Ein Schlaganfall ist nicht nur eine Erkrankung des Alters, sondern kann auch Ungeborene im Mutterleib betreffen. Die Ursachen, Risikofaktoren und Symptome unterscheiden sich jedoch erheblich von denen bei Erwachsenen. Dieser Artikel beleuchtet die besonderen Aspekte des Schlaganfalls im Mutterleib und während der Perinatalperiode.
Einführung
Ein Schlaganfall bei Kindern, insbesondere im Mutterleib oder während der Geburt, ist ein seltenes, aber ernstes Ereignis. Monika Daseking, Expertin auf dem Gebiet des Schlaganfalls bei Kindern an der Universität Bremen, betont die Schwierigkeiten, Schlaganfälle bei Kindern zu erkennen, da die Symptome oft diffus sind und erst mit zeitlicher Verzögerung auftreten können.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für einen Schlaganfall in der Perinatalperiode (von der 20. Schwangerschaftswoche bis zum 28. Lebenstag) sind vielfältig und altersabhängig. Sie unterscheiden sich von denen bei Kindern und Jugendlichen. Einige der wichtigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:
- Arteriopathien: Dies sind die häufigste Ursache von Schlaganfällen im Kindes- und Jugendalter. Eine der häufigsten Formen ist die transiente zerebrale Arteriopathie (TCA), die mit Gefäßwandschäden in den großen Gehirnarterien einhergeht und zu schweren Minderdurchblutungen in lebenswichtigen Gehirnregionen führen kann.
- Bindegewebserkrankungen und Gefäßentzündungen: Diese können nach Infektionen oder im Rahmen von Schädel-Hirn-Verletzungen zu Einrissen und Aufspaltungen (Dissektionen) in Gefäßwänden und in der Folge zu Einblutungen ins Hirngewebe kommen.
- Angeborene und erworbene Herzkrankheiten: Verschiedene Herzkrankheiten stellen wichtige Risikofaktoren dar. Angeborene Herzfehler sind meist genetisch bedingt. Strukturelle Veränderungen am Herzen oder Herzrhythmusstörungen erleichtern die Gerinnselbildung.
- Stoffwechselstörungen: Manche angeborene Erkrankungen des Stoffwechsels führen zu Ablagerungen von Stoffwechselprodukten an den Innenwänden von Blutgefäßen. Andere gehen mit einer gestörten Funktion der Blutgefäße einher, die eine Gerinnselbildung fördert.
- Medikamente und Behandlungen: Zahlreiche Medikamente und Behandlungen können durch ihre gerinnungsfördernden Nebenwirkungen bzw. durch direkte Schädigung von Blutgefäßen im Gehirn das Schlaganfallrisiko erhöhen.
- Genetische Faktoren: Eine genetische Veranlagung kann ebenfalls eine Rolle spielen. Mutationen in Genen, die die Blutgerinnung regeln (z.B. Faktor II oder V Leiden), erhöhen die Gerinnungsneigung. Genetische Veränderungen im Hämoglobin können dazu führen, dass Blutkörperchen verkleben und kleine Gefäße verstopfen. Mutationen in Genen, die für die Zusammensetzung des Bindegewebes wichtig sind, können zu brüchigen Gefäßwänden und damit zu Einrissen oder Hirnblutungen führen.
- Gefäßfehlbildungen: Fehlbildungen der Gehirngefäße können zu Ausbeulungen der Gefäße (Aneurysmen) oder zur Bildung von vielen kleinen Gefäßen anstelle von einem (Kavernome, Hämangiome) führen. Beide Erkrankungen sind mit einem hohen Risiko einer Hirnblutung verbunden.
- Infektionen: Etwa ein Drittel aller Schlaganfälle im Kindes- und Jugendalter ereignet sich im Kontext einer Infektion. Besonders akute Infektionen des Zentralnervensystems wie bei Meningitis, AIDS oder Borreliose können zum Auslöser für einen Schlaganfall werden.
- Andere Faktoren: Stoffwechselstörungen, entzündliche Darmerkrankungen, Dehydration oder Traumen (Einwirkung auf die Halswirbelsäule) können ebenfalls einen entscheidenden Einfluss haben. Zudem weisen Früh- und Neugeborene eine erhöhte Anfälligkeit für Gefäßverschlüsse auf, da sich um den Zeitpunkt der Geburt die Gerinnungsfaktoren des Kindes als auch der Mutter ändern.
- Komplikationen während der Schwangerschaft: Schwangerschaftskomplikationen wie Hypertonie, Präeklampsie oder Diabetes können das Schlaganfallrisiko erhöhen. Unter den Wehen können Thromben durch ein offenes Foramen ovale ins Gehirn driften oder Aneurysmen platzen.
- Rauchen, Alkohol und Drogen: Wenn die Mutter während der Schwangerschaft raucht, Alkohol trinkt oder Drogen einnimmt, erhöht sich das Risiko für eine Zerebralparese beim Kind, was auch mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden sein kann.
Symptome und Diagnose
Die Symptome eines Schlaganfalls bei Kindern können sich von denen bei Erwachsenen unterscheiden und sind oft schwer zu erkennen. Monika Daseking betont, dass die Symptome ganz anders sein können als im Erwachsenenalter und sich nicht so klar zuordnen lassen. Mögliche Symptome sind:
- Sprachstörungen
- Motorische Probleme, z.B. die Unfähigkeit, eine Körperseite richtig zu bewegen (Hemiparese) oder das Nachziehen eines Beines beim Gehen
- Diffuse Symptome, die im Alltag nicht so auffallen
- Bewusstseinsverlust oder längere Zeit nicht ansprechbar sein
- Krampfanfälle
- Verkrampfte Hände oder Schwierigkeiten, die Hände richtig zu schließen
- Eine Körperseite wird nicht mitbewegt
Die Diagnose kann sich verzögern, da die Symptome nicht immer sofort als Schlaganfall erkannt werden. Manchmal wird ein Schlaganfall erst im Alter von vier bis sechs Monaten festgestellt, wenn die Kinder Auffälligkeiten in ihrer Entwicklung zeigen. Im frühen Kindesalter können Windpocken der Auslöser für eine bestimmte Form von Schlaganfall sein, die sich durch kurzzeitiges Nachziehen eines Beines oder verwaschene Sprache äußert.
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Bei Verdacht auf einen Schlaganfall wird in der Akutklinik eine Notfall-Computertomografie (CT) oder -Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt.
Zerebralparese als Folge eines Schlaganfalls
Ein Schlaganfall im Mutterleib kann zu einer Zerebralparese führen. Die Zerebralparese ist eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit, die auf eine frühkindliche Schädigung des sich entwickelnden Gehirns zurückzuführen ist. Die Symptome und der Schweregrad können sehr unterschiedlich sein.
Behandlung und Therapie
Obwohl eine Zerebralparese nicht heilbar ist, zielt die Behandlung darauf ab, die Beweglichkeit und Unabhängigkeit der Betroffenen zu erhalten und zu fördern. Es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, die darauf abzielen, die Auswirkungen des Schlaganfalls zu minimieren und die Entwicklung des Kindes zu fördern. Dazu gehören:
- Physiotherapie zur Erhaltung der körperlichen Beweglichkeit und Verbesserung von Bewegungsproblemen
- Logopädie zur Unterstützung bei Sprach- und Kommunikationsproblemen sowie bei Schluckbeschwerden
- Ergotherapie, um die Bewältigung alltäglicher Aufgaben zu erleichtern
- Medikamente, z.B. gegen Muskelversteifung
- Operationen zur Behandlung von Bewegungs- oder Wachstumsproblemen
- Orthopädische Hilfsmittel wie Orthesen, Gehhilfen oder Rollstühle
Monika Daseking betont, dass es wichtig ist, die Kinder möglichst frühzeitig zu fördern, um ihnen den bestmöglichen Start in die Schule zu ermöglichen. Ihr Forschungsprojekt "Kinder und Schlaganfall" an der Universität Bremen bietet eine umfassende Betreuung für Kinder mit Schlaganfall und ihre Familien.
Prävention
Einige Risikofaktoren für einen Schlaganfall im Mutterleib lassen sich vermeiden. Dazu gehören:
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- Vermeidung von Alkohol, Rauchen und Drogen während der Schwangerschaft
- Impfung gegen Röteln vor der Schwangerschaft
- Gute Kontrolle von Blutdruck und Diabetes während der Schwangerschaft
Schlaganfallrisiko bei jüngeren Frauen während der Schwangerschaft
Jüngere Frauen haben ein erhöhtes Risiko, während einer Schwangerschaft oder postpartal einen Schlaganfall zu erleiden. Laut einer Analyse von Eliza Miller von der Columbia University New York erleiden in einem Jahr von 10.000 Schwangeren 14 einen Schlaganfall. Unter den nicht schwangeren Frauen beträgt die Inzidenz jedoch nur 6,4 auf 100.000 Frauen. Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Schlaganfälle, aber die Inzidenz nimmt bei nicht schwangeren Frauen stärker zu als bei Schwangeren.
Perspektiven und Forschung
Die Entstehung und Entwicklung kindlicher Schlaganfälle ist bisher nicht ausreichend verstanden. Es bedarf weiterer Forschung, um genetische und Umweltfaktoren zu untersuchen und bessere Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Prof. Dr. Schäbitz betont, dass in der Schlaganfallforschung viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht wird, um eine Art Veranlagung zu erkennen. Zudem gibt es viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.
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