halsarterien betroffen.
- Morbus Fabry: Eine vererbte Speicherkrankheit, bei der sich Stoffwechselprodukte in den Gefäßen ablagern.
- Persistierendes Foramen ovale (PFO): Ein angeborenes Loch in der Herzscheidewand, das sich eigentlich nach der Geburt verschließen soll.
Schlaganfall bei Frauen: Genderspezifische Unterschiede
Studien zeigen, dass Frauen im Vergleich zu Männern häufiger einen Schlaganfall erleiden. Dies hängt mit speziellen Risikofaktoren zusammen, denen in der Regel nur Frauen ausgesetzt sind. Bei Frauen zeigt sich ein Schlaganfall oft durch ungewöhnliche Symptom-Kombinationen. Eine Studie von 2025 bestätigt die Unterschiede bei Schlaganfallsymptomen zwischen Frauen und Männern. Vor allem Neglect und Blickabweichung sind bei Frauen starke Hinweise. Ein Grund für die oft unterschiedlichen Schlaganfall-Symptome bei Männern und Frauen könnte sein, dass Frauen häufiger Schlaganfälle durch Blutgerinnsel aus dem Herzen erleiden. Frauen sollten deshalb ihr Herz regelmäßig untersuchen lassen, insbesondere auf Vorhofflimmern.
Stummer Schlaganfall
Ein stummer oder unbemerkter Schlaganfall kann im Nachgang mithilfe bildgebender Verfahren wie beispielsweise einem CT oder MRT festgestellt werden. Personengruppen mit verdeckten Schlaganfällen haben die klassischen vaskulären Risikofaktoren wie Arteriosklerose, hohen Blutdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, höheres Alter oder Vorhofflimmern. Auch nach medizinischen Eingriffen am Herzen findet man viele stumme Schlaganfälle. Scheinbar gesunde Menschen bei denen verdeckte Schlaganfälle gefunden werden, haben ein erhöhtes Risiko für offene Schlaganfälle und die Entwicklung einer Demenz.
Erste Hilfe bei Verdacht auf Schlaganfall
Wenn Sie bei sich oder bei einer anderen Person mögliche Symptome eines Schlaganfalls bemerken, sollten Sie unmittelbar handeln. Rufen Sie sofort den ärztlichen Notdienst (112). Je mehr Zeit nach dem akuten Schlaganfall verstreicht, umso schwerwiegender können die Folgen sein, da Hirnzellen bei fehlender Sauerstoffversorgung innerhalb weniger Minuten absterben.
Was soll man tun, wenn der Notarzt eintrifft?
- Schildern Sie die Symptome.
- Nennen Sie den Zeitpunkt des Auftretens der Symptome.
- Informieren Sie über Vorerkrankungen und Medikamente.
Prävention von Schlaganfällen
Um Durchblutungsstörungen des Gehirns vorzubeugen, wird ein gesunder Lebensstil empfohlen:
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht
- Mehr Bewegung
- Gesunde Ernährung
- Verzicht auf Rauchen
TIA-Betroffene haben ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko und sollten regelmäßig zur Kontrolle in die Klinik kommen.
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