Schlaganfall-Betroffene erzählen: Geschichten von Kampf, Hoffnung und einem neuen Leben

Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von Grund auf verändern kann. Hinter jeder Statistik verbergen sich individuelle Schicksale, geprägt von Herausforderungen, aber auch von Stärke und dem unerschütterlichen Willen, sich zurück ins Leben zu kämpfen.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall ist eine Durchblutungsstörung im Gehirn. In etwa 80 Prozent der Fälle ist laut der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe eine verstopfte Arterie, beispielsweise durch ein Blutgerinnsel, die Ursache. Dadurch werden betroffene Bereiche im Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was zum Absterben von Nervenzellen führt. Je länger die Durchblutungsstörung andauert, desto größer der Schaden.

Andrea Eißer: Motivation und Lebensfreude trotz Lähmung

Andrea Eißer erlitt vor 22 Jahren einen Schlaganfall, der ihren linken Arm lähmte. Im Alltag meistert sie viele Herausforderungen mit kreativen Lösungen. So hilft ihr beispielsweise eine spezielle Halterung, um Brötchen mit einer Hand aufzuschneiden. Dank schneller Reaktion ihres damaligen Lebensgefährten und der Behandlung in einer Stroke-Unit konnten schlimmere Folgen verhindert werden.

Trotz der Einschränkungen hat Andrea ihren Lebensmut nicht verloren. Sie geht regelmäßig zur Physio- und Ergotherapie, engagiert sich in einer Schule, leitet eine Selbsthilfegruppe und arbeitet als Schlaganfallhelferin in den Sana Kliniken in Lübeck. "Ich möchte Menschen motivieren, sich nicht hängen zu lassen und weiterhin am Leben teilzunehmen", sagt sie. Auch positive Seiten kann sie ihrem Schicksal abgewinnen: Ohne den Schlaganfall hätte sie einige ihrer liebsten Menschen nie kennengelernt.

Aktuell kämpft Andrea mit dem Versorgungsamt, das ihren Grad der Schwerbehinderung herabstufen möchte. Für sie wäre das ein großer Einschnitt, da sie dadurch ihren Kündigungsschutz verlieren und nicht früher in Rente gehen könnte. "Dass die Schwere meiner Behinderung nach so einem schweren Schlaganfall, wie ich ihn hatte, von einem Amt infrage gestellt wird, ist für mich schwer zu begreifen", sagt sie.

Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen

Michael: Zurück ins Arbeitsleben nach schwerem Schlaganfall

Auch Michael hat einen schweren Schlaganfall erlitten, der ihn völlig aus der Bahn warf. "Nach meinem Schlaganfall konnte ich weder laufen noch sprechen", erinnert er sich. Als Ingenieur leitete er zuvor ein Team von 40 Mitarbeitern. Mit viel Mühe und Therapie kämpfte er sich zurück ins Leben und konnte nach 16 Monaten wieder anfangen zu arbeiten.

Allerdings hat der Schlaganfall seine Arbeitsfähigkeit verändert. "Ich bin schnell damit überfordert, wenn ich viele Sachen gleichzeitig erledigen muss. Es geht nur eins nach dem anderen", erklärt er. Dennoch ist er dankbar für seinen Arbeitgeber und seine Kollegen, die Rücksicht auf seine Einschränkungen nehmen.

Auch Michael ist es wichtig, seinen Kündigungsschutz zu behalten. "Ich will arbeiten und nicht bei der nächsten Umstrukturierung um meinen Job bangen müssen", sagt er. Trotz der täglichen Herausforderungen gibt er nicht auf und kämpft weiter für ein selbstbestimmtes Leben.

André: Ein Twitch-Streamer erlebt den Schlaganfall live

André Krieger, bekannt als "CommanderKrieger", ist ein erfolgreicher Twitch-Streamer. Im September 2024 erlitt er während eines Live-Streams mit 44 Jahren einen Schlaganfall. "Ich konnte nicht mehr das sagen, was ich sagen wollte. Es kamen ganz andere Worte aus meinem Mund", beschreibt er den Moment.

Fynn: Ein Schlaganfall im Kindesalter

Fynn war erst 8 Jahre alt, als er im Oktober 2020 einen Schlaganfall erlitt. Seine Mutter erkannte die Symptome schnell und brachte ihn in die Uniklinik Essen. Dort wurde die seltene Diagnose gestellt: Schlaganfall! Nur etwa 300 Kinder sind in Deutschland pro Jahr davon betroffen.

Lesen Sie auch: Gesundheitliche Rückschläge und politische Leistungen von Lafontaine

Ina: Influencerin kämpft sich nach Koma zurück ins Leben

Ina Borck, bekannt als "Inaontour", war 26 Jahre alt, als sie bei einem Work-out zusammenbrach. Im Krankenhaus wurde ein Schlaganfall diagnostiziert. Eine Woche lag sie im künstlichen Koma. Um den Druck auf ihr Gehirn zu mindern, musste ihre Schädeldecke geöffnet werden. Auch die Ursache für den Schlaganfall blieb lange ein Rätsel.

Michael Hartl: Schlagersänger überlebt dank seiner Frau

Schlagersänger Michael Hartl vom Volksmusik-Duo Marianne & Michael erlitt vor drei Jahren einen schweren Schlaganfall. Seine Frau Marianne erkannte die Situation und rief sofort den Notruf. "Wäre das bei uns der Fall gewesen, wär’s vorbei mit mir", sagt Michael Hartl.

Andre: Unsichtbare Folgen und das Unverständnis der Außenwelt

Andre erlitt 2009 im Alter von 29 Jahren seinen ersten Schlaganfall. Es folgten weitere, die neuropsychologische Folgen hinterließen. "Mein Gehirn ist wie ein Computer, der abstürzt. Ab einem gewissen Punkt kann ich keine Informationen mehr verarbeiten", beschreibt er seine Situation.

Obwohl er äußerlich fit wirkt, ist Andre aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen berentet. "Dass ich als augenscheinlich fitter 39-jähriger Mann in Rente bin, sorgt oft für Unverständnis, sogar bei einigen meiner Freunde", erzählt er. Er wünscht sich, dass neuropsychologische Testungen bei Schlaganfall-Betroffenen standardmäßig durchgeführt werden, um die oft unsichtbaren Folgen der Erkrankung besser zu erkennen.

Grit: Kämpfe, Scheitern und Tränen

Grit hat keine Lähmungen und kann wieder sprechen. "Genau das macht mir aber auch oft das Leben schwer. Andere Menschen sehen mir nichts an", sagt sie. Nach dem Schlaganfall wurde sie zunächst psychosomatisch behandelt, erhielt aber keine spezifischen Therapien für die Folgen des Schlaganfalls.

Lesen Sie auch: Rehabilitation bei Gesichtsfeldausfall

Im Alltag kämpft sie mit Energiezusammenbrüchen und einer fehlenden Struktur. "Wo ist die Powerfrau von früher geblieben?!", fragt sie sich. Die Beantragung der Rente war ein Kampf. "Ob der Gutachter einem glaubt oder nicht, scheint so unberechenbar. Man sieht mir ja nichts an!", sagt sie.

Erfahrungen aufschreiben und anderen helfen

Viele Betroffene schreiben ihre Erfahrungen auf, um das Erlebte zu verarbeiten und anderen Mut zu machen. Diese Berichte können für Angehörige und Therapeuten eine wertvolle Hilfe sein, um die "Innenseite" des Lebens mit einer Hirnschädigung besser zu verstehen.

Unterstützung und Hilfsangebote

Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, sich Unterstützung zu suchen und Hilfsangebote anzunehmen. Dazu gehören:

  • Stroke-Units: Spezielle Schlaganfall-Behandlungseinheiten in Krankenhäusern
  • Physio- und Ergotherapie: Zur Verbesserung von motorischen und kognitiven Fähigkeiten
  • Selbsthilfegruppen: Zum Austausch mit anderen Betroffenen
  • Psychologische Betreuung: Zur Bewältigung der emotionalen Folgen
  • Sozialberatung: Zur Klärung von Fragen zu Rente, Pflege und Schwerbehinderung

tags: #schlaganfall #betroffene #erzählungen